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Das Buch "Der Trafikant" ist ein im Jahr 2012 veröffentlichter Roman des österreichischen Autors Robert Seethaler. Er erzählt die Coming-of-Age-Geschichte des Protagonisten Franz Huchel und spielt im Österreich der Jahre 1937/1938. Die Erzählung ereignet sich in der Zeit des in Österreich erstarkenden Nationalsozialismus.
Im Folgenden erhältst Du eine Zusammenfassung von "Der Trafikant". Der Roman beschreibt ein Jahr im Leben des siebzehnjährigen Protagonisten Franz Huchel aus Nußdorf am Attersee. Er führt ein recht privilegiertes und unbekümmertes Leben, da er nicht, wie viele seiner gleichaltrigen Freunde, in einem Salzstollen oder auf einem Hof arbeiten muss, um seine Familie finanziell zu unterstützen. Der Grund dafür ist, dass seine alleinstehende Mutter die Geliebte des reichen Sägewerks- und Holzfabrikbesitzers Alois Preininger ist und dadurch regelmäßig finanziell unterstützt wird.
Als der reiche Fabrikbesitzer jedoch während eines Gewitters im Spätsommer 1937 in einem See ertrinkt, verändert sich die finanzielle Situation der Familie Huchel: Die Mutter ist als Kellnerin nicht mehr länger imstande, ihren Sohn Franz zu ernähren und schickt ihn deshalb zum Arbeiten nach Wien.
Franz soll dort eine Lehre im Zeitungs- und Tabaktrafik eines alten Jugendfreundes der Mutter antreten. Der Jugendfreund der Mutter heißt Otto Trsnjek und ist ein Kriegsveteran aus dem Ersten Weltkrieg. Für den Protagonisten Franz Tuchel beginnt in Wien ein neuer Lebensabschnitt. Zeitgleich steht auch das Land Österreich zu dieser Zeit vor einer entscheidenden Veränderung, da das Land im Spätsommer 1937 kurz vor einem Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland steht.
Als "Trafik" werden in Österreich kleine Läden bezeichnet, in denen Utensilien für Raucherinnen und Raucher, sowie Zeitungen und Zeitschriften verkauft werden.
Durch das Verlassen des mütterlichen Haushalts und die Teilnahme am Arbeitsleben erfährt Franz auch, was es bedeutet, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
Bei seiner Arbeit in der Trafik von Otto Trsnjek ist eine seiner Aufgaben täglich alle Zeitungen zu lesen, die sie im Angebot haben. Auf diese Weise wird für Franz deutlich erkennbar, dass sich die politische Stimmung im Land verändert. Eine weitere Folge dieser Tätigkeit ist aber auch, dass er sich selbst zunehmend politisch positioniert und Otto Trsnjek zu seinem politischen Vorbild wird.
Viele der Stammkundinnen und Stammkunden des Trafiks sind jüdischer Abstammung. Zu ihnen zählt auch der berühmte Psychoanalytiker Sigmund Freud. Besonders prägend erlebt Franz, als der Trafik eines Nachts vom Nachbarn und NS-Sympathisanten Roßhuber mit einer judenfeindlichen Parole beschmiert wird.
Sigmund Freud war ein am 06. Mai 1856 in Freiberg in Mähren geborener und am 23. September 1939 in London verstorbener österreichischer Arzt, Neurophysiologe, Tiefenpsychologe, Kunsttheoretiker und Religionskritiker. Er gilt als Begründer der Psychoanalyse und als einer der einflussreichsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. Die von ihm erdachten Konzepte und Therapiemethoden werden bis heute diskutiert und angewandt.
Eines Tages begibt sich Franz in den Wiener Prater und lernt dort die drei Jahre ältere Böhmin Anezka kennen. Er verliebt sich in sie und verbringt mit ihr in der Folge nicht nur viel Zeit, sondern macht mit ihr auch erste sexuelle Erfahrungen. Anezka geht tagsüber einer Tätigkeit als Haushaltshilfe nach. Nachts arbeitet sie als nackte Tänzerin im Hinterhofkabarett "Zur Grotte". Die Beziehung zu Franz ist für sie nicht mehr als ein angenehmer Zeitvertreib, weshalb sich zwischen den beiden auch keine ernsthafte Beziehung entwickelt. Franz hingegen misst der Beziehung wesentlich mehr Bedeutung bei.
