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Hugo von Hofmannsthal jedermann

"Jedermann" ist ein Drama des österreichischen Schriftstellers Hugo von Hofmannsthal, das am 1. Dezember 1911 in Berlin uraufgeführt wurde. Es gilt als eines der populärsten Theaterstücke des 20. Jahrhunderts. Der vollständige Titel des Werks lautet "Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes" und ist dem spätmittelalterlichen Mysterienspiel nachempfunden. Es handelt von der Figur des vermögenden Jedermann, der vor Gottes Gericht geführt wird und dadurch erkennt, dass alle materiellen Güter vergänglich sind.

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"Jedermann" ist ein Drama des österreichischen Schriftstellers Hugo von Hofmannsthal, das am 1. Dezember 1911 in Berlin uraufgeführt wurde. Es gilt als eines der populärsten Theaterstücke des 20. Jahrhunderts. Der vollständige Titel des Werks lautet "Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes" und ist dem spätmittelalterlichen Mysterienspiel nachempfunden. Es handelt von der Figur des vermögenden Jedermann, der vor Gottes Gericht geführt wird und dadurch erkennt, dass alle materiellen Güter vergänglich sind.

Das Mysterienspiel ist eine Form des Dramas, in dem seit dem Altertum Inhalte des religiösen Glaubens vermittelt werden. Moderne Spielarten zeichnen sich dabei durch einen Rückgriff auf alte Traditionen aus. Oft dienen Kirchenräume als Aufführungsort. Im Mysterienspiel finden sich außerdem häufig Allegorien in Form von Personifikationen, die mit einer musikalischen Untermalung die Vermittlung religiöser Inhalte oder moralischer Lehren verstärken.

Inhaltsangabe zu "Jedermann"

"Jedermann" spielt zur Zeit des Mittelalters. Es soll durch die Verwendung von Allegorien in Form von Personifikationen des "Mammon", des "Glaubens" und der "Werke" die religiöse Lehre eines Lebens in Demut vermitteln. Das Stück ist in fünf Akte unterteilt und entspricht damit dem klassischen Aufbau eines Dramas.

Die Allegorie ist ein rhetorisches Stilmittel, das einen Ausdruck durch einen anderen ersetzt und ihn so vereinfacht abbildet. Dabei wird ein abstrakter Begriff durch ein sprachliches Bild, meistens in Form einer Personifikation, umschrieben.

Das klassische Drama ist in Exposition, erregendes Moment, Höhepunkt, retardierendes Moment und die Auflösung aufgeteilt.

Mehr dazu findest Du in der Erklärung "Drama".

Jedermann: 1. Akt

Zu Beginn des ersten Akts tritt der Spielansager auf. Er ermahnt das Publikum, denn das Stück soll den Zuschauern eine Lehre sein. Anschließend erscheint Gott auf einem Thron im Himmel. Er beschwert sich über die Unsittlichkeit der Menschen und darüber, dass sie sich von ihm abgewandt haben. Daraufhin ruft er den Tod herbei, der ihm den sogenannten Jedermann bringen soll.

Jedermann verfügt über großen Reichtum, weshalb er ein Leben im Überfluss und ohne Sorgen lebt. Seinen Koch beauftragt er damit, ein großes Festmahl für seine Gäste zuzubereiten, die er später in Empfang nehmen will. Zunächst macht er sich aber mit seinem Gesellen und einem Säckchen Geld auf den Weg, ein Grundstück zu besichtigen. Dort möchte er einen Lustgarten für seine Geliebte anlegen.

Ein Lustgarten ist ein Park, oft auch mit Gebäuden, in dem sich diverse Einrichtungen wie Konzertsäle, Zoos oder andere Freizeiteinrichtungen befinden. Er soll vor allem der Entspannung und dem seelischen Vergnügen dienen.

Als sich die beiden Männer auf den Weg machen, begegnen sie Jedermanns bedürftigem Nachbarn, der um eine Gabe bittet. Er erhofft sich durch eine Spende einen Neuanfang, sodass er fortan nicht mehr in Armut leben muss. Jedermann gibt ihm daraufhin einen Schilling und möchte seinen Weg fortsetzen. Der Mann bittet jedoch um eine größere Spende. Sein reicher Nachbar soll ihm die Hälfte des Geldes im Säckchen geben. Jedermann empört sich über die Forderung, denn er wäre sein hart verdientes Geld schnell los, wenn er jedem Bettler auch nur eine Münze gebe. Deshalb bietet Jedermann seinem Nachbarn erneut nur die eine Münze an, die dieser niedergeschlagen annimmt.

