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Wer ein Verbrechen begeht, auf den wartet Strafe, wer Schuld hat, muss Sühne leisten. Das sind zwei grundlegende Thesen der Gesellschaft, die noch heute gelten. Mit diesen Gedanken beschäftigt sich auch der russische Autor Fjodor Michailowitsch Dostojewski in seinem Kriminalroman "Schuld und Sühne". Als eine alternative Übersetzung des russischen Originaltitels hat sich "Verbrechen und Strafe" bewährt."Schuld und Sühne" wurde in insgesamt…
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Jetzt kostenlos anmeldenWer ein Verbrechen begeht, auf den wartet Strafe, wer Schuld hat, muss Sühne leisten. Das sind zwei grundlegende Thesen der Gesellschaft, die noch heute gelten. Mit diesen Gedanken beschäftigt sich auch der russische Autor Fjodor Michailowitsch Dostojewski in seinem Kriminalroman "Schuld und Sühne". Als eine alternative Übersetzung des russischen Originaltitels hat sich "Verbrechen und Strafe" bewährt.
"Schuld und Sühne" wurde in insgesamt zwölf Etappen von Januar 1866 bis Dezember 1866 in der russischen Zeitung Russki Westnik veröffentlicht. Der Roman handelt von dem begabten Jura-Studenten Rodion Romanowitsch Raskolnikow, der im Sankt Petersburg des 19. Jahrhunderts in bitterer Armut lebt. Nachdem er ein Gespräch in einem Wirtshaus belauscht, entwickelt er seine eigene Ideologie des "erlaubten Verbrechens" und begeht kurz daraufhin einen Mord, um diese Theorie auf die Probe zu stellen.
Die Bezeichnung "Ideologie" setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern idéa und lógos. Gemeinsam bedeuten sie so viel wie "Ideenlehre", "These" oder auch "Weltanschauung".
"Schuld und Sühne" ist in sechs Teile mit je fünf bis acht Kapiteln untergliedert. Am Schluss findet sich ein Epilog. Das Werk besitzt nicht nur eine alleinstehende Haupthandlung, vielmehr besteht es aus einem verstrickten Netz aus Nebenhandlungen. Diese führen die Lesenden durch den Roman und sind für den Ausgang des Werkes ausschlaggebend. In der folgenden Zusammenfassung findest Du die wichtigsten Inhalte.
Der Begriff "Sühne" beschreibt das Ausgleichen einer verbrecherischen und/oder schlechten Handlung durch eine Form der Opferung beziehungsweise des eigenen Leids. Ebenfalls notwendig ist das Eingestehen der Tat und die ehrliche Bereitschaft zur Veränderung.
Die Bezeichnung "Sühne" wird meist im religiösen Kontext verwendet. Die Religionswissenschaften sprechen auch von einer "Korrekturhandlung", die das positive Verhältnis zwischen einem Gläubigen/einer Gläubigen und Gott wiederherstellen soll.
In einer Taverne begegnet Raskolnikow dem betrunkenen Marmeladow, der dem jungen Studenten von seinem eigenen Leben in Armut erzählt.
Nachdem Raskolnikow durch Zufall ein weiteres Gespräch mitangehört hat, entwickelt er eine Theorie von besonderen, großen Menschen, die für Höheres bestimmt sind, und wiederum solchen, die in ihrer Existenz einer "Laus" gleichen. Er ist von dem Gedanken überzeugt, dass privilegierten Menschen Verbrechen erlaubt sind, um ihre Macht und ihr Potenzial im Sinne einer besseren Welt zu entfalten. Raskolnikow führt dabei Napoleon Bonaparte als Beispiel an. Zudem hält er sich selbst für einen solchen Menschen und ist sich sicher, ein derartiges "erlaubtes Verbrechen" ohne Schuldgefühle durchführen zu können.
