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Jakob der Lügner

Die Leute brauchen keine Medizin so sehr wie Hoffnung.1 

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Jakob der Lügner

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Die Leute brauchen keine Medizin so sehr wie Hoffnung.1

Dieses Zitat geht aus dem Roman "Jakob der Lügner" von Jurek Becker hervor. Das Buch wurde erstmals im Jahr 1969 veröffentlicht. Es zählt zur Literatur der DDR und thematisiert den Bericht eines Erzählers, der während des Zweiten Weltkriegs den Aufenthalt in einem unbekannten Getto in Polen überlebt. Der Erzähler berichtet von dem jüdischen Gettobewohner Jakob Heym, der Nachrichten über einen potenziellen Vormarsch der Roten Armee verbreitet, um den Mitgefangenen Hoffnung und Mut zu schenken.

Zur DDR-Literatur zählen alle Werke, die zwischen 1949 und 1990 in der Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR, entstanden sind. Sieh Dir doch die Erklärung "DDR-Literatur" auf StudySmarter an, wenn Du mehr über die DDR-Literatur erfahren möchtest!

"Jakob der Lügner" – Zusammenfassung / Inhaltsangabe

Die Geschehnisse des Romans "Jakob der Lügner" werden von einem namenlosen Erzähler wiedergegeben. Dieser ist selbst Teil der erzählten Welt, denn als Bewohner ist er Teil des polnischen Gettos. Im Folgenden findest Du die Inhaltsangabe von "Jakob der Lügner".

Die Begrifflichkeit "erzählte Welt" umfasst in der Literatur sowohl die Geschichte eines Textes als auch die darin vorkommenden Figuren, Räume und Handlungen. Die erzählte Welt kann, muss jedoch nicht mit den Regeln der Realität einhergehen. Sie kann ebenfalls rein fiktiv sein.

Das Radio im Getto

Zunächst berichtet der Erzähler, dass er Bäume mag. Er gibt an, dass seine erste Frau unter einem Baum erschossen worden sei. Daraufhin beginnt er, von der Haupthandlung zu berichten. Diese beginnt in einem fiktiven Getto im Jahr 1944 in Polen. Der Protagonist Jakob Heym muss sich wegen eines Verstoßes gegen die Regeln auf dem Revier des Gettos melden. Dort hört er im Radio einen Bericht über die Front, in dem angegeben wird, dass sich die Rote Armee wenige Kilometer vor Bezanika befinde. Bezanika wiederum liegt ein paar hundert Kilometer von dem fiktiven Getto entfernt.

Die Rote Armee wurde auch Rote Arbeiter- und Bauernarmee genannt. Sie war eine Armee der Streitkräfte der Sowjetunion zwischen 1918 und 1946. Im Zweiten Weltkrieg bestand die Rote Armee aus 15 bis 20 Millionen Männern.

Als sich Jakob daraufhin mit Mischa, einem jungen Mann, am Güterbahnhof befindet und Kisten mit Zement trägt, weiht Mischa den Protagonisten in seinen Plan ein: Er möchte Kartoffeln von einem Eisenbahnwaggon stehlen. Weil Jakob den jungen Mann jedoch davon abhalten möchte, da dieser auf diese Weise sein Leben riskieren würde, erzählt er ihm von dem Frontbericht über den Vormarsch der Russen, den er im Radio gehört hatte. Jakob gibt vor, ein Radio zu besitzen, jedoch ist dies nicht der Fall. Ferner könnte ein solcher Besitz für ihn die Todesstrafe bedeuten.

Hoffnungsschimmer im Getto

Bevor Jakob Mischa die Wahrheit über den angeblichen Besitz des Radios sagen kann, ist das Gerücht über sein Radio bereits in Umlauf gebracht worden. Sein alter Schulfreund Kowalski spricht Jakob am nächsten Tag auf das Radio an. Der Vormarsch der Russen lässt Hoffnung im Getto aufkommen.

