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Grundbedürfnisse

Jeder Mensch wird jederzeit von etwas angetrieben. Alle sind ständig darum bemüht, bestimmte Ziele zu erreichen. Aber was ist es, wonach die Menschen streben?

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Jeder Mensch wird jederzeit von etwas angetrieben. Alle sind ständig darum bemüht, bestimmte Ziele zu erreichen. Aber was ist es, wonach die Menschen streben?

Nach Ansicht vieler psychologischer Wissenschaftler*innen sind es die Grundbedürfnisse, die Menschen antreiben und die für menschliche Gefühle und Verhaltensweisen verantwortlich sind. Zu den Grundbedürfnissen des Menschen gehören Nahrung, Kleidung und Schutz ebenso wie Beziehungen und Bindung. Zwei der wichtigsten Theorien zu menschlichen Grundbedürfnisse sind die Bedürfnispyramide und die Konsistenztheorie.

Psychologische Grundbedürfnisse des Menschen – Definition

Es gibt keine allgemeine Definition von Grundbedürfnissen des Menschen. Vielmehr gibt es in der Psychologie verschiedene Ansätze und Theorien, die unterschiedliche menschliche Grundbedürfnisse benennen. Teilweise werden diese verschiedenen Grundbedürfnisse als gleichwertig, teilweise in einer bestimmten Hierarchie gesehen.

Grundbedürfnisse des Menschen sind diejenigen Bedürfnisse, die das gesunde Überleben des Menschen sichern. Werden Grundbedürfnisse nicht befriedigt, führt das über kürzere oder längere Zeit zum Tod oder zu körperlichen oder psychischen Schäden.

Zu den Grundbedürfnissen gehören diejenigen Bedürfnisse, die den Organismus am Leben erhalten, wie zum Beispiel Sauerstoff, Wasser und Nahrung. Menschen haben aber auch soziale Grundbedürfnisse wie das Bedürfnis nach Bindung oder Anerkennung. Früher waren auch diese Bedürfnisse direkt für das menschliche Überleben wichtig, da ein Mensch ohne soziale Gruppe nicht überlebensfähig war. Und auch wenn ein Mensch heute bei fehlender Anerkennung weiter überleben könnte, führt die Verletzung dieses Grundbedürfnisses auf Dauer zu psychischen Problemen und Belastungen.

Zwei bekannte Modelle, die die Grundbedürfnisse strukturiert darstellen, sind die Bedürfnispyramide des US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow und die Konsistenztheorie des deutschen Psychologen Klaus Grawe. Maslow und Grawe versuchten mit ihren Modellen Antworten auf die Frage zu finden, was Menschen motiviert und was passiert, wenn unsere Grundbedürfnisse nicht befriedigt werden.

Unter Motivation (aus dem lateinischen movere, für "bewegen", "antreiben") werden in der Psychologie emotionale Prozesse zur Setzung und Bewertung von Zielen verstanden, die dazu führen, dass Menschen sich für oder gegen ein Verhalten entscheiden. In der Erklärung "Motivation Psychologie" erfährst Du mehr zu dem Thema!

Grundbedürfnisse Maslow – die Bedürfnispyramide

Abraham Maslow beschäftigte sich mit der Motivation des Menschen und erstellte in den 1940er und 1950er Jahren das Modell der sogenannten Bedürfnispyramide. Die Bedürfnispyramide stellt die Grundbedürfnisse und Motive des Menschen hierarchisch, also aufeinander aufbauend dar. Maslow ging also davon aus, dass menschliche Grundbedürfnisse unterschiedliche Prioritäten haben: Die Befriedigung der unteren Bedürfnisse hat Vorrang vor der Befriedigung der weiter oben liegenden Bedürfnisse.

Als am wichtigsten (und zuunterst in der Pyramide) benennt Maslow die physiologischen Bedürfnisse. Dazu gehören die Bedürfnisse nach Nahrung, Sauerstoff, Wasser, Schlaf und Kleidung (als Schutz vor Kälte). Sind die physiologischen Bedürfnisse grundlegend befriedigt, rücken die Sicherheitsbedürfnisse in den Vordergrund. Diese Grundbedürfnisse umfassen z. B. das Bedürfnis nach einer Wohnung als Schutzraum, nach einer Arbeitsstelle zur materiellen Grundsicherung und nach Stabilität und Vorhersehbarkeit im Umfeld.