Napoleon Bonaparte war ein französischer Kaiser, General und als genialer Kriegsstratege europaweit bekannt wie gefürchtet. Das Bestreben, seine Macht im Europa des 19. Jahrhunderts auszudehnen, traf gegen 1805 auf Widerstand, als der russische Zar Alexander I. sich mit Großbritannien sowie wenig später mit Österreich, Schweden und Neapel verbündete.
Napoleons sogenannter Russlandfeldzug 1812 ging als eine der katastrophalsten militärischen Niederlagen in die Weltgeschichte ein. In den drei darauffolgenden Jahren wurden die von ihm beherrschten Reiche nach und nach befreit und der französische Kaiser lebenslänglich auf eine Insel im Südatlantik verbannt.
Von seiner Überzeugung und seiner Armut getrieben, plant er, die gierige alte Pfandleiherin Aljona Iwanowna, deren Leben er im Vergleich zu seinem als wertlos einstuft, zu ermorden und auszurauben.
- Fjodor M. Dostojewski, "Schuld und Sühne"
Alle Zitate stammen, sofern nicht anders gekennzeichnet, aus Fjodor M. Dostojewskis "Schuld und Sühne" (2019, Stuttgart, Zürich, Wien: Reader's Digest).
Bevor er zu seiner Tat aufbricht, erhält er einen Brief von seiner Mutter, die außerhalb von Sankt Petersburg lebt. Sie teilt ihm mit, dass seine Schwester Awdotja, auch Dunja genannt, sich aus finanzieller Not heraus mit dem vermögenden Herren Luschin verlobt hat. Raskolnikow nimmt sich vor, diese Heirat um jeden Preis zu verhindern.
Am nächsten Tag macht er sich auf zur Pfandleiherin, bricht in ihre Wohnung ein und erschlägt sie mit einer Axt. Als Aljonas Schwester unerwartet früh nach Hause kommt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sie ebenfalls zu ermorden. Raskolnikow ist von seiner Tat so verstört und angespannt, dass es ihm kaum gelingt, etwas Wertvolles aus dem Besitz der Iwanownas zu stehlen. Nur ein paar winzige Schmuckstücke nimmt er mit, vergräbt sie jedoch aus Angst und verliert sie später.
Nach seiner Tat bekommt Raskolnikow hohes Fieber und verfällt in einen krankhaften Zustand. Er erkennt, dass er wohl doch nicht in der Lage ist, einen Menschen ohne Gewissensbisse zu töten, selbst wenn es sich – seiner Ansicht nach – um eine bösartige, wertlose Person handelt.
Kurz nach seinem verübten Verbrechen wird Raskolnikow auf das Polizeirevier vorgeladen. Die Vorladung hat nichts mit dem eigentlichen Mord zu tun, denn Raskolnikow hat keine Spuren hinterlassen. Dennoch erleidet der junge Student vor lauter Nervosität einen Nervenzusammenbruch.
In betrunkenem Zustand gerät Marmeladow nur wenige Tage später unter eine Pferdekutsche. In seiner Wohnung erliegt er, im Beisein von Raskolnikow, seinen Verletzungen. In Marmeladows Haus begegnet Raskolnikow erstmals Sonja, Marmeladows junger Tochter, die ihre Familie durch Prostitution ernährt.
Als Raskolnikows Mutter und seine Schwester Dunja den Studenten besuchen kommen, verhält Raskolnikow sich seltsam. Er ist ruhelos und stößt selbst seine Familie von sich. Bei einer weiteren Begegnung mit Sonja wird zudem klar, dass der junge Student etwas für die mittellose Prostituierte empfindet.
Auf dem Polizeirevier erkennt der zuständige Ermittlungsrichter Porfirij den jungen Studenten Raskolnikow als den zweifachen Mörder im Falle Iwanowna. Durch Raskolnikows auffälliges Verhalten ist er sich sicher, den Täter gefunden zu haben. Er kann ihn jedoch nicht überführen, da keine Beweise vorliegen. Bei einem Zusammentreffen mit Raskolnikow und dessen Freund Rasumichin, macht Porfirij Raskolnikow unmissverständlich deutlich, dass er ihn für schuldig hält und früher oder später überführen wird.
