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Ein bekanntes Gedicht von Goethe ist "Willkommen und Abschied". Das erste Mal wurde "Willkommen und Abschied" 1775 in der Hochzeit des Sturm und Drang veröffentlicht. Mehr als ein Jahrzehnt später nahm Goethe ein paar Veränderungen vor und veröffentlichte es 1789 noch einmal.
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Jetzt kostenlos anmeldenEin bekanntes Gedicht von Goethe ist "Willkommen und Abschied". Das erste Mal wurde "Willkommen und Abschied" 1775 in der Hochzeit des Sturm und Drang veröffentlicht. Mehr als ein Jahrzehnt später nahm Goethe ein paar Veränderungen vor und veröffentlichte es 1789 noch einmal.
Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde!
Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht.
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht.
Schon stund im Nebelkleid die Eiche
Wie ein getürmter Riese da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah schläfrig aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr.
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch tausendfacher war mein Mut,
Mein Geist war ein verzehrend Feuer,
Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.
Ich sah dich und die milde Freude
Floß aus dem süßen Blick auf mich.
Ganz war mein Herz an deiner Seite,
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Lag auf dem lieblichen Gesicht
Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter,
Ich hofft es, ich verdient es nicht.
Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe!
Aus deinen Blicken sprach dein Herz.
In deinen Küssen welche Liebe,
O welche Wonne, welcher Schmerz!
Du gingst, ich stund und sah zur Erden
Und sah dir nach mit nassem Blick.
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden,
Und lieben, Götter, welch ein Glück!1
Hierbei handelt es sich um die erste Fassung aus dem Jahr 1775. Mehr zu den Änderungen, die Goethe in späteren Versionen vorgenommen hat, erfährst Du weiter unten!
Die erste und zweite Strophe in "Willkommen und Abschied" beschreibt den Ritt des lyrischen Ichs durch eine Landschaft in der Abenddämmerung. Es beschreibt dabei die Natur in der Dunkelheit als mystisch und fast schon bedrohlich. Dennoch kämpft es mit seinem Mut gegen die Nacht an, da die Vorfreude auf das Treffen mit seiner Geliebte größer ist.
In der dritten Strophe trifft das lyrische Ich schließlich auf seine Geliebte und ist völlig überwältigt von seinen Gefühlen für sie. Die beiden verbringen die Nacht miteinander, die jedoch nicht näher beschrieben wird. Bei Sonnenaufgang muss die Geliebte in der vierten Strophe allerdings aufbrechen und das lyrische Ich blickt ihr mit Abschiedsschmerz traurig hinterher.
Das Gedicht "Willkommen und Abschied" ist in vier Strophen gegliedert, die je acht Verse haben. Welches Metrum, Reimschema und Stilmittel vorliegen sowie welche Wirkung sie erzeugen, erfährst Du im Folgenden.
Die Verse in "Willkommen und Abschied" sind in einem vierhebigen Jambus verfasst. Der Jambus beschreibt ein Metrum, bei dem der Vers mit einer unbetonten Silbe beginnt, auf die abwechselnd eine betonte und dann wieder eine unbetonte folgt, dieses Muster wiederholt sich dann innerhalb des Verses. Insgesamt liegen pro Vers vier betonte Silben vor.
Das Metrum eines Gedichtes beschreibt, wie die einzelnen Silben eines Gedichts betont werden. Die betonten Silben werden dabei als Hebungen bezeichnet, die unbetonten Silben als Sekunden. Die verschiedenen Betonungsmuster, die dadurch entstehen, werden dann als Metrum bezeichnet.
Am Versende folgt abwechselnd auf eine weibliche Kadenz eine männliche. Die rhythmische Betonung der Silben erinnert sowohl an ein klopfendes Herz als auch an den Galopp eines Pferdes — beides beschreibt das Erlebnis des lyrischen Ichs bereits im ersten Vers.
Kadenzen geben an, ob am Ende eines Verses eine betonte oder eine unbetonte Silbe vorliegt. Liegt eine betonte Silbe vor, hat der Vers eine männliche Kadenz. Bei einer unbetonten Silbe wird von einer weiblichen Kadenz gesprochen.
Um Dich in das Thema zu vertiefen, schau Dir gerne die Erklärung zur "Kadenz" an! Vertiefe auch gerne Dein Wissen zum Metrum "Jambus" in der entsprechenden Erklärung.