Ehe die beiden Männer ihren Weg weiter fortsetzen können, kommt ihnen ein Schuldner Jedermanns entgegen, der von zwei Gerichtsdienern festgehalten wird. Der Mann kann seine Schulden nicht zurückzahlen und bittet Jedermann, ihm diese zu erlassen, da er sonst in den Kerker gebracht werden würde. Er erntet jedoch nur Spott von Jedermann und seinem Gesellen, da sie der Meinung sind, dass er für seine Situation selbst verantwortlich sei.

Der Schuldner entgegnet daraufhin, dass jeden eine gewisse Schuld vor Gott treffe – selbst Jedermann. Er spielt damit auf dessen Hochmut und Geiz an. Jedermann ist sich jedoch keines Mangels bewusst, schließlich sei es nicht sein Problem, dass der Schuldner nicht mit Geld umgehen könne. Die Frau des Schuldners warnt Jedermann davor, dass ihn die Strafe Gottes treffen könnte, doch dieser zeigt sich unberührt. Für ihn haben Glaube und Wohlstand nichts miteinander zu tun. Schließlich verspricht Jedermann, für den Unterhalt der Familie des Schuldners aufzukommen.

Jedermann: 2. Akt

Nach der Auseinandersetzung möchte Jedermann das Grundstück nicht mehr besichtigen. Er trägt seinem Gesellen auf, das Stück Land zu kaufen. Jedermann möchte lieber seine Geliebte treffen, begegnet auf dem Weg zu ihr jedoch seiner Mutter. Sie macht sich Sorgen um ihren Sohn, da es ihm an Gottesfürchtigkeit fehle. Außerdem ehre er die Ehe nicht, da er sich mit seiner Geliebten umgebe.

Die Mutter ermahnt ihn, dass der Tod allgegenwärtig sei, auch für ihn mit seinen vierzig Jahren. Jedermann widerspricht ihr, denn er fühlt sich jung und gesund, über Gott und Buße könne er sich später im Leben noch Gedanken machen. Als sie sich verabschieden, ist sich seine Mutter sicher, bald zu sterben, da sie ein Flöten vernehmen kann. Dieses Geräusch erinnert sie an den nahenden Tod. Auch ihr Sohn hört die Töne.

Jedermann trifft zu Hause ein, wo ihn seine Geliebte bereits mit einigen Gästen erwartet seinen Vettern und einigen Spielleute. Den Hausherrn plagt eine böse Vorahnung. Besorgt darüber, was kommen mag, versichert sich Jedermann der Liebe seiner Geliebten. Diese versucht, ihn zu beruhigen. Sie vergleicht den Tod mit einer Schlange, die nicht geweckt werden soll. Jedermann kommt auf andere Gedanken, als er sich vorstellt, wie die Arme seiner Geliebten ihn umschließen.

Als er mit seinen Gästen am Tisch sitzt, befällt ihn seine böse Vorahnung wieder. Denn es kommt ihm vor, als würden alle im Leichenhemd vor ihm sitzen. Außerdem fragt er seine Geliebte, ob sie ihm in den Tod folgen würde. Um Jedermann erneut auf andere Gedanken zu bringen, wird ihm Glühwein eingeschenkt und ein Lied angestimmt.

Jedermann: 3. Akt

Alle singen heiter und feiern ausgelassen. Auch Jedermanns Stimmung verbessert sich durch den Alkoholkonsum. Er hält eine Rede, in der er den Anwesenden dankt, ihn auf andere Gedanken gebracht zu haben. Es wird erneut ein Lied angestimmt. Jedoch vernimmt Jedermann das Läuten von Totenglocken anstelle der Musik und statt des Gesangs hört er eine Stimme seinen Namen rufen. Die Gäste sind beunruhigt, denn sie können das Glockenläuten nicht hören. Besorgt wendet sich auch der Geselle an Jedermann und bietet ihm an, ihn zu seinem Schlafzimmer zu begleiten, damit er sich ausruhen könne.