Nachdem Raskolnikow nun weiß, dass Porfirij ihn des zweifachen Mordes verdächtigt, wächst der innerliche Druck. Es beginnt ein psychologisches Spiel, in dem Porfirij Raskolnikow in die Enge treibt. Dabei erhofft er sich, dem jungen Studenten durch ausreichend Manipulation ein Geständnis zu entlocken.
In der Zwischenzeit trifft Swidrigailow, der ehemalige Arbeitgeber von Dunja, Raskolnikow und schwärmt von der Liebe zu dessen Schwester. Swidrigailow beging seinerseits eine Vielzahl an Verbrechen, indem er Kinder und junge Mädchen missbrauchte. Eine Vierzehnjährige ertränkte sich nach der Tat aus Verzweiflung in einem Fluss.
Da Raskolnikow nur zu gut über Swidrigailows Vergangenheit Bescheid weiß, lehnt er dessen Wunsch, Dunja zu heiraten, ab. Swidrigailow wiederum versucht daraufhin, Raskolnikow mit Geld zu bestechen. Er möchte ihm eine Ausreise nach Amerika finanzieren, um einerseits Raskolnikows Gunst zu erhalten und andererseits das letzte Hindernis zwischen ihm und Dunja zu beseitigen.
Zwar ist Dunja zu diesem Zeitpunkt ohnehin mit Luschin verlobt, jedoch will Raskolnikow, der Luschin als recht unsympathischen Menschen empfindet, auch diese bevorstehende Hochzeit schnellstmöglich unterbinden.
Bei Marmeladows Leichenmahl verursacht Dunjas Verlobter Luschin Ärger, als er versucht, Sonja mit einer List einen Diebstahl anzuhängen. Raskolnikow deckt den Betrug auf und weist Luschin vor aller Augen zurecht. Damit ist auch die Verlobung von Dunja und Luschin aufgehoben.
Kurz darauf ist Raskolnikow allein mit Sonja und gesteht ihr aus lauter Verzweiflung seine Tat. Sonja rät ihm, sich zu stellen – ein Gedanke, mit dem auch Raskolnikow selbst bereits mehrfach gespielt hat. Im Nebenraum hat Swidrigailow währenddessen alles mitangehört und weiß nun von Raskolnikows Tat.
Swidrigailow erzählt Dunja, was Raskolnikow getan hat und erklärt, er würde ihren Bruder retten, wenn sie ihn nur heirate. Dunja weigert sich und Swidrigailow nimmt sich daraufhin das Leben.
Raskolnikow fasst in der Zwischenzeit einen Entschluss. Er wird auf Sonjas Rat hören und sich selbst der Polizei stellen. Auf diese Weise, so hofft er, könne er seinen Ängsten, der ständigen Anspannung und dem täglichen Verfolgungswahn entkommen. Er besucht ein letztes Mal seine Mutter, um sich von ihr zu verabschieden und geht daraufhin zu Sonja. Diese gibt ihm ein Kreuz und betet mit ihm.
Nun begibt sich Raskolnikow zur Polizeistation und macht sein Geständnis.
Nach seinem Geständnis wird Raskolnikow zu acht Jahren Haft in einem Arbeitslager in Sibirien verurteilt. Sonja begleitet ihn und die Liebe zwischen den beiden erwacht nun in voller Blüte zum Leben. Von Sonja erfährt Raskolnikow auch, dass Dunja seinen Freund Rasumichin heiratet und die Mutter verstirbt.
Unklar ist, ob sich Raskolnikow während seiner Gefangenschaft zum christlichen Glauben bekehrt. Er findet dort jedoch eine Fassung der Bibel und beginnt, diese aufmerksam zu lesen.