Mischa nimmt die gute Nachricht zum Anlass, bei seiner Geliebten Rosa Frankfurter und ihren Eltern vorbeizuschauen. Euphorisch macht er Rosa einen Heiratsantrag und begründet diesen mit dem Vormarsch der Roten Armee. Rosa glaubt an eine gemeinsame Zukunft und schmiedet Pläne für sich und Mischa.

Während der Zwangsarbeit am Güterbahnhof wird Jakob weiter auf das Radio angesprochen – so zum Beispiel von Herschel Stamm, einem religiösen Mann. Auch der Schulfreund Kowalski bedrängt Jakob weiter und möchte Neuigkeiten erfahren. Weil Jakob jedoch von keinen Neuigkeiten berichten kann, beschließt er kurzerhand, diese zu erfinden. Schließlich möchte er die aufgekommene Hoffnung im Getto bewahren.

Des Weiteren wird von der achtjährigen Lina erzählt. Um diese kümmert sich Jakob, denn ihre Eltern wurden vor zwei Jahren deportiert. Lina lebt versteckt auf Jakobs Dachboden und leidet seit kurzer Zeit an Keuchhusten. Professor Kirschbaum – ein ehemaliger, international anerkannter Herzspezialist – kümmert sich um die Leiden des jungen Mädchens.

Als die Nachrichten über die vorrückenden Russen bis zu Lina vordringen, spricht diese Jakob darauf an. Weil Jakob dem Mädchen die Hoffnung auf ein besseres und befreites Leben nicht nehmen möchte, lügt er abermals. Er erzählt der Heranwachsenden, wie die Welt nach dem Sieg der Russen aussehen würde. In dieser Welt gäbe es keine Judensterne und immer genug zu essen.

Der Judenstern war ein Kennzeichen, das die jüdische Bevölkerung während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland tragen mussten. Der Stern war auf gelbem Stoff gedruckt und in seiner Mitte befand sich die Aufschrift "Jude" in geschwungener Schrift. Dieser Schriftstil diente als Spott gegenüber der hebräischen Schrift.

Stromausfall im Getto

Die neuen Nachrichten hinsichtlich des angeblichen Besitzes eines Radios spalten die Menschen des Gettos in zwei Parteien: Einerseits fühlen sie sich bedroht von dem Wissen, dass ein Radio existiert, das für seinen Besitzer die Todesstrafe bedeutet. So geht Herschel Stamm Jakob bspw. aus dem Weg, weil er später nicht als Mitwisser des Radios gelten möchte. Andererseits warten die Menschen sehnsüchtig auf neue Informationen, die eine potenzielle Befreiung bedeuten könnten.

Während dem Getto mehrere Tage lang kein Strom zur Verfügung steht, kann Jakob kurze Zeit durchatmen. Nach Behebung des Schadens erhält er jedoch erneut zahlreiche Anfragen über mögliche Neuigkeiten. Verzweifelt versucht der Protagonist, mithilfe zerschnittener Zeitung, das er aus dem Klosett der Deutschen entwendet, an Informationen zu gelangen. Jakob läuft Gefahr, erwischt zu werden, als sich ein deutscher Soldat dem Toilettenhaus nähert. Sein Schulfreund Kowalski lenkt den Deutschen ab und rettet Jakob auf diese Weise das Leben. Hierfür nimmt der Retter in Kauf, verprügelt zu werden.

Weil der verzweifelte Protagonist nach wie vor keine neuen Informationen hat, behauptet er aus seiner Not heraus, dass das Radio kaputt sei. Diese Nachricht spricht sich schnell im Getto herum und die gefangenen jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner zeigen sich betroffen.

