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Andorra Max Frisch

"Andorra" ist eine von Max Frisch entworfene Parabel, die vom zweiten bis zum vierten November 1961 im Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt wurde. Das Thema des Stücks behandelt:

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Andorra Max Frisch StudySmarter

"Andorra" ist eine von Max Frisch entworfene Parabel, die vom zweiten bis zum vierten November 1961 im Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt wurde. Das Thema des Stücks behandelt:

  • Identität des Menschen,
  • Macht der Vorurteile,
  • Passivität gegenüber Ungerechtigkeit
  • und Zurückweisung menschlicher Schuld.

Eine kurze Zusammenfassung des Inhalts von "Andorra" bieten Dir die folgenden Stichpunkte:

  • "Andorra" ist der literarischen Epoche der Nachkriegsliteratur zuzuordnen.
  • Die Hauptfigur ist Andri, ein Bewohner des Landes Andorra, der fälschlicherweise als Jude großgezogen wurde.
  • Andri hatte sein ganzes Leben lang mit Vorurteilen zu kämpfen.
  • Als die Andorraner von den judenfeindlichen "Schwarzen" aus ihrem Nachbarland überfallen werden, sehen sie tatenlos zu, wie Andri hingerichtet wird.

"Andorra" Max Frisch – Thema

Max Frischs "Andorra" behandelt ein zentrales Thema: Was ist die eigene Identität und wie ist es möglich, sie in einem Umfeld zu wahren, das sich immer wieder ein individuelles Bild der eigenen Persönlichkeit macht? Einfacher formuliert lässt sich der Inhalt auch durch die schlichte Frage zusammenfassen: Muss, kann und wird der Mensch den Erwartungen entsprechen, die andere von ihm haben?

"Andorra" Max Frisch – Inhaltsangabe

Wie die nachfolgende Inhaltsangabe zeigt, ist "Andorra" in zwölf verschiedene Szenen, sogenannte Bilder, unterteilt. Diese Bilder sind unterbrochen von immer wiederkehrenden Blicken in die Zukunft, in denen einzelne Figuren in den Zeugenstand treten. Hierbei rechtfertigen sie ihr eigenes Handeln während des Stücks oder gestehen ihre Mitschuld.

Mit seiner Einteilung in Szenen entspricht "Andorra" den Kriterien des epischen Theaters nach Bertolt Brecht. Dieses kam Anfang des 20. Jahrhunderts auf und verbindet die dramatische Darstellung mit der epischen Erzählweise.

Wenn Du mehr über das epische Theater erfahren möchtest, schau Dir gern die Erklärung "Episches Theater" auf StudySmarter an!

Neben der Untergliederung in Szenen statt Akte, nutzt Max Frisch für "Andorra" Verfremdungseffekte, wie es Bertolt Brecht für das epische Theater vorsah. Diese sogenannten V-Effekte, etwa Lieder oder an das Publikum gerichtete Kommentare, haben eine distanzierende Wirkung: Sie ermöglichen den Zuschauenden, das Gesehene rational und kritisch zu beurteilen. Nachfolgend findest Du die Inhaltsangabe von "Andorra".

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung erstes Bild

Andorra ist ein fiktives Land, in dem kleinbürgerlicher Patriotismus, also eine starke Vaterlandsliebe, herrscht.

  • Die Bewohner Andorras sind in Vorurteilen und klischeebehaftetem Denken festgefahren.
  • Sie fürchten sich vor ihrem Nachbarland, den "Schwarzen", die regelmäßig Juden jagen und hinrichten lassen.

Der Begriff "Schwarze" bezieht sich in Max Frischs "Andorra" nicht auf die Hautfarbe, beziehungsweise auf People of Color (POC). Stattdessen ist "schwarz" der metaphorische Inbegriff einer "schlechten" und "bösen" Seele.

  • Andri ist die Hauptfigur des Stücks.
  • Er wurde von dem Lehrer Can als Judenkind vor den "Schwarzen" gerettet und adoptiert.
  • Andri hatte sein Leben lang mit den rassistischen Vorurteilen der andorranischen Bevölkerung zu kämpfen.