Der Epilog lässt das Ende offen und gibt Hinweise auf eine mögliche Fortsetzung, diese wurde allerdings niemals geschrieben.
"Schuld und Sühne" besitzt einige Haupt- und Nebenfiguren, die das Leben im Sankt Petersburg des 19. Jahrhunderts realitätsnah veranschaulichen. Sie alle besitzen eine eigene Geschichte und wirken auf ihre Weise auf den Verlauf der Handlung ein. Die wichtigsten Figuren & deren Charakterisierung dabei sind:
Raskolnikow ist ein junger, aber außergewöhnlich begabter Jura-Student, der in Sankt Petersburg in einer kleinen Wohnung und ärmlichen Verhältnissen lebt. Aufgrund seiner überdurchschnittlichen Begabung fühlt er sich von der Gesellschaft ausgeschlossen. Dieses Gefühl wird durch die sehr bescheidenen Lebensumstände und die daraus resultierende Mittellosigkeit verstärkt.
Dennoch ist Raskolnikow weder kaltherzig noch egoistisch. Er kümmert sich liebevoll um seine Mutter, setzt sich aktiv für das Glück seiner Schwester Dunja ein und schenkt dem armen Marmeladow und dessen Familie mehrmals Geld, das er selbst dringend nötig hat. Sonja, die als Prostituierte von vielen Menschen verachtet wird, begegnet er stets unvoreingenommen und voller Zuneigung.
Seine anfänglichen Überzeugungen vom "erlaubten Verbrechen" durch "privilegierte Menschen" stellen sich als unwahr heraus, als er die beiden Schwestern Iwanowna tötet und von nun an bis zu seinem Geständnis unter dieser Tat leidet.
Galt er zunächst als ungläubiger Atheist, so scheint er dem christlichen Glauben zum Ende hin nicht mehr ganz so abgeneigt. Grund dafür ist wohl der Einfluss der gläubigen Sonja, zudem aber auch sein neues Weltbild, das sich nach seinem Doppelmord stark wandelt. Er ist nicht länger überzeugt, die Erde sei ein unvollkommener Ort, den es zu reinigen und zu verbessern gilt. Stattdessen erkennt er, wie komplex die Welt wirklich ist, und ist nun fähig, ihr mit Offenheit und Menschlichkeit zu begegnen.
"Der Idiot" zählt neben "Schuld und Sühne" zu einem der berühmtesten Werke Dostojewskis. Der Roman erschien zwischen 1868 und 1869 und handelt von dem jungen Fürsten Lew Myschkin, der aufgrund seiner kindlichen Verhaltensweisen von der Sankt Petersburger Gesellschaft als "Idiot" bezeichnet wird.
Sonja ist eine junge Frau und die Tochter von Marmeladow. Sie lebt und arbeitet als Prostituierte, um ihre Familie anstelle ihres alkoholabhängigen Vaters ernähren zu können.
Trotz ihrer Arbeit ist sie gläubige Katholikin und beruft sich auch in Raskolnikows Anwesenheit immer wieder auf ihre christlichen Überzeugungen. Sie betet mit ihm und liest ihm aus der Bibel vor, statt ihn für seine Morde zu verurteilen.
Sonja ist in vielerlei Hinsicht eine Schlüsselfigur. Sie unterstützt Raskolnikow nicht nur dabei, sich auf der Polizeiwache zu stellen, sondern folgt ihm auch nach seiner Verurteilung in das sibirische Arbeitslager, wo Raskolnikow erstmals seine Taten bereut und von seiner Schuld befreit wird. In "Schuld und Sühne" ist sie somit nicht nur ein Symbol für Güte, Selbstlosigkeit und Menschlichkeit, sie kommt für Raskolnikow auch einem erlösenden Engel gleich, der ihm eine zweite Chance gibt und ihn auf den rechten Weg zurückbringt.
Wie in Raskolnikow und Sonja lassen sich auch in dem Polizeirichter Porfirij deutliche Kontraste erkennen.
