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Das lyrische Ich ist der Sprecher bzw. die Sprecherin eines Gedichts. Dabei handelt es sich um eine fiktive, vom Autoren oder von der Autorin erfundene Stimme, die dem Lesenden ihre Gedanken und Gefühle mitteilt. Die Person des lyrischen Ichs bleibt meist unbekannt und ist fiktiv. Sie darf nicht mit dem Autor bzw. der Autorin gleichgesetzt werden. Mehr Information dazu findest Du in der Erklärung "Lyrisches Ich" auf StudySmarter!
Das Gedicht "Im Abendrot" wurde 1837 von dem deutschen Dichter Joseph von Eichendorff geschrieben. Aufgrund der Motive sowie der Sprache wird das Werk der Epoche der Romantik zugeordnet. Inhaltlich geht es im Gedicht um ein älteres Paar, das über sein baldiges Lebensende nachdenkt. Aber auch das Thema Natur kommt im Gedicht vor.
Gedicht "Im Abendrot" – Joseph von Eichendorff
Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand,
Vom Wandern ruhn wir beide
Nun überm stillen Land.
Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft,
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.
Tritt her, und laß sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Dass wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.
O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot
Wie sind wir wandermüde –
Ist das etwa der Tod?1
"Im Abendrot" von Eichendorff – Inhaltsangabe
Der Inhalt des Gedichts "Im Abendrot" lässt sich in vier Teile gliedern. Das entspricht auch der Anzahl der Strophen, aus denen das Gedicht besteht. Insgesamt geht es im "Im Abendrot" um ein lyrisches Ich, das zusammen mit seiner Geliebten das Abendrot erlebt und dabei dem eigenen Lebensende entgegenblickt.
Das Geschlecht des lyrischen Ichs ist nicht bekannt und wird neutral behandelt. Auch das Geschlecht der geliebten Person ist unbekannt. Da es im 18. Jahrhundert – und auch danach – üblich war, in einem Gedicht über eine "Geliebte" zu sprechen, werden in dieser Erklärung die Begriffe "Partnerin" und "Geliebte" verwendet, um über die geliebte Person des lyrischen Ichs zu sprechen.
1. Strophe
In der ersten Strophe blickt das lyrische Ich an einem Abend auf das Freud und Leid zurück, das es zusammen mit seiner Geliebten erlebt hat. Nun sind beide in einer Lebensphase, in der sie sich erholen: Sie befinden sich an einem ruhigen Ort in der Natur.
2. Strophe
In der zweiten Strophe folgt eine Beschreibung der Umgebung: Es wird von den Tälern in der Umgebung gesprochen, vom sich verdunkelnden Abend und von zwei Lerchen, also Vögeln, die gerade vorbeifliegen.
3. Strophe
In der dritten Strophe des Gedichts fordert das lyrische Ich seine Partnerin auf, nicht auf die "schwirrenden" Lerchen Acht zu geben, sondern sich darauf zu fokussieren, was den beiden bevorsteht: ihr baldiges Lebensende, das durch den Begriff der "Schlafenszeit" (V. 10) symbolisiert wird. Das lyrische Ich hat Angst, dass sie davon abkommen, sich auf ihr nahendes Lebensende zu besinnen.
4. Strophe
Die vierte Strophe wird mit einem Ausruf des Staunens über die Ruhe und Stille des Ortes begonnen, an dem das Paar sich befindet. Die Abenddämmerung und die Stille des Ortes beeindruckt das lyrische Ich. Obwohl diese breite und stille Fläche vor den Augen des lyrischen Ichs einladend ist, muss es sich und auch für seine Geliebte eingestehen, wie "wandermüde" (V. 15) sie sind. Beendet wird das Gedicht mit der offenen Frage, ob diese Augenblicke ihre letzten vor dem baldigen Lebensende sind.
"Im Abendrot" – Analyse des Aufbaus
Im Folgenden erfolgt eine genaue Gedichtanalyse des Aufbaus von "Im Abendrot". Unter dem Aufbau ist die äußere Form des Gedichts zu verstehen, dazu gehören das Metrum und das Reimschema.