Die erste Szene beginnt mit Barblin, der leiblichen Tochter des Lehrer Can, die ihr Haus in weißer Farbe anstreicht. Das Publikum begegnet erstmals dem Soldaten Peider, der ein Auge auf Barblin geworfen hat. Als Pater Benedikt Barblins Arbeit sieht, lobt er sie und das "schneeweiße Andorra"1. Barblin befragt ihn zu den aufkommenden Gerüchten bezüglich der Judenjagd, doch der Pater weicht ihrer Frage aus.

Währenddessen trifft sich Lehrer Can im Wirtshaus mit dem Tischler, um eine Lehrstelle für Andri auszuhandeln. Der Tischler, der einen Juden nicht ausbilden möchte, verlangt viel Geld für Andris Ausbildung, im Wissen, dass Lehrer Can recht arm ist. Just in diesem Moment greift jedoch der Wirt ein und erklärt sich bereit, Can etwas Land abzukaufen. Von dem Geld könne der wiederum die Ausbildung für Andri bezahlen.

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung zweites Bild

Andri besucht Barblin, um mit ihr über seine Selbstzweifel und sein Unglück zu reden. Die beiden haben sich verlobt, bislang weiß jedoch noch niemand von ihrer Liebe. Barblin versucht Andri aufzumuntern, doch all ihre Liebesversicherungen scheinen umsonst zu sein.

  • Andri ist überzeugt davon, verhasst, gierig, arrogant und gemein zu sein.
  • Andri wendet alle Vorurteile, die die Andorraner gegenüber den Juden haben, auf sich selbst an.
  • Andri identifiziert sich mit diesen Vorurteilen.

Die folgende Textstelle belegt dies:

Das ist kein Aberglaube, o nein, das gibt’s, Menschen, die verflucht sind, und man kann machen mit ihnen, was man will, ihr Blick genügt, plötzlich bist du so, wie sie sagen.1

– Andri zu Barblin

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung drittes Bild

In der Tischlerwerkstatt betrachtet Fedri, ein weiterer Auszubildender, Andris ersten handgefertigten Stuhl. Der Stuhl ist makellos und sehr stabil. Als der Tischler hereinkommt, setzt er sich auf den Stuhl des Auszubildenden Fedri, welcher sofort zusammenbricht.

Der Tischler ist davon überzeugt, der Stuhl stamme von Andri. Dies begründet er, indem er angibt, dass Juden nicht für das Handwerk gemacht seien. Fedri versäumt es, seinem Meister die Wahrheit mitzuteilen, wodurch er Andri verrät. Andri muss infolgedessen seine Lehre beenden und stattdessen als Verkäufer arbeiten.

Die folgende Textstelle belegt, dass der Tischler davon ausgeht, dass das Handwerk nicht für Juden gemacht sei:

Tischler werden ist nicht einfach, wenn's einer nicht im Blut hat.1

– Tischler zu Andri

Juden war es lange Zeit nicht erlaubt, handwerkliche Berufe auszuüben. Sie wurden in den Bereich des Geldhandels verdrängt, wodurch das Stereotyp des geizigen und gierigen Juden entstand. Mehr dazu erfährst Du im Abschnitt "Historischer Hintergrund" dieser Erklärung.

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung viertes Bild

Einige Zeit später lässt sich Andri von einem höchst unseriös wirkenden Arzt untersuchen. Dieser ahnt nichts von Andris Herkunft und lästert während der Untersuchung über den angeblichen Ehrgeiz und die Gier der Juden. Die Worte des Arztes stimmen Andri tieftraurig. Sein Ziehvater versucht vergeblich, ihn aufzuheitern.

In diesem Zuge erzählt Andri ihm von der bevorstehenden Hochzeit mit Barblin, was Lehrer Can entsetzt ablehnt. Erneut schwer erschüttert findet Andri nur eine plausible Erklärung für die Ablehnung Cans. Andri geht davon aus, dass der Lehrer seine einzige Tochter nicht mit einem Juden verheiraten möchte.