Er verdächtigt Raskolnikow bereits zu Beginn der Ermittlungen, kann ihn jedoch nicht stellen, da ihm die nötigen Beweise fehlen. Im Laufe des psychologischen Wettkampfes, den Raskolnikow und er sich bieten, entwickelt er Mitleid mit dem jungen Studenten, und beinahe ein klein wenig Sympathie. Er möchte den Mörder fassen, gleichzeitig verspürt er jedoch das Bedürfnis, ihm zu helfen.
"Schuld und Sühne" hat einen auktorialen Erzähler und einen besonders realistischen Schreibstil. Dostojewski zeichnet in seinem Werk ein umfassendes Bild des Petersburger Lebens und beschönigt dabei nicht die Züge der Armut. Die Zustände der Gesellschaft werden anhand der Beschreibung eines Zimmers in einem Gasthaus deutlich:
"Er zündete eine Kerze an und besah das Zimmer genauer. Dieses enge Gelaß war so niedrig, daß Swidrigailow darin kaum aufrecht stehen konnte, und hatte nur ein Fenster; ein sehr schmutziges Bett, ein einfacher, gestrichener Tisch und ein Stuhl nahmen fast den ganzen Raum ein. Die Wände schienen aus zusammengenagelten Brettern zu bestehen, die mit bereits sehr defekten Tapeten beklebt waren; diese waren so verstaubt und beschmutzt, daß man nur gerade noch die ursprüngliche gelbe Farbe erraten, das Muster aber schlechterdings nicht mehr erkennen konnte. Ein Teil einer Wand und der Decke war schräg abgeschnitten, wie das bei Mansardenstuben gewöhnlich der Fall ist; hier aber befand sich oberhalb der schrägen Fläche die Treppe."
Innere Monologe sind in Dostojewskis Werk ebenso häufig vertreten wie lange Dialoge. Im Fokus der Handlung steht die Entwicklung Raskolnikows. Dostojewski beschreibt in ausführlichen Passagen die psychologischen Prozesse der Hauptfigur: den Kampf zwischen Gewissen und Ideal, seine Gedankengänge und den Weg der Sühne. Die folgenden Zeilen verdeutlichen die geistige Verwirrung und die innere Taubheit, die kurz vor seinem Geständnis von Raskolnikow Besitz ergreifen:
"Raskolnikow drängte sich durch den Haufen hindurch, sah dem Betrunkenen ein Weilchen zu und lachte plötzlich kurz und schrill auf. Einen Augenblick darauf hatte er ihn bereits vergessen; ja, er sah ihn gar nicht mehr, wiewohl er die Augen auf ihn gerichtet hielt. Er trat schließlich zurück, ohne daß er sich bewußt gewesen wäre, wo er sich überhaupt befand; aber als er bis zur Mitte des Platzes gelangt war, ging plötzlich in seinem Innern eine Bewegung vor; eine bestimmte Empfindung ergriff ihn mit einem Male und nahm ihn mit Leib und Seele in ihren Bann."
Ein leitendes Motiv ist dabei auch der Prozess der Auferstehung. Der Gedanke manifestiert sich, als Sonja Raskolnikow die Erweckung des Lazarus aus der Bibel vorliest und spiegelt sich wider in der metaphorischen Wiedergeburt Raskolnikows im sibirischen Arbeitslager. Die Verurteilung entspricht dabei seiner symbolischen Hinrichtung, Einsicht und Reue leiten seine Wiedererweckung ein.
"Schuld und Sühne" bietet verschiedene Ansätze zur Interpretation: Zunächst ist dies kein gewöhnlicher Kriminalroman, denn der Täter steht von Anfang an fest. Interessant ist nicht die Jagd nach dem Verbrecher selbst, sondern vielmehr der philosophisch-psychologische Aspekt, der mit dem Blick in den Geist und die Seele des Mörders daherkommt.