In einer weiteren Szene, die sich auf dem Güterbahnhof abspielt, nähert sich Herschel Stamm einem Waggon, aus dem er Stimmen hört. Obwohl es ihm strengstens verboten ist, sich in die Nähe des Wagens zu begeben, missachtet er das Verbot. Bei seiner zweiten Annäherung berichtet er den Menschen von der vorrückenden Roten Armee. Daraufhin wird Herschel erschossen.

Jakobs neuer Plan

Als Jakob von Herschels Tod erfährt, hat er ein schlechtes Gewissen. Er besänftigt sich selbst, indem er sich einredet, dass Herschel den Menschen durch die Weiterverbreitung der Falschinformation Hoffnung geschenkt habe. Jakob erkennt, welche Bedeutung sein vermeintliches Radio und die damit zusammenhängenden Informationen für seine Mitmenschen hat. Jakob beschließt, erneut Nachrichten über das Vorrücken der Roten Armee zu verbreiten. Dieses Mal möchte er jedoch geplanter und strukturierter vorgehen.

Nachdem Lina darauf besteht, das Radio mit eigenen Augen zu sehen, beginnt Jakob, hinter einem Vorhang Radio für das Mädchen zu spielen. Als Lina begreift, dass Jakob selbst das Radio ist, erfährt auch Professor Kirschbaum von Jakobs Vorgehen. Der Herzspezialist wirft dem Protagonisten vor, die Menschen im Getto durch die Verbreitung von falschen Informationen in Gefahr zu bringen. Jakob hält jedoch dagegen, denn er schenke den Menschen dadurch Hoffnung und Mut. Schließlich stimmt auch Kirschbaum der Tatsache zu, dass sich seit Verbreitung des Radio-Gerüchts kaum noch Menschen das Leben nehmen.

Die Deportationen

Einige Tage, nachdem Professor Kirschbaum von Jakobs Gerüchteverbreitung erfahren hat, wird er von zwei Männern der Gestapo abgeholt. Er wird unfreiwillig beauftragt, den Gestapo-Chef Hardtloff zu behandeln, nachdem dieser einen Herzanfall erlitten hat. Auf der Fahrt zu der Villa von Hardtloff vergiftet sich der Herzspezialist selbst, denn er erachtet seine Situation als aussichtslos.

Im weiteren Verlauf wird der Jude Schmidt in die Erzählung eingeführt. Dieser schaufelt eine Fäkaliengrube aus und bricht aufgrund seiner körperlichen Schwäche beinahe zusammen, als Jakob ihm Informationen über ein angebliches Interview mit Churchill zukommen lässt. Diese Information schenkt Schmidt neue Kräfte.

Winston Churchill war ein britischer Staatsmann im 20. Jahrhundert. Er spielte eine bedeutende Rolle zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, da er Großbritannien durch den Krieg gegen Hitler führte.

In der darauffolgenden Zeit nehmen die Deportationen zu. Straßenzüge werden mit Menschen gefüllt und in den Tod geführt. Auch die Eltern von Rosa, der Freundin Mischas, werden deportiert. Daraufhin lebt Rosa bei Mischa. Die Frau ist aufgebracht und möchte Jakob aufgrund seiner Fehlinformationen zur Rede stellen. Als Lina Jakob verteidigt und das Vorhandensein des Radios beteuert, wird die Schwester von Professor Kirschbaum abgeholt und deportiert.

Jakob beginnt allmählich, seine Kraft zu verlieren. Er gesteht seinem alten Freund Kowalski, dass er die Informationen rund um das Radio erfunden hat und somit das Vorrücken der Russen auch nicht gesichert sein könne. Kowalski erhängt sich in der darauffolgenden Nacht, obwohl er sich verständnisvoll gegenüber dem Geständnis von Jakob gezeigt hatte.

Die zwei Enden

Der Erzähler teilt den Lesenden mit, dass sich die Geschichte von Jakob und seinem Radio dem Ende nähert. Er möchte nun zwei Enden erzählen: Einerseits das tatsächliche Ende und andererseits das Ende, das ihm geeignet erscheine.

