Nullhypothese – Hypothesentest
Mit einem Hypothesentest prüfst Du anhand von Daten eine Behauptung. Aufgrund des Hypothesentests lehnst Du die Behauptung dann ab oder nimmst sie an.
Dafür wird zu Beginn ein Signifikanzniveau festgelegt. Es steht für die Wahrscheinlichkeit, dass eine Hypothese fälschlicherweise abgelehnt wird.
Mithilfe des Signifikanzniveaus bestimmst Du den Annahme- sowie den Ablehnungsbereich. Welche Arten von Hypothesentests es gibt und wie Du sie durchführst, erfährst Du in den Erklärungen "Hypothesentest", "einseitiger Hypothesentest" und "zweiseitiger Hypothesentest".
Hier lernst Du, wie Du die Nullhypothese aufstellst und welche Bedeutung sie hat.
Nullhypothese – einfach erklärt
Wie im Einstiegsbeispiel hast Du eine Behauptung – die Hypothese – aufgestellt, die Du mit einem Hypothesentest überprüfen möchtest. Diese Behauptung ist aber meist nicht die Nullhypothese.
Nullhypothese – Definition
Denn die Nullhypothese ist nicht die eigentliche Behauptung, sondern die Annahme, die Du widerlegen möchtest.
Die Nullhypothese bezeichnet bei einem Hypothesentest eine Behauptung über eine Grundgesamtheit. Dabei ist die Nullhypothese nicht die Annahme, die eigentlich interessiert und untersucht werden soll, sondern sie beschreibt den Standard, von dem Du ausgehst, ohne eine Untersuchung durchzuführen.
Die Nullhypothese wird meistens mit
bezeichnet.
Schau Dir einmal die Hypothese im Einstiegsbeispiel an.
Die Behauptung ist: "Katzen und Hunde schlafen unterschiedlich lange." Diese Behauptung soll mit einem Hypothesentest überprüft werden. Dann ist dies nicht Deine Nullhypothese, da Du diese Hypothese ja gerne überprüfen möchtest.
Die Nullhypothese lautet:
![]()
Von dieser Hypothese, der Nullhypothese, gehst Du aus, bis Du sie möglicherweise mit einem Hypothesentest widerlegt hast.
Nullhypothese und Alternativhypothese
Geht es in einem Hypothesentest um einen Unterschied, so ist die Nullhypothese stets die Hypothese, die von keinem Unterschied ausgeht.
Untersucht der Hypothesentest keinen Unterschied, sondern eine Veränderung, so beschreibt die Nullhypothese den ursprünglichen Zustand und nicht die Veränderung.
Bei einem Hypothesentest gibt es aber immer zwei Hypothesen.
Die neu aufgestellte Hypothese, die eigentlich mit dem Hypothesentest untersucht werden soll, wird als Alternativhypothese bezeichnet. Sie wird auch
oder
abgekürzt.
Du kannst Dir merken, dass die Nullhypothese und die Alternativhypothese immer gegensätzlich sein müssen. Die Nullhypothese ist genau das Gegenteil der Alternativhypothese. Jeder Hypothesentest benötigt insgesamt zwei Hypothesen.
Im Einstiegsbeispiel lautet die Alternativhypothese
![]()
Die Nullhypothese
ist genau das Gegenteil zu dieser Alternativhypothese.
Lass Dich nicht verwirren: Manchmal wird die Alternativhypothese auch Gegenhypothese genannt. Alternativhypothese und Gegenhypothese sind dasselbe.
Nullhypothese aufstellen – Wahl der Nullhypothese
Doch warum kann die Nullhypothese nicht einfach die Hypothese sein, die ich eigentlich überprüfen möchte? Und wie stelle ich die Nullhypothese auf?
Die Nullhypothese soll immer den momentanen Zustand beschreiben. Wenn Du also zum Beispiel eine Veränderung vermutest, dann ist die Nullhypothese nicht diese Veränderung, sondern der ursprüngliche Zustand.