In "Willkommen und Abschied" liegt ein durchgehender Kreuzreim vor, dabei reimt sich ein Versende immer auf das übernächste Versende. Dadurch entsteht das Reimmuster abab:
Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde! a
Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht. b
Der Abend wiegte schon die Erde, a
Und an den Bergen hing die Nacht. b
Schon stund im Nebelkleid die Eiche c
Wie ein getürmter Riese da, d
Wo Finsternis aus dem Gesträuche c
Mit hundert schwarzen Augen sah. d
Mit dem Reimschema eines Gedichts wird beschrieben, in welchem Muster sich die Versenden aufeinander reimen. Dabei ist es meistens das letzte Wort eines Verses, das sich auf ein weiteres Versende reimt.
Einige Reime in "Willkommen und Abschied" sind unrein, wie z. B. im Fall von "Eiche" und "Gesträuche".
Ein unreiner Reim liegt vor, wenn zwei Verse leichte klangliche Abweichungen zueinander vorweisen. Bei "Eiche" liegt in der letzten Silbe der Umlaut "ei" vor, bei Gesträuche hingegen "äu".
In "Willkommen und Abschied" können zahlreiche Stilmittel ausgemacht werden.
Bei rhetorischen Stilmitteln handelt es sich um sprachliche Gestaltungsmittel, die einem Text verschiedene Wirkungen verleihen können. Häufig lenken sie aufgrund ihrer Beschaffenheit einen besonderen Fokus auf sich und entsprechend auf die Textstelle, in der sie vorkommen.
Bekannte Beispiele für Stilmittel sind z. B. Metaphern oder Alliterationen. Um mehr darüber zu erfahren, klick Dich gerne in die verschiedenen Erklärungen!
Besonders auffällig in "Willkommen und Abschied" sind die vielen Personifikationen. Bei dieser rhetorischen Figur werden einem leblosen Gegenstand Eigenschaften eines Menschen zugeschrieben. Dadurch erscheint der Gegenstand lebendiger. In Goethes Gedicht wird vor allem die Natur personifiziert. Bereits in der ersten Strophe finden sich drei Personifikationen:
Der Abend wiegte schon die Erde,
Hier wird der Abend personifiziert, indem Goethe das Bild erschafft, dass der Abend wie die Erde wiegt, wie eine Person etwa ein Kind in den Schlaf wiegen würde.
Schon stund im Nebelkleid die Eiche
Wie ein getürmter Riese da,
In diesen Versen wird ein Baum, nämlich die Eiche, wie eine Person in ein Kleid gesteckt und mit einem Riesen verglichen.
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Hier bekommt die Dunkelheit die menschliche Eigenschaft verliehen, mit Augen sehen zu können.
In den Versen "Der Mond von einem Wolkenhügel / Sah schläfrig aus dem Duft hervor" liegt eine ähnliche Personifikation vor. Die Personifikationen dienen dazu, die Natur lebendiger erscheinen zu lassen — ein typisches Merkmal des Sturm und Drang.
Auch liegen in dem Gedicht Hyperbeln als Stilmittel vor, also eine Übertreibung der eigentlichen Wirklichkeit. So schafft die Nacht "tausend Ungeheuer" und das lyrische Ich beschreibt, dass trotz seiner Angst sein Mut "tausendfacher" war. Dies unterstützt die stark empfundenen Emotionen des lyrischen Ichs.
Zudem gibt es mehrere Anaphern, wie:
Mein Geist war ein verzehrend Feuer,
Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.
oder in
Und sah dir nach mit nassem Blick.
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden,
Und lieben, Götter, welch ein Glück!
Bei Anaphern beginnen Satzanfänge oder Versanfänge mit demselben Wort. Das hat die Wirkung, dass besonderer Fokus auf diese Verse gerichtet wird.
Die Zeit des Gedichts "Willkommen und Abschied" ist das Präteritum, es handelt sich hierbei also um ein vergangenes Treffen, das rückblickend erzählt wird. Zwischen der zweiten und dritten Strophe gibt es zudem einen Zeitsprung: Die gemeinsam verbrachte Nacht der Liebenden wird nicht näher thematisiert, stattdessen geht die Handlung direkt am Morgen weiter. In diesem Fall liegt deshalb eine Zeitraffung vor.
Auch kann vermerkt werden, dass die Geliebte mit "du", also direkt angesprochen wird.
Das Gedicht "Willkommen und Abschied" ist inhaltlich in zwei Abschnitte gegliedert: Die ersten beiden Strophen beschreiben den Ritt des lyrischen Ichs durch die nächtliche Landschaft, Strophe 3 und 4 das Aufeinandertreffen der beiden Liebenden.
