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"Schachnovelle" ist das bekannteste Werk des britisch-österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig. Der Autor verfasste die Novelle im Exil in Brasilien, 1943 wurde sie veröffentlicht.
Eine Novelle ist eine kurze Erzählung, die sich geradlinig mit einem besonderen Ereignis, einer sogenannten "unerhörten Begebenheit", auseinandersetzt.
Wenn Du mehr über die Textsorte erfahren willst, dann schau gerne in unsere Zusammenfassung zum Thema Novelle rein!
Die Handlung ist für Dich zum besseren Verständnis hier in Abschnitte unterteilt. Tatsächlich besteht aber die ganze Erzählung aus einem Fließtext ohne Unterbrechungen.
Die Handlung der Novelle spielt sich über zwei Tage hinweg auf einem Passagierdampfer ab, der um das Jahr 1939 von New York nach Buenos Aires unterwegs ist.
Der anonym bleibende Ich-Erzähler erfährt kurz vor dem Ablegen des Dampfers, dass der Schachweltmeister Mirko Czentovic mit an Bord gehen wird.
Dem Erzähler sind Czentovic und seine Lebensgeschichte bekannt, für die Leser*innen wird sie aber im zweiten Abschnitt beschrieben.
Mirko Czentovic stammt aus einem Land an der Donau und wurde als Waise von einem Pfarrer aufgezogen. Als Junge war er schlecht in der Schule und galt als kaum talentiert, bis er zufällig seine Begabung für Schach in einem Spiel mit einem Freund des Pfarrers entdeckte.
Bereits mit 20 Jahren wurde er Schachweltmeister und reiste von da an als Turnierspieler durch die Welt.
Weil der Erzähler Mirkos Geschichte auch anhand von Anekdoten aus negativer Presse erzählt, entsteht beim Leser das Bild eines lediglich auf sein Schachspiel konzentrierten Mannes. Er wirkt auf die Lesenden eher unsympathisch.
Der Erzähler möchte mit Czentovic in persönlichen Kontakt kommen, dieser entzieht sich ihm aber hartnäckig. Er beschließt daraufhin, den Weltmeister auf dem Schachbrett aus der Reserve zu locken.
Der Erzähler findet einen Gleichgesinnten, den schottischen Geschäftsmann McConnor. McConnor hat sich fest vorgenommen, Czentovic im Schach zu besiegen. Gegen Bezahlung willigt Mirko Czentovic schließlich in ein Turnier ein. Er verlangt aber, nicht nur gegen McConnor zu spielen, sondern gegen alle Anwesenden.
So treten einige Hobbyschachspieler, wie auch McConnor und der Erzähler, gemeinsam gegen den Weltmeister an.
Czentovic gewinnt das erste Spiel, woraufhin McConnor eine Revanche verlangt. Als McConnor dabei ist, erneut zu verlieren, mischt sich ein Unbekannter in das Spiel ein. Er empfiehlt McConnor eine andere Taktik. Auf diese Weise gelingt es den beiden, dem scheinbar unbesiegbaren Weltmeister ein Remis, ein Unentschieden, abzuringen. Der Weltmeister scheint beeindruckt und bietet dem Fremden ein weiteres Spiel an. Dieser lehnt jedoch ab und verschwindet.
Der Erzähler spricht den Unbekannten an, um ihn zu einer weiteren Schachpartie gegen Czentovic zu überreden.
Er erfährt, dass der Fremde aus einer österreichischen Familie stammt, wie der Erzähler selbst auch. Dr. B., wie der Erzähler seinen Landsmann fortan nennt, erzählt seine Lebensgeschichte: Er gehörte früher einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei an. Sie wurde durch die Gestapo ausspioniert, als Hitler in Wien einmarschiert war, weil die Nationalsozialisten sich einige Besitztümer aneignen wollten, die durch die Kanzlei verwaltet wurden.
Dr. B. wurde festgenommen und in einem Hotel in Isolationshaft genommen. Von Zeit zu Zeit wurde er verhört. Nach vier Monaten stand er kurz davor, seelisch zusammenzubrechen.
Eines Tages stahl er im Warteraum des Verhörzimmers ein Buch, um eine Beschäftigung zu haben. Es handelte sich um ein Schachrepetitorium, eine Sammlung berühmter Schachpartien. Er begann mit Figuren aus Teig die Spiele nachzustellen und auswendig zu lernen. Nach drei Monaten kannte er allerdings alle 150 Partien aus dem Buch im Detail und erreicht einen „toten Punkt“ (S. 76).
