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Moralisches Handeln bedeutet, sein Verhalten nach einem komplexen System aus Werten zu richten, die sich in der Gesellschaft entwickelt haben und je nach Kultur unterscheiden können. Die Fähigkeit moralisch zu handeln entwickelt sich im Laufe des Lebens und unterscheidet sich bei Kindern und Erwachsenen stark. Ein Ansatz, der diese Entwicklung beschreibt, ist die Theorie der Moralentwicklung nach Lawrence Kohlberg.Der Begriff…
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Jetzt kostenlos anmeldenMoralisches Handeln bedeutet, sein Verhalten nach einem komplexen System aus Werten zu richten, die sich in der Gesellschaft entwickelt haben und je nach Kultur unterscheiden können. Die Fähigkeit moralisch zu handeln entwickelt sich im Laufe des Lebens und unterscheidet sich bei Kindern und Erwachsenen stark. Ein Ansatz, der diese Entwicklung beschreibt, ist die Theorie der Moralentwicklung nach Lawrence Kohlberg.
Der Begriff Moral ist ein Überbegriff für die Regeln und Gesetze, die in einer Gesellschaft allgemein anerkannt sind. Wenn man ein moralisch handelnder Mensch ist, dann verhält man sich also aus Sicht der Gesellschaft gut und richtig.
Eine sehr bekannte Theorie, die erklärt, wie Menschen Moral lernen, basiert auf der Dissertation des US-amerikanischen Psychologen Lawrence Kohlberg. Belege für sein Konzept sammelte er anschließend in einer 25-jährigen Längsschnittstudie.
Längsschnittstudien sind eine psychologische Methode, bei der eine Stichprobe über einen längeren Zeitraum hinweg untersucht wird. Es gibt also von jeder Versuchsperson mehrere Daten, die eine Aussage über die Entwicklung dieser Person erlauben.
Die Theorie und das daraus entstandene Modell beruhen auf zwei Grundannahmen:
Für Kohlberg sind nicht die moralisch richtig oder falschen Entscheidungen interessant, sondern viel mehr die Begründung für eine Entscheidung in einer schwierigen Situation, einem sogenannten Dilemma.
Eine Situation wird dann als Dilemma bezeichnet, wenn es sehr schwerfällt, eine Entscheidung zu treffen, weil beide Möglichkeiten nicht wünschenswert sind. Bei einem Dilemma gibt es keine richtige oder falsche Entscheidung.
Ein Dilemma, das im Zusammenhang mit Kohlbergs Theorie bekannt geworden ist und auch immer wieder beispielhaft für eine Dilemmasituation herangezogen wird, ist das Heinz-Dilemma.
Kohlberg selbst entwarf mit dem Heinz-Dilemma ein Gedankenexperiment, das die Argumentation der verschiedenen Stufen gut veranschaulicht. Das Dilemma stellte er auch den Teilnehmer*innen seiner Studien vor, um herauszufinden, wie diese sich entscheiden würde. Auf der Grundlage der Antworten lassen sich die Teilnehmer*innen einer Stufe des Modells zuordnen.
Im Folgenden kannst Du das Heinz-Dilemma einmal nachlesen.
Die Ehefrau eines Mannes namens Heinz leidet an einer tödlichen Krankheit, für die gerade ein neues Medikament entwickelt wurde. Dieses wird von einem Apotheker in der Stadt für viel Geld angeboten, deutlich mehr, als Heinz auch mithilfe von Freund*innen zusammenbekommen kann, und deutlich mehr, als es aufgrund der Materialkosten wert ist.
Er bittet deshalb den Apotheker, ihm das Medikament für weniger Geld zu verkaufen, da seine Frau sonst bald sterben wird. Der Apotheker weigert sich allerdings, da er weiterhin Profit machen möchte. Heinz hat alle legalen Möglichkeiten ausgeschöpft, jedoch ohne Erfolg.