Manchmal beschäftigen sich Hypothesen aber nicht mit Veränderungen, wie beispielsweise beim Schlafverhalten zwischen Hunden und Katzen. Dann ist die Nullhypothese immer diejenige, die von keinem Unterschied ausgeht.
Der Grund für diese Wahl der Nullhypothese ist unter anderem, dass Du für einen Hypothesentest immer eine gegebene Wahrscheinlichkeit benötigst. Diese Wahrscheinlichkeit hast Du meistens exakt für den ursprünglichen Zustand und nicht für die Veränderung gegeben.
Nur zwei Prozent der Weltbevölkerung haben blonde Haare. Sina kommt das sehr wenig vor. Sie meint, dass insgesamt mehr Menschen blonde Haare haben.
Sina möchte nun einen Hypothesentest durchführen, um ihre Behauptung zu überprüfen. Sinas Behauptung ist: "Mehr als 2 Prozent haben blonde Haare". Um im Hypothesentest einen Annahme- und einen Ablehnungsbereich festzulegen, benötigt Sina eine exakte Wahrscheinlichkeit für die zu überprüfende Behauptung.
Eine genaue Wahrscheinlichkeit liefert nur die Behauptung: "Zwei Prozent haben blonde Haare". Dann beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine zufällig ausgewählte Person blond ist, genau 0,02.
Deswegen lautet die Nullhypothese:
![]()
Würde Sina ihre eigentliche Behauptung als Nullhypothese wählen, hätte sie keine exakte Wahrscheinlichkeit, mit der sie den Annahmebereich bestimmen kann. Deswegen lautet die Alternativhypothese:
![]()
Jetzt überprüft Sina die Nullhypothese mit einer Stichprobe. Wenn sie die Nullhypothese ablehnen muss, nimmt sie automatisch die Alternativhypothese an.
Nur für den ursprünglichen Zustand im Beispiel ist eine exakte Wahrscheinlichkeit gegeben. Für die Alternativhypothese wird nur die Vermutung aufgestellt, dass mehr als 2 Prozent der Weltbevölkerung blonde Haare haben. Daraus kannst Du keine exakte Wahrscheinlichkeit für blonde Haare bilden.
Nullhypothese annehmen oder ablehnen
Wie entscheidest Du nun, ob die Nullhypothese abgelehnt oder angenommen wird?
Zu Beginn eines Hypothesentests legst Du das Signifikanzniveau fest. Wenn Du Deinen Stichprobenumfang kennst, kannst Du daraus mit dem Signifikanzniveau den Annahme- und den Ablehnungsbereich bestimmen. Wie genau dies funktioniert, kannst Du in der Erklärung zum Hypothesentest nachlesen.
Du kannst aber auch den sogenannten p-Wert berechnen, um zu entscheiden, ob Du die Nullhypothese annimmst oder ablehnst.
Nullhypothese – p-Wert
Der p-Wert ist ein statistischer Wert, der Dir angibt, wie wahrscheinlich das Ergebnis der Stichprobe ist, unter der Annahmen, dass die Nullhypothese gilt.
Du gehst also davon aus, dass die Nullhypothese richtig ist. Wenn das Ergebnis der Stichprobe unter dieser Annahme eine hohe Wahrscheinlichkeit hat, spricht dies für die tatsächliche Annahme der Nullhypothese. Ist das Ergebnis der Stichprobe unter Annahme der Nullhypothese aber unwahrscheinlich, so liegt eine Ablehnung der Nullhypothese nahe.
Konkret berechnest Du den p-Wert, indem Du die Wahrscheinlichkeit für Werte berechnest, die mindestens genauso groß bzw. klein wie das Ergebnis der Stichprobe sind.
Es soll die Nullhypothese über die Haarfarbe blond der Weltbevölkerung überprüft werden.
