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Ein wichtiges Forschungsgebiet der Entwicklungspsychologie ist die Bindungstheorie, die sich mit dem Bindungsverhalten des Menschen beschäftigt. Die Bindungstheorie kann belegen, dass Menschen ein angeborenes Bedürfnis haben, enge Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufzubauen.Der Begriff Bindung bezeichnet in der Psychologie eine bestimmte Form von Beziehung zwischen zwei Menschen. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sie:mit Emotionen aufgeladen,auf Gegenseitigkeit beruhend und lang andauernd ist. Die Verbindung,…
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Jetzt kostenlos anmeldenEin wichtiges Forschungsgebiet der Entwicklungspsychologie ist die Bindungstheorie, die sich mit dem Bindungsverhalten des Menschen beschäftigt. Die Bindungstheorie kann belegen, dass Menschen ein angeborenes Bedürfnis haben, enge Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufzubauen.
Der Begriff Bindung bezeichnet in der Psychologie eine bestimmte Form von Beziehung zwischen zwei Menschen. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sie:
Die Verbindung, die man zu einem Idol empfindet, zum Beispiel zu einem Musikstar oder einem/r Schauspieler*in aus einer Serie, kann sehr emotional und lang andauern. Dies ist aber keine Bindung im psychologischen Verständnis, da der/die Schauspieler*in oder Musiker*in sich dessen nicht bewusst ist.
Die frühesten Bindungen baut ein Neugeborenes in der Regel zu seinen Eltern auf. Dies ist bereits früh daran erkennbar, dass Kinder Schutz oder Trost bei ihnen suchen, wenn sie Angst haben oder traurig sind. Diese Verhaltensweisen sind typische Bindungsverhalten.
Bindungsverhalten ist ein Überbegriff, der in der Psychologie verwendet wird, um verschiedene Verhaltensweisen zur Beschreibung der Qualität der Bindung zwischen Bindungspersonen zu messen.
Ursprünglich wollte der Tiefenpsychologe John Bowlby (1907–1990) psychoanalytische Annahmen empirisch überprüfbar machen. Er entfernte sich im Laufe seiner Forschungen allerdings von der Psychoanalyse und machte es sich stattdessen zum Ziel, die Wirkungen von Familieneinflüssen auf die kindliche Entwicklung und die generationsübergreifende Weitergabe von Bindungsbeziehungen zu untersuchen.Abbildung 1: John Bowlby als Pionier der BindungsforschungQuelle: en.wikipedia.org
Bowlby formulierte im Jahr 1940 erstmals seine Sichtweisen in einem Artikel für das "International Journal of Psycho-Analysis". Er verwies auf nachteilige Auswirkungen früher Eltern-Kind-Trennungen, wie beispielsweise Krankenhausaufenthalte der Kinder ohne Mutter. Bowlby stellte auch die These auf, dass die Beeinträchtigung der frühen Mutter-Kind-Beziehung ein ausschlaggebender Faktor für psychische Störungen sei, und forschte ab diesem Zeitpunkt mithilfe von Robertson und Ainsworth ausführlich darüber.
Er bezog sich in seinen Arbeiten auf Charles Darwin. Dieser sagte, dass jeder Mensch mit verschiedenen Verhaltenssystemen ausgestattet sei, die das Überleben der Spezies sicherten. Dazu gehört ihm zufolge das Bindungsverhalten des Kindes.
Bowlbys Untersuchungen zum Bindungsverhalten wurden mitunter heftig diskutiert und kritisiert, vor allem in den 1960er-Jahren von psychoanalytischer Seite. Seine theoretischen Ansätze wurden in dieser Zeit daher kaum weiter beachtet. Erst im späten 20. Jahrhundert erwachte das Interesse an der Bindungstheorie seitens der Psychoanalyse in Deutschland erneut.
Bindungsverhalten entwickelt sich im Laufe des ersten Lebensjahrs. Bis zur sechsten Lebenswoche kann die Bindungsperson dabei häufig wechseln. Danach entsteht eine zunehmend festere Bindung zu einer oder mehreren Personen wie beispielsweise der Mutter, dem Vater oder den Geschwistern.