Dilemma-Frage: Sollte Heinz das Medikament stehlen, um seine Frau zu retten?
Kohlberg geht davon aus, dass die Lösung solcher Konflikte mit jeder Stufe der Moralentwicklung "gerechter" ist. So werden auf der ersten Ebene vor allem die eigenen Ansprüche berücksichtigt. Das Ziel des Entwicklungsverlaufes (Endstadium) ist dagegen dadurch gekennzeichnet, dass die Person zu einem Schluss kommt, der alle Perspektiven mit einbezieht.
Diese Entwicklung kann außerdem mithilfe von ethischen Trainings beschleunigt oder vorangetrieben werden. Demnach geht Kohlberg davon aus, dass Moral lehrbar ist. Seine Annahme ist experimentell weitgehend bestätigt worden.
Ethische Trainings sind Übungen, die das Verständnis von Moral und somit auch das moralische Handeln von Menschen zu stärken. Ein solches Training hat drei Ziele.
Einen anderen Ansatz zur Moral und ihrer Entwicklung liefert Jean Piaget. Wenn Du Dich näher mit dieser Theorie befassen willst, dann ist die Erklärung "Piaget Moral" für Dich sehr interessant.
Wie bereits angedeutet, geht Kohlberg davon aus, dass sich Moral erst stufenweise entwickelt. Dementsprechend hat er ein Stufenmodell der Moralentwicklung erstellt, was die Moralentwicklung in drei Ebenen und sechs Stufen unterteilt.
Die drei Ebenen der Moralentwicklung sind:
Das Wort "konventionell" bezieht sich auf die sozialen und gesellschaftlichen Normen, also Abmachungen oder Regeln, an die sich alle halten sollen.
Jede dieser drei Ebenen enthält je zwei Stufen, die unterschiedliche Begründungen für das Treffen von moralischen Entscheidungen enthalten. Darin steckt aber noch keine Wertung darüber, ob die Entscheidung "richtig" ist. Es geht bei dieser Theorie zunächst nur um eine Unterscheidung verschiedener Denkweisen.
Zentral ist dabei vor allem das Prinzip der Gerechtigkeit. Konkret wird darunter ein möglichst balancierter Ausgleich zwischen den Ansprüchen und Bedürfnissen verschiedener Personen verstanden. Schwierige Situationen entstehen, wenn diese einander widersprechen.
Ähnlich wie bei anderen Entwicklungstheorien lassen sich einige Eigenschaften dieses Stufenmodells beschreiben, die wie folgt lauten:
Bezogen auf die gesellschaftliche Konvention bedeutet präkonventionell, dass die Vorstellungen anderer oder die allgemeinen Regeln und Gesetze der Gesellschaft noch nicht in die Begründung einer moralischen Entscheidung einfließen. Personen, die sich auf dieser Ebene befinden, achten vor allem auf direkte persönliche Konsequenzen, wie Bestrafung oder das Kosten-Nutzen-Verhältnis einer Handlung.
Auf dieser Stufe orientieren sich Personen vor allem an Strafe und Gehorsam. Das bedeutet, dass die hauptsächliche Motivation und Begründung für eine Handlung das Vermeiden von persönlichem Leid ist. Dieses Leid kann körperlich, oder emotionaler bzw. psychischer Natur sein. Das folgende Beispiel zeigt Dir, wie Heinz auf dieser Stufe reagieren könnte.
Würde Heinz das Medikament für seine Frau stehlen, dann hätte er das Problem, dass er ins Gefängnis kommen könnte. Wenn er es aber nicht entwendet, dann könnten andere Menschen ihm vorwerfen, dass er seiner Frau nicht geholfen habe.
Hier orientieren sich Menschen besonders an den eigenen Bedürfnissen und Abwägungen von Kosten und Nutzen. Jedoch werden die Bedürfnisse anderer nicht völlig vernachlässigt, da diese Stufe von einem Verständnis der Gegenseitigkeit von Verhalten gekennzeichnet ist.