Nun tritt der Tod in den Raum und erklärt, dass er Jedermann mitnehmen möchte. Dieser fühlt sich jedoch noch nicht bereit, um vor das göttliche Gericht zu treten, und bittet den Tod um mehr Zeit. Nach langer Diskussion gewährt dieser Jedermann eine Stunde Aufschub. Die meisten Gäste haben zu diesem Zeitpunkt aus Angst bereits den Raum verlassen. Der Hausherr möchte aus Furcht dennoch jemanden finden, der ihn vor das Gericht begleitet und ihm dabei hilft, seine Schulden vor Gott zu begleichen. Er wendet sich zunächst an seinen Gesellen. Dieser verspricht ihm, ihm überallhin zu folgen, allerdings sei er nicht bereit, mit ihm in den Tod zu gehen.

Jedermann: 4. Akt

Nun wendet sich Jedermann an seine beiden Vettern. Dabei betont er den hohen Wert ihrer Blutsverwandtschaft. Die Vettern empfinden es jedoch als ungehörig, seine Verwandtschaft mit in den Tod nehmen zu wollen, und verlassen ihn. Zuletzt widersetzt sich auch sein Knecht, ihn auf die Reise zu begleiten. Jedermann wendet sich flehend und in Todesangst an Gott und befiehlt seinem Knecht, ihm seine Geldtruhe zu bringen. Jedermann möchte sie mit auf seine letzte Reise zu nehmen.

Nun erscheint wieder der Tod. Jedermann möchte nicht ohne seine Truhe gehen. Sie sei das einzige Hab und Gut, das ihm auf Erden noch geblieben sei. Daraufhin springt die Kiste auf und Mammon erscheint.

Mammon wird als abschätziger Begriff für das materielle Bedürfnis nach Geld verwendet. Die Bezeichnung wird auch in der Bergpredigt des neuen Testaments verwendet. Mammon ist ein entlehntes Wort aus dem Aramäischen und bedeutet übersetzt "Vermögen".

Jedermann erkennt Mammon zuerst nicht, möchte ihn aber auf seine Reise mitnehmen, als er erfährt, wer er ist. Mammon verspottet ihn, denn sein Vermögen war zu jeder Zeit nur eine Illusion. Jedermann könne gar nicht jederzeit auf das Geld zurückgreifen. Während ihm das Vermögen im Leben Vorteile gebracht hatte, sei es nun im Angesicht des Todes nutzlos. Mammon geht. Jetzt erscheinen die Werke Jedermanns als alte, gebrechliche Frau mit Krücken. Sie stellt all seine Wohltaten dar, die er zu seinen Lebzeiten vollbracht hat.

Jedermann bleibt jedoch misstrauisch, denn er traut seinen guten Werken nicht. Sie sagen, dass er ihnen immer nahe war, sie jedoch nicht beachtet hatte, weshalb sie alt und gebrechlich seien. Jedermann erkennt nun, dass er für die Schwäche seiner Werke verantwortlich ist. Er bittet die Werke um Hilfe, damit sie vor Gott ein gutes Wort für ihn einlegen. Dadurch erhofft er sich, dass seine Seele noch gerettet werden kann. Die Werke sind aber zu schwach und raten Jedermann deshalb, sich an ihre Schwester Glaube zu wenden.

Jedermann: 5. Akt

Auch Glaube rügt Jedermann, da er sich erst am Ende seines Lebens besinnt und an ihn wendet. Die Personifikation überzeugt Jedermann schließlich vom Glauben an Jesus, der Barmherzigkeit Gottes und der Vergebung der Sünden. Als sich Glaube Jedermanns Besserung sicher ist, schickt sie diesen zur Vergebung seiner Sünden zu einem Mönch. Jedermann kniet nieder und sendet Dankesgebete an Gott. Seine Mutter hört auf dem Weg zur Messe einen himmlischen Gesang und weiß, dass ihr Sohn auf den rechten Weg zurückgefunden hat.

Die Werke und der Glaube stellen Personifikationen dar, denn diesen abstrakten Begriffen werden menschliche Eigenschaften zugeschrieben. Daher erscheinen die Werke als alt und gebrechlich und der Glaube ist in der Lage, Jedermann zu rügen und ihn zu besinnen. Diese menschlichen Verhaltensweisen der Werke und des Glaubens führen dazu, dass ein anschauliches Bild erzeugt wird, welches die Lehren des Stücks einfacher vermittelt.