Der Wiener Prater ist ein weitläufiges, öffentliches Areal im Wiener Bezirk Leopoldstadt. Der größte Teil ist von durch die Donau entstandenen Aulandschaften geprägt. Wenn international vom Prater gesprochen wird, dann bezieht man sich meistens nur auf den Vergnügungspark, der sich auf dem Gelände befindet.
Durch die ersten Erfahrungen mit Sexualität und Liebe erfährt Franz durch seine Beziehung zu Anezka einerseits Euphorie und allgemein positive Gefühle. Weiterhin lernt er auch mit Enttäuschung und Verletzung umzugehen, als sie die Beziehung mit ihm beendet und einen anderen heiratet.
Österreich wird im März 1938 Teil des NS-Reiches. Kurze Zeit später kommt es in Anwesenheit des Nachbarn Roßbubers zur Verhaftung von Otto Trsnjek durch die Gestapo. Er wird in der Wiener Gestapo-Zentrale eingesperrt und Franz versucht durch tägliche Vorsprache zu erfahren, wie es seinem Chef geht. Die Gestapo erteilt ihm jedoch keinerlei Auskunft und verweist ihn unter der Androhung, ihn selbst zu verhaften, des Gebäudes.
"Gestapo" bedeutet "Geheime Staatspolizei". Sie war die politische Polizei des nationalsozialistischen Regimes von 1933 bis 1945. Insbesondere hatte die Gestapo sehr weite Befugnisse bei der Bekämpfung politischer Gegnerinnen und Gegner und war bekannt für ihre gewaltvollen Foltermethoden.
Als Franz einige Wochen später über den angeblichen Herztod seines Chefs informiert wird, erhält er den Auftrag, die Trafik weiterzuführen. Er verdächtigt den Nachbarn Roßhuber die Verhaftung seines Chefs in irgendeiner Form begünstigt zu haben und konfrontiert diesen eines Tages, um ihm eine Ohrfeige zu geben. Roßhuber nimmt das kommentarlos hin. Anezka ist inzwischen mit einem Nazi-Mann verheiratet, woraufhin die Beziehung zwischen ihr und Franz endet.
Franz hat inzwischen die Trafik übernommen und befolgt täglich den Rat Freuds, seine Träume aufzuschreiben. Eines Tages entschließt er sich, die Notizen über seine Träume täglich an die Scheibe des Trafiks zu hängen, sodass die Kundinnen und Kunden sie lesen können.
Inhaltlich geht es in seinen Träumen um die Verarbeitung der aktuellen politischen Ereignisse in Österreich. Nach einem Briefwechsel mit seiner Mutter, in dem sie ihm die Veränderungen nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in seinem Heimatort erzählt, träumt er von einem Mädchen in einem weißen Kleid. Es rollt vor einer Kulisse blinkender Hakenkreuze in einem Riesenrad über seinen Heimatort hinweg und zerstört alles.
Im Juni 1938 emigriert Sigmund Freud mit seiner Familie nach London und Franz bleibt allein in Wien zurück. In einer Nacht begibt er sich zum Gestapo-Hauptgebäude und ersetzt eine der Hakenkreuz-Flaggen vor dem Gebäude durch eine einbeinige Hose seines verstorbenen Chefs. Die im Wind wehende Hose gleicht optisch dem Bild eines erhobenen Zeigefingers. Am nächsten Tag hängt Franz seinen letzten Traumzettel in die Scheibe und wird kurz darauf von der Gestapo in seinem Trafik verhaftet. Sein weiteres Schicksal bleibt offen.
Die Erzählung endet nach einem Zeitsprung ins Jahr 1945. Anezka, die ehemalige Geliebte von Franz, versucht ihn in dem inzwischen verlassenen Trafik anzutreffen. Lediglich der von Franz kurz vor seiner Verhaftung aufgehangene Zettel befindet immer noch in der Scheibe. Anezka nimmt den Zettel an sich und hört über sich bereits die sich nähernden Bombenflugzeuge der Alliierten, die an diesem Tag einen Angriff auf Wien fliegen.
Das Buch "Der Trafikant" hat nur wenige Charaktere. Die wichtigsten Figuren sind neben dem Protagonisten Franz Huchel die Mutter, Otto Trsnjek, Sigmund Freud und Anezka. In den nächsten Abschnitten erhältst Du eine Charakterisierung der wichtigsten Charaktere aus "Der Trafikant".