Wenn Heinz das Medikament für seine Frau stiehlt, dann tut sie ihm vielleicht auch einmal einen großen Gefallen. Wenn er das Medikament nicht stiehlt, dann kostet es seiner Frau das Leben, aber Heinz könnte weiter in Freiheit sein.
Auf dieser Ebene wird meistens das getan, was andere für richtig halten. Das kann sich auf das nähere Umfeld oder auch auf den Großteil der Gesellschaft beziehen. In manchen Fällen stimmt das jedoch nicht unbedingt mit dem überein, was nach übergeordneten moralischen Prinzipien die richtige Entscheidung wäre.
Personen auf dieser Stufe streben nach Anerkennung im näheren Umkreis. Oft spricht man bei jüngeren Personen davon, dass jemand gerne ein "gutes Kind" wäre. Wie Heinz’ Überlegungen auf dieser Stufe aussehen können, siehst Du im Folgenden:
Einerseits erwartet Heinz’ Frau von ihm, dass er das Medikament besorgt und er will ein guter Ehemann sein. Andererseits lässt ein Diebstahl Heinz in seinem Umfeld vermutlich schlechter dastehen.
Auf dieser Stufe sind Menschen bemüht, sich an Gesetze zu halten. Deshalb achten sie auch besonders die Autorität anderer. Sie betonen außerdem die Wichtigkeit von Recht und Ordnung sowie die Erfüllung von Pflichten im größeren System. Im folgenden Beispiel kannst Du nachlesen, wie Heinz sich verhalten würde, wenn er sich auf dieser Stufe der Moralentwicklung befindet.
Heinz hat als Ehemann die Verpflichtung, für das Wohl seiner Frau zu sorgen.
Diebstahl ist jedoch gesetzlich verboten.
Die postkonventionelle Argumentation geht über Angepasstheit und Gesetze hinaus und orientiert sich nicht mehr nur an dem, was in der Gesellschaft als richtig angesehen wird. Personen, die sich auf dieser Ebene befinden, handeln nach ethischen und moralischen Prinzipien, die über diese sozialen Abmachungen hinausgehen.
Sie würden sich also auch an die allgemeinen Menschenrechte halten, wenn diese in ihrem Staat nicht gesetzlich verankert sind.
Hier beginnen Menschen, Normen und Regeln zu hinterfragen. Sie werden also nur akzeptiert und befolgt, wenn sie verhältnismäßig und für alle Menschen gerecht sind. Statt sich strikt an Gesetze zu halten, orientieren sich Personen auf dieser Ebene an einem Sozialvertrag, der ungeschriebene Regeln beinhaltet.
Zudem sind sie sich darüber bewusst, dass ihre Perspektive nur eine von vielen ist, die sich diesem Vertrag unterordnet und dass die Perspektiven aller Menschen berücksichtigt werden sollten.
Da diese Stufe zunächst sehr abstrakt klingt, findest Du hier ein Beispiel von Heinz zum besseren Verständnis:
Diebstahl ist zwar gesetzlich verboten, aber in diesem Fall ist es gerechtfertigt, da die Gesetze nicht der Gesundheit eines Menschen im Weg stehen sollten.
Allerdings hat der Apotheker auch ein Recht darauf, eine faire Bezahlung zu erhalten.
Auf der höchsten ethischen Stufe werden die Begründungen abstrakt. Als Richtlinie dienen dann eigene ethische Standards wie Gerechtigkeit, Gegenseitigkeit, Gleichheit und die Würde aller Menschen. Gesetze und soziale Abmachungen sind überhaupt nur deshalb gültig, weil sie auf diesen übergeordneten Konzepten basieren.
Wie Heinz solche ethischen Standards umsetzen könnte, siehst Du nachfolgend.
Heinz sollte das Medikament für seine Frau stehlen, denn das Leben eines Menschen steht über allem.
