StudySmarter - Die all-in-one Lernapp.
4.8 • +11k Ratings
Mehr als 5 Millionen Downloads
Free
Bevor wir dir das politische System Großbritanniens genauer erklären, gehen wir zuerst auf einen sehr wichtigen Bestandteil eines politischen Systems ein: die Verfassung.
In einer Verfassung wird von einem Staat festgelegt, nach welchen Regeln und Gesetzen er organisiert ist. Die Verfassung beschreibt das politische System des Staates. Soll zum Beispiel eine frei gewählte Regierung oder ein Monarch regieren? Es wird festgelegt, was die Regierung darf, was sie nicht darf und welche Macht zum Beispiel die Polizei, das Militär oder andere Staatsorgane haben.
Die deutsche Verfassung wird auch "Grundgesetz" genannt - diesen Begriff hast du sicherlich schon einmal gehört.
Ungewöhnlicherweise hat Großbritannien keine in einem einzelnen Dokument zusammengetragene Verfassung. Dennoch bedeutet dies nicht, dass es keine Quellen für eine schriftliche Verfassung gibt. Besonders relevant sind in diesem Fall überlieferte Konventionen, gegebene gesetzliche Vorschriften sowie anerkannte Veranschaulichungen der Verfassungsprinzipien.
Besonders historisch relevant sind hierbei die Magna Charta (1215), die die Ausübung politischer Macht an ein Gesetz bindet, die Petition of Rights (1628), die Steuererhebungen von einer Zustimmung vom Parlament abhängig macht und Schutz vor willkürlichen Inhaftierungen ohne Gerichtsverfahren festlegt. Für letzteren Aspekt setzt sich zudem auch das Habeas Corpus Gesetz (1679) ein.
Die britische Verfassung basiert auf zwei Grundprinzipien: der Rule of Law und der Parlamentssouveränität.
Zudem herrscht in Großbritannien das Gewohnheitsrecht, das Common Law. Dies beinhaltet, dass kein Gesetzbuch existiert. Es wird folglich nach konkreten Fällen und nicht nach Regeln entschieden. Die Rechtssprechung orientiert sich an sog. Präzedenzfällen (Musterentscheidungen).
Vergiss nicht, dass England & Großbritannien nicht das Gleiche sind. England ist ein Teil von Großbritannien. Um Genaueres über England, Schottland, Nordirland etc. im Kontext von Großbritannien zu erfahren, schau dir unsere weiteren Landeskunde UK Texte an!
Das Vereinigte Königreich Großbritannien ist eine konstitutionelle (Erb) Monarchie. Das bedeutet, dass der Monarch, aktuell also Queen Elisabeth II. (Stand 2021), in seiner Macht durch die rechtliche Grundordnung bzw. durch eine Konstitution (eng.: constitution), beschränkt ist. Für das politische System in Großbritannien ist vor allem wichtig, dass der Monarch eine rein formale, traditionelle und repräsentative Rolle belegt. Man sagt auch, dass die Queen herrscht, aber nicht regiert.
Wenn du Genaueres über die Monarchie bzw. British Monarchy wissen möchtest, schau dir unseren Artikel zu diesem Thema an.
In der Theorie ist es dem Monarchen erlaubt, ein Veto gegen zu verabschiedende Gesetze einzulegen, in der Praxis passiert dies jedoch nie – generell folgt die Königin meist dem Rat ihres Premierministers oder anderer Minister. Eine Aufgabe, die der Königin zufällt, ist allerdings das Ernennen des Premierministers sowie das Entlassen von Ministern. Zudem eröffnet sie jährlich die neue Sitzungsperiode im Parlament und hält hierbei eine Rede, welche allerdings vom Premierminister, nicht von der Königin selbst, verfasst wurde. Der Inhalt wird von ihr folglich nicht politisch beeinflusst.
Weiterhin hat der Monarch den Oberbefehl über die Streitkräfte, muss alle vom Parlament beschlossenen Gesetze unterzeichnen und kann das Parlament auf Vorschlag des Premierministers hin auflösen.