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung fünftes Bild

Lehrer Can ist hin- und hergerissen. Er hat nicht nur Andri, sondern die ganze andorranische Bevölkerung jahrelang belogen. Tatsächlich ist Andri nämlich, ebenso wie Barblin, sein leibliches Kind, das allerdings nicht aus Cans Ehe, sondern aus der verbotenen Liebe zu einer "Schwarzen" hervorging. Er kann Andri nicht seine Schwester heiraten lassen, dennoch fürchtet er sich davor, die Wahrheit zu sagen. In seiner Verzweiflung betrinkt er sich im Wirtshaus.

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung sechstes Bild

In derselben Nacht schleicht Soldat Peider in Barblins Schlafzimmer, um sie zu vergewaltigen. Als Lehrer Can wenig später zurück nach Hause kommt, um Andri die Wahrheit zu erzählen, ist er so betrunken, dass sein Sohn die Unterhaltung ablehnt.

In diesem Augenblick kommt Soldat Peider mit noch unbekleidetem Oberkörper aus Barblins Zimmer und Andri erleidet einen weiteren Schock. Er ist überzeugt davon, dass seine große Liebe ihn hintergangen hat und fühlt sich nun von allen alleingelassen.

Sie kann mich nicht lieben, niemand kann's, ich selbst kann mich nicht lieben...1

– Andri zu Pater Benedikt

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung siebtes Bild

Andri berichtet Pater Benedikt von seiner Wut und seiner Trauer.

  • Er denkt daran, sich das Leben zu nehmen,
    • verwirft diesen Gedanken wieder.
  • Der Pater bemüht sich, Andris Resignation zu lindern.
  • Er rät ihm, seine jüdische Identität anzunehmen.
  • Er versteht nicht, dass Andri ein gewöhnlicher Bürger von Andorra, einer wie alle anderen, sein möchte.

Ihr macht es einem wirklich nicht leicht, mit eurer Überempfindlichkeit.1

– Pater Benedikt zu Andri

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung achtes Bild

Eines Tages taucht eine Frau der "Schwarzen" in Andorra auf und mietet sich ein Zimmer im Wirtshaus. Bei der Bevölkerung Andorras sorgt dieses ungewöhnliche Ereignis sowohl für Empörung als auch Besorgnis.

Kurze Zeit später tauch Andri im Wirtshaus auf, um den Soldaten Peider wegen seiner angeblichen Liebschaft mit Barblin zur Rede zu stellen. Peider und einige befreundete Soldaten schlagen daraufhin so lange auf ihn ein, bis die "Schwarze" eingreift, einen Arzt und außerdem den Vater von Andri zu sprechen verlangt.

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung neuntes Bild

Andris Ziehmutter lüftet das Geheimnis ihres Mannes und deckt die wahre Herkunft von Andri auf.

  • Der Junge selbst ahnt nicht, dass er kein Jude, sondern Barblins leiblicher Bruder ist.
  • Die fremde Dame, die eigentlich Andris Mutter ist, schenkt ihm zum Abschied einen Ring.
  • Der Ring hat einen eingefassten Edelstein, einen Topas.

Bei einem weiteren Gespräch mit Andri erzählt Pater Benedikt ihm von Andris wahrer Familie. Andri, der die Vorurteile der andorranischen Bevölkerung längst verinnerlicht hat, schenkt den Worten des Geistlichen jedoch keinen Glauben.

Wie viele Wahrheiten habt ihr?1

– Andri zu Pater Benedikt

Sein Vater, Lehrer Can, stört das Gespräch, als er herbeieilt und von dem Tod der fremden Dame berichtet. Angebliche Zeugen behaupten, Andri sei der Mörder.