Doch Menschen, die das Medikament genauso dringend brauchen, können es dann nicht mehr bekommen und ihr Leben ist nicht weniger wert als das von Heinz’ Frau.
Das Konzept der Moralentwicklung von Kohlberg ist sehr komplex. Damit es Dir einfacher fällt, Dir die verschiedenen Stufen zu merken, findest Du in der unten stehenden Abbildung eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte vom Stufenmodell.
Abbildung 1: Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg
Es ist sehr schwierig, Altersgrenzen für die einzelnen Stufen festzulegen. Das liegt daran, dass es häufig große Unterschiede zwischen Gleichaltrigen gibt, sodass diese teilweise sehr unterschiedliche Begründungen für ihr Handeln finden. Außerdem erreichen viele Menschen nicht die letzten Stufen dieser Entwicklung. Ein Großteil der Erwachsenen befindet sich zum Beispiel noch auf der konventionellen Ebene (Stufe drei und vier).
Mithilfe einer Vielzahl von Experimenten konnte allerdings herausgefunden werden, wie viel Prozent der Argumentationen von Menschen des jeweiligen Alters auf einer bestimmten Ebene stattfinden. Durch solche Studien ist eine grobe Schätzung der Altersgrenzen der Entwicklungsschritte möglich:
Damit Du die verschiedenen Stufen der Moralentwicklung noch besser verstehst, findest Du hier noch ein zusätzliches Beispiel, dass Dir vielleicht sogar selbst schon einmal begegnet ist:
Stelle Dir vor, Du findest in der Schule einen 50 €-Schein auf dem Boden. Du freust Dich sehr darüber, da Du sofort weißt, was Du mit dem Geld machen wirst. In der nächsten Unterrichtsstunde meldet sich eine Mitschülerin zu Wort, die das Geld verloren hat und darum bittet, dass der oder die Finder*in es ihr zurückgibt.
Ob Du Dich dafür entscheidest, das Geld zurückzugeben, hängt davon ab, auf welcher moralischen Stufe Du argumentierst. An dieser Stelle kannst Du vielleicht selbst einmal überlegen, was Du tun würdest und wie Du die Entscheidung begründen würdest.
Am Modell von Kohlberg gibt es einige Punkte, die von Psycholog*innen immer wieder bemängelt werden. Aus den verschiedenen Kritiken haben sich drei wesentliche herausgebildet:
Trotz dieser Kritikpunkte liefert die Theorie einen guten Rahmen zur Beschreibung und Klassifikation verschiedener Moralstufen.
Kohlberg versteht unter Moral das Befolgen von Regeln des menschlichen Miteinanders. Wichtig ist für ihn auch das Gerechtigkeitsprinzip, da er moralische Konflikte als Widersprüche von Bedürfnissen verschiedener Personen sieht.
Laut Kohlberg entwickelt sich die Moral stufenweise und auf verschiedenen Niveaus. Kleine Kinder befinden sich auf dem ersten Niveau der prä-konventionellen Moral, bei dem Entscheidungen stark von Konsequenzen für einen selbst und Kosten-Nutzen-Abwägungen abhängen. Die Moral von Jugendlichen und einigen Erwachsenen dagegen ist konventionell, also an Konformität und sozialen Regeln orientiert. Einige Erwachsene erreichen die post-konventionelle Ebene, in der anhand von grundlegenden ethischen und moralischen Prinzipien argumentiert wird.
Kohlberg geht davon aus, dass Moral lehrbar ist. Somit kann die Moralentwicklung auch mithilfe von ethischen Trainings beschleunigt werden.
Beispiele für die Theorie der Moralentwicklung nach Kohlberg sind Dilemmata-Fragen (z. B. Heinz-Dilemma), also Konflikte, bei der keine der beiden Lösungsoptionen ideal ist. Personen in verschiedenen Entwicklungsstadien der Moral geben allerdings unterschiedliche Begründungen für ihre Entscheidung an.
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