Nachdem wir dir nun schon einige generelle Infos gegeben haben, schauen wir uns das Regierungssystem des Vereinigten Königreiches mal mit den einzelnen Bestandteilen der Regierung und ihrer Funktion darzustellen genauer an. Damit du einen guten Überblick bekommst, haben wir ein Schaubild für dich:
Aufbau des britischen Regierungssystems Quelle: studocu.com
Wie du hier siehst, ernennt der Monarch den Premierminister, der politisch gesehen die wichtigste und mächtigste Position belegt, ähnlich zu dem/der Bundeskanzler*in in Deutschland. Der Premierminister hat weitgehend die unbegrenzte Entscheidungsgewalt, deshalb wird das britische Regierungssystem teilweise als "Wahldiktatur" bezeichnet. Wie weit die Entscheidungsgewalt ausgenutzt wird, variiert abhängig vom Amtsinhaber.Der Premierminister bildet zusammen mit weiteren Ministern das Kabinett. Das Kabinett hat die Aufgabe, über komplexe Sachverhalte zu entscheiden. Jeder Minister ist für die Aufgabenerfüllung seines bestimmten Ministeriums verantwortlich. Das Kabinett kann zudem über die Anweisung der Königin das Parlament auflösen.
Zwei sogenannte Häuser machen das Parlament aus: Das House of Lords und das House of Commons, im deutschen auch Oberhaus und Unterhaus genannt. Das House of Commons besteht aus Abgeordneten der Regierung, einige mit und einige ohne Regierungsamt, sowie ihrer Opposition. Diese Mitglieder der Regierung sind diejenigen, die von den Wahlberechtigten gewählt werden können. Die im House of Lords sitzenden Mitglieder werden auf Vorschlag der Parteien hin von der Königin ernannt.Ein Sprecher (eng.: Speaker) leitet die Sitzungen des Parlaments. Der Sprecher wird aus der Mitte des Parlamentes gewählt und hat das Interesse aller im Parlament Vertretenen zu berücksichtigen. Die Sitzungen finden im Westminster Palace in London statt. Die soziale Zusammensetzung des Parlaments spiegelt mit überwiegend 40-60 jährigen Männern nicht den Bevölkerungsdurchschnitt wider. Das Parlament steht in politischen Angelegenheiten über dem Monarchen.
Das House of Commons, das Unterhaus, hat vor allem die Aufgabe der Gesetzgebung und der Regierungskontrolle. Die Regierung kontrolliert den überwiegenden Anteil der Tagesordnung, hat in allen Parlamentsausschüssen die Mehrheit und bestimmt über die Redezeit bezüglich einzelner parlamentarischer Gesetzesvorhaben. Die Opposition ist aus diesem Grund insbesondere bzw. lediglich eine Kritikinstanz und wartet sozusagen darauf, zur Regierung zu werden. Sie kann und soll kaum an der Gesetzgebung mitarbeiten.
Das House of Lords, das Oberhaus, besteht vor allem aus Adligen, hochrangigen Personen (wie z. B. Richtern) und Bischöfen. Viele der Mitglieder haben ihren Platz geerbt oder, wie bereits erwähnt, von der Queen zugeteilt bekommen. Offiziell ist das House of Lords heutzutage eine Übergangslösung auf dem Weg zu einer neuen demokratischeren Instanz. Tatsächlich kann das Oberhaus auch lediglich ein aufschiebendes (max. 12 Monate) Veto einlegen. Diese Regelung bezieht sich nicht auf Finanzgesetze. Abgesehen davon hat das House of Lords hauptsächlich eine beratende Funktion und schlägt oftmals Detailverbesserungen vor.
Das höchste Gericht in Großbritannien ist der Supreme Court, welcher ebenso in London sitzt. Dieser stellt sicher, dass juristisch gesehen alles, was politisch von den Houses of Parliament beschlossen wird, dem Gesetz entspricht. Außerdem ist der Supreme Court zuständig für die Rechtssprechung. Dieses Gericht ist unabhängig von der Gesetzgebung sowie der Regierung.
Wir halten also fest: Die Exekutive bilden der Premierminister und das Kabinett. Als die Legislative fungieren die Houses of Parliament, also das House of Commons und das House of Lords. Die Judikative besteht aus dem britischen Supreme Court. Die Monarchie hat auf dieses System in der Praxis keinen relevanten Einfluss.
Wenn du dir unsicher bist, was es mit diesen Worten auf sich hat, informiere dich nochmals über die Gewaltenteilung. Zur Erinnerung: Exekutive = ausführende Gewalt, Verwaltung Legislative = Gesetzgebung, Judikative = Rechtssprechung.
Wahlen, also elections, finden in Großbritannien alle fünf Jahre statt. Wahlberechtigt ist jeder Brite, der in Großbritannien wohnt und über 18 ist. Gewählt werden die Abgeordneten des House of Commons. Es wird in insgesamt 650 Wahlkreisen (eng. constituencies) je ein Sitz nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben, dies bedeutet, dass der Kandidat mit den meisten Stimmen den Sitz im Unterhaus erhält. Erreicht eine Partei die absolute Mehrheit der Sitze, entsteht aus jener die neue Regierung. Ihr Parteivorsitzender wird zum Premierminister.