Sobald das Kind sich selbstständig fortbewegen kann, ist es fähig, sich aktiv in die Nähe der Bezugsperson zu begeben oder aber die Umgebung allein zu erkunden. Ab etwa dem dritten Lebensjahr versucht das Kind, das Verhalten des anderen situationsabhängig zu beeinflussen.
Zusammengefasst kann man diese einzelnen Phasen im Vierphasenmodell der Bindungsentwicklung nach Bowlby so darstellen:
Kinder zeigen in dieser Zeit typische Verhaltensweisen, um die Aufmerksamkeit ihrer Bindungsperson zu erhalten. Dazu zählen:
Die genannten Verhaltensweisen zeigen nicht nur Kinder, sondern auch andere junge Primaten (Menschenaffen). Dass dieses Verhaltenssystem auch bei genetisch nahen Verwandten vorkommt, deutet darauf hin, dass es genetisch verankert ist. Aktiviert wird das konkrete Bindungsverhalten beim Wunsch nach Nähe oder in "Alarmsituationen", nämlich in Gefahren- oder Bedrohungssituationen. Abgewiesene Wünsche nach Bindung verstärken bindungssuchendes Verhalten, das bei Wiederkehr einer Bezugsperson beobachtet werden kann.
Die verschiedenen Bindungstypen im Bindungsverhalten gehen aus der Eltern-Kind-Beziehung hervor und spiegeln somit diese zwischenmenschliche Qualität wider. In die zwischenmenschliche Qualität fließt das Verhalten beider Seiten (Kind und Eltern) ein. Somit ist das Bindungsverhalten des Kindes kein Spiegelbild seines Charakters, sondern in erster Linie Ausdruck der erlebten Interaktion mit der Bezugsperson.
Das Bindungsverhalten einer Person verändert sich im Laufe des Lebens stetig. Bei älteren Kindern und Erwachsenen ist das ursprüngliche, direkt erkennbare Bindungsverhalten (z. B. das Suchen nach und Wiedererkennen von Bindungspersonen) nur noch wenig offensichtlich. Dennoch können Zusammenhänge zwischen frühem Bindungsverhalten und dem Verhalten älterer Kinder, Jugendlicher und Erwachsener festgestellt werden.
Durch die individuellen Unterschiede in der frühen Eltern-Kind-Interaktion werden nach Bowlby nämlich sogenannte "innere Wirkungs-/Arbeitsmodelle" (inner working models) gebildet, die auch später im Leben relativ stabil abgebildet werden.
Neben dem Bindungsverhalten von Kindern und den damit zusammenhängenden Verhaltensweisen gibt es noch das sogenannte Explorationsverhalten. Beendet wird bindungssuchendes Verhalten nämlich meist durch Nähe zur Bindungsperson mit Blick- und/oder körperlichem Kontakt über eine gewisse Zeit. Das Kind fühlt sich zumeist sicher und zeigt dann neugieriges Explorationsverhalten.
Als Explorationsverhalten bzw. Erkundungsverhalten bezeichnen Verhaltensbiolog*innen bei Tieren das aktive Eindringen in zuvor nicht besuchte Areale (abgegrenzte Gebiete) und beim Menschen die Kontaktaufnahme zu neuen, unbekannten Gegenständen im bereits bekannten Umfeld. In Bezug auf den Menschen, speziell auf dessen Lernfähigkeit, wird auch der Begriff "exploratives Verhalten" verwendet.
Prinzipiell gilt: Fühlt sich ein Kind sicher und geborgen, ist das Explorationsverhalten stark und das Bindungsverhalten dagegen eher gering ausgeprägt und umgekehrt.
Abbildung 2: Bindungs- und Explorationsverhalten
In der Bindungsforschung können verschiedene Bindungstypen bzw. Bindungsstile klassifiziert werden, denn das Bindungsverhalten ist vielfältig in der Ausprägung. Zur Erforschung dieser Bindungstypen gibt es mehrere Settings, in denen das Verhalten beobachtet wird.
Man spricht oft auch von vier Bindungsqualitäten bei Kindern.