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung zehntes Bild

Andorra wird von den "Schwarzen" überfallen und eingenommen. Die angstvollen Andorraner kapitulieren sofort, ohne sich nur im Geringsten zu verteidigen. Andri, dem geraten wurde, sich bedeckt zu halten, sitzt unterdessen nachdenklich draußen auf einem großen Platz. Sein Vater kommt mit dem Gewehr, um ihn zu beschützen, und will ihm die Wahrheit über seine Abstammung erklären. Erneut hört Andri nicht zu und lässt nicht mit sich reden.

"Andorra" Max Frisch – Zusammenfassung elftes Bild

Nach langen Überlegungen läuft Andri zur Kammer seiner Schwester, um mit ihr zu schlafen. Als sie ablehnt, versteht er nicht, dass sie Geschwister sind.

  • Er ist davon überzeugt, dass sie ihn nicht liebt und dass sie ihm ihren Körper nur verweigert, weil er ein Jude ist.
  • Als Referenz bezieht er sich immer wieder auf Peider, bei dem sie es ja auch zugelassen habe.
  • Noch im Schlafzimmer wird Andri von Soldaten verhaftet und abgeführt.

"Andorra" Max Frisch – Inhalt zwölftes Bild

In Andorra findet die sogenannte "Judenschau" statt. Dabei wird allen ein schwarzes Tuch über den Kopf gelegt. Der "Judenschauer" soll anhand der Füße erkennen, bei welchem Bewohner es sich um einen Juden handelt oder nicht.

Zusätzlich werden Andris Taschen untersucht. Als dort Geld und der Ring der fremden Dame gefunden wird, steht das Urteil fest. Andri wird für geldgierig und damit für jüdisch befunden und hingerichtet.

  • Während des ganzen Prozesses sieht die andorranische Bevölkerung tatenlos zu.
  • Lehrer Can und Barblin sind die einzigen, die sich für Andri aussprechen.
  • Die beiden rufen zum allgemeinen Protest auf.
  • Die Andorraner sehen weg und verhalten sich passiv.
  • Sie wollen die neutrale Beziehung zu den "Schwarzen" nicht gefährden.
  • Das Opfer des unschuldigen Andri nehmen sie dafür stumm in Kauf.

Nach der Hinrichtung kann Lehrer Can die Schuld nicht länger ertragen und begeht Suizid. Als ehemalige Verlobte eines Juden wird Barblins Kopf kahl geschoren. Das Stück endet mit einer traumatisierten Barblin, die nun auch die Straße weiß anmalt. Dazu bewacht sie Andris Schuhe, die er bei der Judenschau ausziehen musste.

Rührt sie nicht an! Wenn er wiederkommt, das hier sind seine Schuh.1

– Barblin, während sie die Schuhe des toten Andri bewacht

"Andorra" Max Frisch – Charakterisierung und Personenbeschreibung

In seinem Stück "Andorra" entwarf Max Frisch nicht nur eine große Anzahl komplexer Figuren, sondern zwei ganze Völker, die sich in ihrem Handeln stark unterscheiden, in ihrem Denken jedoch erschreckend ähnlich sind.

"Andorra" Andri – Charakterisierung

Die folgende Charakterisierung von Andri aus "Andorra" ordnet diesen als leiblichen Sohn des Lehrers Can ein.

  • Andri ist der leibliche Sohn des Lehrers Can.
  • Seine Mutter ist eine Frau aus dem Land der "Schwarzen", weswegen er als Adoptivsohn getarnt und als Jude aufgezogen wurde.
  • In diesem Sinne beruht sein ganzes Leben auf einer Lüge.
  • Andri ist verliebt in Barblin.
  • Er bekommt aber aus Gründen der Blutsverwandtschaft keine Heiratserlaubnis.
  • Als Jude war Andri in Andorra von Kind an ein Außenseiter.
  • Er wurde ununterbrochen mit Stereotypen und Vorurteilen konfrontiert.
  • Er hatte nie die Gelegenheit, eine eigene Identität zu entwickeln.
  • Mit der Zeit wird er immer verdrießlicher und ist nun selbst überzeugt von seiner angeblich minderwertigen Herkunft.
  • Alle negativen Eigenschaften, die das andorranische Volk ihm in seiner Unwissenheit aufdrängt, scheint er jetzt auch selbst in sich zu sehen.

