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Dein Gehirn ist heute nicht mehr das gleiche wie vor fünf Jahren. Und das ist überhaupt nicht schlimm! Ganz im Gegenteil: Es hat sich gemäß seiner Nutzung an Gegebenheiten angepasst, sodass Du Deine Aufgaben besser erfüllen kannst. Ermöglicht wird diese Adaptation von Mechanismen der synaptischen Plastizität.
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Jetzt kostenlos anmeldenDein Gehirn ist heute nicht mehr das gleiche wie vor fünf Jahren. Und das ist überhaupt nicht schlimm! Ganz im Gegenteil: Es hat sich gemäß seiner Nutzung an Gegebenheiten angepasst, sodass Du Deine Aufgaben besser erfüllen kannst. Ermöglicht wird diese Adaptation von Mechanismen der synaptischen Plastizität.
Plastizität bedeutet so etwas wie Formbarkeit. Die Eigenschaft plastisch zu sein bedeutet also, sich je nach vorliegenden Bedingungen verändern zu können.
Synaptische Plastizität ist ein Teilgebiet der neuronalen Plastizität. Sie hat deshalb zwar viele Prozesse mit der neuronalen Plastizität gemeinsam, kann aber nicht mit ihr gleichgesetzt werden.
Ausführlichere Informationen zum Überthema neuronale Plastizität findest Du in der entsprechenden Erklärung!
Neuronale Plastizität ist die funktionelle und strukturelle Anpassung des Gehirns an seine Nutzung. Sie kann auf verschiedenen Ebenen wirken:
Passend zu jedem Ansatzpunkt der neuronalen Plastizität gibt es eine besondere Kategorie der Plastizität.
Synaptische Plastizität beschreibt neuronale Plastizität auf Ebene der Synapsen. Je nach Intensität der Nutzung einer synaptischen Verbindung wird so etwa die Übertragungsstärke angepasst.
Zur Anpassung an Umweltbedingungen gibt es verschiedene Teilstrukturen der Synapse, die in unterschiedliche Richtungen beeinflussbar sind. Um diese besser zu verstehen, soll zuerst noch einmal die Synapse als Ganzes beleuchtet werden.
Wie funktioniert eigentlich so eine Synapse, an der synaptische Plastizität wirkt?
Eine Synapse ist eine Schaltstelle zwischen zwei miteinander kommunizierenden Neuronen: Das erste Neuron bildet die Präsynapse, das zweite die Postsynapse. Zwischen ihnen befindet sich der sogenannte synaptische Spalt. Erreicht ein Aktionspotenzial die Präsynapse, kommt es zum Einstrom von Calcium in die Zelle. Dieses bewirkt das Verschmelzen von Neurotransmitter-Vesikeln mit der präsynaptischen Membran. Die Neurotransmitter, in den meisten Fällen handelt es sich dabei um den erregenden Transmitter Glutamat, wird in den synaptischen Spalt freigesetzt.
An der postsynaptischen Membran befinden sich Transmitter-spezifische Rezeptoren. Für Glutamat handelt es sich dabei oft um Ionotrope Rezeptoren.
Ionotrope Rezeptoren sind ligandengesteuerte Ionenkanäle. Das heißt, bei Bindung eines passenden Moleküls öffnet sich eine Membranpore, durch die Ionen einströmen können.
Die Art der Ionen, die durch den Kanal gelangen können, ist vom Rezeptor abhängig. Sie können sowohl selektiv nur bestimmte Ionen passieren lassen als auch unspezifisch für viele Ionen öffnen.
Durch den Einstrom von Ionen in die Postsynapse entsteht bei erregenden Synapsen ein exzitatorisches postsynaptisches Potenzial, kurz EPSP.
Exzitatorische postsynaptische Potenziale (EPSPs) entstehen an der postsynaptischen Membran, nachdem es, ausgelöst durch die Bindung von Neurotransmittern, zum Einstrom von Natrium-Ionen kam. Sie haben jeweils eine feste Amplitude von einigen mV und bilden die Grundlage zur Entstehung eines Aktionspotenzials.
Erst nach dem EPSP bildet sich ein Aktionspotenzial aus, das im Anschluss vom zweiten Neuron weiter fortgeleitet werden kann.
Wozu benötigt man die synaptische Plastizität überhaupt? Warum wäre es äußert unpraktisch, wenn Synapsen sich nicht mehr an ihren spezifischen Gebrauch anpassen könnten?