Auf dem Ritt wird die Natur als unheimlich, zum Teil sogar fast bedrohlich beschrieben. Neben den bereits genannten Personifikationen, die die Landschaft lebendig erscheinen lassen, bedient sich Goethe zudem bestimmten Wortfeldern. So verwendet er in den ersten beiden Strophen viele Wörter, die Dunkelheit ausdrücken, wie "Nacht", "Finsternis" und "hundert schwarzen Augen". Zudem ist der Mond von Wolken bedeckt, wodurch die Nacht auch dunkler wird.
Dass diese Dunkelheit als bedrohlich empfunden wird, verdeutlichen Wörter wie "schauerlich", "Riese" oder "Ungeheuer".
Dennoch verdeutlicht das lyrische Ich, dass es sich der Angst widersetzt, denn sein "Mut" und die Sehnsucht nach der Geliebten sind sehr viel größer. Auch scheint das lyrische Ich von seinen Gefühlen beinahe überwältigt zu sein. So fühlt es sich "wie ein Held", der "zur Schlacht" aufbricht. Es ist also so sehr von der Vorfreude für seine Geliebte eingenommen, dass es kaum die Zeit abwarten kann, bis sie wieder miteinander vereint sind.
Nach der nächtlichen Beschreibung der Landschaft kommt es zu einem inhaltlichen Einschnitt. Das lyrische Ich trifft nun auf die Geliebte und die zuvor bedrohlich wahrgenommene Nacht tritt in den Hintergrund. Stattdessen hat das lyrische Ich nur noch Augen für seine Geliebte: "Ganz war mein Herz an deiner Seite, Und jeder Atemzug für dich." Die Welt drumherum scheint auch nicht mehr so dunkel, denn "ein rosenfarbnes Frühlingswetter" liegt auf dem Gesicht der Geliebten. Damit ist entweder gemeint, dass die Sonne doch noch nicht ganz untergegangen ist und das Mädchen in der Abenddämmerung steht oder aber, dass ihre Wangen vor Vorfreude gerötet sind.
In Strophe 4 wird das lyrische Ich schließlich vom Abschiedsschmerz ergriffen, der sich "bedrängt" und "trübe" anfühlt. Die Nacht ist vorbei und es empfindet "Liebe" und "Wonne", gleichzeitig aber auch Schmerz. Die Geliebte lässt das lyrische Ich schließlich zurück und es schaut ihr mit "nassem Blick", also Tränen in den Augen hinterher. Der Abschied ist zwar schmerzhaft, dennoch weiß das lyrische Ich, dass es kein anderes Gefühl als die Liebe gibt, das einen Menschen so sehr erfüllen kann. So ruft es aus: "Und doch, welch Glück, geliebt zu werden, / Und lieben, Götter, welch ein Glück!" Liebe scheint für das lyrische Ich also der nächste Weg zu sein, um ein wenig an das Göttliche zu kommen.
Auch auf sprachlicher Ebene stellen die 3. und 4. Strophe einen starken Kontrast zu den ersten beiden Strophen dar. Nun verändert sich die Wortwahl nämlich: So empfindet das lyrische Ich "milde Freude", seine Geliebte hat einen "süßen Blick", ein "lieblich[es] Gesicht". Es herrscht nicht mehr Dunkelheit, sondern ein "rosenfarbiges Frühlingswetter" und zwischen den Liebenden herrscht "Zärtlichkeit". Das lyrische Ich empfindet "Liebe" und "Wonne". Hier bedient sich Goethe also positiveren Wörtern.
"Willkommen und Abschied" wird häufig der sogenannten Erlebnislyrik zugeordnet. Zur Erlebnislyrik gehören Gedichte, die vergangene Erinnerungen des lyrischen Ichs thematisieren. "Willkommen und Abschied" ist im Präteritum verfasst, das lyrische Ich blickt hier auf ein vergangenes Ereignis zurück. Deshalb gilt das Gedicht auch als Erlebnislyrik.
Das Gedicht "Willkommen und Abschied" thematisiert den intensiven Wechsel von Gefühlen und Emotionen, die ein Mensch durch Liebe erfahren kann. Dazu gehören sowohl die leidenschaftlichen Empfindungen von Glück, die so intensiv sein können, dass sie sogar Angst in den Hintergrund stellen. Aber auch der Schmerz, der beispielsweise beim Abschied oder sogar bei einer Trennung empfunden werden kann, gehört dazu.