Durch Jedermanns Bekenntnis zu Gott erlangen die Werke neue Kraft und werfen ihre Krücken weg. Nun versprechen sie, ihm zur Seite zu stehen. Der Teufel kommt herbei und erwartet, Jedermann mitnehmen zu können, da er um dessen schlechten Taten weiß. Werke und Glaube stellen sich ihm jedoch in den Weg. Der Teufel versucht es mit Gewalt und lässt erst ab, als er einen Engel im Himmel erblickt.

Glaube und Werke folgen Jedermann in seinem weißen Leichenhemd in sein Grab und sprechen ihm Mut zu. Bevor er ganz in seinem Grab liegt, bittet Jedermann Gott noch einmal um seine Auferstehung am Jüngsten Tag. Begleitet von Engelsgesang steigt Jedermanns Seele in den Himmel auf.

Figuren in "Jedermann"

In Hugo von Hofmannsthals Drama "Jedermann" treten neben realen Personen wie Jedermann und seinen Gästen auch einige allegorische Figuren auf. Dazu gehören unter anderem die Werke und der Glaube.

Jedermann

  • ist sehr reich
  • ist stolz auf seine Besitztümer
  • kommandiert seine Angestellten unfreundlich herum
  • hat eine Geliebte
  • ist geizig gegenüber seinen Mitmenschen, auch wenn diese in Not sind
  • richtet ein großes Festmahl für seine Gäste aus
  • hält auch im Sterben an seinem materiellen Besitz fest
  • besinnt sich am Ende auf den Glauben

Allegorische Figuren

Die allegorischen Figuren, die im Drama "Jedermann" auftauchen, sollen den Zuschauenden und Lesenden eine moralische Lehre erteilen.

Die Werke

  • sind gute Taten, die man in der Fülle seines Lebens vollbracht hat
  • werden als alte, gebrechliche Frau dargestellt

Der Glaube

  • ist der Glaube an Jesus, an die Barmherzigkeit Gottes und die Vergebung der Sünden
  • wird ebenfalls als Frau dargestellt

Mammon

  • steht für das Vermögen und das Geld von Jedermann
  • bezieht sich auf negative Charaktereigenschaften, die mit materiellem Reichtum einhergehen

Der Teufel

  • steht für alles Negative und Böse
  • bezieht sich auf den schlechten Charakter und die Todsünden des Jedermann

Der Tod

  • wird häufig als Person dargestellt
  • führt Gottes Willen aus
  • lässt mit sich verhandeln

Aufbau und Sprache in "Jedermann"

"Jedermann" ist ein Mysterienspiel in fünf Akten. Die Handlungsorte sind vor Jedermanns Haus sowie im Himmel. Das Drama spielt im Mittelalter, was die gewählte Form des Mysterienspiels unterstützt. In diesem Rahmen sind Allegorien von Bedeutung.

Die Allegorien in "Jedermann" sind der Tod, der Glaube, die Werke, Mammon und der Teufel. Ihnen werden menschliche Eigenschaften zugeschrieben und sie können sprechen. Durch diese Personifikationen werden sie zum Leben erweckt.

Die Werke werden beispielsweise als alte gebrechliche Frau dargestellt, um zu verdeutlichen, wie sehr Jedermann seine guten Taten vernachlässigt hat und wie schwach sie dadurch geworden sind. Dies wird auch durch das folgende Zitat von Jedermann deutlich, der seine Werke als ein "krank Weib" bezeichnet und ihnen damit menschliche Eigenschaften zuschreibt.

Ist ein krank Weib,Was kümmerts mich, soll sehn wo sie bleib.

Alle Zitate stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" (2000, Reclam).

Die Sprache in "Jedermann" ist recht einfach gehalten. Das dient der leichten Verständlichkeit des Stücks, da in einem Mysterienspiel religiöse Inhalte und moralische Lehren an das breite Publikum vermitteln werden sollen. Die Sprache erinnert zudem an das mittelalterliche Deutsch, um die Lesenden besser in die Zeit der Handlung zu transportieren.

Der Verständlichkeit halber ist die Handlung einfach konzipiert und die Charaktere werden in aller Kürze dargestellt. Lediglich die Figur des Jedermann wird genauer beleuchtet. Das folgende Zitat lässt die mittelalterliche Sprache erkennen, die jedoch trotzdem leicht verständlich die religiösen Lehren vermittelt:

Ein guter Helfer wartet dein,Bei ihm wird deine Seele rein.Kehr wieder in einem weißen Gewand,Dann ziehest hin an meiner HandUnd mitzugehen deine WerkGewinnen mächtig Kraft und Stärk.