Wenn es keinen Gott gäbe, wäre alles erlaubt.
- Fjodor M. Dostojewski
Es ist ein umfassendes Thema, dem sich Dostojewski in seinem Werk "Schuld und Sühne" widmet: Was gerechtfertigt ist und was nicht, was richtig ist und was falsch, lässt sich oftmals nicht leicht bestimmen. Die Antwort ist nicht nur von der Situation abhängig, sondern kann auch mit entsprechendem Kontext häufig nicht eindeutig festgelegt werden.
Auch Dostojewski ist sich der Komplexität durchaus bewusst, findet er doch auch in seinen Büchern und Texten keine klare Antwort auf seine Fragen. Was er aber hervorhebt, ist die Bedeutung des Glaubens und der Liebe Gottes, die allein dadurch machtvoll wird, dass die Menschen an sie glauben.
Ob ein allmächtiger Schöpfer tatsächlich existiert, lässt sich nicht eindeutig klären und es ist kaum anzunehmen, dass die Menschheit jemals in der Lage sein wird, die Existenz oder Nichtexistenz eines Gottes zu beweisen. Dass ohne eine solche Existenz jedoch Mord und andere Straftaten gerechtfertigt seien, ist eine These, die es klar zu verneinen gilt.
Letztendlich müssen sich die Menschen nicht (nur) vor einem Gott, sondern vor allem auch vor sich selbst rechtfertigen. Raskolnikow selbst war zur Zeit seines Verbrechens ungläubig, konnte den begangenen Mord jedoch trotzdem nicht verarbeiten und ist daraufhin in eine Spirale aus Misstrauen, Anspannung und Wahnvorstellungen geraten. Damit liefert er den besten Beweis, um obige These außer Kraft zu setzen.
Moral und bestmögliches ethisches Verhalten kann auch abseits von Glaube existieren und ist an keine Religion gebunden. Zumal auch staatliche Gesetzgebungen den eigenen Handlungsspielraum in Bezug auf das Wohl eigener Mitmenschen stark eingrenzen. Sich selbst über diese Gesetze zu stellen, wie es die Ideologie vom privilegierten Menschen zulässt, bedeutet, sich selbst zu einem allmächtigen Wesen zu erheben, das den Vorstellungen, die wir von Gott haben, entspricht. An dieser Stelle könnte die Frage gestellt werden, wie eine ungläubige Person die Existenz eines Gottes aktiv verneinen kann, sich aber gleichzeitig selbst als gottgleich begreift.
Aus einer politischen Sichtweise betrachtet, ist eine Person, die allen Gesetzen erhaben ist, ein/e Herrscher*in in einer Diktatur. Die These, es sei "alles erlaubt", lässt allerdings vielmehr an eine anarchistische Welt denken, in der es keine Ordnung, kein Recht und keine staatlichen Regulierungen gibt.
Bereits in Raskolnikows Namen steckt das russische Wort "raskol" für Abspaltung. Diese Abspaltung begleitet die Hauptfigur schon ihr halbes Leben lang und verstärkt sich zusätzlich, als Raskolnikow sich nach seinem Doppelmord mehr denn je an den Rand der Gesellschaft zurückgedrängt fühlt. Sie ist die eigentliche Ursache für Raskolnikows Taten und wird erst von ihm genommen, als er den Weg der Sühne bestreitet und durch sein Geständnis und seine Reue die symbolische Auferstehung erlangt.
Die Auferstehung ist die Grundessenz vieler weltlicher Religionen. So beruhen etwa Judentum, Christentum und Islam auf dem Konzept der Auferstehung.
Unter dem Begriff sind grundsätzlich zweierlei Dinge zu verstehen: Einerseits liegt der Bedeutung "Auferstehung" die Wiederbelebung bei, also die Rückkehr in ein körperliches, irdisches Leben. Andererseits meint Auferstehung im religiösen Sinne meist eine endgültige "Auffahrt" in den Himmel, in das ewige Leben, das keines physischen Körpers mehr bedarf.