Goethe verließ für das Studium seine Heimatstadt Frankfurt und studierte von 1770 bis 1771 Jura in Straßburg. Dort lernte er in dem Ort Sesenheim die Pfarrerstochter Friederike Brion kennen, mit der er etwa eineinhalb Jahre eine Liebesbeziehung führte. Die Liebe zu Friederike inspirierte Goethe zu zahlreichen Gedichten, darunter auch "Willkommen und Abschied". Die daraus entstandene Gedichtsammlung, zu der auch "Willkommen und Abschied" gehört, wurde später als "Sesenheimer Lieder" bekannt.
Im August 1771 beendete Goethe die Beziehung zu Friederike jedoch, weil er Straßburg verließ. Er trennte sich allerdings nicht persönlich, sondern durch einen Brief. So ließ er Friederike mit einem gebrochenen Herzen zurück — sie blieb unverheiratet.
Goethe schrieb das Gedicht "Willkommen und Abschied" in der Epoche des Sturm und Drang. Dabei handelte es sich um eine Protestbewegung junger Dichterinnen und Dichter, die sich gegen die rationalen Ideen der Aufklärung auflehnten. In der Epoche der Aufklärung war besonders der Vernunftglaube des Menschen in den Vordergrund gerückt, also die Fähigkeit, rationale Entscheidungen treffen zu können. Im Gegenzug wurden Gefühle und Emotionen jedoch als weniger wert eingestuft, sogar abgelehnt. Die Stürmer und Dränger waren davon überzeugt, dass das Gefühl wieder mehr ins Zentrum rücken sollte.
Die Dichterinnen und Dichter dieser Epoche schrieben über leidenschaftliche Liebe, die einen Menschen komplett ergreifen soll. Auch verwendeten sie häufig die Natur als zentrales Element in ihren Werken. In der Natur kamen sie ihren Emotionen und Gefühlen näher.
"Willkommen und Abschied" lässt sich als typisches Gedicht des Sturm und Drang kategorisieren. Im Mittelpunkt des Gedichts steht eine leidenschaftliche Liebe. Allein das Wort "Herz" tritt insgesamt drei Mal auf. Des Weiteren treten Wörter wie "Liebe", "Wonne", "Glück", "Freude" und "Schmerz" als Ausdruck sehr intensiver Gefühle auf.
Die intensive und lebendige Beschreibung der Natur durch Personifikationen ist ebenfalls ein typisches Merkmal des Sturm und Drang.
Goethe veröffentlichte das Gedicht "Willkommen und Abschied" insgesamt drei Mal: Zum ersten Mal ohne Nennung des Autors 1775 in der Zeitschrift "Iris", dann in veränderter Version 1789 unter Goethes Namen und schließlich noch einmal 1810 unter dem Titel "Willkommen und Abschied", unter dem das Gedicht heute bekannt ist.
Goethe schrieb das Gedicht für die zweite Veröffentlichung um. Er war nun älter und kein Stürmer und Dränger mehr, sondern ein Schriftsteller der Weimarer Klassik.
Es schlug mein Herz, geschwind, zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht.
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht;
Schon stand im Nebelkleid die Eiche
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern welches Feuer!
In meinem Herzen welche Glut!
Dich sah ich, und die milde Freude
Floß von dem süßen Blick auf mich;
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Umgab das liebliche Gesicht,
Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter!
Ich hofft es, ich verdient es nicht!
Doch ach, schon mit der Morgensonne
Verengt der Abschied mir das Herz:
In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz!
Ich ging, du standst und sahst zur Erden
Und sahst mir nach mit nassem Blick:
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück1
Die Änderungen zur ersten Version sind hier farblich markiert.
Die zweite Version kennzeichnet sich vorwiegend dadurch, dass die ursprünglichen Rollen des lyrischen Ich und der Geliebten getauscht werden. In der zweiten Version ist das lyrische Ich die Person, die geht und die Geliebte weinend zurücklässt. Da "Willkommen und Abschied" von Friederike Brion inspiriert wurde, könnte es sich hierbei um eine Anspielung darauf handeln, dass Goethe Friederike in Sesenheim mit gebrochenem Herzen zurückließ.
1. Version
Du gingst, ich stund und sah zur Erden
Und sah dir nach mit nassem Blick.
2. Version
Ich ging, du standst und sahst zur Erden
Und sahst mir nach mit nassem Blick:
In der ersten Version ist auch nicht ganz deutlich, ob die Geliebte "Wonne" und "Schmerz" empfindet oder das lyrische Ich selbst, oder womöglich beide. In der zweiten Fassung hingegen, wird klar, dass in den Küssen der Geliebten "Wonne" liegt und dass sie "Schmerz" empfindet.