Ebenso ist das Stück ist durchgängig im Knittelvers verfasst, wodurch beim Lesen ein gleichmäßiger Rhythmus entsteht.

Der Knittelvers, auch Reimvers genannt, ist ein deutsches Versmaß, das vor allem im 15. bis 17. Jahrhundert in der Epik, Lyrik und Dramatik verwendet wurde. Er besteht aus Paarreimen und vier Hebungen. Darüber hinaus wird zwischen dem strengen Knittelvers (acht oder neun Silben pro Vers) und dem freien Knittelvers (mit beliebiger Silbenzahl) unterschieden.

Hier findest Du ein Beispiel aus dem Text:

Trittst hinter dich vor UngeduldUnd mehrest lieber Sündenschuld,Als in dich gehen ohne SpottUnd recht betrachten deinen Gott?Da doch von heut auf morgen leichtEine Botschaft dich von ihm erreichtDu sollest vor seinen Gerichtsstuhl gehenUnd von deinem ganzen ErdenlebenEine klare Rechnung vor ihm geben.

Der Knittelvers unterstreicht zum einen die einfache Handlung des Dramas und zum anderen die Naivität des Jedermann, da dieser auch im Angesicht des Todes darauf vertraut, dass sein Geld ihm helfen wird. Jedermann denkt, dass sein egoistischer Lebensstil unverändert fortlaufen wird, ohne, dass sich ihm je Hindernisse in den Weg stellen werden. Während die mittelalterliche Sprache und das alte Versmaß Lesende in die Vergangenheit versetzen, zeigen die verschiedenen Allegorien jedoch die Relevanz des Werks zum Zeitpunkt seiner Entstehung und darüber hinaus auf.

"Jedermann" Interpretation

"Jedermann" enthält Botschaften der moralischen und religiösen Lehre an die Lesenden. Dabei steht die Forderung nach einem genügsamen Leben sowie eine Abkehr vom Streben nach Reichtum im Vordergrund.

Der christliche Glaube

Das Stück vertritt einen traditionellen, von der christlichen Kirche geprägten Standpunkt, nach dem ein Leben in Armut frommer ist als ein Leben in Reichtum. Um diesen Punkt zu unterstreichen, schafft Hofmannsthal mit Jedermann eine Figur, die viele schlechte Eigenschaften besitzt. Auch hier wird ein Bezug zur christlichen Religion deutlich, denn die Jedermann vereint alle sieben Todsünden in sich.

Als sieben Todsünden bezeichnet man in der katholischen Kirche besonders schwerwiegendes Fehlverhalten, durch das sich der Mensch willentlich von seiner Verbindung zu Gott trennt. Damit eine Sünde als schwerwiegend bezeichnet werden kann, muss sie drei Voraussetzungen erfüllen:

  1. Sie muss ein Verstoß der Zehn Gebote darstellen.
  2. Sie muss im Bewusstsein des Sündigers geschehen.
  3. Sie muss aus dessen freiem Willen heraus begangen werden.

Zu den sieben Todsünden zählen Hochmut, Geiz, Wolllust (sexuelle Begierde), Zorn, Völlerei (Gefräßigkeit), Neid und Ignoranz.

An diesem Beispiel erkennst Du Jedermanns Geiz, als er den armen Nachbarn, der um eine Spende bittet, nur mit einem Schilling abspeist, obwohl er einen ganzen Sack Geld mit sich herumträgt:

Wär all mein Geld und Gut gezählt

Und ausgeteilt auf jeglichen Christ,Der Almosens bedürftig ist,Es käm mein Seel nit mehr auf dichAls dieser Schilling sicherlich,Drum empfang ihn unverweil,Ist dein gebührend richtig Teil."

Um den Lesenden einen Spiegel vorzuhalten und sie dazu zu bewegen, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen, arbeitet von Hofmannsthal, wie bereits erwähnt, mit Allegorien. Dadurch, dass von Hofmannsthal den Werken und dem Glauben sowie den Sünden menschliche Merkmale verleiht, kann das Publikum sie besser nachvollziehen und sich in diesem Zuge auch selbst hinterfragen. Die moralische Lehre von einem tugendhaften Leben, in dem man gute Werke vollbringt, wird durch die Allegorien transportiert.