![]()
Dazu werden in einer Stadt zufällig 200 Personen ausgewählt und nach ihrer natürlichen Haarfarbe gefragt. 7 von ihnen geben an, dass sie blonde Haare haben.
Anhand des Ergebnisses der Stichprobe soll nun entschieden werden, ob die Nullhypothese angenommen oder abgelehnt werden sollte.
Dazu berechnest Du die Wahrscheinlichkeit dafür, dass unter 200 Personen 7 oder mehr mit blonden Haaren sind, wenn die Wahrscheinlichkeit für blonde Haare 0,02 beträgt. Gesucht ist also \(P(X)\geq 7) \) mit \(n=200\) und \(p=0{,}02\). Entweder kann Dein Taschenrechner diesen Wert direkt berechnen, oder Du formst um und hast eine entsprechende Tabelle für kumulierte Binomialverteilungen gegeben.
$$ P(X \geq 7) = 0{,}1086$$
Es handelt sich hier um eine kumulierte Binomialverteilung. Du möchtest mehr darüber erfahren? Dann sieh Dir die Erklärung "kumulierte Binomialverteilung" an.
\(0{,}1086\) ist der p-Wert der Stichprobe. Du vergleichst ihn jetzt mit dem festgelegten Signifikanzniveau, hier \(\alpha=0{,}05\).
Der p-Wert ist größer als das Signifikanzniveau. Deswegen nimmst Du die Nullhypothese an.
Den p-Wert vergleichst Du stets mit dem Signifikanzniveau. Ist der p-Wert kleiner als das Signifikanzniveau, lehnst Du die Nullhypothese ab. Je kleiner der p-Wert ist, desto unwahrscheinlicher ist das Ergebnis unter Annahme der Nullhypothese.
Mit dem p-Wert berechnest Du stets die Wahrscheinlichkeit für den Bereich "noch weiter außen" als das Stichprobenergebnis. In Abbildung 1 kannst Du den Bereich des p-Wertes erkenn für das obige Beispiel mit der Haarfarbe und \(n=200, p=0{,}02\).
Abb. 1 - Binomialverteilung für \(n=200, p=0{,}02\) und p-Wert
Wenn die Alternativhypothese eine größere Wahrscheinlichkeit vermutet, berechnest Du für den p-Wert die Wahrscheinlichkeit "Stichprobenergebnis \(k\) und noch größer", also \(P(X \geq k)\). Vermutet die Alternativhypothese eine kleinere Wahrscheinlichkeit, berechnest Du "Stichprobenergebnis \(k\) und noch kleiner", also \(P(X \leq k)\).
Nullhypothese – Fehler 1. Art und 2. Art
Häufig fallen im Zusammenhang mit einer Nullhypothese auch die Wörter "Fehler 1. Art" und "Fehler 2. Art".
Es ist möglich, dass Du die Nullhypothese ablehnst, obwohl sie eigentlich zutreffend ist. Das ist ein Fehler 1. Art.
Im vorherigen Beispiel lehnst Du die Nullhypothese aufgrund des Stichprobenergebnisses ab. Tatsächlich haben aber etwa zwei Prozent der Weltbevölkerung blonde Haare. Die Nullhypothese ist also richtig. Das Ablehnen der Nullhypothese ist hier ein Fehler 1. Art.
Neben dem Fehler 1. Art gibt es auch noch einen Fehler 2. Art. Dieser bezeichnet den Fall, dass die Nullhypothese angenommen wird, obwohl sie falsch ist.
| Nullhypothese ist wahr | Nullhypothese ist falsch |
Nullhypothese wird angenommen | richtige Entscheidung | falsche EntscheidungFehler 2. Art |
Nullhypothese wird abgelehnt | falsche EntscheidungFehler 1. Art | richtige Entscheidung |
Welchen Einfluss der Fehler 1. Art und der Fehler 2. Art auf den Hypothesentest haben, erfährst Du in der Erklärung "Fehler Hypothesentest".