Die dritte Schicht von Grundbedürfnissen beinhaltet die Sozialbedürfnisse. Dazu gehören die Bedürfnisse nach Zuneigung, Unterstützung, sozialer Zugehörigkeit und sexueller Intimität. Die vierte Kategorie der Pyramide sind die sogenannten Individualbedürfnisse oder Bedürfnisse nach Anerkennung und Wertschätzung. Dazu gehören die Bedürfnisse nach Erfolg, Unabhängigkeit und Freiheit, aber auch nach Ansehen und Wertschätzung durch Andere.

Als Spitze der Pyramide sieht Maslow das Grundbedürfnis nach Selbstverwirklichung. Es wird erst dann aktiviert, wenn alle anderen Bedürfnisse erfüllt sind. Hier geht es darum, die eigenen Talente und Potenziale aktiv zu nutzen, sich in seiner Persönlichkeit weiterzuentwickeln und einen Sinn im Leben zu finden.

Die vier unteren Schichten von Grundbedürfnissen bezeichnete Maslow als sogenannte Defizit- oder Mangelbedürfnisse. Sind diese Grundbedürfnisse nicht befriedigt, hat das körperliche oder psychische Schäden zur Folge. Das Grundbedürfnis nach Selbstverwirklichung bezeichnete Maslow dagegen als Wachstumsbedürfnis. Er ging davon aus, dass dieses Bedürfnis nie vollständig befriedigt werden kann. Wird es jedoch zu wenig befriedigt, können auch hier psychische Störungen entstehen.

Natürlich können psychische Störungen, die aus den Wachstumsbedürfnissen resultieren, auch Auswirkungen auf den Körper haben. Allerdings ist der entscheidende Unterschied zwischen Wachstums- und Defizitbedürfnissen, dass die Defizitbedürfnisse bei einer Nichtbefriedigung einen direkten Einfluss auf den Körper haben (wenn Du nichts trinkst, verdurstet Du zum Beispiel) und die Wachstumsbedürfnisse eher einen indirekten.

Dieser indirekte Einfluss kann sich in körperlichen Symptomen äußern, die durch psychische Störungen entstehen. Wenn ein Mensch an der Entfaltung seiner Potentiale gehindert wird, kann das beispielsweise zu Minderwertigkeitserleben oder sogar Depression führen. Diese kann sich wiederum körperlich in Schlafstörungen, Anspannung oder Appetitverlust äußern.

Maslow ging davon aus, dass die höher liegenden Grundbedürfnisse erst dann wirksam werden, wenn die darunterliegenden Bedürfnisse befriedigt sind. Allerdings muss ein Bedürfnis nicht zu 100% erfüllt sein, bevor das nächste aktiv wird. Eher ging Maslow hier von einer allmählichen Verschiebung aus: Je mehr das untere Bedürfnis befriedigt ist, desto stärker wird das darüber liegende.

In der heutigen Gesellschaft spielen die physiologischen Grundbedürfnisse laut Maslow eine untergeordnete Rolle, da sie in den meisten Situationen einfach zu befriedigen sind. Das folgende Beispiel zeigt Dir das Zusammenspiel von physiologischen Bedürfnissen und Sicherheitsbedürfnissen:

Stell Dir vor, morgen steht ein wichtiges Bewerbungsgespräch an. Deine finanzielle Sicherheit hängt davon ab, ob Du den Job bekommst oder nicht, Du bist daher extrem motiviert, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Dafür bereitest Du Dich akribisch vor: Du liest alles über das Unternehmen, was Du finden kannst, überlegst, was Du anziehst und was Du sagen könntest. Dein Handeln ist also voll und ganz auf die Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses ausgerichtet.

Das wird so lange gut funktionieren, bis Du am Abend vor dem Bewerbungsgespräch Hunger bekommst und allmählich müde wirst. Wenn Du diesen physiologischen Bedürfnissen jetzt nicht nachkommst, wirst Du zu dem Gespräch morgen übermüdet und mit knurrendem Magen erscheinen – und Dich mit Sicherheit nicht optimal präsentieren können. Dein physiologisches Bedürfnis hat also Vorrang vor Deinem Sicherheitsbedürfnis.