Die Auferstehung von Jesus Christus ("Christi Himmelfahrt") ist in 19 Ländern ein gesetzlicher Feiertag und wird 39 Tage nach dem Osterfest begangen.
Raskolnikow erleidet durch seinen doppelten Mord einen symbolischen sowie gesellschaftlichen Tod. Die Abspaltung, die er seit jeher empfand, ist nun nicht länger ein passiv wahrgenommenes Gefühl, sondern eine aktiv herbeigeführte Situation, die er im Moment des Verbrechens selbst auslöst.
Krankhafter Wahn, Verwirrung und Angstzustände sind die Folge und verdeutlichen seinen geistigen Sterbensprozess. Dieses Sterben kann nach Dostojewskis Überzeugungen erst rückgängig gemacht werden, wenn der Schuldige sich seiner Tat stellt und die nötige Reue zeigt.
Der Glaube und die Religion selbst spielt in Dostojewskis Werk "Schuld und Sühne" demnach eine tragende Rolle. Sie ist die Quelle für Vertrauen, Liebe, Hoffnung und Selbstlosigkeit – Eigenschaften, die sich in der gläubigen Sonja manifestieren. Mit dem Vertrauen, das Sonja in Raskolnikow steckt, und der Tatsache, dass sie ihn für seine Taten nicht verurteilt, zeigt sie, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdient hat. Mehr noch: Sie belegt, dass Irren menschlich ist und Gott den Menschen für ihre Fehler verzeiht. Sonja macht Raskolnikow klar, dass es nie zu spät ist, richtige Entscheidungen zu treffen und dass jede*r das Recht hat, seine/ihre Ansichten nachhaltig zu verändern.
Nach dem erfolgreichen Russlandfeldzug im Jahre 1812 gegen den französischen Kaiser Napoleon blieb Russland Mitte des 19. Jahrhunderts militärisch, technisch und wirtschaftlich hinter den westlichen Ländern zurück. Die Mehrheit der russischen Bevölkerung waren Bauer*innen, die ihren Herren dienten und in Abhängigkeit lebten. 1861 wurde die sogenannte Leibeigenschaft abgeschafft, was zu einer starken Verarmung führte.
Dostojewski war ein Vertreter des russischen Realismus. In seinen Romanen versuchte er, die ungeschönte Realität der einfachen Gesellschaft darzustellen und äußerte sich auch zu politischen oder sozialen Fragen.
Der Realismus war eine Literaturepoche des 19. Jahrhunderts, die den Vormärz und den Biedermeier ablöste. Er begann etwa 1848 und endete 1890. Kennzeichnend für den Realismus waren die lebensnahen Darstellungen gesellschaftlicher Probleme und Mängel. Die Autoren der damaligen Zeit hofften, auf diese Art Aufmerksamkeit zu erregen und positive Veränderungen zu bewirken.
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Mit seinem Werk liefert er nicht nur einen Gegenpol zu atheistischen Strömungen, er kritisiert auch die sozialrevolutionären Vorstellungen des 19. Jahrhunderts und lehnt damit Konzepte wie den Rationalismus, also das ausschließlich rationale Denken, und den Utilitarismus ab.
Der Utilitarismus ist eine ethische Grundannahme, die besagt, dass eine Handlung dann richtig und vertretbar ist, wenn ihr Zweck das Gesamtwohl einer Gesellschaft erhöht. Dabei können auch negative Auswirkungen auftreten. Solange sie jedoch nur eine Minderheit betreffen, sind sie nicht weiter wichtig.
Der Roman "Schuld und Sühne" trägt autobiografische Züge. Dostojewski verarbeitet darin persönliche Erfahrungen und zieht damit einige Parallelen zwischen sich und Raskolnikow. "Schuld und Sühne" spielt in dem Petersburger Stadtteil, in dem auch Dostojewski selbst lebte. Viele Orte seiner Erzählung lassen sich nachverfolgen und können in der Realität besucht werden.