"Andorra" Max Frisch Charakterisierung – Lehrer Can

Die folgende Charakterisierung des Lehrers Can aus "Andorra" ordnet diesen als leiblichen Vater von Andri in die Handlung ein.

  • Can ist Lehrer an der Schule von Andorra und Vater von Barblin.
  • Pflegte verbotene Liebe mit Frau aus dem Land der "Schwarzen", aus der sein zweites Kind Andri hervorging.
  • Nahm Andri als Adoptivsohn auf.
  • Erzählte allen, Andri sei Judenkind, das er gerettet habe.
  • Ahnt nicht, dass er mit seiner Lüge Andris Leben ruiniert und damit auch für seinen Tod mitverantwortlich ist.
  • Denkt nur an sich selbst, wobei er nicht begreift, was es bedeutet, als Judenkind in einem Land aufzuwachsen, das alle Menschen jüdischer Abstammung verabscheut und diskriminiert.
  • Sieht Fehler ein und Gewissensbisse plagen ihn.
  • Ist zu verängstigt, um seinem Sohn die Wahrheit zu sagen.

"Andorra" Max Frisch Charakterisierung – Barblin

Die folgende Charakterisierung von Barblin aus "Andorra" ordnet diese als Halbschwester und Liebhaberin Andris in die Handlung ein.

  • Tochter von Can.
  • Halbschwester von Andri.
  • Zu Beginn des Stücks ahnt sie nichts von seiner wahren Herkunft und willigt daher ein, ihn zu heiraten.
  • Entspricht Klischee der unbefleckten Jungfrau und wohlerzogenen Tochter.
  • Wird von Peider begehrt und schließlich vergewaltigt.
  • Verliert Verstand durch Tod ihres geliebten Bruders.

"Andorra" Max Frisch Charakterisierung – Pater

Der Pater nimmt als scheinbarer Freund und Unterstützer von Andri eine gesonderte Rolle in der Handlung von Max Frischs "Andorra" ein.

  • Hat gute Absichten.
  • Beraubt Andri seiner Individualität, indem er ihn als Juden abstempelt und ihm rät, seine "Andersartigkeit" einfach anzunehmen.
  • Trotz mehrfacher Versuche, Andri zu helfen, ist sein Verhalten nicht zu rechtfertigen.
  • Als es nötig war, hat auch er Andri nicht beigestanden.
  • Verhielt sich passiv und ignorant wie der Rest seines Volkes und trägt Mitschuld an Andris Tod.
  • Im Zeugenstand ist er der einzige Andorraner, der diese Schuld eingesteht.

"Andorra" Personenbeschreibung – Volk der „Schwarzen“

Die "Schwarzen" nennt sich das mächtige Nachbarvolk der Andorraner in "Andorra".

  • Die "Schwarzen" sind sehr kriegerisch.
  • Sie verfolgen Juden und lassen diese töten.
  • Sind schon lange gefürchtet von ihrem Nachbarvolk, den Andorranern.
  • Auf einer "Judenschau" bei denen Juden angeblich anhand ihrer Füße identifiziert werden sollen, verhaften sie Andri und lassen ihn hinrichten.

"Andorra" Charakterisierung – Andorraner

Die Andorraner in "Andorra" sind im Gegensatz zu den "Schwarzen" friedliebend.

  • Verfolgen zwar keine Juden, haben aber dennoch antisemitische Vorurteile.
  • Andri behandeln sie wie einen Außenseiter und Fremden.
  • Sprechen ihm das Recht ab, einen handwerklichen Beruf zu lernen, halten ihn für geldgierig und nennen ihn "überempfindlich"1 wenn er sich darüber empört.
  • Bei Andris Verurteilung machen sie sich schließlich mitschuldig, da sie lieber die Augen vor Unrecht verschließen, statt gegen die "Schwarzen" vorzugehen.