"Im Abendrot" von Eichendorff – Metrum
Das Gedicht "Im Abendrot" besteht aus vier Strophen, die jeweils vier Verse enthalten. Im Gedicht "Im Abendrot" lässt sich ein dreihebiger Jambus identifizieren. Ausgenommen davon sind jedoch die Verse fünf und acht.
Das Metrum (auch Versmaß genannt) beschreibt den klanglichen Aufbau eines Gedichts. Für die Bestimmung des Metrums muss die Abfolge von Hebungen und Senkungen in einem Gedicht betrachtet werden. Betonte Silben werden als Hebungen, unbetonte Silben als Senkungen bezeichnet.
Beispielsweise besteht der Versfuß des Jambus aus einer unbetonten Silbe, auf die eine betonte Silbe folgt.
Enthält ein Versfuß drei Hebungen, so wird das Metrum als dreihebig bezeichnet.
Als Versfuß wird die kleinste rhythmische Einheit eines Verses verstanden. Unterschiedliche Abfolgen von betonten und unbetonten Silben in einem Versfuß ergeben unterschiedliche Metren. Für einen Überblick über die verschiedenen Metren, sieh Dir die Erklärung "Metrum" auf StudySmarter an!
Den dreihebigen Jambus erkennst Du beispielhaft anhand des ersten Verses des Gedichts. Das große "X" markiert die Hebungen, das kleine "x" markiert die Senkungen:
Wir sind durch Not und Freude1
xXxXxX
"Im Abendrot" von Eichendorff – Reimschema
In allen Versen des Gedichts "Im Abendrot" liegt ein Kettenreim mit dem Reimschema "abab" vor. Das heißt, dass sich das erste Versende mit dem dritten Versende reimt und sich das zweite Versende mit dem vierten Versende reimt (Freude –beide; Hand – Land).
a Wir sind durch Not und Freude
b Gegangen Hand in Hand,
a Vom Wandern ruhn wir beide
b Nun überm stillen Land.1
In den Versen 1 und 3 sowie 13 und 15 liegen unreine Reime vor:
Freude – beide (V. 1 und V. 3)
Friede – wandermüde (V. 13 und V. 15)
Ein unreiner Reim ist eine Form des Reims, bei dem die reimenden Wörter nicht gleich, sondern nur ähnlich klingen. Er wird daher auch Halbreim genannt. Die Lautfolge der Reimsilben stimmt hierbei nur annähernd überein. Meistens äußert sich dies durch unterschiedliche Vokale innerhalb der Wörter. Mehr Informationen dazu erhältst Du in der Erklärung "Kreuzreim" auf StudySmarter!
"Im Abendrot" – Analyse der Sprache
Auf der sprachlichen Ebene fallen in "Im Abendrot" von Eichendorff einige rhetorische Stilmittel auf. So sind die Strophen reich an Metaphern.
Eine Metapher ersetzt einen eigentlich gemeinten Begriff durch einen anderen sprachlichen, bildhaften Ausdruck und überträgt dabei eine Bedeutung. Möchtest Du mehr über die Metapher erfahren, dann sieh Dir gern die Erklärung "Metapher" auf StudySmarter an!
In den Versen drei und vier sind beispielsweise zwei Metaphern zu finden:
Gegangen Hand in Hand,
Vom Wandern ruhn wir beide1
Während "Gegangen Hand in Hand"1 (V. 3) als ein Zusammenhalten in jeglichen Lebenslagen interpretiert werden kann, kann der Vers "Vom Wandern ruhen wir beide"1 (V. 4) als Erholung des Paares von ihrem erlebten Leid gedeutet werden.
Auch das Stilmittel der Personifikation ist im Gedicht vereinzelt zu finden.
Das rhetorische Stilmittel "Personifikation" verleiht Tieren, Pflanzen oder Gegenständen menschliche Charakterzüge, indem sie mit menschlichen Eigenschaften oder Handlungen in Verbindung gebracht werden. Möchtest Du mehr über dieses Stilmittel erfahren, dann sieh Dir gern die Erklärung "Personifikation" auf StudySmarter an!
