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Der Hauptmann von Köpenick

Ein bekanntes Sprichwort, das auf einen gleichnamigen Text von Gottfried Keller zurückgeht, heißt: "Kleider machen Leute". Dieses Motto gilt auch für Carl Zuckmayers Komödie "Der Hauptmann von Köpenick".

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Ein bekanntes Sprichwort, das auf einen gleichnamigen Text von Gottfried Keller zurückgeht, heißt: "Kleider machen Leute". Dieses Motto gilt auch für Carl Zuckmayers Komödie "Der Hauptmann von Köpenick".

In der Komödie geht es um den Arbeiter Wilhelm Voigt, der aus dem Gefängnis entlassen wird und erfolglos versucht, Papiere und Arbeit zu erhalten. Schließlich kauft er eine alte Hauptmannsuniform und besetzt mit einigen Soldaten das Köpenicker Rathaus, um sich einen Pass zu besorgen. Als herauskommt, dass er gar kein Armeeangehöriger ist, sorgt die Geschichte für großes Gelächter im Volk.

Das Stück wurde 1931 uraufgeführt, beruht aber auf einer wahren historischen Begebenheit aus dem Jahr 1906, der sogenannten "Köpenickiade" des Friedrich Wilhelm Voigt (1849–1922).

Der Begriff "Köpenickiade" bezeichnet eine Art der Hochstapelei, wobei Respekt und Gehorsam durch Amtsanmaßung erzielt werden. Die Bezeichnung beruht auf einem Ereignis vom 16. Oktober 1906, als der als Hauptmann verkleidete Schuster Wilhelm Voigt zusammen mit Soldaten das Rathaus von Cöpenick bei Berlin besetzte, den Bürgermeister verhaften ließ und die Stadtkasse an sich nahm. Der Streich wurde weltweit bekannt.

"Der Hauptmann von Köpenick" – Inhaltsangabe

Die Komödie ist in drei Akte gegliedert, die aus jeweils sieben Szenen bestehen. Der erste Akt spielt um 1900, während der zweite und dritte Akt rund zehn Jahre später spielen. In den folgenden Abschnitten erhältst Du eine Inhaltsangabe und Zusammenfassung von "Der Hauptmann von Köpenick".

"Der Hauptmann von Köpenick" – Zusammenfassung: 1. Akt

Hauptmann von Schlettow probiert in Adolph Wormsers Laden in Potsdam eine neue Uniform an. Gleichzeitig tritt der ärmlich gekleidete Wilhelm Voigt, der gerade nach 15 Monaten Haft wegen Urkundenfälschung entlassen worden ist, ein. Wormser hält Voigt für einen Bettler und vertreibt ihn.

Dann möchte Voigt im Polizeibüro in Potsdam eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, dafür benötigt er einen Arbeitsnachweis. Doch um eine Arbeit zu erhalten, setzt das wiederum eine Aufenthaltserlaubnis voraus. Voigt geht also weiter ins Café National und trifft dort seinen obdachlosen Freund Paul Kallenberg, genannt Kalle, der ihn für eine Gaunerei gewinnen will. Voigt lehnt ab. Unterdessen betritt Hauptmann von Schlettow in Zivilkleidung das Lokal.

Kurz darauf bricht ein Streit zwischen Kalle und einem betrunkenen Soldaten aus und Schlettow schreitet ein. Ohne Uniform erkennt der Soldat ihn nicht und er verweigert den Gehorsam. Schlussendlich wird nicht nur der Soldat, sondern auch Hauptmann von Schlettow festgenommen.

Im Personalbüro der Schuhfabrik Axolotl hofft Voigt auf Einstellung. Er wird jedoch abgewiesen, da er keine Papiere vorweisen kann und nicht beim Militär gedient hat. Der Hauptmann von Schlettow muss wegen der Schlägerei im Café Abschied vom Militär nehmen. Die inzwischen abgeänderte Uniform schickt er zum Schneider Adolph Wormser zurück.