Die verschiedenen Bindungstypen bzw. Bindungsstile von Kindern lassen sich gut in einer Tabelle darstellen. Hier erhältst Du einen Überblick über die Typen:
Bindungstypen | Abkürzung | Beschreibung | Verhalten |
Sichere Bindung | B-Typ |
|
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Unsicher vermeidende Bindung | A-Typ |
|
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Unsicher ambivalente Bindung | C-Typ |
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Desorganisierte Bindung | D-Typ |
|
|
Bei Kindern kommt der sichere Bindungstyp am häufigsten vor, die Bindungstypen unsicher-vermeidend und unsicher ambivalent weniger häufig und am seltensten die desorganisiert-desorientierte Bindung.
Eine sichere Bindung zu haben, ist sehr wertvoll für Kinder. Sicher gebundene Kinder zeigen angemesseneres Sozialverhalten im Kindergarten und in der Schule, mehr Fantasie beim Spielen, größere und längere Aufmerksamkeit, ein höheres Selbstwertgefühl und kaum depressive Symptome. Zudem zeigen sie sich offen und aufgeschlossen für neue Sozialkontakte mit Erwachsenen und Gleichaltrigen.
Mithilfe des sogenannten "Adult Attachment Interview" (AAI) kann man einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Bindungstyp des Kindes und der Bindungseinstellung der Bezugsperson nachweisen. Man konnte daraus in der Bindungsforschung einige Klassifikationen von verschiedenen Bindungseinstellungen erarbeiten.
Autonom gebundene Bindungspersonen haben meist viel Selbstvertrauen, Respekt und Empathie. In Bezug zu ihren Bindungspersonen sind sie realistisch. Sie haben sowohl negative als auch positive Einstellungen gegenüber ihren Bezugspersonen. Die Beziehung zu ihren Eltern wird größtenteils nicht idealisiert. Eltern mit autonomer Bindungseinstellung reagieren vorhersehbar auf ihre Kinder und können gut auf das Bindungsverhalten ihrer Kinder eingehen.
Autonom klassifizierte Eltern haben häufig sicher gebundene Kinder.
Im Gegenzug zu Menschen mit einer autonomen Bildungseinstellung neigen distanziert-beziehungsabweisend eingestellte Menschen dazu, ihre Eltern und deren Erziehungsmethoden zu idealisieren. Gleichzeitig berichten sie aber auch von fehlender elterlicher Unterstützung oder Zurückweisung. Trotz dieser beiden Extreme können sie sich meistens schlecht an die eigene Kindheit erinnern. Die Bedeutung der Erfahrungen mit den Eltern wird oftmals heruntergespielt oder verleugnet.
Kinder dieser Erwachsenen können eher mit Unterstützung und Einstellung auf ihre Bedürfnisse rechnen, wenn sie versuchen, eine Aufgabe zu bewältigen. Die Kinder werden in vielen Fällen bereits früh unter Leistungsdruck gesetzt.
Beziehungsabweisende Eltern haben eher vermeidend gebundene Kinder.
Diese Einstellung haben häufig Erwachsene, die von den Erinnerungen an die eigene Kindheit permanent belastet sind. Sie konnten Probleme und Schwierigkeiten innerhalb der Beziehung zur eigenen Bindungsperson nur schlecht verarbeiten. Oft stehen sie immer noch in einer Abhängigkeitsbeziehung zu den eigenen Bindungspersonen. Die Mütter von Menschen dieser Bindungsrepräsentanz waren oft nicht in der Lage, ihrem Kind in Bedrohungssituationen Schutz oder Beruhigung zu bieten.
Verstrickte Eltern haben oft ambivalent gebundene Kinder.
Bindungspersonen, die unter einem unverarbeiteten Trauerprozess leiden oder nicht verarbeitete missbräuchliche Erfahrungen erlebten, haben sehr häufig auch Kinder des desorganisierten Bindungstyps. Das liegt vermutlich daran, dass Bindungspersonen, die unter Traumatisierungen leiden, keinen Schutz bieten können und gleichzeitig jedoch bei ihren Kindern oft das Bindungsverhalten aktivieren.
Wenn die traumatisierte Bezugsperson das Kind unter Umständen misshandelt oder missbraucht, wird sie nicht zu einer schützenden Instanz für das Kind, sondern zu einer Quelle der Angst und Gefahr.