In der Kirche des Mittelalters wurden gute Taten wie die Nächstenliebe als "gute Werke" bezeichnet. Zu den Tugenden werden in der christlichen Kirche der Glaube, die Liebe und die Hoffnung gezählt, die von gläubigen Christinnen und Christen als innere Einstellung von der Kirche verlangt werden.

Die moralische Lehre

Das Drama "Jedermann" bedient sich vieler Eigenschaften der mittelalterlichen Literatur. Das Stück erschien jedoch erst am Anfang des 20. Jahrhunderts und kann daher als Kritik an der Industriegesellschaft und der moralischen Haltung der Bevölkerung zu dieser Zeit gesehen werden. Die Thematik der mangelnden Nächstenliebe in "Jedermann" besitzt allgemeine Relevanz, die nicht an eine bestimmte historische Epoche gebunden ist.

Vor dem zeithistorischen Hintergrund der Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts kritisiert das Stück den Verlust der Nächstenliebe, der mit dem wachsenden Wohlstand der Bevölkerung einherging. Durch die Entstehung großer Fabriken in den Städten entstanden viele neue Arbeitsplätze, sodass der Fokus der Menschen darauf lag, immer mehr Geld zu verdienen. Jedoch steigerten hauptsächlich die Fabrikantinnen und Fabrikanten ihren Gewinn immer mehr, während die Arbeitenden meist zu geringen Löhnen und unter schlechten Bedingungen leisten mussten. Dieses Geldstreben der Fabrikbesitzenden bzw. der schlechte Charakter des Geldes wird in "Jedermann" als Mammon bezeichnet.

Jedermanns Geldtruhe, die er mit vor das göttliche Gericht nehmen möchte, steht als Symbol für die Vergänglichkeit irdischer Reichtümer. Materielle Güter erscheinen vor dem Angesicht des Todes wertlos. Jedermann konnte die Vergebung seiner Sünden nicht mit seinem Vermögen erkaufen, sondern musste sich auf den Glauben und die guten Werke besinnen. Nur so konnte er den Platz für seine Seele im Himmel erlangen.

Zeitgeschichtlicher Hintergrund von "Jedermann"

Das Drama "Jedermann" entstand kurz vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Diese Zeit war von großer Unsicherheit geprägt. Unter anderem bahnte sich das Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie durch Tschechiens Streben nach Unabhängigkeit sowie durch Aufstände in Ungarn an.

Hugo von Hofmannsthal versuchte mit seinem Werk, dieser unsicheren Stimmung mit einer klaren Sprache und eindeutigen Werten entgegenzuwirken. Die Gesellschaft sollte sich auf Moral und Nächstenliebe besinnen, um auch im Angesicht des bevorstehenden Untergangs der Monarchie zusammenzuhalten und einen gesellschaftlichen Zerfall zu vermeiden.

Die Österreichisch-Ungarische Monarchie endete am 31. Oktober 1918 durch die Folgen des Ersten Weltkriegs, den Zerfall Altösterreichs und der Gründung der neuen Staaten Tschechoslowakei und Deutschösterreich.

Um das materialistische Denken der Menschen in ein moralisches zu verwandeln, wollte von Hofmannsthal der Kunst wieder ein soziales Element verleihen. Dies tat er, indem er mit "Jedermann" die Thematik des moralischen Verfalls aufgriff und der Bevölkerung damit einen Spiegel vorhielt, um den gesellschaftlichen Niedergang aufzuzeigen.

"Jedermann" ist der Literaturepoche des Impressionismus zuzuordnen, die als Gegenbewegung zum Naturalismus gilt. Während der Naturalismus zum Ziel hatte, die Wirklichkeit möglichst objektiv wiederzugeben, setzte sich der Impressionismus nicht mit politischen Themen auseinander. Die schreibenden Personen dieser Epoche zogen sich in ihre eigene, subjektive Welt zurück und schrieben über ihre Eindrücke.

Mehr zu diesen Themen findest Du in den Erklärungen "Impressionismus Literatur" und "Naturalismus Literatur".

Als Vorlage für "Jedermann" diente das englische Mysterienspiel "Everyman. A Morality Play" aus dem 16. Jahrhundert. Hugo von Hofmannsthal wurde durch einen Freund auf das Stück aufmerksam. Da die englische Vorlage aus dem Mittelalter stammte, übernahm der von Hofmannsthal Elemente wie den Minnesang und das Auftreten von Personifikationen anstatt individueller Personen.