Neuronale Plastizität, und daher synaptische Plastizität, ist die Basis für sämtliche Lern- und Reifungsvorgänge des Nervensystems. Sie beginnt schon mit der Embryonalperiode und ist auch beim Erwachsenen noch aktiv. Ohne synaptische Plastizität wäre eine normale neurologische Entwicklung nicht möglich.
Nach welchen Kriterien wird eigentlich entschieden, ob und wie es zu synaptischer Plastizität kommt? Du weißt bereits, dass sämtliche Anpassungen nutzungsabhängig sind. Aber was bedeutet das konkret?
Die zentrale Theorie zu dieser Frage stammt von Donald Hebb, einem kanadischen Psychobiologen. Er postulierte 1949, dass die wiederholte Erregung einer Nervenzelle durch eine andere zu einer verbesserten Signalübertragung zwischen den beiden führt und dass zeitgleich aktive Zellen miteinander verschaltet werden. Zusammenfassen lässt sich dieses Prinzip mit dem Hebb'schen Postulat:
Cells which fire together, wire together.
Übersetzt bedeutet das: “Zellen, die miteinander feuern, werden miteinander vernetzt”.
Natürlich funktioniert eine aktivitätsabhängige Anpassung der neuronalen Verknüpfungen nicht nur in eine Richtung. Wie auch bei Muskeln gilt das Prinzip “Use it or lose it”. Das bedeutet, bei Nichtnutzung kommt es zur Verschlechterung der Übertragung oder zum Abbau von Synapsen.
Diese Prinzipien machst Du Dir im Alltag oft unbewusst zunutze, beispielsweise beim Lernen von Vokabeln. Meistens funktioniert dies nur wirklich gut, wenn Du die Worte oft genug wiederholt hast. Denn erst, wenn Du die zugehörigen neuronalen Verbindungen oft und stark genug verwendet hast, kann es zur synaptischen Plastizität kommen.
Die Signalübertragung an Synapsen kann auf verschiedene Weisen beeinflusst werden. Dabei können sowohl Vorgänge innerhalb einer Synapse als auch auf höherer struktureller Ebene betrachtet werden.
Signale werden dann besonders effizient auf die postsynaptische Zelle übertragen, wenn die synaptische Übertragungsstärke hoch ist.
Die synaptische Übertragungsstärke beschreibt die Auswirkungen, die ein präsynaptisch eintreffendes Aktionspotenzial auf die postsynaptische Zelle hat. Dafür spielen vorrangig drei Faktoren eine wichtige Rolle:
Damit sich die synaptische Übertragungsstärke erhöht, muss es zu besonders starker neuronaler Aktivität kommen. Je stärker bestimmte Synapsen genutzt werden, desto besser wird ein Signal weitergeleitet.
Veränderungen der Übertragungsstärke können auf eine einzelne Synapse begrenzt sein, also andere neuronale Strukturen nicht unmittelbar mitbetreffen. Gleichzeitig können aber auch Synapsen in räumlicher Nähe von der Anpassung profitieren und die Effizienz ihrer Übertragung ebenfalls erhöhen.
Bei verminderter Nutzung einer synaptischen Verbindung können alle Prozesse selbstverständlich auch in die andere Richtung ablaufen: Die Übertragungsstärke nimmt ab.
Das wichtigste Beispiel für einen Mechanismus synaptischer Plastizität, der direkt die Übertragungsstärke beeinflusst, ist die Langzeitpotenzierung (kurz LTP).
Neben funktionellen Anpassungen kann das Nervensystem auch Veränderungen auf struktureller Ebene durchführen. Meistens bezieht sich das auf die Organisation von Synapsen untereinander.
Je nach Notwendigkeit können komplett neue Synapsen entstehen. Dies geschieht, indem die Präsynapse Botenstoffe freisetzt. Das postsynaptische Neuron reagiert darauf mit Zellplasmaausstülpungen (Filopodien). Die beiden wachsen aufeinander zu und es bildet sich eine Synapse aus.
Auf der anderen Seite werden im Verlauf des Lebens immer wieder Synapsen eliminiert. Dieser Abbau von Synapsen ist im Normalfall kein krankhafter Prozess, sondern ein normaler Teil der dynamischen Weiterentwicklung des Nervensystems. Übrig bleiben langfristig nur die Synapsen, die ausreichend genutzt wurden und werden.
Nicht immer muss sich für plastische Vorgänge die Anzahl der bestehenden Synapsen verändern. Je nach Aktivität der Nerven können sich die Synapsen auch umsortieren. Das bedeutet, dass verschiedene Neurone unterschiedlich viele Synapsen mit einer anderen Nervenzelle ausbilden. Folglich unterscheidet sich auch das Maß ihres Einflusses auf diese Zelle.