Eltern, die unter einem nicht aufgearbeiteten Trauma leiden, haben meist desorganisiert gebundene Kinder.
Wie die verschiedenen Bindungstypen zeigen, kann das Bindungsverhalten zwischen Kindern und deren Bezugspersonen gestört werden. Diese Störungen können sich bis ins Erwachsenenalter hinziehen, wie das an den Bindungseinstellungen ersichtlich wird. Bereits John Bowlby vermutete, dass ein Grund für eine solche Störung in einer längeren Trennung von Kind und Bezugsperson liegen kann. Die Störungen können bei einer Wiedervereinigung mit der Bezugsperson oft wieder verschwinden, aber es besteht auch die Gefahr von Störungen im Bindungsverhalten, die zunächst verborgen bleiben und nicht auffallen. Diese treten dann oft erst im späteren Leben in Erscheinung.
Mögliche Störungen des Bindungsverhaltens sind:
Ein Beziehungsabbruch bzw. mehrere Beziehungsabbrüche können bei Kindern dazu führen, generell keine Beziehungen mehr aufnehmen zu können oder ein stark ambivalentes Bindungsverhalten zu entwickeln. In solchen Fällen zeigen die Kinder gar kein Bindungsverhalten.
Neben dem völligen Fehlen von Bindungsverhalten gibt es auch undifferenziertes Bindungsverhalten. Diese Kinder unterscheiden nicht zwischen den Bindungspersonen und zeigen daher keine Zurückhaltung gegenüber fremden Personen. Die Folge ist, dass sich die Kinder oft durch ausgeprägtes Risikoverhalten selbst verletzen. Sie rückversichern sich häufig nicht, ob das Erkundungsverhalten erwünscht ist bzw. als risikoarm eingeschätzt wird, und entwickeln somit kein Verständnis für riskante Handlungen.
Abbildung 3: Eine gesunde Eltern-Kind-Bindung ist sehr wichtig für die EntwicklungQuelle: apotheken-umschau.de
Übersteigertes Bindungsverhalten bezeichnet ein starkes Klammern von Kindern. Sie sind dann nur in der absoluten Nähe ihrer Bezugsperson emotional beruhigt. Dies ähnelt dem unsicher-ambivalenten Bindungsstil, ist aber stark übersteigert.
Bei einem gehemmten Bindungsverhalten zeigen die Kinder eine übermäßige Anpassung, die sich erst bei der Abwesenheit der Bezugsperson lockert. Beispielsweise durch Gewalt in der Erziehung zeigen diese Kinder Bindungswünsche nur zurückhaltend gegenüber den Bezugspersonen.
Im aggressiven Bindungsverhalten eröffnen Kinder ihre Bindungsbeziehungen durch körperliche und/oder verbale Aggression, die als eine Form des Ausdrucks von Nähewünschen gelten kann. Häufig nimmt das aggressive Verhalten nach dem Aufbau einer Bindung ab.
Es gibt vier verschiedene Bindungstypen von Kindern, nämlich die sichere, die unsicher vermeidende, die unsicher ambivalente und die desorganisierte Bindung. Bei der sicheren Bindung kann das Kind mit seiner Bindung zur Bezugsperson sicher umgehen. Bei der unsicher vermeidenden Bindung gibt es ein auffälliges Kontakt-Vermeidungsverhalten und bei der unsicher ambivalenten Bindung verhalten sich Kinder widersprüchlich-anhänglich. Die desorganisierte Bindung ist geprägt von bizarren Verhaltensweisen und keiner klaren Strategie.
Das Bindungsverhalten besteht aus verschiedenen Verhaltensweisen wie beispielsweise Lächeln, Schreien, Festklammern, Krabbeln und Suchen der Bezugsperson.
Als Bindungsverhalten bezeichnet man in der Psychologie verschiedene Verhaltensweisen, mit denen man die Qualität der emotionalen Beziehung zwischen Eltern und Kind beschreiben kann.
Ainsworth unterscheidet drei Bindungsmuster, nämlich die sichere, die unsicher-ambivalente und die unsicher-vermeidende Bindung.
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