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Entstanden ist die Erzählung im Oktober 1914, als der österreichische Schriftsteller Franz Kafka sich eigentlich dem Roman "Der Prozess" während eines Arbeitsurlaubs gewidmet hatte. Aufgrund einer Schreibblockade fiel es Kafka schwer, ein passendes Ende für den Roman zu finden und er wandte sich einem neuen Projekt zu.Die Reaktionen auf die Erzählung, die er im Rahmen einer literarischen Vortragsreihe vor kleinerem…
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Jetzt kostenlos anmeldenEntstanden ist die Erzählung im Oktober 1914, als der österreichische Schriftsteller Franz Kafka sich eigentlich dem Roman "Der Prozess" während eines Arbeitsurlaubs gewidmet hatte. Aufgrund einer Schreibblockade fiel es Kafka schwer, ein passendes Ende für den Roman zu finden und er wandte sich einem neuen Projekt zu.
Die Reaktionen auf die Erzählung, die er im Rahmen einer literarischen Vortragsreihe vor kleinerem Publikum vorlas, waren weitgehend negativ. Beispielsweise wurde ihm vorgeworfen, aus reiner Sensationslust eine solch grausame Folterung zum Thema gemacht zu haben.
Einige seien aufgrund der beschriebenen Grausamkeiten in Ohnmacht gefallen und Kafka wurde von einem Zeitungskritiker als "Lüstling des Entsetzens" bezeichnet. Ursprünglich war von Kafkas Seite eine Veröffentlichung unter dem Titel "Strafen" zusammen mit den Werken "Das Urteil" und "Die Verwandlung" geplant. Als Folge der Skepsis des Verlages veröffentlichte Kafka die Erzählung bei Kurt Wolff.
Kurt August Paul Wolff (1887–1963) war ein deutscher Verleger, der vor allen Dingen für expressionistische Werke von großer Wichtigkeit war. 1908 lernte er in Leibzig Ernst Rowohlt kennen, der seinen eigenen Verlag gründete, zu dessen stillem Teilhaber Wolff wurde. Aus persönlichen Gründen verließ Rowohlt das Unternehmen und Wolff nannte den Verlag nach der Übernahme zu Kurt Wolff Verlag um. Neben Franz Kafka sind auch weitere bedeutungsvolle, zeitgenössische Autoren, wie Walter Hasenclever, der für die Komödie "Ehen werden im Himmel geschlossen" bekannt ist. Diese trug ihm sogar einen Prozess wegen Gotteslästerung ein.
Ein Forschungsreisender wird während seines Besuches in einer Strafkolonie eines mächtigen Landes dazu eingeladen, einer öffentlichen Exekution beizuwohnen. Die Strafkolonie befindet sich auf einer Insel und für die Exekution wird eine Apparatur verwendet, die von dem verstorbenen Kommandanten der Insel erfunden wurde. Ein Offizier führt die Bedienung aus.
Der Zweck des Apparats ist, das von dem Verurteilten übertretene Gebot in einer gewaltsamen Prozedur immer tiefer in seinen Körper zu ritzen, bis er letztlich an den Verletzungen stirbt. Erst nach der zwölfstündigen Qual erkennt der Verurteilte die Bedeutung des Schriftzuges.
Im Gegensatz zum Offizier, der die Benutzung der Maschine befürwortet, gibt es seit dem Tod des ehemaligen Kommandanten zunehmend Gegner – beispielsweise der neue Kommandant. Dieser hat die Hoffnung, dass der Forschungsreisende, der als ein Experte auf dem Gebiet des Strafvollzugs gilt, sich ebenfalls kritisch zur Apparatur äußert. Dadurch könnte er die Benutzung der Apparatur beenden.
Bei der anstehenden Exekution soll einem Soldaten, der sich gegenüber seinem Herrn in der Position eines Dieners ungehorsam verhalten habe, die Worte "Ehre deinen Vorgesetzten" eingeritzt werden.