Als Voigt seinen Freund Kalle wieder trifft, erzählt er von seinen Plänen, Preußen zu verlassen und im Ausland zu arbeiten. Zuvor jedoch müsste er im Polizeirevier einbrechen, um seine Akte zu vernichten und einen fremden Pass zu stehlen. Kalle schließt sich seinem Freund Voigt an, um Bargeld zu stehlen.

Seit 1618 wurde Preußen von den Herrschern von Brandenburg, der Familie Hohenzollern, regiert. Man sprach von "Brandenburg-Preußen" und später nur noch von Preußen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland neu aufgeteilt, Preußen bestand dann nicht mehr.

Das Unternehmen von Voigt und Kalle scheitert und sie werden verhaftet. Der Schneider Wormser liest darüber in der Zeitung, als Doktor Obermüller den Laden betritt. Er braucht aufgrund einer Beförderung eine Uniform und Wormser kann die von Schlettow zurückgegebene an ihn verkaufen.

"Der Hauptmann von Köpenick" – Zusammenfassung: 2. Akt

Zehn Jahre später soll Voigt aus der Haftanstalt in Sonnenburg wieder entlassen werden. Zuvor wird der Sedantag gefeiert. Die Gefängnisinsassen spielen dabei ein Armeemanöver nach, wobei Voigt den Gefängnisdirektor durch Kenntnis des preußischen Militärwesens, die er während der Haft erworben hat, beeindruckt.

Am Sedantag, der im Deutschen Kaiserreich (1871–1918) am 2. September gefeiert wurde, wurde der Sieg über die Franzosen in der Schlacht bei Sedan im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) zelebriert.

Nach seiner Entlassung kommt Voigt bei seiner Schwester Maria und deren Mann Friedrich Hoprecht in Berlin unter. Da er auch jetzt weder Arbeit noch Papiere hat, fragt er seinen Schwager Friedrich, der ein Beamter ist, um Hilfe. Friedrich lehnt jedoch die illegale Beschaffung eines Passes entschieden ab.

Doktor Obermüller, der nun Bürgermeister von Köpenick ist und inzwischen zum Hauptmann befördert wurde, muss am Kaisermanöver teilnehmen. Da die neue Uniform noch nicht geliefert wurde, muss Obermüller sich in die zehn Jahre alte Uniform zwängen. Diese reißt ein und im letzten Augenblick erscheint der Zuschneider Wabschke mit der neuen Uniform. Die alte und zerrissene Uniform nimmt er mit.

Das Kaisermanöver war eine jährliche und mehrtägige militärische Großübung in Gegenwart des Kaisers, um den Kampfwert der deutschen Armee festzustellen.

Da Voigt die Ausweisung aus dem Bezirk droht, versucht er verzweifelt, seinen derzeitigen Wohnsitz bei seiner Schwester im Polizeirevier in Rixdorf anzumelden. Das Polizeibüro wird jedoch überraschend geschlossen.

Bei Familie Hoprecht wohnt ein unheilbar krankes Mädchen namens Liese zur Untermiete, der Voigt bis kurz vor ihrem Tod vorliest. Währenddessen werden ihm seine Ausweisungspapiere zugestellt.

Auf dem Kaisermanöverball des Kommerzienrat Wormser trägt seine Tochter, die schon mächtig betrunken ist, in der alten Uniform von Obermüller und Schlettow zweideutige Verse vor. Wormsers Sohn stößt beim Aufstehen mehrere Sektflaschen um und befleckt so die Uniform.

Voigts Schwager Friedrich Hoprecht kommt von einer Reserveübung nach Hause und ist enttäuscht, weil die erhoffte Beförderung ausblieb. Voigt und Hoprecht beginnen zu streiten: Hoprecht hält die aktuelle Gesellschaftsordnung für gerecht. Er sagt, man müsse sich nur unterordnen. Voigt widerspricht aufgrund seiner eigenen Erfahrungen. Er meint, die Ordnung sei für den Menschen da und nicht umgekehrt. Voigt verlässt die Wohnung der Hoprechts.