In der folgenden kurzen Analyse von "Der Trafikant" werden der Aufbau des Romans sowie die sprachlichen Besonderheiten und Stilmittel betrachtet.
Hinsichtlich des Aufbaus ist erkennbar, dass der Roman nicht in Kapitel unterteilt ist. Er folgt dennoch einer chronologischen Reihenfolge. Den Beginn markiert der Unfalltod von Alois Preininger, dem reichen Geliebten von Franz' Mutter. Am Ende des Romans steht die Verhaftung von Franz und es geschieht ein Zeitsprung: Anezka läuft am Trafik vorbei und über ihr nähern sich die Flugzeuge der Alliierten.
Außerdem enthält der Roman einige Rückblenden, in denen sich Franz an seine Kindheit erinnert. In den Gesprächen, an denen Sigmund Freud oder Otto Trsnjek teilhaben, sind zudem häufig Vorausdeutungen erkenntlich. Diese beziehen sich auf die politische Entwicklung in Österreich bzw. Europa im Angesicht des erstarkenden Nationalsozialismus. Die Briefwechsel zwischen Franz und seiner Mutter lassen ebenfalls Vorausdeutungen und Reflexionen der politischen Situation erkennen.
Die Handlung wird aus der Sicht des Protagonisten in der dritten Person erzählt, also durch einen personalen Er-/Sie-Erzähler. Eine Besonderheit ist, dass die Handlung viele Dialoge enthält. Dadurch ist es den Lesenden möglich, Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der sprechenden Personen zu ziehen, da die Leserinnen und Leser die Figuren unverfälscht reden hören.
Sternthaler schreibt in einer einfachen und verständlichen Sprache und benutzt dabei nicht selten österreichische Begriffe wie "Trafik".
Wer bleed fragt, kriegt bleede Antworten, Burschi!1
In diesem Beispiel wird deutlich, dass Sternthaler umgangssprachliche Formulierungen im österreichischen Dialekt verwendet. Das Wort bleed heißt auf Hochdeutsch "blöd".
An vielen Stellen verwendet Sternthaler Humor. Franz bekommt regelmäßig Postkarten von seiner Mutter, die er in einer Schublade sammelt. Mit vielen sprachlichen Bildern und Witz beschreibt der Autor diese Sammlung.
Franz (…) sah zu, wie der Stapel Woche für Woche anwuchs, lauter kleine, glitzernde Atterseen. Manchmal, an stillen Abenden, kurz vor dem Einschlafen, konnte er es leise gluckern hören in der Lade.1
Anders verhält es sich, wenn Sternthaler über ernste Themen schreibt. So beschreibt er nüchtern und präzise die Verbrechen der Nazis.
Am Gleis II des Wiener Westbahnhofs saßen vierhundert zweiundfünfzig politische Gefangene zusammengedrängt in den hinteren Waggons eines Sonderzuges und warteten auf die Abfuhr nach Dachau.1
Robert Seethaler benutzt viele verschiedene Stilmittel, wodurch die Sprache von "Der Trafikant" bildhaft und lebendig wird. In der Tabelle findest Du einen Überblick über einige dieser Stilmittel.
Stilmittel | Beispiel |
Alliterationbenachbarte Wörter beginnen mit den gleichen Buchstaben oder Silben | Wegen Witze.1 |
AnapherWiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Satzanfang | Für meine Beine. Für meinen Nacken. Für die Schweißflecken unter meinen Achseln. Für mein Gesicht. Für mein ganzes Auftreten.1 |
Asyndetonmindestens drei Wörter oder Satzglieder werden aufgezählt und ohne ein Bindewort miteinander verbunden | ... den Kunden, den Leser, den Zeitungskäufer.1 |
Hyperbelstarke Übertreibung | ... das Mädchen steigt immer höher, plötzlich brechen die Wurzeln, und das Riesenrad rollt über die Stadt und walzt alles nieder ...1 |
KlimaxAufzählung von sich steigender Wörter | Er wollte weitermachen, weiterüben, weiterlernen.1 |
Personifizierungverleiht Tieren, Pflanzen oder Gegenständen menschliche Charakterzüge | Es hatte leicht zu nieseln angefangen, ein warmer Frühlingssprühregen, unter dem das Straßenpflaster zu duften begann.1 |
Vergleichmindestens zwei Subjekte, Objekte oder Situationen werden gegenübergestellt | ... wie ein junger Saibling im Frühling.1 |
Dieser Abschnitt befasst sich mit den zentralen Motiven des Romans und erläutert die wichtigsten Ansätze einer Interpretation von "Der Trafikant".