Nach einer ausführlichen Erklärung des Apparates und des Festschnallens des Verurteilten bittet der Offizier den Reisenden darum, sich im späteren Gespräch mit dem Kommandanten positiv über die Maschine zu äußern. Der Reisende lehnt seine Bitte ab, beteuert aber, dass er öffentlich auch nichts Negatives über den Apparat sagen werde. Seine Abneigung der Maschine gegenüber will er nur in einem privaten Gespräch mit dem Kommandanten zum Ausdruck bringen. Er ist davon überzeugt, als Bürger eines anderen Landes nicht in der Position zu sein, sich ein Urteil über die Apparatur bilden zu können.
Der Reisende überlegte: Es ist immer bedenklich, in fremde Verhältnisse entscheidend einzugreifen. Er war weder Bürger der Strafkolonie, noch Bürger des Staates, dem sie angehörte. Wenn er diese Exekution verurteilen oder gar hintertreiben wollte, konnte man ihm sagen: Du bist ein Fremder, sei still.
Sobald der Offizier sich sicher ist, den Besucher nicht mehr von seiner Meinung überzeugen zu können, lässt der den Verurteilten losschnallen und zieht sich selbst aus, während der Angeklagte seine Kleidung wieder anlegt. Danach legt sich der Offizier auf die Maschine, die nun die Worte "Sei gerecht" einritzen soll. Nachdem der Offizier ordnungsgemäß festgeschnallt wurde, beginnt die Maschine von selbst, arbeitet diesmal völlig lautlos statt kreischend und wird immer schneller.
Die Apparatur scheint auseinander zu brechen und auf brutale Weise wird das Opfer in wenigen Minuten exekutiert, anstatt wie sonst, nach etlichen Stunden. Die Leiche hängt mit einem Stachel in der Stirn über der Abfallgrube und blickt den Reisenden mit einem "ruhigen und überzeugten" Ausdruck an.
Nach diesem Akt der Selbstzerstörung besucht der Reisende mit den beiden Soldaten, die bei der Exekution anwesend waren, das Grab des alten Kommandanten und reist dann überstürzt ab. Die Soldaten wollen ihm folgen, doch der Besucher überzeugt sie davon, auf der Insel zu bleiben.
In den drei fragmentarischen Schriften vom August 1917 hat Kafka mehrere Schlussvarianten ausprobiert. Mal taucht der Reisende psychisch und physisch ausgebrannt auf, ein anderes Mal scheint er sogar kurz davor zu sein, seinen Verstand zu verlieren. Auch taucht ihm der tote Offizier in einer geisterähnlichen Erscheinung auf.
Die Erzählung von Kafka lässt sich grundsätzlich in drei Abschnitte unterteilen:
Es liegt eine anonyme Erzählweise vor, die es schwierig macht, sich mit einer bestimmten Person zu identifizieren. Dem Leser wird zwar eine Innensicht gewährt, jedoch nur für den Reisenden. Über die Gefühlswelt des von den Geschehnissen betroffenen Offiziers erfährt der Leser nichts, sondern nur wie dieser von außen ersichtlich ist.
"Die Maschine besteht aus einer Art Bett, einer „Egge“, die dem Delinquenten Nadeln in den Rücken treibt, und einem Zeichner, der diese Nadeln bewegt. Die Hinrichtung, die zugleich ein Akt der schwersten Folter ist, erstreckt sich über zwölf Stunden. Während dieser Zeit liegt der Verurteilte gefesselt auf dem Bett, indessen ihm die Egge eine Buchstabenschrift in den Rücken ritzt, die sein Vergehen bezeichnen soll." (vgl. Peter-André: Franz Kafka – Der ewige Sohn. Eine Biographie, München 2005, S.475)
Die Apparatur wird von Kafka als übergroßer Paragraph mit der Funktionsweise eines Phonographen mit einer vibrierenden Platte aus Metall und einer Nadel beschrieben. Als Hauptgegenstand der Erzählung repräsentiert er die "Einheit von Schrift und Tod". Ein Phonograph ist ein Diktiergerät, dessen Schallaufzeichnungen lückenlos ist. Somit können die Aufnahmen nicht korrigiert werden. In diesem Punkt wird deutlich, welche zweifellose Macht die Apparatur besitzt.