Eine weitere Umstrukturierung stellt die Veränderung der synaptischen Fläche dar. Als Ort der Transmitterfreisetzung und Rezeptoraktivierung ist die synaptische Fläche ein großer Einflussfaktor auf die Stärke einer synaptischen Verbindung. Vereinfacht gesagt bedeutet eine Vergrößerung der Fläche auch eine verbesserte Übertragung.
Ein Modell dafür, wie die Steigerung der synaptischen Übertragungsstärke auf molekularer Ebene funktionieren kann, ist die sogenannte Langzeitpotenzierung, kurz LTP.
Ausführliche Informationen zum Thema Langzeitpotenzierung findest Du in der Erklärung zum Thema!
Führt ein Aktionspotenzial an der Postsynapse zu einem EPSP, so hat dieses normalerweise stets die gleiche Amplitude. Nach abgelaufener Langzeitpotenzierung ist sie jedoch erhöht.
Dafür ist eine erhöhte neuronale Aktivität notwendig, die sich in schnellen Salven von Aktionspotenzialen an der Präsynapse bemerkbar macht. Durch sie werden verschiedene Veränderungen an der Synapse angestoßen, die man der frühen oder der späten Langzeitpotenzierung zuordnen kann. Während die frühe LTP schnell einsetzt, dafür aber auch nicht lange andauert, benötigt die späte LTP mehr Zeit und ist lang anhaltend.
Bei gewöhnlicher Nutzung sind in der postsynaptischen Membran nur die AMPA-Rezeptoren für Glutamat aktiv. Auch dabei handelt es sich um ligandengesteuerte Ionenkanäle.
Eine erhöhte Inanspruchnahme der neuronalen Verbindung aktiviert nun auch NMDA-Rezeptoren. Diese Ionenkanäle haben eine erhöhte Leitfähigkeit für Calcium. Das einströmende Calcium ist der Auslöser für diverse intrazelluläre Prozesse, die sich positiv auf die Effektivität der synaptischen Übermittlung auswirken. Dazu gehören:
So wird die Empfindlichkeit der Postsynapse gesteigert und es gelangen mehr Neurotransmitter in den synaptischen Spalt.
Die späte Langzeitpotenzierung kann deshalb nicht sofort einsetzen, weil sie auf Ebene der Proteinbiosynthese angreift, wofür mehr Zeit benötigt wird.
Auch hier ist die durch die starke Nutzung erhöhte Calciumkonzentration wesentlich für die Vorgänge verantwortlich. Es wird ein Transkriptionsfaktor aktiviert, der die Genexpression von weiteren Synapsen und Kanälen fördert. So kann die Signalübertragung langfristig verbessert werden.
Das Gegenteil von Langzeitpotenzierung nennt man übrigens Langzeitdepression. Dabei kommt es zur Reduktion der Übertragungsstärke. Wieder greift das Konzept “Use it or lose it”.
Die ständige Anpassung des Gehirns ist also unverzichtbar für sämtliche Lernvorgänge. Das gilt nicht nur bei der Abspeicherung von Faktenwissen, sondern auch für das Erlernen von Bewegungen. Nicht umsonst spricht man auch vom “Muskelgedächtnis”, das eine Aufgabe sich beinahe selbstständig zu erledigen scheint, wenn sie zuvor oft genug geübt wurde.
Ein Teil des Gehirns, dem eine zentrale Rolle beim Lernvorgang zugeschrieben wird, ist der Hippocampus. Langzeitpotenzierung wurde als eine seiner bedeutenden Eigenschaften ablaufende nachgewiesen. Hauptsächlich dient er der Übertragung von Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis (Gedächtniskonsolidierung).
Der Hippocampus besteht aus verschiedenen Arealen, die über bestimmte Faserverbindungen eine Art Schaltkreis bilden. Die Erregungen können bestimmte Verknüpfungen immer wieder passieren und schließlich zur dauerhaften Speicherung in andere Hirnareale übertreten. Ohne den Hippocampus wäre die Neuaufnahme von Informationen nicht möglich.
Wie bereits erwähnt, bleibt synaptische Plastizität das ganze Leben lang über bestehen. Dennoch gibt es natürlich Schwankungen im Ausmaß der Umbauprozesse, die im Nervensystem stattfinden. So sind die Lebensphasen mit den größten plastischen Veränderungen die Zeit vor und kurz nach der Geburt, sowie die Pubertät.