Unter Antisemitismus wird die systematische Benachteiligung und Ausgrenzung von Juden als Volksgruppe verstanden, die auf rassistischen Vorurteilen beruht.

"Andorra" Max Frisch – Interpretation und sprachliche Analyse

Die Interpretation von Max Frischs "Andorra" kann sich auf die immer wiederkehrende Farbsymbolik beziehen: während das "schneeweiße" Andorra für Reinheit, Unschuld, Glaube, Licht und Ideale steht, erschafft Max Frisch mit dem Nachbarland der "Schwarzen" einen klaren Kontrast.

Schwarz meint die Abwesenheit von Licht und Farbe, daraus resultiert das Nichts.

  • Das Nichts verströmt ein Gefühl von
    • Macht,
    • Autorität
    • und Überlegenheit,
  • gleichzeitig steht es als Schattenseite des Lichts für
    • Unbekanntes,
    • Böses
    • und Gefährliches.

Ein Symbol ist eine Art Zeichen, das stellvertretend für einen Begriff oder einen Zustand steht und meist eine feste Bedeutung hat. Du möchtest mehr über dieses Stilmittel erfahren? Dann sieh Dir die Erklärung "Symbol (Stilmittel)" auf StudySmarter an!

Max Frisch macht sich in "Andorra" nicht nur die Szenen im Zeugenstand als Verfremdungseffekte zunutze. Er verzichtet auch darauf, allen Figuren seines Stücks Namen zu geben, wodurch Zuschauende emotionale Distanz wahren. So sind und bleiben in seinem Stück unter anderem der Wirt und der Tischler namens- und so auch ein Stück weit identitätslos. Gleichzeitig kann dadurch "Andorra" als Modell verstanden werden, da die durch die Figuren vertretenen Vorstellungen in viele verschiedene Situationen übertragen werden können.

"Andorra" Max Frisch – Vorurteile

"Andorra" nimmt durchgehend Bezug zu einem der Zehn Gebote aus der christlichen Bibel. Dort ist mit "Du sollst Dir kein Bildnis machen"3 in erster Linie Gott selbst gemeint, denn das Göttliche ist in jedem leblosen Objekt, in jeder Pflanze, jedem Mensch und jedem anderen Tier.

  • Max Frisch überträgt diese Bedeutung auf die Menschheit.
  • Mit "Andorra" zeigt er,
    • was Stereotype schaffen und zerstören können,
    • was Vorurteile mit der menschlichen Psyche anstellen
    • und wie die Annahmen und Erwartungen eines unwissenden Umfelds ein ganzes Menschenleben vernichten können
  • Damit regt er Zuschauende nicht nur zum Nachdenken an,
  • er beschwört sein Publikum geradezu, sich nicht von Klischeevorstellungen blenden zu lassen.

Jeder Mensch ist verpflichtet, jeden seiner Mitmenschen ohne Vorurteil zu betrachten.

– Max Frisch im Interview mit Curt Riess2

Während der sogenannten "Judenschau" werden nicht nur die "Schwarzen", sondern auch die Andorraner, die all dies schweigend hinnehmen, mit sehr bitterem Humor ins Lächerliche gezogen. Der Versuch, Juden anhand ihrer Füße zu identifizieren, erscheint geradezu idiotisch.

  • Max Frisch übt hier subtile Kritik an der Stigmatisierung und Verurteilung
    • von Personen, Völkern und Religionen,
  • indem er die Dummheit der Menschen und damit auch ihre Schuld schonungslos übertrieben offenlegt.

Die Schuldigen sitzen ja im Parkett. Sie, die sagen, daß sie es nicht gewollt haben. Sie, die schuldig wurden, sich aber nicht mitschuldig fühlen. Sie sollen erschrecken […] sie sollen, wenn sie das Stück gesehen haben, nachts wach liegen. […] Die Mitschuldigen sind überall.

– Max Frisch im Interview mit Curt Riess2

"Andorra" Max Frisch – Epoche und Historischer Hintergrund

Max Frischs "Andorra" ist der literarischen Epoche der Nachkriegsliteratur zuzuordnen.