"Der Hauptmann von Köpenick" – Zusammenfassung: 3. Akt

Voigt kauft eine gebrauchte und befleckte Hauptmannsuniform mit Säbel und Mütze. Voigt setzt sich im Park Sanssouci auf eine Bank, beobachtet die Leute und hört ihren Unterhaltungen zu. Die Gespräche der Offiziere drehen sich darum, ob es Krieg geben wird. Ein Kindermädchen begleitet zwei Knaben, die ebenfalls eine Uniform tragen. Schließlich überlässt Voigt seinen Platz zwei Damen.

Voigt zieht seine Uniform auf dem Bahnhofs-WC an, als ein Bahnbeamter an der Tür rüttelt. Sobald Voigt die Tür öffnet, erschrickt der Bahnbeamte und steht sofort stramm. Voigt fragt ihn, ob er gedient habe und verschafft sich dadurch Respekt. Der als Hauptmann verkleidete Voigt rekrutiert 10 Soldaten auf der Straße und besetzt mit ihnen das Köpenicker Rathaus.

Voigt, der eigentlich nur einen Pass will, lässt den Bürgermeister Obermüller und den Stadtkämmerer Rosenkrantz verhaften. Voigt ist frustriert, als er erfährt, dass es in diesem Rathaus keine Passabteilung gibt. Dann nimmt er das Geld aus der Stadtkasse an sich, entlässt die Soldaten und entfernt sich.

Die Geschichte des Hauptmanns von Köpenick sorgt für große Heiterkeit und macht Schlagzeilen. Die Beschreibung des Täters wird gleich veröffentlicht. Voigt schläft unterdessen in seiner Alltagskleidung in einer Kneipe und wird nicht erkannt.

Schließlich handelt Voigt mit der Polizei einen Deal aus: Für die Ausstellung eines Passes würde er den Verantwortlichen zur Polizei bringen. Als die Beamten darauf eingehen, gesteht Voigt. Als Beweis verrät er das Versteck der Uniform und lässt sich dazu überreden, sie noch einmal anzuziehen. Der vermeintliche Hauptmann von Köpenick blickt in einen Spiegel, aber da die Uniform nicht sitzt, kann er nicht verstehen, wieso die Menschen auf ihn hereingefallen sind. Er fängt heftig an zu lachen und mit einem lauten "unmöglich" fasst er die Szene zusammen.

"Der Hauptmann von Köpenick" – Charakterisierung

Die Hauptfigur des Dramas ist der vorbestrafte Wilhelm Voigt. Als Nebenfiguren treten seine Freunde und Familie sowie Vertreter aus der Armee oder Mittel- und Oberschicht der Gesellschaft auf. Hier siehst Du jeweils eine Charakterisierung der Figuren aus "Der Hauptmann von Köpenick":

Wilhelm Voigt

  • Wilhelm Voigt ist von schmächtiger Gestalt, mager, ärmlich gekleidet, mit grauem Schnurrbart und spricht Berliner Dialekt.
  • Er besitzt eine ausgeprägte Schlagfertigkeit und schnelle Auffassungsgabe.
  • Er ist einfühlsam gegenüber Liesel.
  • Trotz vieler Jahre im Gefängnis ist er höflich und anständig geblieben.
  • Voigt zweifelt an der aktuellen Gesellschaftsordnung in Deutschland, denn er hat die Erfahrung gemacht, dass er ohne Militärerfahrung keine Chance bekommt.
  • Selbst in einer abgetragenen Uniform wird ihm mehr Respekt entgegengebracht als in seiner Alltagskleidung, daher nutzt er die Hörigkeit vieler Menschen gegenüber dem Militär, um seinen Streich auszuführen.