Zwei besonders wichtige Prozesse der synaptischen Plastizität im Laufe des Lebens seien hier genannt. Sicherlich wirst Du sie aus den Formen synaptischer Plastizität wiedererkennen.
Zu Beginn der Entwicklung wird eine Muskelfaser noch über viele Synapsen von mehreren Neuronen zugleich innerviert. Dies ist aber nicht nötig, da eine einzige Nervenzelle ausreichend ist und die Muskelzelle außerdem gezielter ansteuern kann. Es besteht nun ein Selektionsdruck, bei dem nur die am stärksten genutzte Synapse zurückbleibt.
In das Gebiet der neuronalen Plastizität fällt auch die Elimination von ganzen Neuronen. Ein Neugeborenes verfügt über deutlich mehr Nervenzellen als ein Erwachsener. Manche Neuronen sind erfolgreicher in der Übertragung als andere und setzen sich gegen sie durch. Die nicht notwendigen Neurone werden abgebaut.
Bei der neuronalen Entwicklung kommt es auch ganz regulär zur Umordnung von Synapsen. Dies ist ein Teilaspekt der Ausbildung einer spezifischeren Zuordnung bestimmter Neurone zu konkreten Hirnarealen.
Ein Beispiel ist die augenspezifische Verschaltung im Thalamus, einer Struktur im Mittelhirn, die als “Tor des Bewusstseins” als Schaltstelle für fast alle ankommenden Sinneseindrücke dient. Zunächst werden verschiedene Schichten von beiden Augen gleichzeitig angesprochen.
Dadurch, dass aber nur die Zielneurone in einer bestimmten Schicht zeitgleich mit den Neuronen des Auges feuern, haben sie einen Wettbewerbsvorteil. Als Folge werden die synaptischen Verbindungen in andere Schichten abgebaut und es entsteht die Eingangsstellen der Impulse der zwei Augen sind voneinander getrennt.
In der Entwicklung kann man zwischen sensiblen und kritischen Perioden unterscheiden. Während sensibler Perioden kann es ganz besonders gut zu prägenden Umwelterfahrungen kommen, die sich stark auf die weitere Entwicklung auswirken.
Kritische Perioden hingegen sind alle Lebensabschnitte, in denen bestimmte Erfahrungen zwingend gemacht werden muss, damit bestimmte Fähigkeiten überhaupt entwickelt werden können. Ein beeindruckendes Beispiel ist die Ausbildung des Sehsinns.
Die sensible Periode für das visuelle System sind die ersten vier Monate des Lebens. Werden die Sinneszellen in diesem Zeitraum nicht ausreichend stimuliert, beispielsweise weil eine angeborene Trübung der Hornhaut vorliegt, die den Einfall von Licht verhindert, kann es zu einer starken Sehschwäche oder sogar Blindheit kommen.
Diese Art von Fehlsichtigkeit, die auf eine mangelnde Stimulation der Nerven beruht, nennt man Amblyopie.
Synaptische Plastizität beschreibt neuronale Plastizität auf Ebene der Synapsen. Je nach Intensität der Nutzung einer synaptischen Verbindung wird so etwa die Übertragungsstärke angepasst.
Synaptische Plastizität, also die Fähigkeit Synapsen an ihre Nutzung anzupassen, ist einer der Voraussetzungen für Lernprozesse. Beim Lernen werden synaptische Verbindungen gestärkt. Ein wichtiger Prozess dabei ist die Langzeitpotenzierung, die u. a. im Hippocampus stattfindet.
Neuronale Plastizität ist die funktionelle und strukturelle Anpassung des Gehirns an seine Nutzung. Sie kann auf verschiedenen Ebenen wirken:
Neuronale Plastizität kann das ganze Leben lang über stattfinden, am stärksten ist sie jedoch im Kindesalter ausgeprägt. Die Fähigkeit zur Anpassung und zum Lernen bleibt jedoch erhalten und kann durch regelmäßige Übung gefestigt werden.
Karteikarten in Synaptische Plastizität15
Lerne jetztWelcher Neurotransmitter muss für Langzeitpotenzierung Rezeptoren aktivieren?
Glutamat
Welche Rezeptoren sind für die Langzeitpotenzierung relevant?
AMPA- und NMDA-Rezeptoren
Was unterscheidet NMDA-Rezeptoren wesentlich von AMPA-Rezeptoren?
Was ist die synaptische Übertragungsstärke?
Welche Arten von Langzeitpotenzierung kann man unterscheiden?
Außerdem kann es auch zur Verringerung der Übertragungsstärke kommen (Langzeitdepression).
Wann können NMDA-Rezeptoren aktiviert werden?
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