Die Handlungs- und Denkweisen des Menschen waren für Dostojewski seit jeher interessant. Die psychologische Tiefe seines Romans "Schuld und Sühne" ergibt sich aus seinen umfassenden Erforschungen des menschlichen Geistes.
Der Mensch ist ein Geheimnis. Man muss es enträtseln, und wenn Du es ein ganzes Leben lang enträtseln wirst, so sage nicht, Du hättest die Zeit verloren. Ich beschäftige mich mit diesem Geheimnis, denn ich will ein Mensch sein.
- Fjodor M. Dostojewski
In den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts gehörte der russische Autor sozialrevolutionären Kreisen an und war außerdem, wie auch die Hauptfigur Raskolnikow, überzeugter Atheist. Er wurde ebenfalls verhaftet und in ein sibirisches Arbeitslager überführt, wo er auf eine Ausgabe des Neuen Testaments stieß und sie aufmerksam studierte. Infolgedessen wandte er sich dem Christentum zu.
Dostojewski war Teil der sogenannten Petraschewzen, einem frühsozialistischen Zirkel um Michail Wassilijewitsch Butaschewitsch-Petraschewski. Sie sprachen sich gegen die Herrschaft des russischen Zaren und die damals übliche Leibeigenschaft aus.
1849 wurde Dostojewski verhaftet und für seine sozialrevolutionären Aktivitäten zum Tode verurteilt. Seine Exekution war jedoch inszeniert und sollte nie stattfinden. Stattdessen wurde er auf dem Hinrichtungsplatz freigesprochen und zu acht Jahren Zwangsarbeit in ein sibirisches Straflager gebracht.
Da auch Petraschewski zur Zwangsarbeit verurteilt und zusätzlich verbannt wurde, löste sich der Kreis der Petraschewzen auf. Es entstanden jedoch weitere revolutionäre Gruppierungen wie die Narodniki und die Bolschewiki. Sie spielten bei der Russischen Revolution und dem Sturz des Zaren 1917 eine große Rolle.
Im Sommer 1865 begann Dostojewski das Schreiben an "Schuld und Sühne". Er schrieb von Wiesbaden aus, wo er sich auf der Flucht vor russischen Gläubigern, bei denen er Geldschulden hatte, versteckte. Zwischendurch unterbrach er seine Arbeiten an "Schuld und Sühne" und verfasste sein Werk "Der Spieler" in nur sechsundzwanzig Tagen.
"Schuld und Sühne" erschien daraufhin in zwölf Teilen ab Januar 1866 in der russischen Zeitschrift "Russki Westnik". Der letzte Abschnitt wurde im Dezember 1866 veröffentlicht. Sein Werk stieß sofort auf nationale und später weltweite Begeisterung. Die erste deutsche Fassung erschien im Jahre 1882.
Raskolnikow hat im Roman "Schuld und Sühne" von Dostojewski einen doppelten Mord begangen. Er erschlug die Pfandleiherin Aljona Iwanowna und deren Schwester in ihrer Wohnung.
Die Hauptperson in Dostojewskis Roman "Schuld und Sühne" heißt mit Nachnamen Raskolnikow. Rodion ist der Vorname und Romanowitsch bedeutet übersetzt so viel wie: Sohn des Roman. Sein voller Name lautet demnach Rodion Romanowitsch Raskolnikow, oder auch Rodion Raskolnikow, Sohn des Roman.
Dostojewskis Roman "Schuld und Sühne" spielt im 19. Jahrhundert. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um den Zeitraum um 1860, da der Autor das Werk in diesem Jahrzehnt verfasste.
"Schuld und Sühne" wurde 1865/1866 von Fjodor Dostojewski geschrieben. Der Autor begann den Roman im Sommer 1865 und beendete sein Werk im Dezember 1866.
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