Hauptmann Schlettow

  • Hauptmann von Schlettow ist ein arroganter, selbstgefälliger Mensch, dessen Interesse dem Militär gilt.
  • Er ist fast immer gestriegelt und in Uniform, um sich Respekt zu verschaffen.
  • In Zivilkleidung lässt er sich unerkannt in einer Szene im Café auf eine Prügelei ein.

Paul Kallenberg, genannt Kalle

  • Kalle ist ein Kleinkrimineller, ein Ausgestoßener wie Wilhelm.
  • Kalle will kein ehrliches Leben, sondern nur mal ein "Ding drehen", damit er für ein paar Jährchen ausgesorgt hat.

Marie und Friedrich Hoprecht

  • Marie Hoprecht ist Wilhelm Voigts Schwester, Friedrich ist ihr Mann.
  • Sie gelten als brave Bürger. Besonders Friedrich ist ein gutmütiger, treuer Staatsdiener.
  • Beide kümmern sich aufopfernd um ein krankes Mädchen.
  • Es fällt ihnen schwer, Wilhelm Voigt zu vertrauen.

Bürgermeister Obermüller

  • Obermüller ist ca. 30 Jahre alt, etwas dicklich und hat einen Zwicker und Schnurrbart.
  • Er ist stets mit besorgtem Gesicht unterwegs, aber sehr ernst und überzeugend.
  • Er versagt als Bürgermeister, denn er fällt auf die Verkleidung von Voigt herein.

Der Zwicker, auch Kneifer genannt, ist eine Brille ohne Bügel, die über einen biegsamen Steg zwischen den Gläsern auf die Nase gezwickt wird.

"Der Hauptmann von Köpenick" – Sprache und Aufbau

"Der Hauptmann von Köpenick" ist eine Komödie in drei Akten, die auf einer wahren Begebenheit beruht und daher auch die authentische Sprache der Bevölkerung widerspiegelt.

Aufbau

Die Komödie "Der Hauptmann von Köpenick" trägt den Untertitel "Ein deutsches Märchen", der darauf hinweist, dass das Stück eine ausgeschmückte Form einer wahren Begebenheit ist, also auch fantastische Elemente enthält.

Im ersten Akt, der Exposition, wird die Ausgangslage Voigts dargestellt: Er ist auf die schiefe Bahn geraten und wird daher von der Gesellschaft abgelehnt, sodass er sich gezwungen sieht, auf illegale Weise an sein Ziel zu gelangen.

Als Höhepunkt kann im zweiten Akt das Gespräch zwischen Voigt und seinem Schwager Friedrich gesehen werden. In der vierzehnten Szene prallen die Anschauungen beider Figuren aufeinander und verdeutlichen so den zentralen Konflikt des Dramas: Menschlichkeit gegen Ordnung und Disziplin. Erste wird durch Voigt verkörpert, während die Ordnung durch die Behörden und im Gespräch durch Friedrich vertreten wird.

Im dritten Akt, der Lösung, wird schließlich der Sieg der Menschlichkeit deutlich, denn der Streich des falschen Hauptmanns gelingt und durch den versprochenen Pass wird Voigt wieder eine Chance haben, sich in der Gesellschaft einzugliedern.

Sprache

Auffällig ist vor allem der Unterschied zwischen dialektsprechenden und hochdeutschsprechenden Figuren.

Zu den wichtigsten Stilmitteln zählt der Berliner Dialekt der Figuren, der vor allem den einfachen Leuten zugeordnet wird und so einen Alltagsbezug herstellt. Durch den Dialekt wirken die Figuren authentischer und wie aus dem wahren Leben gegriffen.

Wilhelm Voigt spricht z. B. im Dialekt und ist sehr schlagfertig, wie der folgende Auszug, der auf der Polizeiwache spielt, verdeutlicht:

OBERWACHTMEISTER hat sich in den Akten zurechtgefunden

Aha! Vorbestraft. Sogar im Wiederholungsfall. Sie sind ja ’n ganz schwerer Junge.