  • Mit seinem ernsten, fast schon unangenehmen Inhalt, ist "Andorra" ein dramatisch-episches Werk.
  • Es entstand vor dem historischen Hintergrund der Judenverfolgung des Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg.
    • Zu dieser Zeit wurden rund sechs Millionen Juden ermordet.

Wenn Du mehr über die Werke dieser Epoche erfahren möchtest, sieh Dir die Erklärung "Nachkriegsliteratur" auf StudySmarter an!

  • Antisemitismus gab es bereits in der Antike.
  • Im 9. Jahrhundert wurden Menschen jüdischer Abstammung systematisch aus den meisten Berufsbereichen vertrieben.
  • Erlaubt war ihnen lediglich die Arbeit im Kredit- und Pfandhandel.
  • Hieraus entstand das Vorurteil, Juden seien geldgierig.

Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde bekannt, dass die Schweiz als "neutraler Staat" über dreißigtausend Juden an der deutsch-schweizerischen Grenze die Flucht in das eigene Land verweigert hatte. In diesem Sinne weist das fiktive Land Andorra in Max Frischs Parabel Ähnlichkeiten mit der Schweiz, aber auch der deutschen Bevölkerung im 20. Jahrhundert auf. Aus Angst, Feigheit oder aufgrund von eigenen Vorurteilen, verschlossen die Menschen die Augen vor den unfassbaren Ungerechtigkeiten, die sich insbesondere von 1933 bis 1945 zutrugen.

Max Frisch machte deutlich, dass der Name "Andorra" sich nicht auf den realen pyrenäischen Staat Andorra bezieht, der zwischen Frankreich und Spanien liegt. "Andorra" ist vielmehr die Bezeichnung für ein System, das sich auf viele Länder der Welt übertragen lässt, im Stück jedoch eine rein fiktive Rolle einnimmt.

Dass die Menschen ihre Augen gegenüber solchen Gräueltaten verschlossen, belegt das folgende Zitat, das aus einem Interview zwischen Curt Riess und Max Frisch hervorgeht und die Stellung des Autors von "Andorra" gegenüber dieser Thematik verdeutlicht:

Die Schuldigen sind sich keiner Schuld bewußt, werden nicht bestraft, sie haben nichts Kriminelles getan. Ich möchte keinen Hoffnungsstrahl am Ende, ich möchte vielmehr mit diesem Schrecken, ich möchte mit dem Schrei enden, wie skandalös Menschen mit Menschen umgehen.

– Max Frisch im Interview mit Curt Riess2

"Andorra" Max Frisch – Autor

Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich geboren. Er war als Schriftsteller und Architekt tätig.

  • Bekannte Werke:
    • "Stiller",
    • "Homo Faber",
    • "Mein Name sei Gantenbein",
    • "Andorra"
  • Frisch wurde mehrfach ausgezeichnet,
    • z. B. mit dem Georg-Büchner-Preis und
    • dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
  • Seine Werke befassen sich oft mit existenziellen Fragen und dem Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft.
  • Frisch war auch als Architekt tätig und entwarf unter anderem das Schweizerische Landesmuseum in Zürich.
  • Er war politisch engagiert und setzte sich für die europäische Einigung und den Frieden ein.

Am 4. April 1991 verstarb Max Frisch an Darmkrebs. Er erhielt eine Gedenktafel in Berzona, wo er mit Marianne Oellers gelebt hatte.