1. Version
O welche Wonne, welcher Schmerz!
2. Version
In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz!
Insgesamt entschärft Goethe auch die Leidenschaft des Gedichts. 1789 ist die Epoche des Sturm und Drang vorbei und die Weimarer Klassik hat begonnen. Diese Epoche besinnt sich auf die künstlerischen Ideale der griechischen Antike zurück. Auch sollen nun Gefühle und Vernunft Hand in Hand gehen. Ziel ist es, zwischen beiden Seiten Harmonie zu finden. Die Weimarer Klassik ist also nicht mehr so emotional wie der Sturm und Drang und Goethe wollte sein Gedicht vermutlich der Zeit anpassen.
So ändert er bereits den zweiten Vers des Gedichts:
1. Version
Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde!
Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht.
2. Version
Es schlug mein Herz, geschwind, zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht.
Das lyrische Ich wirkt in der zweiten Version älter und reifer. Die Lesenden erhalten einen Hinweis darauf, dass das lyrische Ich nun auch denkt, ehe es handelt, statt sich wie in der ersten Version wie ein Held in die Schlacht zu stürzen. Dieses Verhalten wird in der Epoche der Klassik idealisiert.
Auch in der zweiten Strophe entschärft Goethe die Intensität der ersten Version:
1. Version
Doch tausendfacher war mein Mut,
Mein Geist war ein verzehrend Feuer,
Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.
2. Version
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern welches Feuer!
In meinem Herzen welche Glut!
Die zweite Version verliert die Hyperbel des tausendfachen Muts. Stattdessen ist dieser nun "frisch und fröhlich". "Feuer" und "Glut" bleiben zwar als Elemente, die das lyrische Ich empfindet, doch sie sind nicht mehr so zerstörend wie in der ersten Version, in der das Feuer "verzehrend" ist und das Herz in Glut "zerfloß".
Fünfzehn Jahre später wirkt Goethe als Dichter nun also älter und reflektierter. Die neue, weniger emotionale Version eignet sich auch besser für eine Veröffentlichung in der Epoche der Weimarer Klassik.
Die Stürmer und Dränger waren jedoch der Ansicht, dass im Gegensatz zur Literatur der Aufklärung das Gefühl wieder mehr ins Zentrum rücken sollte. So schrieben sie häufig über leidenschaftliche Liebe, die einen Menschen komplett ergreifen soll. Dies ist auch das zentrale Thema von "Willkommen und Abschied". Die intensive und lebendige Beschreibung der Natur durch Personifikationen ist ebenfalls ein typisches Merkmal des Sturm und Drang.
"Willkommen und Abschied" wird häufig der Erlebnislyrik zugeordnet. Zur Erlebnislyrik gehören Gedichte, die vergangene Erinnerungen des lyrischen Ichs thematisieren. "Willkommen und Abschied" ist im Präteritum verfasst, das lyrische Ich blickt hier auf ein vergangenes Ereignis zurück.
Goethe änderte einige Stellen in "Willkommen und Abschied" fünfzehn Jahre nach der ersten Veröffentlichung. Die neue, weniger emotionale Version eignete sich besser für eine Veröffentlichung in der Epoche der Weimarer Klassik, die im Gegensatz zum Sturm und Drang ein Gleichgewicht zwischen Gefühl und Vernunft anstrebte.
Am Versende von "Willkommen und Abschied" folgt abwechselnd auf eine weibliche Kadenz eine männliche, auf eine unbetonte Silbe folgt also eine betonte.
Karteikarten in Willkommen und Abschied10
Lerne jetztDie Kadenz in "Willkommen und Abschied" ist abwechselnd weiblich und männlich.
Welcher Epoche ist "Willkommen und Abschied" zuzuordnen?
Sturm und Drang
Goethes Gedicht "Willkommen und Abschied" wird der Erlebnislyrik zugeordnet. Zur Erlebnislyrik gehören Gedichte, die vergangene Erinnerungen des lyrischen Ichs thematisieren. "Willkommen und Abschied" ist im Präteritum verfasst und gilt deshalb als Erlebnislyrik.
Was ist das Metrum von "Willkommen und Abschied"?
Das Metrum ist ein vierhebiger Jambus.
weiblich und männlich abwechselnd
Warum änderte Goethe "Willkommen und Abschied"?
Als Goethe "Willkommen und Abschied" änderte, war der Sturm und Drang vorbei und die Epoche der Klassik hatte begonnen. Goethe wollte vermutlich die starken Emotionen der ersten Version entschärfen und mehr der Klassik anpassen.
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