In den Versen sieben und acht werden den Lerchen menschliche Eigenschaften zugesprochen:
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.1
Träumen können nur Menschen, das ist zumindest der Stand der aktuellen Forschung. Im Gedicht aber wird genau diese Fähigkeit auf die zwei Lerchen übertragen.
Ein weiteres Stilmittel im Gedicht ist die Apostrophe.
Bei der Apostrophe handelt es sich um ein rhetorisches Stilmittel, das sich dadurch auszeichnet, dass ein Charakter eine Person oder ein Objekt anspricht, das nicht wirklich da ist. Das Objekt kann also imaginär, abwesend oder unbelebt sein. Liegt eine Apostrophe vor, verändert sich die Sprechsituation, indem ein neuer Adressat hinzukommt. Mehr Informationen erhältst Du in der Erklärung "Apostrophe" auf StudySmarter!
Die Apostrophe tritt im ersten Vers der dritten Strophe in Erscheinung, denn darin wendet sich das lyrische Ich im Gedicht an seine Geliebte, um sie auf ihr baldiges Lebensende aufmerksam zu machen.
Tritt her, und laß sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,1
"Im Abendrot" von Eichendorff – Interpretation
Obwohl das Gedicht "Im Abendrot" zunächst wie ein Bericht über das Ende eines anstrengenden Wandertages klingt, kann es aufgrund vieler Anspielungen als das nahende Lebensende des Paares gedeutet werden.
Das Abendrot als nahendes Lebensende
Gewisse Anspielungen wie "Ist das etwa der Tod?"1 (V. 16) oder "Bald ist Schlafenszeit"1 (V. 10) sind Hinweise darauf, dass das Gedicht ein Sinnbild für das Lebensende bzw. den Tod des lyrischen Ichs und seiner Partnerin darstellt. Auch weitere Inhalte des Gedichts sind als Anspielungen auf die Themen "Tod", "Lebensende", "Lebensmüdigkeit" und "Trauer über das eigene Lebensende" zu deuten.
Die Verse eins und drei beschreiben den mal harten, mal leichten Lebensweg des Paares, den die beiden gemeinsam bestritten haben.
Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand,1
Auf die erlebten positiven und negativen Ereignisse nimmt auch das Wort "Wandern" (V. 3) Bezug: Wie nach einer anstrengenden Wanderung, möchten sich die beiden nun erholen.
Vom Wandern ruhn wir beide
Nun überm stillen Land.1
Es ist möglich, die zwei Lerchen, die in der zweiten Strophe vorkommen, als ein junges Paar voller Lebensenergie zu interpretieren. Dieses junge Paar wird dann vom alternden lyrischen Ich und seiner ebenfalls alternden Geliebten beobachtet. Sie betrachten also ein junges Paar, das ihr gemeinsames Leben gerade erst begonnen hat.
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.1
Unterbrochen wird das Betrachten des Lerchenpaars dann gleich in der nächsten Strophe:
Tritt her, und laß sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Dass wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.1
Das lyrische Ich befürchtet, dass der Anblick der Lerchen das Paar von der Besinnung auf das eigene Lebensende abbringen wird. Beiden steht ihr Lebensende bevor ("bald ist es Schlafenszeit"1, V. 10), die Einsamkeit in der Natur könnte den beiden möglicherweise schaden. Warum genau diese Einsamkeit negativ beurteilt wird, das bleibt allerdings offen.
Ebenso offen bleibt auch die Frage "Ist das etwa der Tod?"1, die das lyrische Ich im letzten Vers der vierten Strophe stellt. Vieles spricht dafür, dass den beiden nun ihr Lebensende naht: Im vorletzten Vers des Gedichts wird ein weiteres Mal die eigene Lebensmüdigkeit ("wandermüde", V. 15) des lyrischen Ichs angesprochen. Auch der Gebrauch der Partikel "etwa" in der Frage "Ist das etwa der Tod?"1 (V. 16), spricht dafür und verstärkt die zuvor durch das lyrische Ich ausgedrückte Müdigkeit.