Der Minnesang entwickelte sich im Mittelalter ab 1160 und war eine ritterlich-höfische Liedform der Liebeslyrik.

Über den Autor Hugo von Hofmannsthal

Hugo von Hofmannsthal wurde 1874 in Wien geboren. Schon im Alter von 16 Jahren veröffentlichte er seine ersten Gedichte, wodurch er bereits in jungen Jahren die großen Persönlichkeiten der Wiener Literaturszene kennenlernte. Von Hofmannsthal studierte zunächst Jura, unterbrach sein Studium jedoch für einen einjährigen Militärdienst und lernte anschließend Romanistik. Ihn selbst plagten Zweifel an der Aussagekraft der Sprache sowie am Sinn der Kunst selbst, was ihn in eine Selbstfindungskrise stürzte.

Aufgrund dieser Sinnkrise entschloss sich Hugo von Hofmannsthal gegen eine Anstellung als Professor und arbeitete als freier Schriftsteller, wobei er überwiegend für das Theater und die Oper schrieb. Die Texte zu den Opern "Elektra" und "Der Rosenkavalier" seines Freundes Richard Strauss stammen aus seiner Feder. Außerdem trug er zur Gründung der Salzburger Festspiele 1917 bei, wo seit 1920 jedes Jahr sein Stück "Jedermann" aufgeführt wird.

Während des Ersten Weltkriegs arbeitete Hugo von Hofmannsthal für das Kriegsfürsorgeamt. Der konservative Hofmannsthal verfasste patriotische Schriften und hielt Reden, weshalb ihn der Fall der Monarchie 1918 stark traf. Er starb am 15. Juli 1929 an einem Schlaganfall.

Hugo von Hofmannsthal Jedermann – Das Wichtigste

  • "Jedermann" ist ein Mysterienspiel des österreichischen Schriftstellers Hugo von Hofmannsthal, das im Jahr 1911 uraufgeführt wurde.
  • Mysterienspiele dienen der Vermittlung religiöser Inhalte oder moralischer Lehren.
  • Jedermann ist ein reicher und geiziger Mann, der alle sieben Todsünden in sich vereint. Der Tod soll ihn zu Gott bringen.
  • Aus Furcht vor dem jüngsten Gericht wendet sich Jedermann sich an seine Verwandten und versucht, sein Geld zu nutzen, um der Strafe Gottes entgehen. Er muss jedoch feststellen, dass seine irdischen Reichtümer nun keinen Nutzen mehr haben.
  • Jedermann muss sich auf den Glauben und die Werke (beides Allegorien) berufen, um Erlösung zu finden.
  • Statt Individuen treten in "Jedermann" Personifikationen wie der Tod, der Glaube oder die Werke auf, durch die ein anschauliches Bild erzeugt wird, welches die Lehren des Stücks einfacher vermittelt.
  • Das Werk umfasst fünf Akte und ist in einfacher mittelalterlicher Sprache sowie durchgehend im Knittelvers verfasst.
  • Hofmannsthal greift die Thematik der fehlenden Nächstenliebe und des Verfalls der Werte in der Industriegesellschaft auf.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Hugo von Hofmannsthal jedermann

"Jedermann" handelt von dem reichen Jedermann, der wegen seines Geizes und seinem Leben im Überfluss vom Tod zu Gott gebracht werden soll. Gott bemängelt nämlich die Unsittlichkeit der Menschen und, dass diese sich von ihm abgewandt haben. An Jedermann soll ein Exempel statuiert werden, dass andere vor einem solchen Leben mahnt.

Buhlschaft ist ein veralteter deutscher Begriff für eine Geliebte bzw. ein Liebesverhältnis. 

Das Stück "Jedermann" wurde von Hugo von Hofmannsthal geschrieben. Es basiert auf dem englischen Mysterienspiel "Everyman. A Morality Play" eines unbekannten Autors. 

"Jedermann" ist keine Oper, sondern ein Theaterstück. Es wird seit 1920 jährlich bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. Im Jahr 2014 wurde eine Rockoper mit dem Namen "Jedermann" uraufgeführt. Der Text der Oper orientiert sich an dem Original von Hugo von Hofmannsthal. 

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