Nullhypothese – Beispiele als Übungsaufgaben
Die folgenden Aufgaben kannst Du verwenden, um das Aufstellen von Nullhypothesen zu üben. Du kannst Dir bei Bedarf auch die Lösung als Beispiel ansehen.
Aufgabe 1
Eine groß angelegte Studie hat gezeigt, dass 80 Prozent der Studierenden ihre Studiengangswahl als richtig bezeichnen würden. Obwohl 80 Prozent viel ist, scheint dieser Wert Laura zu gering zu sein. Sie sagt: "Das müssen mehr sein, man wählt den Studiengang ja selber aus".
Laura möchten einen Hypothesentest durchführen, indem sie die Studierenden ihrer Universität befragt. Stelle für diesen Hypothesentest die Nullhypothese und die Alternativhypothese auf.
Lösung
Die Nullhypothese ist die ursprüngliche Annahme:
![]()
Lauras Behauptung ist die Alternativhypothese:
![]()
Aufgabe 2
Pawel sagt: "Die Beliebtheit von Hunden und Katzen ist unterschiedlich". Er möchte seine Behauptung gerne mit einer Umfrage überprüfen. Stelle die Nullhypothese und die Gegenhypothese auf.
Lösung
Pawels Behauptung ist die Gegenhypothese. In der Nullhypothese wird von keinem Unterschied ausgegangen.
![]()
![]()
Nullhypothese – Das Wichtigste
- Jeder Hypothesentest benötigt eine Nullhypothese.
- Die Nullhypothese geht stets von keinem Unterschied oder keiner Veränderung aus.
- Mit einem Hypothesentest wird entschieden, ob die Nullhypothese angenommen oder abgelehnt werden sollte.
- Beim Annehmen oder Ablehnen der Nullhypothese können Fehler entstehen:
- Fehler 1. Art: Ablehnen der Nullhypothese, obwohl sie wahr ist
- Fehler 2. Art: Annehmen der Nullhypothese, obwohl sie falsch ist
Nachweise
- Baum et al. (2009). Lambacher Schweizer 11/12, Mathematik für Gymnasien, Gesamtband Oberstufe Niedersachsen. Ernst Klett Verlag.
- Frost (2017). Statistische Testverfahren, Signifikanz und p-Werte: Allgemeine Prinzipien verstehen und Ergebnisse angemessen interpretieren. Springer Fachmedien.
Wie stellen wir sicher, dass unser Content korrekt und vertrauenswürdig ist?
Bei StudySmarter haben wir eine Lernplattform geschaffen, die Millionen von Studierende unterstützt. Lerne die Menschen kennen, die hart daran arbeiten, Fakten basierten Content zu liefern und sicherzustellen, dass er überprüft wird.
Content-Erstellungsprozess:
Lily Hulatt ist Digital Content Specialist mit über drei Jahren Erfahrung in Content-Strategie und Curriculum-Design. Sie hat 2022 ihren Doktortitel in Englischer Literatur an der Durham University erhalten, dort auch im Fachbereich Englische Studien unterrichtet und an verschiedenen Veröffentlichungen mitgewirkt. Lily ist Expertin für Englische Literatur, Englische Sprache, Geschichte und Philosophie.
Lerne Lily
kennen
Inhaltliche Qualität geprüft von:
Gabriel Freitas ist AI Engineer mit solider Erfahrung in Softwareentwicklung, maschinellen Lernalgorithmen und generativer KI, einschließlich Anwendungen großer Sprachmodelle (LLMs). Er hat Elektrotechnik an der Universität von São Paulo studiert und macht aktuell seinen MSc in Computertechnik an der Universität von Campinas mit Schwerpunkt auf maschinellem Lernen. Gabriel hat einen starken Hintergrund in Software-Engineering und hat an Projekten zu Computer Vision, Embedded AI und LLM-Anwendungen gearbeitet.
Lerne Gabriel
kennen