"Andorra" Max Frisch – Das Wichtigste

  • "Andorra" Max Frisch – Thema: "Andorra" ist eine Parabel von Max Frisch, die im Herbst 1961 uraufgeführt wurde. Sie handelt von der Macht der Vorurteile, von Passivität gegenüber Ungerechtigkeit und von der Zurückweisung menschlicher Schuld.
  • "Andorra" Max Frisch – Aufbau: Max Frisch untergliederte sein Drama in zwölf Szenen, die er "Bilder" nannte. Zwischen diesen Bildern nutzte er sogenannte Verfremdungseffekte, um dem Publikum objektive Distanz und eine kritische Beurteilung der Darstellung zu ermöglichen.
  • Max Frisch "Andorra" – Zusammenfassung kurz: Die Hauptfigur in Max Frischs "Andorra" ist Andri, ein Bewohner des Landes Andorra, der fälschlicherweise als Jude großgezogen wurde und aus diesem Grund sein ganzes Leben lang mit Vorurteilen zu kämpfen hatte. Als die Andorraner von den judenfeindlichen "Schwarzen" aus ihrem Nachbarland überfallen werden, sehen sie tatenlos zu, wie Andri hingerichtet wird.
  • "Andorra" Max Frisch – Charakterisierung:
    • Andri:
      • leiblicher Sohn des Lehrers Can
      • als Jude aufgezogen worden
      • von klein auf Außenseiter
      • sieht sich selbst als minderwertig
    • Lehrer Can:
      • Vater von Barblin
      • Lehrer an der Schule von Andorra
      • verbotene Liebe mit Frau aus Land der "Schwarzen"
      • Adoptivvater von Andris
    • Barblin:
      • Tochter von Can
      • Halbschwester Andris
      • entspricht Klischee der unbefleckten Jungfrau und wohlerzogenen Tochter
      • von Peider begehrt und schließlich vergewaltigt
    • Pater:
      • gute Absichten
      • stempelt Andri als Juden ab
      • beraubt Andri seiner Individualität
      • passiv
    • Volk der "Schwarzen":
      • mächtiges Nachbarvolk der Andorraner
      • kriegerisch
      • lassen Juden verfolgen und töten
      • gefürchtet von den Andorranern
    • Andorraner:
      • friedliebend
      • antisemitische Vorurteile
      • behandeln Andri wie einen Außenseiter
      • sprechen Andri Recht ab, handwerklichen Beruf zu lernen
  • "Andorra" Max Frisch – Epoche: Das Buch "Andorra" entstand vor dem historischen Hintergrund des Holocausts und steht auch in Verbindung mit dem Antisemitismus, der bereits in der Antike herrschte. Das passive Verhalten der Andorraner hat starke Ähnlichkeiten mit dem der Deutschen und Schweizerinnen und Schweizern nicht-jüdischer Abstammung.
  • "Andorra" Max Frisch – Interpretation: Mit "Andorra" möchte Max Frisch das Publikum zum Nachdenken anregen. Er beschwört seine Mitmenschen, sich kein Bild von anderen zu machen, denn nichts gibt einem das Recht, klischeebehaftete Vorstellungen auf die Identität eines anderen Menschen zu übertragen.

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Nachweise

  1. Frisch (1975). Andorra. Stück in zwölf Bildern. Suhrkamp Verlag.
  2. Zeit Online: Mitschuldige sind überall. (27.06.2022)
  3. Frisch (1976). Gesammelte Werke in zeitlicher Folge II. Suhrkamp Verlag.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Andorra Max Frisch

Andri stirbt, weil er fälschlicherweise von dem Volk der "Schwarzen" als Jude verurteilt und hingerichtet wird. Bei einer sogenannten "Judenschau" wird er zunächst laienhaft untersucht, bevor er schließlich abgeführt wird.

Max Frisch schrieb "Andorra" zwischen 1958 und 1961. Eine erste Fassung des Stücks ist allerdings bereits 1946 in seinem Tagebuch zu finden. Er nannte diesen Vorläufer "Der andorranische Jude".

Max Frisch schrieb "Andorra", um sich explizit gegen Antisemitismus einzusetzen. In einem Interview sagte er, er wolle die Menschen aufrütteln und dafür sorgen, dass sie ihre Mitschuld am Holocaust anerkennen. Wer den Täter nicht aufhält, sei ebenfalls einer.

Mit "Andorra" möchte Max Frisch ein Appell an die Menschheit aussprechen. Er bittet sein Publikum, sich kein Bild von Mitmenschen zu machen, sondern diese stets ohne Vorurteile zu betrachten und zu schätzen.

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