Das Erwachsenwerden des Protagonisten Franz Huchel kann als übergeordnetes Motiv gesehen werden. Es begleitet die Handlung von Anfang bis Ende und beinhaltet Aspekte wie die Herausbildung eines politischen Bewusstseins genauso wie erste Erfahrungen mit Sexualität.
Hinsichtlich der Entwicklung seines politischen Bewusstseins lässt sich in "Der Trafikant" erkennen, dass Franz, insbesondere durch den Einfluss von Otto Trsnjek, zu einer kritischen Auseinandersetzung mit seiner Umwelt motiviert wird. Ihm wird nahegelegt regelmäßig Zeitung zu lesen und sein Mentor lebt ihm praktisch vor, was es bedeutet, Zivilcourage zu zeigen.
Träume haben in Robert Seethalers Roman eine entscheidende Rolle. Nachdem Freud dem Protagonisten Franz dazu rät, die eigenen Träume direkt nach dem Erwachen niederzuschreiben, kommt Franz diesem Vorschlag nach. Er schreibt jeden Morgen seine Träume auf und hängt seine Notizen anschließend in die Fensterscheibe des Trafiks, sodass Passantinnen und Passanten sie lesen können.
Für Franz selbst hat die Auseinandersetzung mit den eigenen Träumen und folglich mit dem eigenen Unterbewusstsein einen positiven Effekt auf seine Selbstwahrnehmung und die Wahrnehmung seiner Umstände. Sein heranwachsendes, kritisches Bewusstsein für die politische Lage unter dem erstarkenden Nationalsozialismus hat nicht zuletzt auch damit zu tun.
Durch die Einbettung der Handlung in die Epoche der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich ist ein weiteres prägnantes Motiv erkennbar: Alle in der Handlung vorkommenden Personen müssen sich mit den Folgen eines erstarkenden, faschistischen Regimes in ihrer Heimat auseinandersetzen. Sie können nicht mehr länger sagen, was sie wollen; verkaufen, was sie wollen; lieben, wen sie wollen und denken, was sie wollen.
Robert Seethaler wurde am 07. August 1966 in Wien geboren und ist Schauspieler, Schriftsteller und Drehbuchautor. Er ist in Wien aufgewachsen und besuchte aufgrund einer angeborenen Sehschwäche eine Schule für Blinde und Sehbehinderte.
Nach der schulischen Ausbildung absolvierte er ein Schauspiel-Studium am Wiener Volkstheater und wirkte anschließend auf verschiedenen, europäischen Bühnen. 2004 erhielt Seethaler den Tankred-Dorst-Preis für sein Drehbuch "Heartbreakin". Seine literarischen Veröffentlichungen wurden mit einer Reihe von Stipendien und Preisen ausgezeichnet. 2016 stand sein Roman "Ein ganzes Leben" zum Beispiel auf der Shortlist für den International Booker Prize. Er lebt in Berlin und Wien.
"Der Trafikant" ist keine wahre Geschichte. Der zeithistorische Kontext ist jedoch der Realität entnommen, nämlich die Fremdherrschaft der Nationalsozialisten zwischen 1937-1945.
"Der Trafikant" spielt in der Zeit unmittelbar bevor und während die Nationalsozialisten aus Deutschland die Macht in Österreich ergreifen. Dies ereignete sich zwischen 1937 und 1945.
"Der Trafikant" endet mit einem Zeitsprung: Seit der Verhaftung von Franz ist einige Zeit vergangen und Anezka läuft am verlassenen Trafik vorbei, in dem Franz gearbeitet hat. Sie findet seine letzte Traumnotiz und in der Ferne sind die Flugzeuge der Alliierten zu hören, die im Begriff sind, Wien zu bombardieren.
Mit der Bezeichnung "Der Trafikant" ist wohl einerseits Otto Trsnjek gemeint, der ursprüngliche Inhaber des Trafiks, von dem Franz vieles lernt. Nach der Verhaftung von Otto Trsnjek wird der Protagonist Franz Huchel jedoch zum Trafikanten, da er den Trafik von diesem Zeitpunkt an allein betreibt.
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