In dem Ende, das der Erzähler als passend erachtet, wendet sich Jakob nach und nach von den jüdischen Ghettobewohnerinnen und -bewohnern ab und bringt Lina schließlich zu Mischa und seiner Frau Rosa. Anschließend wird er von einem Wachposten erschossen, nachdem er versucht, aus dem Getto zu fliehen. In dieser Nacht kommt die Rote Armee und das Getto wird befreit.

Im tatsächlichen Ende werden alle übrigen gefangenen jüdischen Bewohner des Gettos in Konzentrationslager abgeführt. Auf dem Weg dorthin berichtet Jakob dem Erzähler von seiner Geschichte.

"Jakob der Lügner" – Figurenkonstellation / Charakterisierung

Der thematische Schwerpunkt des Romans "Jakob der Lügner" liegt auf dem Protagonisten Jakob und dessen Verbreitung über die Neuigkeiten, die er aus dem vermeintlichen Radio erhalten hat. Daher wird insbesondere das Leben der Jüdinnen und Juden im Getto thematisiert. Im Folgenden findest Du eine Charakterisierung der zentralen Figuren, die im Getto leben.

Der Erzähler

  • wird nicht beim Namen genannt.
  • überlebt die Geschehnisse im Getto.
  • erzählt die Geschichte von Jakob Heym.
  • lernt Jakob erst am Ende der Geschichte kennen.
  • spielt selbst eine kaum wahrnehmbare Rolle in seinem Bericht.
  • erzählt einführend, dass er Bäume mag.
  • seine Frau wurde unter einem Baum erschossen.
  • ist sechsundvierzig Jahre alt als er die Geschichte erzählt.
  • wurde im Jahr 1921 geboren.
  • im Getto war er 24 Jahre alt.
  • fühlt sich gezwungen, als Überlebender des Gettos von den Geschehnissen zu berichten.

Jakob

  • heißt Jakob Heym.
  • war früher Inhaber eines kleinen Restaurants.
  • ist von kleiner Statur.
  • möchte den Bewohnerinnen und Bewohnern des Gettos Hoffnung schenken.
  • kümmert sich liebevoll um Lina, da ihre Eltern deportiert worden sind.
  • gilt grundsätzlich als fröhlicher Mensch.

Mischa

  • ist fünfundzwanzig Jahre alt.
  • ist von großer Statur.
  • war früher Boxer.
  • wird als gutmütig beschrieben.
  • ist der Geliebte von Rosa Frankfurter.
  • möchte Rosa heiraten.
  • schmiedet nach den Neuigkeiten von Jakob gemeinsam mit Rosa Zukunftspläne.

Kowalski

  • war vor dem Krieg als Friseur tätig.
  • ist ein alter Schulfreund von Jakob.
  • drängt Jakob, neue Informationen preiszugeben.
  • rettet Jakob das Leben.
  • wird als "mißtrauisch"1, und "ungeschickt"1 bezeichnet.

Lina

  • ist acht Jahre alt.
  • ist ein Waisenkind, da ihre Eltern deportiert wurden.
  • hat schwarze Haare und braune Augen.
  • versteht sich gut mit Jakob.
  • lebt versteckt auf dem Dachboden.
  • erkrankt an Keuchhusten.
  • hilft Jakob, das Märchen über sein vermeintliches Radio aufrechtzuerhalten.

"Jakob der Lügner" – Analyse von Aufbau und Sprache

Im Folgenden erhältst Du Informationen über den Aufbau von "Jakob der Lügner" und erfährst Genaueres zur Sprache des Werks. Die Geschehnisse in "Jakob der Lügner" werden von einem Ich-Erzähler wiedergegeben. Diese Perspektive kommt jedoch selten zum Einsatz: Vielmehr berichtet der Erzähler aus Sicht eines Chronisten, also einer Person, die ein Geschehen beobachtet und darüber berichtet. Da der Erzähler selbst nur eine kaum merkbare Nebenrolle im Hauptgeschehen spielt, setzt er nur selten die Ich-Perspektive ein.