Die folgende Tabelle verschafft Dir noch einmal einen Überblick über die Grundbedürfnisse nach Maslow:


GrundbedürfnisseErklärung
physiologische Bedürfnisse
  • körperliche Bedürfnisse, die das Überleben sichern
  • Bedürfnis nach Wasser, Nahrung, Sauerstoff, Schlaf und Sex zur Fortpflanzung
Mangelbedürfnisse
Sicherheitsbedürfnisse
  • Bedürfnis nach körperlicher und emotionaler Sicherheit
  • Bedürfnis nach Unterkunft, Arbeit zur finanziellen Sicherheit, Planbarkeit und Regeln
Sozialbedürfnisse
  • Bedürfnis, Teil eines sozialen Netzes zu sein (Familie, Freunde, Gesellschaft)
  • Bedürfnis nach Nähe, Unterstützung, Kommunikation, Intimität, Geborgenheit
Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung
  • Bedürfnis nach Freiheit, Unabhängigkeit und Erfolg (kann man selbst erfüllen)
  • Bedürfnis nach Ansehen, Prestige & Achtung (kann nur durch Andere erfüllt werden)
Bedürfnis nach Selbstverwirklichung
  • Bedürfnis, eigene Potenziale auszuschöpfen, Kreativität auszuleben, die eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln
  • Bedürfnis, seinem Leben einen Sinn zu geben
Wachstumsbedürfnis

Kritik an der Bedürfnispyramide nach Maslow

  • Es gibt viele Beispiele, die Zweifel an der hierarchischen Ordnung der Bedürfnisse aufkommen lassen. Z. B. hungern bestimmte Menschen für eine schlanke Figur, unterziehen sich gefährlichen kosmetischen Operationen für ein besseres Aussehen oder machen gefährliche Mutproben, um ihren Status in einer Gruppe zu sichern und setzen dabei ihre Gesundheit aufs Spiel. Nach Maslow müsste die körperliche Gesundheit und Sicherheit immer an erster Stelle stehen.
  • Die Motivklassen sind so abstrakt formuliert, dass ein Verhalten theoretisch mithilfe verschiedener Bedürfnisse erklärt werden kann. Beispielsweise könnte eine Person, die sich voll auf die Arbeit fokussiert und die eigene Familie vernachlässigt, das aus dem Bedürfnis nach (finanzieller) Sicherheit, nach sozialem Zusammenhalt (mit Kolleg*innen), nach Anerkennung (der eigenen Leistung) oder nach Selbstverwirklichung (Ausleben eigener Ideen) tun. Umgekehrt könnte eine Person, die wenig arbeitet und viel Zeit mit der Familie verbringt, das aus ähnlichen Motiven tun: Bedürfnis nach emotionaler Sicherheit in der Häuslichkeit, Bedürfnis nach sozialer Familienzugehörigkeit, Bedürfnis nach Freiheit und Unabhängigkeit (von der Arbeit) oder Bedürfnis nach Selbstverwirklichung in der Freizeit oder der Erziehung der Kinder.
  • Schließlich geht Maslow davon aus, dass alle Menschen die gleichen Bedürfnisse und Motive haben. Nach aktuellem Forschungsstand reagieren Menschen in der gleichen Situation aber sehr unterschiedlich und haben unterschiedliche Motive, die sie antreiben. Sozialbedürfnisse sind beispielsweise stark kulturell unterschiedlich: So ist z. B. der soziale Status und die Zugehörigkeit zu einer Gruppe in kollektivistischen Ländern wie China deutlich wichtiger als in individualistischen Ländern wie Deutschland.

Grundbedürfnisse Grawe – die Konsistenztheorie

Das zweite wichtige Modell zu menschlichen Grundbedürfnissen ist die Konsistenztheorie des deutschen Psychologen Klaus Grawe. Im Gegensatz zur Bedürfnispyramide von Maslow ist dieses Modell nicht hierarchisch. Grawe geht vielmehr davon aus, dass alle Grundbedürfnisse des Menschen parallel ablaufen und gleichrangig sind. Außerdem umfasst die Konsistenztheorie nur psychologische Grundbedürfnisse, die physiologischen Grundbedürfnisse werden hier nicht berücksichtigt. Die Konsistenztheorie wurde durch zahlreiche wissenschaftliche Studien gestützt und wird heute von den meisten Psycholog*innen anerkannt.