In seiner Zelle fand er daher keinen anderen Ausweg gegen die Einsamkeit und Langeweile, als gegen sich selbst Schach zu spielen. Dies führte Dr. B. in eine Spaltung seiner Persönlichkeit in "Ich Weiß" und "Ich Schwarz". Er steigerte sich in der Gefangenschaft in eine krankhafte Besessenheit hinein, die er als "Schachvergiftung" bezeichnet. Das jeweils unterlegene "Ich" forderte das Andere nach jedem Spiel zu einer Revanche auf und Dr. B. fiel immer wieder in schiere Endlosschleifen von Schachpartien gegen sich selbst.
Schließlich wurde Dr. B. von seinen Peinigern entlassen, nachdem er seinen Zellenwärter und danach seinen Arzt angegriffen hatte.
Dr. B. erfährt vom anonymen Erzähler, dass es sich bei dem Schachgegner, der ihm eben begegnet war, um den Schachweltmeister handelt. Dr. B. erklärt sich nun doch bereit, ein weiteres Spiel gegen Czentovic zu begehen. Er stellt klar, dass er auf jeden Fall lediglich eine Partie spielen werde, um eine erneute Schachvergiftung zu verhindern. Er wolle nur herausfinden, ob seine in Gefangenschaft geübten Schachspiele Realität oder Wahnsinn gewesen seien.
Am folgenden Tag findet das Spiel zwischen Czentovic und Dr. B. statt. Dr. B. gewinnt, wird aber sehr nervös darüber, wie lange der Weltmeister braucht, um über seine Züge nachzudenken. Entgegen seines ursprünglichen Vorsatzes und den Warnungen des Erzählers willigt Dr. B. sofort ein, eine zweite Partie gegen den Weltmeister zu spielen. Tatsächlich bricht während der folgenden Partie sein Schachwahnsinn wieder aus, den er besiegt zu haben geglaubt hat. Der Weltmeister hat bereits die Schwachstellen seines Gegners erkannt und zieht seine Züge endlos in die Länge.
Der Erzähler bringt den zunehmend manisch werdenden Dr. B. wieder zur Besinnung, indem er ihn kräftig am Arm packt und an seine Vergangenheit erinnert. Dr. B. kommt zu sich und spricht Czentovic entschuldigend den Sieg zu. Er beteuert, nie wieder Schach spielen zu wollen und verlässt den Saal. Czentovic freut sich hochmütig über seinen Sieg.
Die Erzählung hat somit einen offenen Schluss. Über Dr. B.s weiteres Ergehen erfährt man nichts Sicheres. Der Erzähler glaubt jedoch zu wissen, dass Dr. B. tatsächlich nie wieder ein Schachbrett berühren wird.
Handlungsverlauf in "Schachnovelle"
Die wichtigsten Charaktere in "Schachnovelle" sind der Ich-Erzähler, der Schachweltmeister Mirko Czentovic, Dr. B. und der Geschäftsmann McConnor.
Figurenkonstellation in "Schachnovelle"
Die Handlung der Novelle wird aus der Perspektive des anonymen Ich-Erzählers erzählt. Er beobachtet das Geschehen und berichtet den Lesenden was geschieht. Nur selten greift er selbst ein.
"Schachnovelle" ist in einem Fließtext geschrieben, der nur durch Absätze gegliedert wird. Sie lässt sich zur Interpretation aber in fünf Sinnabschnitte teilen, wobei die Gegenwart auf dem Schiff und die Vorgeschichten der Schachspieler sich abwechseln. Damit Du Dir darüber ein besseres Bild davon verschaffen kannst, hier eine Übersicht:
Zeitpunkt | Abschnitt | Inhalt |
Gegenwart | 1. Abschnitt |
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Vorgeschichte | 2. Abschnitt |
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Gegenwart | 3. Abschnitt |
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Vorgeschichte | 4. Abschnitt |
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Gegenwart | 5. Abschnitt |
|
Der Erzähler in "Schachnovelle" beschreibt das Geschehen auf eine sehr ausgeschmückte, bildhafte Art. So etwa auch in dieser Beschreibung von Czentovic:
Hinter all seiner abgründigen Beschränktheit verbirgt dieser gerissene Bauer die große Klugheit, sich keine Blößen zu geben, und zwar dank der simplen Technik, daß er außer mit Landsleuten seiner eigenen Sphäre [...] jedes Gespräch vermeidet.