Der Ich-Erzähler ist meist auch die Hauptfigur eines Werks. Wenn ein Text über einen Ich-Erzähler verfügt, dann wird direkt aus der Sicht dieser Person erzählt. Alles, was die Figur erlebt, erlebst auch Du als lesende Person. Du hast Einblick in die Gedanken und Gefühle der Hauptfigur, aber nicht in die Gedanken und Gefühle der anderen Figuren.

"Jakob der Lügner" – Analyse des Aufbaus

Das Buch "Jakob der Lügner" ist der literarischen Form des Romans zuzuordnen. Entgegen der klassischen Einteilung in verschiedene Kapitel kommt der Inhalt von "Jakob der Lügner" ohne diese Kapiteleinteilung aus. Stattdessen verfügt der Fließtext über Absätze und Leerzeilen.

Außerdem sind verschiedene Abschnitte der Erzählung auszumachen, denn der Erzähler kommentiert seine Nacherzählung über Jakob und dessen Erlebnisse im Getto in der Gegenwart. Die Haupthandlung bildet jedoch die Nacherzählung selbst.

"Jakob der Lügner" – Analyse der Sprache

Obwohl die Geschehnisse in "Jakob der Lügner" in Bezug auf den Hintergrund des Dritten Reichs und den Terror der Nationalsozialisten von großer Grausamkeit zeugen, ist die Sprache des Erzählers einfach und locker gehalten.

Entgegen der möglichen Erwartung unterlegt der Erzähler seine Beschreibungen nicht mit Hass gegenüber den Personen, die zur Inhaftierung der jüdischen Bevölkerung beitragen und als Wachposten fungieren:

Aus dem Steinhaus tritt ein Mann in Eisenbahneruniform, seit wir hier arbeiten immer derselbe. [...]. Wir nennen ihn die Pfeife, keineswegs abwertend, denn über seine menschlichen oder fachlichen Qualitäten ist uns nichts bekannt. Das einzige, was wir gegen ihn haben, er ist eben Deutscher, was bei Lichte besehen freilich kein Grund für eine schlechte Meinung sein darf, aber so ungerecht macht mitunter die Not.1

Anzunehmen ist außerdem, dass der Erzähler das Wissen um die Deportationen und die Ermordung der jüdischen Bevölkerung als gegeben voraussetzt, da Lesende an keiner Stelle des Romans darüber aufgeklärt werden.

Des Weiteren gibt der Wortschatz des Romans Auskunft über die jiddische Sprache, da einige Worte verwendet werden, die für diese charakteristisch sind. So zum Beispiel "koscher"1, was so viel wie "den jüdischen Speisegesetzen nach" bedeutet, oder das Wort "nebbich"1, was so viel wie "leider" meint.

"Jakob der Lügner" – Interpretation

Jurek Becker wirft mit seinem Roman "Jakob der Lügner" mehrere Möglichkeiten der Interpretation auf. Im Wesentlichen geht es in dem Werk um die Lügen des Protagonisten, die als Hoffnungsschimmer für das gesamte Ghetto fungieren.

Die Lügen als Hoffnungsschimmer

Dass die Lügen von Jakob als Grundlage für die Geschehnisse in "Jakob der Lügner" fungieren, geht bereits aus dem Titel des Romans hervor. An mehreren Stellen der Lektüre werden die Lesenden darüber informiert, welche Bedeutung die Lügen für die Gefangenen des Gettos haben. Es ist die Hoffnung, die sich aus den für wahr geglaubten Informationen ergibt, die die jüdischen Ghettobewohnerinnen und Bewohner am Leben hält:

Die Hoffnung darf nicht einschlafen, sonst werden sie nicht überleben.1

Daher beginnt nach dem Verbreiten des Gerüchts eines angeblichen Radios der Lebenswille der Menschen wieder zu wachsen. So verlobt sich Mischa bspw. mit Rosa und die beiden planen eine gemeinsame Zukunft. Es sind ihre Pläne, die den beiden durch ihren schweren Alltag helfen und ihnen die Hoffnung auf ein Leben fernab des Gettos schenken.

