Wenn auch in der Mathematik unüblich, hat die Simulation kein eindeutiges Rezept, sondern lediglich ein grobes Schema, das während der Ausführung beachtet wird.
Aufgabe 1
Eine Familie hat zwei Kinder, eines davon ist ein Junge. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Familie ein Mädchen hat?
Diese Frage lässt sich natürlich schwer mit echten Familien und Kindern darstellen. Die Zeit und der Aufwand, ganz abgesehen vom ethischen Aspekt, ist deutlich zu groß. Also ist eine passende Simulation für das reale Zufallsexperiment gefragt.
Lösung
1. Schritt: Modellbildung
Um ein Modell zu bilden, musst Du erst einmal die Schlüsselpunkte identifizieren. In diesem Beispiel sind das Folgende:
- Es geht um die Wahrscheinlichkeiten zweier Kinder. In Deiner Simulation müssen also zwei Variablen, hier benannt als \(\text{Kind 1}\) und \(\text{Kind 2}\), mit jeweiligen Wahrscheinlichkeiten auftreten.
- Die Kinder können jeweils nur entweder männlich oder weiblich sein. Also können die Variablen beide nur die Eigenschaften männlich oder weiblich annehmen.
- Die Wahrscheinlichkeit einen Jungen oder ein Mädchen zu bekommen liegt jeweils bei \(50 \%\).
Da Du also zwei Variablen brauchst, die jeweils nur zwei verschiedene Ergebnisse annehmen können, die beide gleich wahrscheinlich sind, bietet es sich an, zwei Münzen als Zufallsgeräte zu verwenden.
2. Schritt: Simulation
Für die Simulation wirfst Du jetzt diese zwei Münzen 100-mal und notierst Dir jedes Mal die Zahl \(0\), \(1\) oder \(2\). Dabei steht
- \(0\) für keinen Jungen (also zwei Mädchen)
- \(1\) für einen Jungen (also ein Mädchen und einen Jungen)
- \(2\) für zwei Jungen (also kein Mädchen).
Wurf | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | \[\cdots\] | 100 |
Zahl | 1 | 2 | 2 | 0 | 1 | 2 | 2 | \[\cdots\] | 2 |
Sobald Du diese 100 Würfe notiert hast, zählst Du zuerst die Anzahl aller Würfe zusammen, in denen mindestens ein Junge vorkommt, oder auch aller Fälle, die „günstig“ sind. Also alle Ergebnisse, die mit entweder der Zahl \(1\) oder \(2\) versehen sind. Alle, die mit der Zahl \(0\) gekennzeichnet sind, können nicht weiter betrachten werden, da in der Aufgabenstellung ausdrücklich steht, dass bereits ein Kind ein Junge ist.
\[\text{Anzahl günstige Fälle} = \text{Anzahl Ergebnis 1} + \text{Anzahl Ergebnis 2}\]
Als Nächstes zählst Du die Anzahl der Ergebnisse 1 und teilst diese durch die vorher berechnete Anzahl der günstigen Fälle:
\[\text{relative Häufigkeit h}(1)=\frac{\text{Anzahl Ergebnis 1}}{\text{Anzahl günstige Fälle}}\]
Damit Du jetzt nicht anfängst wirklich 100 Mal Münzen zu werfen, wird Dir vorweggenommen, dass eine Zahl um \(0.67\) herauskommt. Diese ist Deine mathematische Lösung.
3. Schritt: Interpretation
Jetzt, hast Du ein mathematisches Ergebnis, welches Du auf das reale Problem beziehen kannst. In diesem geht es darum, den berechneten Wert mit der Frage zu verknüpfen.
Die Zahl \(0{,}67\) entspricht der Wahrscheinlichkeit einen Jungen und ein Mädchen zu haben, unter der Voraussetzung, dass ein Junge auf jeden Fall in der Familie ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass die besagte Familie einen Jungen hat, liegt also bei ca. \(67 \%\).
4. Schritt: Überprüfung
In diesem letzten Schritt überprüfst Du Dein Ergebnis noch einmal. Das kannst Du tun, indem Du Dein Ergebnis mit bereits erstellten Statistiken vergleichst, oder prüfst, ob die Praxis mit der Theorie übereinstimmt.
Grundsätzlich sind die folgenden vier Ereignisse, auch Tupel genannt, möglich, wobei \(M=\text{Mädchen}\) und \(J=\text{Jungen}\) bedeutet.
\[(M;M)\;\;\;(M;J)\;\;\;(J;M)\;\;\;(J;J)\]
Alle Tupel sind gleich wahrscheinlich. Aufgrund der Aufgabenstellung kann aber \(M;M\) ausgeschlossen werden. Auch hier teilst Du wieder die Anzahl der günstigen Fälle, also Tupel \((M;J)\) und \((J;M)\), durch die Anzahl aller möglichen Tupel. Damit landest Du bei \(\frac{2}{3}\), was wiederum ungefähr \(0{,}67\) entspricht und somit das Ergebnis der Simulation bestätigt.