Wenn ein Bedürfnis nicht oder nicht ausreichend erfüllt ist, entsteht ein Mangelgefühl. Halten Mangelgefühle zu lange an, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine psychische Störung. Grawe bestimmt in seiner Konsistenztheorie vier psychologische Grundbedürfnisse:

  • das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle
  • das Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung
  • das Bedürfnis nach Bindung
  • das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung

Grundbedürfnis nach Orientierung und Kontrolle

Das Grundbedürfnis nach Orientierung und Kontrolle umfasst den Wunsch, die Welt zu verstehen und auf Ereignisse in der Umwelt Einfluss nehmen zu können. Dazu gehören beispielsweise die Planung des Tagesablaufes und der Zukunft. Eine mangelhafte Befriedigung des Bedürfnisses nach Orientierung und Kontrolle entsteht, wenn Menschen in eine unvorhersehbare Situation geraten, die sie nicht kontrollieren können. Dann entstehen als Mangelgefühle Angst, Hilflosigkeit oder Unsicherheit.

Das folgende Beispiel zeigt, wie sich das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle äußern kann:

Fritz hat letzten Sommer sein Abi gemacht und ist vor Kurzem aus der bayrischen Kleinstadt, in der er aufgewachsen ist, zum Studium nach Berlin gezogen. Alles ist sehr neu und unbekannt für ihn. Er weiß nicht, was in der Uni auf ihn zukommt und kennt sich in der fremden Großstadt noch nicht aus. Auch in einer WG hat er vorher noch nie gewohnt und ist unsicher, wie er sich zu verhalten hat.

Umso erleichterter ist er, als er seine drei Mitbewohner*innen besser kennenlernt, die sich als sehr hilfsbereit herausstellen. Alle drei studieren schon seit einigen Semestern und kennen sich an der Uni und in Berlin gut aus. Sie zeigen Fritz, wie er sich für Uni-Veranstaltungen anmeldet, erklären ihm den Putzplan der WG und nehmen ihn mit auf eine Tour durch den Kiez. Schon nach wenigen Wochen fühlt Fritz sich in Berlin wie daheim, er hat die Orientierung und Kontrolle über sein Leben schnell wieder gefunden und fühlt sich sicher in seinem neuen Zuhause.

Grundbedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung

Das Grundbedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung zeigt sich in der Bestrebung, angenehme Dinge zu wiederholen und unangenehme zu vermeiden. Was Menschen dabei als angenehm oder unangenehm einschätzen, ist von Person zu Person sehr unterschiedlich und hängt viel mit Erfahrungen und Bewertungen zusammen. Zu den Mangelgefühlen bei Nichterfüllung dieses Bedürfnisses gehören Langeweile, Müdigkeit, Überlastung und Sinnlosigkeitserleben.

Es kann jedoch auch sinnvoll sein, unangenehme Situationen aufzusuchen und dabei kurzzeitig Unlust in Kauf zu nehmen. Häufig hilft das Ertragen dieser kurzzeitigen Unlust, zu einem späteren Zeitpunkt sehr viel unangenehmere Situationen zu vermeiden oder etwas Angenehmes als Belohnung zu bekommen. Es ist also nicht immer sinnvoll, dieses Grundbedürfnis auf kürzestem Wege zu befriedigen. Das folgende Beispiel macht Dir deutlich, was damit gemeint ist:

Fritz hat sich in seiner neuen WG gut eingelebt und fühlt sich wohl. Das Einzige, was ihm überhaupt keinen Spaß macht, ist das wöchentliche Putzen. Seine Aufgaben wechseln dabei von Woche zu Woche, besonders aufs Bad Putzen hat er immer überhaupt keine Lust. Aber er weiß genau, dass der WG-Frieden auf dem Spiel steht, wenn er nicht putzt und auf Streit mit seinen Mitbewohner*innen (die er inzwischen wirklich gern mag), hat er noch viel weniger Lust. Deshalb quält er sich regelmäßig mit Schwamm und Wischmopp und ist jedes mal extrem erleichtert, wenn er es hinter sich hat.

Grundbedürfnis nach Bindung

Das Grundbedürfnis nach Bindung bedeutet, eine intensive emotionale Beziehung zu einer Bezugsperson zu haben. Das kann die Beziehung zwischen Mutter oder Vater und Kind sein, eine Paarbeziehung oder auch eine tiefe Freundschaft.