VOIGT

Ick weeß nich, Herr Kommissär, ick werde in letzter Zeit immer leichter. Besonders seit ick aus de Plötze raus bin, da ha’ck fast nur noch Luft in de Knochen.1

Als Kontrast dazu spricht der spätere Bürgermeister Obermüller, der zur oberen Schicht gehört, hochdeutsch, also keinen Dialekt. Der Hauptmann von Schlettow spricht im Jargon der Offiziere: Er spricht keinen Dialekt, aber redet trotzdem umgangssprachlich, z. B., indem er Endungen weglässt.

V. SCHLETTOW

Regense sich nich auf, Wormser, lassense lieber die Gesäßknöppe versetzen.

WORMSER

Erledigt, Herr von Schlettow. Erledigt. Wenn Sie wünschen – wird gemacht. Willy, helf ’n Herrn Hauptmann in sein Rock. Am Montag habense die neue Uniform – mit vorschriftsmäßigen Gesäßknöppen. Sinse nu zufrieden?

V. SCHLETTOW

Danke, Herr Wormser, vielen Dank, Herr Wormser! Wenn ich mir ne neue Montur bauen lasse, denn muß nu alles tadellos in Form sein, da hab ich meine Freude dran, verstehense?1

In diesem Gesprächsausschnitt nutzen beide Figuren umgangssprachliche Äußerungen, z. B. "Sinse" statt "Sind Sie", "nich" statt "Nicht" und "ne" statt "eine".

"Der Hauptmann von Köpenick" – Interpretation

Der "Hauptmann von Köpenick" ist eine Satire auf die preußische Obrigkeitshörigkeit, auf den Militarismus und das bürokratische Denken. Die nächsten Abschnitte zeigen Dir die wichtigsten Punkte der Interpretation von "Der Hauptmann von Köpenick".

Die Satire ist eine Kunstform, die durch Über- oder Untertreibung, Ironie und Sarkasmus Verhältnisse, Personen oder Kunstwerke kritisiert. Satirische Texte zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie spielerische Elemente wie z. B. humoristische Schreibweisen oder Nachahmungen anderer Texte mit gesellschaftskritischen Aussagen verbinden.

Das Stück als Gesellschaftskritik

Das Stück übt Kritik an der militaristischen Gesellschaft des Kaiserreichs, wo sich viele Männer v. a. über die Uniform definiert haben. Daher wird Voigt auch respektiert, sobald er die Uniform angezogen hat, obwohl immer noch derselbe Mensch darin steckt. Ordnung und Disziplin werden als Tugend angesehen, was auch den Menschlichkeitsverlust im Stück zeigt: Voigt hat seine Strafen gebüßt und abgesessen, bekommt aber trotzdem keine Chance auf eine Rückkehr in die Gesellschaft, da die Regeln und Ordnung ihm dies verwehren. Durch diese satirische Darstellung übt Zuckmayer also Kritik an der deutschen Bürokratie, die einem ehrlichen Bürger, der seine Strafe verbüßt hat, keine Möglichkeit gibt, neu anzufangen.

Somit bleibt Voigt nur ein anderer Weg: Er überlistet das System und schlägt die Gesellschaftsordnung mit ihren eigenen Waffen, indem er sich als Hauptmann ausgibt. Dabei wird er gegen seinen Willen zum Helden, akzeptiert aber trotzdem seine Strafe. Die Komödie fordert durch die Geschichte Voigts auf lustige Weise zu mehr Humanität in der Gesellschaft auf.

Außerdem übt Zuckmayer durch die satirische Darstellung auch Kritik am Antisemitismus seiner Zeit. Der Autor hatte selbst jüdische Vorfahren und war Gegner des Nationalsozialismus, der zur Entstehungszeit des Stückes in den 1930er-Jahren aufkam. Die Figuren des Schneiders Wormser und dessen Sohn sowie auch ein Krämer Krakauer, der die Uniform an Voigt verkauft, werden als Juden charakterisiert, aber nicht abgewertet. Voigts ehemaliger jüdischer Chef wird sogar positiv dargestellt.