Wie auch in Deutschland gibt es in Großbritannien verschiedenen Parteien (eng.: parties), die die Briten wählen können. Im Folgenden geben wir dir ein paar Infos zu den populärsten Parteien. Am Ende dieses Abschnittes haben wir noch eine Tabelle für dich erstellt, in der die Parteien bezüglich ihrer Ideologie, politischen Positionierung, dem Gründungsdatum und dem Führenden der Partei übersichtlich dargestellt verglichen werden können.
Der tatsächliche volle Name dieser Partei lautet Conservative and Unionist Party. Sie wurde im Jahr 1834 gegründet und ist auch heute noch mit über der Hälfte der Sitze im House of Commons, sowie dem größten Anteil der Sitze im House of Lords, an der Macht; auch der aktuelle Premierminister (eng.: Primeminister) Boris Johnson ist dieser Partei angehörig (Stand 2021).
Die Conservative and Unionist Party wird klassischerweise von middle- und upper class gewählt. Sie steht dafür in der Kritik, dass sie finanzielle Einschnitte in den Bereichen Gesundheitswesen (eng.: Healthcare), Staatsausgaben (eng.: public spending / government spending) und Sozialleistungen (eng.: social benefits / welfare benefits) vornimmt.
Der Brexit wurde von vielen Angehörigen dieser Partei unterstützt.
Schau dir zum besseren Verständnis noch mal unsere beiden Artikel zum Thema Social Classes in Britain und dem Brexit an.
Die Labour and Co-operative Party, die im Jahr 1900 entstand, aber im Jahr 1970 mit der jetzigen Schwesterpartei Co-operative Party ein Bündnis eingegangen ist, ist mit knapp unter einem Drittel der Sitze im House of Commons und dem zweitgrößten Anteil der Sitze im House of Lords, die zweitgrößte Partei in Großbritannien. Die Partei ist eng verbunden mit Gewerkschaften, welche auch an der Gründung der ursprünglichen Partei beteiligt waren.
Die Labour and Co-operative Party wird klassischerweise von der middle class gewählt. Die Partei hat sich gegen den Brexit ausgesprochen.
Die Scottish National Party (SNP), die im Jahr 1934 als Fusion zweier Parteien (National Party of Scotland & Scottish Party) gegründet wurde, ist die größte in Schottland vertretene Partei. In gesamt Großbritannien ist die SNP die drittgrößte Partei. Die Partei strebt die schottische Unabhängigkeit von Großbritannien an und vertritt das Konzept des inclusive nationalism. Dieser beinhaltet, dass die schottische Kultur zusammen mit demokratischen Werten und Gleichberechtigung vereint sind.
Die Partei hat sich gegen den Brexit ausgesprochen und sieht Schottland als Teil von Europa.
Die viertgrößte Partei in Großbritannien ist die Liberal Democratic Party (The Lib Dems). Sie wurde 1988 als Fusion zweier Parteien (Liberal Party & Social Democratic Party) gegründet. Ihre Werte stehen stark im Gegensatz zu denen der regierenden Conservative Party. Sie sind zudem dafür, das britische Wahlsystem zu verändern.
Die Partei hat sich gegen den Brexit ausgesprochen.
Die genauen Anteile der Parteien in den Parliament Houses lauten wie folgt (Stand 2021):
The Conservative Party: Unterhaus 364/650 - Oberhaus 258/824 - Scottish Parliament 31/129
The Labour Party: Unterhaus 198/650 - Oberhaus 173/824 - Scottish Parliament 22/129
Scottish National Party: Unterhaus 12/ 650 - Oberhaus 86/ 824 - Scottish Parliament 64/129
The Liberal Democratic Party: Unterhaus 45/650 - Oberhaus 0/824 - Scottish Parliament 4/129
Es gibt natürlich insgesamt mehr als vier politische Parteien, allerdings sind diese historisch und politisch gesehen etwas weniger interessant für den Umfang an Wissen, den du dir wahrscheinlich aneignen sollst. Dennoch geben wir dir in diesem Abschnitt ebenso einen kleinen Überblick über die restlichen wählbaren Parteien in Großbritannien, die aktuell im House of Commons vertreten sind:
Name der Partei | Gründung | Politische Position | Ideologie/ Ideology | Führende Person |
Conservative and Unionist Party | 1834 | Mitte - Rechts | Wirtschaftsliberalismus, Britischer Unionismus, Konservatismus | Boris Johnson |
Labour Party | 1900 | Mitte - Links | Demokratischer Sozialismus | Keir Starmer |