Dass das Bindungsbedürfnis für Menschen essenziell ist, zeigt sich unter anderem daran, dass es für Bindung ein eigenes Hormon gibt: Oxytocin, das sogenannte Kuschelhormon, wird immer dann ausgeschüttet, wenn Körperkontakt mit anderen Menschen (oder auch mit Tieren) hergestellt wird. Stillende Mütter haben besonders viel Oxytocin im Körper, was die Bindung zum Baby stärkt. Oxytocin ist außerdem ein Gegenspieler des Stresshormons Kortisol und sorgt damit für Stressreduktion und Entspannung.

Die Bindung eines Babys zur ersten Bezugsperson (meist der Mutter) hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie gut dieses Baby später im Leben in der Lage sein wird, Beziehungen einzugehen und sein Bindungsbedürfnis zu befriedigen. Wenn das Grundbedürfnis nach Bindung nicht erfüllt werden kann, entsteht als Mangelgefühl Einsamkeit.

Ein verwandtes Konzept zum Bindungsbedürfnis ist die Bindungstheorie des britischen Psychologen John Bowlby. Mehr dazu erfährst Du in der Erklärung "Bindungsfähigkeit und Bindungsverhalten".

Grundbedürfnis nach Selbstwerterhöhung

Das Grundbedürfnis nach Selbstwerterhöhung ist der Wunsch nach Anerkennung durch Andere. Dazu gehört das Streben nach Erfolg und Ansehen in der Gesellschaft. Der Selbstwert steigt, wenn eine Person von Anderen eine wertschätzende Rückmeldung in Form von Lob bekommt und damit die Bestätigung, dass sie gut ist, wie sie ist. Die Mangelgefühle dieses Bedürfnisses sind Minderwertigkeitsgefühle und Scham. Das folgende Beispiel zeigt, wie sich das Grundbedürfnis nach Selbstwerterhöhung bereits bei Kindern äußert:

Ein Kind wird in seinem Selbstwert gestärkt, wenn es von den Eltern gelobt und bestätigt wird. Das vermittelt dem Kind das Gefühl, in Ordnung zu sein. Wird ein Kind zu wenig gelobt und wertgeschätzt, wird es keinen gesunden Selbstwert entwickeln, sondern mit Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgefühlen zu kämpfen haben.

Befriedigung der Grundbedürfnisse – Motivationale Schemata nach Grawe

Laut Grawe strebt jeder Mensch jederzeit nach der Befriedigung seiner Grundbedürfnisse. Um die Grundbedürfnisse zu befriedigen, entwickelt jeder Mensch im Laufe seines Lebens sogenannte motivationale Schemata.

Motivationale Schemata sind bestimmte Ziele oder Regeln, die ein Individuum im Lauf seines Lebens entwickelt, um die eigenen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Sie bestimmen das Verhalten des Individuums und lassen sich in Annäherungsschemata (oder Annäherungsziele) und Vermeidungsschemata (oder Vermeidungsziele) unterteilen: Annäherungsschemata dienen direkt der Befriedigung der Grundbedürfnisse. Vermeidungsschemata dienen dazu, Verletzungen oder Enttäuschungen der Grundbedürfnisse zu verhindern.

Damit Du Dir unter den motivationalen Schemata mehr vorstellen kannst, schau Dir das folgende Beispiel an:

Zwei Kinder, die lernen, regelmäßig ihr Zimmer aufzuräumen, können für die gleiche Handlung unterschiedliche Motive haben: Das erste Kind hat gelernt, dass seine Eltern schimpfen, wenn es das Zimmer nicht aufräumt. Das Aufräumen stellt also ein Vermeidungsziel dar, das vor Verletzung des Bedürfnisses nach Selbstwerterhöhung schützen soll.

Das zweite Kind hat gelernt, dass es sich in einem ordentlichen Zimmer wohler fühlt, als in einem chaotischen. Es weiß genau, welche Spielsachen sich wo befinden und kontrolliert regelmäßig, dass sich keine Spinnen unter dem Bett verstecken. Hier stellt das Aufräumen also ein Annäherungsziel dar und dient der Befriedigung des Bedürfnisses nach Orientierung und Kontrolle.

Übergeordnetes Bedürfnis nach Konsistenz

Den vier Grundbedürfnissen übergeordnet ist das Bedürfnis nach Stimmigkeit und Konsistenz (daher der Name Konsistenztheorie). Es entspricht dem Wunsch, ein sinnhaftes Leben entsprechend der eigenen Werte führen zu können. Ist dieses Bedürfnis nicht erfüllt, kommt es zu Diskordanz oder Inkongruenz. Alles in allem existieren nach Grawe also fünf Grundbedürfnisse des Menschen.