Dass der Protagonist Jakob diese Lügen bewusst weiter verbreitet, veranschaulicht, welchen Zweck er damit verfolgt: Er möchte, dass die Russen bei der Befreiung des Gettos "möglichst viele Überlebende"1 antreffen werden. Auf diese Weise wird die Hoffnung zum Lebenselixier der Jüdinnen und Juden.

Gleichzeitig ist die Hoffnung bei einigen jedoch der Grund für ihren Tod. So z. B. bei Herschel Stamm, der erschossen wird, weil er die vermeintlichen Informationen und damit die Hoffnung weitertragen möchte. Obwohl er weiß, dass die Menschen im Waggon Gefangene sind, die deportiert werden, möchte er diesen eine letzte Hoffnung schenken. Letztlich stirbt Herschel also für die Hoffnung und das, obwohl er eigentlich gegen den Gebrauch eines Radios ist, weil er weiß, welche Folgen dies bei der Entdeckung haben könnte. Dieser Umstand veranschaulicht gleichzeitig, wie fragil der Hoffnungsschimmer im Getto tatsächlich ist, denn letztlich wird er von der grausamen Realität im Keim erstickt.

"Jakob der Lügner" – Epoche & Historischer Hintergrund

Ein sogenanntes Getto, in dem auch die Handlung in "Jakob der Lügner" spielt, war eine von zahlreichen Zwangs-Wohnstätten für Jüdinnen und Juden, die im Jahr 1939 in Polen von deutschen Behörden eingerichtet wurde. Polen war zu dieser Zeit von den Deutschen besetzt. Die Einrichtung von Gettos war eine altbewährte Methode der Nationalsozialisten.

Die Ideologie der Nationalsozialisten basierte auf Ausgrenzung und Abwertung von "minderwertigen" Menschen bzw. "Rassen". Damit wollten die Nazis die "arische" Rasse aufwerten und immer mehr an Macht und Kontrolle gewinnen. Zur nationalsozialistischen Ideologie gehörten Antisemitismus und Rassenlehre.

Vom Antisemitismus waren die Jüdinnen und Juden betroffen, da der Begriff die systematische Entrechtung, Vertreibung und Vernichtung dieser Menschen meint. Diese Vernichtung wurde mithilfe der sogenannten Konzentrationslager, in die die jüdischen Personen deportiert wurden, sichergestellt. Das Judentum wurde von den Nationalsozialisten nicht als Religion, sondern als minderwertige "Rasse" definiert. Jüdinnen und Juden wurden als heimtückisch und habgierig abgewertet und stellten das Gegenbild zur "arischen Rasse" dar.

Die Nationalsozialisten machten jüdische Menschen zum Sündenbock für die politischen und wirtschaftlichen Probleme in der deutschen Gesellschaft zu. Unter anderem ging es dabei um die Schuld an der Niederlage im Ersten Weltkrieg, am Versailler Vertrag und der gesellschaftlichen Spaltung Deutschlands.

Der Friedensvertrag von Versailles, auch Versailler Vertrag genannt, markierte das Ende des Ersten Weltkrieges und beeinflusste die Deutsche Geschichte. Sieh Dir doch die Erklärung "Versailler Vertrag" aus dem Fach Geschichte auf StudySmarter an, wenn Du mehr über diesen Friedensvertrag erfahren möchtest!

Über den Autor Jurek Becker

Jurek Becker wurde im Jahr 1938 in Łódź (Polen) geboren und verstarb im Jahr 1997 in Sieseby (Schleswig-Holstein). Er war ein deutsch-polnischer Schriftsteller.