- S.20
In dieser Beschreibung verwendet der Erzähler gleich vier Adjektive, was die Erzählart sehr lebendig wirken lässt. Dies passt auch dazu, dass der Erzähler ein Journalist und dementsprechend wortgewandt ist.
Die Sprache von Dr. B hingegen erscheint dagegen stellenweise repetitiv, also sich wiederholend. So zu etwa an dieser Stelle:
„Ich überlegte, ich durchdachte, ich durchforstete, ich überprüfte meine eigene Aussage auf jedes Wort.
- S. 60
Bei den Wiederholungen in dieser wörtlichen Rede handelt es sich um Anaphern. Eine Anapher liegt dann vor, wenn das gleiche Wort am Anfang mehrerer benachbarter Sätze oder Satzteile steht. Dr. B.s Teilsätze beginnen hier immer mit "ich".
Die ungewöhnliche Sprechart von Dr. B. könnte man zum Beispiel auf seine Zeit in Gefangenschaft zurückführen, in der er kaum Kontakt zu Menschen hatte und dementsprechend vielleicht teilweise verlernt hat, sich ausgeschmückt auszudrücken.
Alle Zitate stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus Stefan Zweigs "Schachnovelle" (2013, Ditzingen: Philipp Reclam jun. Verlag).
"Schachnovelle" entstand während der NS-Zeit (1933-1945). Sie lässt sich vor dem historischen Hintergrund als Kritik an den Praktiken der Nationalsozialisten und Hitlers verstehen.
Personifiziert wird diese Kritik in der Rolle des Dr. B., der in der Nazi-Haft psychische Probleme entwickelt hat. Dr. B. steht stellvertretend für die Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und bekämpft wurden, so, wie der Autor Stefan Zweig selbst auch.
Der Geschäftsmann McConnor und der Schachweltmeister Mirko Czentovic können als Stellvertreter für die Nationalsozialisten verstanden werden. McConnor ist gierig nach Macht und dem Sieg, ähnlich wie die Anhänger*innen Hitlers.
Die mechanische Kälte Czentovics kann als Hinweis auf das Nazi-Regime verstanden werden, aber auch als Stellvertretung von Hitler selbst: Hitler hatte außerhalb seines Talents für Reden keine besonderen Fähigkeiten, ähnlich, wie Czentovic in "Schachnovelle" ein Inseltalent für das Schachspiel hat.
Abbildung 1: Stefan ZweigQuelle: wikipedia.org
Stefan Zweig floh als Jude und Pazifist vor dem Regime der Nazis nach Brasilien. In "Schachnovelle" verarbeite er viele autobiographische Erlebnisse. Um sein Schachspiel zu üben, stellte Zweig häufig berühmte Partien aus Büchern nach. Daraus bekam er die Idee für die Handlung der Novelle.
Das Regime der Nationalsozialisten hatte Zweig psychisch stark geschadet, und so beging er 1942 Selbstmord in Rio de Janeiro. "Schachnovelle" hatte er kurz vor seinem Freitod an einen Verlag weitergeleitet, der das Werk postum veröffentlichte.
Zweigs "Schachnovelle" gehört vor dem historischen und biographischen Hintergrund zur Epoche der Exilliteratur. Ihre Schriftsteller*innen waren diejenigen, die vor dem Regime der Nationalsozialisten geflohen waren.
Zweig hat die Schachnovelle 1941, während der Zeit des Nazi-Regimes, verfasst. In der Novelle verarbeitet er seine Ablehnung gegenüber den Ansichten und Praktiken der Nationalsozialisten.
Das wichtigste Merkmal einer Novelle ist die "unerhörte Begebenheit". Diese Begebenheit ist hier, dass der Schachweltmeister von einem Mitpassagier in einer Schachpartie besiegt wird.
Die Schachnovelle spielt zu den Anfangszeiten des Zweiten Weltkriegs (1939-1945).
Der Ich-Erzähler in der Schachnovelle ist ein zurückhaltender Passagier auf dem Schiff, auf dem sich die Handlung abspielt.
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