Das Leitmotiv der Uniform

Die Hauptmannsuniform stellt das Leitmotiv in "Der Hauptmann von Köpenick" dar. Mit der Außenwirkung dieser Uniform führt der Voigt den Staat vor, der ihm die Chance verwehrt hat, nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Die Uniform ging durch verschiedene Hände, wobei jede Figur eine Institution oder Gesellschaftsschicht symbolisiert.

Hergestellt wurde sie eigentlich für den Hauptmann von Schlettow, der das Militär repräsentiert. Dieser musste allerdings das Militär verlassen, sodass die Uniform an Obermüller verkauft wurde. Obermüller wurde später Bürgermeister und wurde damit zu einem Staatsdiener. Er gehört der Oberschicht an. Nachdem Wormsers Tochter, die für die Zivilbevölkerung steht, die Uniform als Kostüm trug, kam sie über einen Krämerladen zu Voigt. Dieser steht ohne Papiere und Arbeit im System ganz unten, sodass er sich mithilfe der Uniform als Staatsmann ausgibt.

Diese Geschichte zeigt, dass Äußerlichkeiten in dieser Gesellschaft mehr zählen und wenn sich jemand entsprechend (ver)kleidet, kann er dazugehören. Da die Geschichte dies aufzeigt und das Volk zum Lachen bringt, wird Voigt vom Polizeidirektor am Ende des Stückes auch nicht wie ein Verbrecher behandelt. Stattdessen wird er gebeten, seine Uniform noch einmal anzuziehen. Dabei werden zwei Gegensätze noch einmal vereint: Voigt, der für Menschlichkeit steht und die Uniform, die Militär, Staat und Ordnung dient. Voigt reagiert darauf mit einem ironischen Lachen und kommentiert diese Vereinigung mit "unmöglich".

"Der Hauptmann von Köpenick" – Carl Zuckmayer

"Der Hauptmann von Köpenick" gilt als das erfolgreichste Bühnenstück von Carl Zuckmayer. Das Stück wurde daher auch ins Englische übersetzt und dort 1971 uraufgeführt.

"Der Hauptmann von Köpenick" – Autor: Biografie

Der Autor Carl Zuckmayer (1896–1977) ist in Mainz aufgewachsen und war ein Freiwilliger im Ersten Weltkrieg (1914–1918). Währenddessen verflog seine anfängliche Kriegsbegeisterung rasch und er wurde zum Pazifisten. Nach dem Krieg studierte er verschiedene Fächer in Heidelberg und Frankfurt am Main: Jura, Philosophie und Nationalökonomie, aber auch Literatur, Kunstgeschichte, Soziologie und Biologie. Sein erster literarischer Durchbruch gelang ihm als Dramaturg am Münchner Schauspielhaus 1925 mit dem Stück "Der fröhliche Weinberg".

Nach einer nur einjährigen Ehe mit seiner Jugendliebe 1920 heiratete er 1925 die Schauspielerin Alice Frank, mit der er bis zu seinem Tod zusammen war. Außerdem arbeitete er um 1925 auch mit Bertolt Brecht am Deutschen Theater in Berlin zusammen. Weitere Stücke folgten und machten Zuckmayer schnell erfolgreich in der gesamten Republik.

Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus wurden seine Werke verboten und er flüchtete zunächst nach Österreich, dann in die Schweiz und 1939 in die USA. Dort war er als Farmer, aber auch weiterhin als Autor tätig, ehe seine Familie 1958 wieder in die Schweiz zurückkehrte. 1966 schrieb er seine Autobiografie "Als wär's ein Stück von mir", die ein Bestseller wurde.

Zuckmayer wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter:

  • der Kleist-Preis (1925)
  • der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main (1952)
  • der Große Österreichische Staatspreis für Literatur (1960)
  • der Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf (1972)

Außerdem wurde er zum Ehrenbürger seines Geburtsortes Nackenheim, Mainz, Saas Fee (Schweiz) sowie der Universität Heidelberg ernannt.