Von 1939 bis 1945 wuchs Becker in einem Getto in Łódź auf. Später geriet er mit seiner Mutter in ein Konzentrationslager in Ravensburg. Während seine Mutter aufgrund von Unterernährung in diesem Lager starb, überlebte Becker. Seinen Vater, der nach Auschwitz deportiert wurde, fand er mithilfe einer Suchorganisation wieder.

Nach der Zeit der Herrschaft der Nationalsozialisten lebte Becker in Berlin, wo er Philosophie studierte. Aus politischen Gründen wurde der junge Mann jedoch im Jahr 1960 von seinem Studium ausgeschlossen.

Becker heiratete in den darauffolgenden Jahren die Dekorateurin Erika Hüttig, mit der er zwei Söhne hat. Zu dieser Zeit arbeitete er als Drehbuchautor und freiberuflicher Schriftsteller in Berlin.

Mit "Jakob der Lügner" legte Becker im Jahr 1969 seinen ersten Roman vor. Weitere Romane, wie bspw. "Irreführung der Behörden" (1973) oder "Der Boxer" (1976) folgten. Becker erhielt zahlreiche Literaturpreise. Das Buch "Jakob der Lügner" wurde darüber hinaus erstmals im Jahr 1974 künstlerisch als Film verarbeitet.

Jakob der Lügner – Das Wichtigste

  • Jurek Becker ist der Autor des Romans "Jakob der Lügner". Das Werk wurde erstmals im Jahre 1969 veröffentlicht.
  • "Jakob der Lügner" zählt zur DDR-Literatur und thematisiert den Bericht eines namenlosen Ich-Erzählers, der seinen Aufenthalt in einem jüdischen Getto in Polen überlebt hat.
  • Der Erzähler berichtet von dem Juden Jakob Heym, der als jüdischer Ghettobewohner Nachrichten über einen potenziellen Vormarsch der Roten Armee verbreitet, um den Mitgefangenen Hoffnung und Mut zu schenken.
  • In "Jakob der Lügner" werden, statt der klassischen Einteilung in verschiedene Kapitel, Absätze und Leerzeilen gesetzt.
  • Außerdem sind verschiedene Abschnitte der Erzählung auszumachen, denn der Erzähler kommentiert seine Nacherzählung über Jakob und dessen Erlebnisse im Getto in der Gegenwart.
  • Obwohl die Geschehnisse in "Jakob der Lügner" in Bezug auf den Hintergrund des Dritten Reichs und den Terror der Nationalsozialisten von großer Grausamkeit zeugen, ist die Sprache des Erzählers locker und einfach gehalten.
  • Jurek Becker wirft mit seinem Roman "Jakob der Lügner" mehrere Möglichkeiten der Interpretation auf. Im Wesentlichen geht es in dem Werk um die Lügen des Protagonisten, die einen Hoffnungsschimmer für das gesamte Getto bedeuten.


Nachweise

  1. Becker (2004): Jakob der Lügner. Suhrkamp Taschenbuch Verlag.
  2. www.lektuerehilfe.de: Jakob der Lügner. (20.09.2022)

Häufig gestellte Fragen zum Thema Jakob der Lügner

Jurek Becker verfasste den Roman "Jakob der Lügner".

"Jakob der Lügner" spielt im Jahr 1944. 

Der Autor Jurek Becker war selbst Bewohner in einem Ghetto. Mit seinem Roman "Jakob der Lügner" veranschaulicht er die Grausamkeit des NS-Regimes und gibt zugleich Auskunft über den Lebenswillen der Inhaftierten. Dieser Wille spiegelt sich insbesondere in der Hoffnung der Inhaftierten wider. 

Der Autor zeigt mit seinem Roman "Jakob der Lügner", was Hoffnung bei den Menschen bewirken kann. 

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