Scottish National Party | 1934 | Mitte Links | Schottischer Nationalismus & Unabhängigkeit, Demokratischer Sozialismus, Lokalpatriotismus, Populismus, Pro-Europa, Volkspartei | Nicola Sturgeon |
Liberal Democrats | 1988 | Mitte - Links | (Sozialer) Liberalismus, Pro-Europa | Ed Davey |
Democratic Unionist Party | 1971 | Rechts | Britischer Unionismus & -Nationalismus, Rechter Flügel, Populismus, Nationaler & Sozialer Konservatismus, Harte Euroskepsis | Jeffrey Donaldson |
Sinn Féin | 1970 | Mitte bis Mitte Links | Demokratischer Sozialismus, Linker Flügel, irischer Republikanismus | Mary Lou McDonald |
Plaid Cymru | 1925 | Mitte bis Mitte Links | Walisischer Nationalismus & - Unabhängigkeit, Demokratischer Sozialismus, Umweltschutz, Lokalpatriotismus | Adam Price |
Social Democratic and Labour Party | 1970 | Mitte - Links | Irischer Nationalismus, Demokratischer Sozialismus | Colum Eastwood |
Alba Party | 2021 | Mitte | Schottischer Nationalismus & -Unabhängigkeit | Alex Salmond |
Green Party of England and Wales | 1990 | Links | Progressivismus, Umweltschutz , Pro-Europa | Siân Berry |
Alliance Party of Northern Ireland | 1970 | Mitte bis Mitte Links | Liberalismus, Nicht-Religiös, Pro-Europa | Naomi Long |
Wir haben dir in dieser Tabelle nochmals die wichtigsten Vokabeln im Zusammenhang mit dem Thema Politisches System Großbritannien zusammengestellt.
Englisches Wort - Politisches System Großbritannien | Deutsches Wort - Politisches System Großbritannien |
political party | Partei |
election | Wahl |
to vote | wählen |
parliament | Parlament |
constitution | Verfassung |
constituency | Wahlkreis |
executive | Exekutive |
judiciary | Judikative |
legislature | Legislative |
healthcare | Gesundheitswesen |
public spending / government spending | Staatsausgaben |
social benefits / welfare benefits | Sozialleistungen |
social classes | soziale Klasse ODER Gesellschaftsschicht |
primeminister | Premierminister |
policy | Politik/ Richtlinie |
Großbritannien ist eine konstitutionelle Monarchie. Die repräsentative Demokratie gehört allerdings zu einem der Prinzipien der britischen Verfassung. Das Volk wählt Abgeordnete in das House of Commons.
Das Volk wählt Abgeordnete in das House of Commons Das Parlament (Legislative) besteht aus jenem und dem House of Lords). Erreicht eine Partei die absolute Mehrheit der Sitze, entsteht aus ihr die neue Regierung. Ihr Parteivorsitzender wird zum Premierminister. Der Monarch ist politisch gesehen nur für Formalitäten zuständig und übt keine Macht aus, dies fällt dem Kabinett (Premierminister & Minister) zu (Exekutive). Der Supreme Court bildet die Judikative.
Die britische Regierung besteht aus dem Premierminister und den Ministern im Kabinett. Hinzu kommen Abgeordnete im House of Commons sowie Adlige, Bischöfe und hochrangige Personen im House of Lords. Der Monarch hat eine rein formelle Funktion. Der Supreme Court ist für die Rechtssprechung.
Alle, die in Großbritannien wohnen und über 18 sind können alle fünf Jahre einen Abgeordneten in das House of commons wählen. Es gibt insgesamt 650 Wahlkreise & gewählt wird nach dem Mehrheitswahlrecht. Erreicht eine Partei die absolute Mehrheit der Sitze, entsteht aus ihr die neue Regierung & der Parteivorsitzende wird zum Premierminister.
der Nutzer schaffen das Politisches System Großbritannien Quiz nicht! Kannst du es schaffen?
Quiz startenSei rechtzeitig vorbereitet für deine Prüfungen.
Teste dein Wissen mit spielerischen Quizzes.
Erstelle und finde Karteikarten in Rekordzeit.
Erstelle die schönsten Notizen schneller als je zuvor.
Hab all deine Lermaterialien an einem Ort.
Lade unzählige Dokumente hoch und habe sie immer dabei.
Kenne deine Schwächen und Stärken.
Ziele Setze dir individuelle Ziele und sammle Punkte.
Nie wieder prokrastinieren mit unseren Lernerinnerungen.
Sammle Punkte und erreiche neue Levels beim Lernen.
Lass dir Karteikarten automatisch erstellen.
Erstelle die schönsten Lernmaterialien mit unseren Vorlagen.
Melde dich an für Notizen & Bearbeitung. 100% for free.