"Der Hauptmann von Köpenick" – Film

Die Komödie ist ein Bühnenstück, allerdings gibt es auch ein "Der Hauptmann von Köpenick"-Buch, also die Textfassung des Dramas. Darüber hinaus wurde das Stück auch oft verfilmt. Der erste Film wurde noch 1931 vom Regisseur Richard Oswald für das Kino produziert. In der Titelrolle war der Schauspieler Max Adalbert, der die Rolle des falschen Hauptmanns Voigt auch auf der Bühne spielte.

In den folgenden Jahrzehnten wurde das Drama immer wieder verfilmt und mit prominenten Schauspielern besetzt, darunter Heinz Rühmann, Rudolf Platte und Harald Juhnke. Auch einige Hörspiele wurden in den 1940er bis 1960er-Jahren auf Basis der Komödie aufgenommen.

Der Hauptmann von Köpenick – Das Wichtigste

  • "Der Hauptmann von Köpenick" – Inhaltsangabe: In der Komödie von 1931 geht es um den Arbeiter Wilhelm Voigt, der aus dem Gefängnis entlassen wird und erfolglos versucht, Papiere und Arbeit zu erhalten. Schließlich kauft er eine alte Hauptmannsuniform und besetzt mit einigen Soldaten das Köpenicker Rathaus, um sich einen Pass zu besorgen. Als herauskommt, dass er gar kein Armeeangehöriger ist, sorgt die Geschichte für großes Gelächter im Volk.
  • "Der Hauptmann von Köpenick" – Charakterisierung: Voigt steht für Menschlichkeit und ist trotz vieler Gefängnisjahre anständig und höflich. Er ist schlagfertig und spricht Berliner Dialekt.
  • "Der Hauptmann von Köpenick" – Interpretation: Der "Hauptmann von Köpenick" ist eine Satire auf die preußische Obrigkeitshörigkeit, auf den Militarismus und die Bürokratie, die aktuelle Gesellschaftsordnung und den Antisemitismus.
  • "Der Hauptmann von Köpenick" – Autor Carl Zuckmayer: Zuckmayer (1896–1977) ist in Mainz aufgewachsen und hat im Ersten Weltkrieg gedient. Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus ging er ins Exil, da er jüdische Vorfahren hatte. Er war als Autor national bekannt.
  • "Der Hauptmann von Köpenick" – Film: Die Komödie wurde bereits im Jahr der Uraufführung zum ersten Mal verfilmt. Es folgten viele weitere Filme und auch Hörspiele.

Nachweise

  1. www.kostenlosonlinelesen.net: Der Hauptmann von Köpenick. (15.11.2022)

Häufig gestellte Fragen zum Thema Der Hauptmann von Köpenick

"Der Hauptmann von Köpenick" trägt den Untertitel "Ein deutsches Märchen". Dies weist darauf hin, dass das Stück eine ausgeschmückte Form der wahren Begebenheit ist, also auch fantastische Elemente enthält. Zur epischen Textsorte Märchen gehört das Drama aber nicht.

Der reale Friedrich Wilhelm Voigt (1849–1922) war ein einfacher Schuster. Nachdem er wegen Urkundenfälschung im Gefängnis gewesen war, hatte er Schwierigkeiten eine Arbeit, eine Aufenthaltserlaubnis oder einen Pass zu bekommen. Schließlich verkleidete er sich als Hauptmann und drang in das Cöpenicker Rathaus ein. Er ließ den Bürgermeister verhaften und entwendete die Stadtkasse.

Da der Streich des falschen Hauptmanns Voigt gelingt und das Stück für ihn positiv endet, ist das Stück eine Komödie. Durch die ironischen und satirischen Bestandteile wirkt das Drama zudem erheiternd, was ebenfalls typisch für Komödien ist.

Der Film von 1956 wurde in Hamburg, vor dem Altonaer Rathaus, gedreht, da die Originalschauplätze in Ostdeutschland nicht verfügbar waren.

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