Diskordanz entsteht, wenn zwei unvereinbare motivationale Schemata gleichzeitig aktiviert werden und dadurch in Konflikt geraten.

Inkongruenz entsteht, wenn die eigenen Ziele mit der tatsächlichen Wirklichkeit nicht übereinstimmen.

Bei Diskordanz oder Inkongruenz, und damit Inkonsistenz, entstehen die Mangelgefühle Wut, Enttäuschung und Ungerechtigkeitserleben. Wie Inkonsistenz im Sinne der Diskordanz aussehen kann, zeigt Dir das folgende Beispiel:

Fritz war in seiner Schulzeit aktives Mitglied der Fridays for Future-Bewegung und möchte sich auch im Studium weiterhin für den Klimaschutz engagieren. Dafür achtet er darauf, umweltfreundich produzierte Kleidung und Bio-Lebensmittel zu kaufen (= Annäherungsziel). Gleichzeitig hat er aber nur wenig Geld zur Verfügung und versucht, möglichst sparsam zu leben (= Vermeidungsziel).

Die beiden Schemata werden jedesmal aktiviert, wenn er im Supermarkt vor dem Gemüseregal steht und überlegt, ob er lieber die Bio-Tomaten kaufen oder Geld sparen möchte. Häufig führt diese Diskordanz dazu, dass er frustriert und mit seinem Einkauf unzufrieden ist.

Grundbedürfnisse nach Grawe und Maslow - Das Wichtigste

  • Grundbedürfnisse des Menschen sind diejenigen Bedürfnisse, die das gesunde Überleben des Menschen sichern. Werden sie nicht befriedigt, führt das über kürzere oder längere Zeit zum Tod oder zu körperlichen oder psychischen Schäden.
  • Der US-amerikanische Psychologe Abraham Maslow ging mit seiner Bedürfnispyramide davon aus, dass die Grundbedürfnisse des Menschen hierarchisch aufgebaut sind.
  • Er unterschied dabei Mangelbedürfnisse (physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, Sozialbedürfnisse, Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung) und Wachstumtsbedürfnisse (Bedürfnis nach Selbstverwirklichung).
  • Der deutsche Psychologe Klaus Grawe unterscheidet in der Konsistenztheorie vier gleichwertige psychologische Grundbedürfnisse: das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle, das Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung, das Bedürfnis nach Bindung und das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung.
  • Motivationale Schemata dienen der Befriedigung der vier Grundbedürfnisse, sowie des übergeordneten Bedürfnisses nach Konsistenz.

Nachweise

  1. Gerrig et al. (2020). Psychologie. Pearson Studium.
  2. Grawe (1998). Psychologische Therapie. Hogrefe, Verl. für Psychologie.
  3. Grawe (2004). Neuropsychotherapie. Hogrefe.
  4. Heckhausen; Heckhausen (2010). Motivation und Handeln. Springer.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Grundbedürfnisse

Unter dem Begriff Grundbedürfnis versteht man diejenigen Bedürfnisse, die das gesunde Überleben des Menschen sichern. Werden Grundbedürfnisse nicht befriedigt, führt das über kürzere oder längere Zeit zum Tod oder zu körperlichen oder psychischen Schäden. Zu den Grundbedürfnissen gehören z. B. die Bedürfnisse nach Sauerstoff, Wasser, Nahrung, sozialen Kontakten und Anerkennung.

Psychologische Grundbedürfnisse sind Sauerstoff, Wasser, Nahrung, soziale Kontakte und Anerkennung.

Nach Maslow gibt es fünf Grundbedürfnisse: die physiologischen Bedürfnisse, die Sicherheitsbedürfnisse, die sozialen Bedürfnisse, das Individualbedürfnis und das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.


Die Grundbedürfnisse nach Grawe sind das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle, das Bedürfnis nach Lustgewinn/Unlsutvermeidung, das Bedürfnis nach Bindung und das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung. 

Grundbedürfnisse sind wichtig, weil sie uns zum Handeln motivieren. Zudem stehen die Grundbedürfnisse in einer Wechselbeziehung mit unserer Psyche und unserem Körper. Eine Nicht-Befriedigung der Bedürfnisse kann zu immensen Schäden der Gesundheit führen. 

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