"Im Abendrot" – Epoche und Autor
Joseph von Eichendorff (1788–1857) gilt als einer der bedeutendsten Lyriker und Autoren der deutschen Romantik. In seinen Werken behandelte er häufig Themen wie Liebe, Nostalgie, Naturerlebnisse. Heute machen viele seiner Einzelgedichte und Prosawerke einen Teil des deutschen Schulkanons aus.
Wie eingangs erwähnt, wird das Gedicht "Im Abendrot" der Epoche der Romantik zugeordnet. Die Romantik kann als eine gesamteuropäische geistes- und kunstgeschichtliche Epoche bezeichnet werden. Sie begann am Ende des 18. Jahrhunderts und erstreckte sich bis in die Dreißigerjahre des 19. Jahrhunderts. Deutschland bildete hierbei das Zentrum der Romantik. Wichtige Motive der romantischen Kunst waren die Freiheit des Individuums und seines schöpferischen Schaffens sowie die Weltflucht und die Sehnsucht nach dem Mittelalter. Aber auch Naturerlebnisse wurden in den Werken dieser Epoche häufig thematisiert.
Auch im Gedicht "Im Abendrot" wird mit der Abenddämmerung bzw. Abendröte ein regelmäßig auftretendes Naturereignis thematisiert, das wiederum sinnbildlich für das nahende Lebensende des Paares interpretiert werden kann. Nicht nur thematisch, auch aufgrund seines Erscheinungsdatums lässt sich "Im Abendrot" der Epoche der Romantik zuordnen.
Mehr Informationen zur Literaturepoche der "Romantik" findest Du in der Erklärung "Romantik Literatur" auf StudySmarter!
Im Abendrot Eichendorff - Das Wichtigste
- "Im Abendrot" – Gedicht: Das Gedicht "Im Abendrot" wurde 1837 von dem deutschen Dichter Joseph von Eichendorff geschrieben.
- "Im Abendrot" von Eichendorff – Epoche: Aufgrund seiner inhaltlichen Motive und seines Entstehungsdatums wird das Werk der Epoche der Romantik zugeordnet.
- "Im Abendrot" von Eichendorff – Inhalt: Insgesamt geht es im Gedicht "Im Abendrot" um ein Paar, das die Abenddämmerung erlebt und dabei dem eigenen Lebensende entgegenblickt.
- "Im Abendrot" von Eichendorff – Gedichtanalyse: Das Gedicht besteht aus vier Strophen, die jeweils aus vier Versen bestehen. In den Versen liegt ein Kreuzreim mit dem Reimschema "abab" vor. Bei dem Metrum handelt es sich um einen dreihebigen Jambus.
- Das Gedicht ist reich an rhetorischen Stilmitteln wie Metaphern und Personifikationen.
- "Im Abendrot" von Eichendorff – Interpretation: Im Gedicht kann das Naturphänomen des Abendrots als das Lebensende des Paares gedeutet werden.
Nachweise
- Joseph von Eichendorff (1837). Gedichte. Reclam Verlag.
- Rolf Krafft Ligniez (1916). Das Bild des Dichters in Eichendorffs Lyrik. Herbert Utz Verlag.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Im Abendrot Eichendorff
Wer hat das Gedicht "Im Abendrot" verfasst?
Das Gedicht "Im Abendrot" wurde 1837 von dem deutschen Dichter Joseph von Eichendorff geschrieben.
Um welche Themen geht es im "Im Abendrot"?
Im Gedicht "Im Abendrot" geht es um Themen wie "Tod", "Lebensende", "Lebensmüdigkeit" und "Trauer über das eigene Lebensende".
Wie viele Strophen hat das Gedicht "Im Abendrot"?
Das Gedicht "Im Abendrot" hat vier Strophen.
In welche Epoche wird das Gedicht "Im Abendrot" eingeordnet?
Das Gedicht "Im Abendrot" wird in die Epoche der Romantik eingeordnet.
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