Das in der Erzählung aufgegriffene Strafverfahren widerspricht der Gewaltenteilung, wie wir sie kennen. Es verletzt dadurch mehrere Grundsätze der modernen Gesellschaft:
Der Verurteilte spielt nur eine nebensächliche Rolle, vielmehr steht die Maschine im Vordergrund. Der Folter- und Tötungsapparat übt eine Faszination sowohl auf den Reisenden, der eine solche Strafverfolgung in der Regel verabscheut, als auch auf den Offizier aus. In ihr sollen sich sowohl technische Präzision, als auch die Hoffnung auf eine tiefergehende Erkenntnis über das Unrecht verbinden. Doch der Apparat kollabiert und der Offizier stirbt mit, ohne Gewissheit zu erlangen.
Letztlich kann die Apparatur auch als einen Ausdruck der Rationalisierung gedeutet werden: Sowohl Anklage, Folter als auch letztlich die Exekution vereinigen sich in der Maschine.
Der Reisende findet sich in der Richterfunktion über das Straf- und Vollzugswesen der Insel wieder:
Der Offizier stellt das Gegenteil des Reisenden da. Er bezeichnet sich selbst als Gerichtspräsident und ist voller ins Negative verkehrter Begeisterung für den Folterapparat, zu dessen Erfinder er aufblickt:
Im Gegensatz zum passiven und emotional distanzierten Reisenden wirkt der Offizier in seiner Opferbereitschaft und seiner Stellung als Bittsteller beinahe menschlich. Er ist völlig bestimmt durch seine Faszination für die Apparatur. Sein Tod zeigt eine tragische Würde.
Beide Kommandanten werden lediglich vom Offizier erwähnt und treten in der Erzählung selbst nicht auf:
Wie es meist bei Werken von Franz Kafka der Fall ist, gibt es auch für diese Erzählung keine eindeutige Interpretation. Betrachtet man die Erzählung aus weltlicher Sicht, die sich auf die sinnlich erfassbare Welt statt auf religiöse Glaubenssätze bezieht, kann man den Text als ein Gleichnis einer fanatischen Ideologie und eines diktatorischen Machtapparates verstehen.
Als "fanatisch" wird jemand bezeichnet, der / die sich auf leidenschaftliche und rücksichtslose Weise für etwas einsetzt. Fanatiker*innen sind von einer Idee besessen und verfolgen ihre Ziele, ohne diese hinterfragen. Dabei geht diese Denkweise soweit, dass Andersdenkenden nicht akzeptiert werden.
Die Begriffe "Fanatismus" und "Diktatur" stehen oft miteinander in Zusammenhang:
Der Begriff "Diktatur" fällt oft im Zusammenhang mit dem Dritten Reich. Eine Diktatur ist ein Herrschaftssystem, das sich durch die uneingeschränkte Staatsgewalt einer Person oder einer Gruppe auszeichnet. Beispielsweise wird eine Person als "diktatorisch" bezeichnet, wenn sie sich gebieterisch verhält und keinen Widerspruch duldet.
Durch die autoritäre und unbeschränkte Macht der Apparatur wird der Mensch zu Maschinenfutter herabgesetzt. Auf der Insel liegt keine Gewalteinteilung in Legislative, Judikative und Exekutive vor; diese vereinen sich in einer Person – dem Offizier. Die Urteilssprechung zeichnet sich durch reine Willkür aus und es liegt weder eine Anklage noch eine Verteidigung vor.
Blickt man aus metaphysischer Sicht, die über die einfache Sinneswahrnehmung hinausgeht, auf die Erzählung, erweckt sie den Eindruck, es könne sich um die Ausführung eines Rituals handeln, in der ein willkürlich gewähltes Menschenopfer einer unmenschlichen Götterwelt dargebracht werde. Trotzallem finden sich in der Strafkolonie auch Religionsvorstellungen: So solle das Opfer aufgrund des Schmerzes zu einer erlösenden Einsicht kommen, wodurch er den Sinn seines Leidens verstehen könne.
Ein anderer Ansatz interpretiert die Maschine als ein Symbol für das menschliche Schicksal. Aus diesem Grund wisse der Verurteilte nichts über das Urteil und könne sich so auch nicht verteidigen.
Die Auffassung "Die Schuld ist immer zweifellos" zieht sich durch das gesamte Werk hindurch und stellt die zentrale Aussage des Romans dar.
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