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Neutraler Erzähler

Jeder epische Text enthält einen Erzählerder aus einer bestimmten Perspektive über die fiktive Handlung berichtet. Vielleicht hast Du in diesem Zusammenhang schon einmal vom neutralen Erzähler gehört. Doch anhand welcher Merkmale lässt sich der neutrale Erzähler erkennen, welche Wirkung und welche Vorteile bringt die neutrale Erzählperspektive mit sich? 

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Jeder epische Text enthält einen Erzähler, der aus einer bestimmten Perspektive über die fiktive Handlung berichtet. Vielleicht hast Du in diesem Zusammenhang schon einmal vom neutralen Erzähler gehört. Doch anhand welcher Merkmale lässt sich der neutrale Erzähler erkennen, welche Wirkung und welche Vorteile bringt die neutrale Erzählperspektive mit sich?

Neutraler Erzähler – Definition

Was ist ein neutraler Erzähler? Der neutrale Erzähler stellt eine von vier Erzählperspektiven innerhalb der Epik dar. Die Definition des neutralen Erzählers lautet wie folgt:

  • Der neutrale Erzähler ist nicht Teil der Geschichte, sondern nimmt eine Beobachterposition ein.
  • Er hat keinen Einblick in die Gedanken oder Gefühle der Figuren.
  • Er kann nur die Handlungen der Figuren beschreiben, die von außen wahrgenommen werden können.
  • Außerdem hat er kein Wissen über vergangene oder noch über zukünftige Ereignisse der Handlung.
  • Zudem kommentiert oder wertet er das Geschehen nicht.

Der Erzähler darf keinesfalls mit der Autorin oder dem Autor des Werkes gleichgesetzt werden. Beim Erzähler handelt es sich um eine von der Autorin oder von dem Autor frei erfundene Figur oder Erzählinstanz, aus deren Perspektive heraus vom Geschehen berichtet wird.

Texte, die der literarischen Gattung der Epik zugeordnet werden, verfügen über einen Erzähler, der verschiedene Erzählperspektiven einnehmen kann. Die Erzählperspektive gibt an, wer der Erzähler ist, was und wie viel er weiß und woher seine Informationen stammen. Sie beschreibt, aus wessen Blickwinkel die Geschichte erzählt wird.

Die Erzählperspektive wird manchmal auch als "Erzählverhalten", "Erzählsituation" oder "Erzählform" bezeichnet. Abzugrenzen davon ist die Erzählhaltung. Die Erzählhaltung meint die Art und Weise, wie der Erzähler den Figuren gegenübertritt. Das kann z. B. kritisch, sarkastisch, ironisch, voreingenommen oder distanziert sein.

Neutraler Erzähler – Merkmale

Ein neutraler Erzähler bzw. ein neutrales Erzählverhalten lässt sich anhand einiger Merkmale erkennen.

  • Der neutrale Erzähler ist keine handelnde Figur im Werk, sondern ein passiver Beobachter:
    • Er betrachtet und beschreibt das Geschehen objektiv von außen.
    • Dies wird auch als Außenperspektive bezeichnet.
  • Er ist dementsprechend nicht am Geschehen beteiligt und greift nicht in die Ereignisse ein.
  • Als Beobachter hat der neutrale Erzähler keinen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Figuren.
  • Er hat kein Wissen über vergangene oder zukünftige Ereignisse und kann diese somit auch nicht andeuten.
  • Er verzichtet auf Wertungen und Kommentare.
  • Er interagiert nicht mit den Lesenden, d. h. er spricht sie nicht an.
  • Der neutrale Erzähler verwendet die Personalpronomen"er/sie" oder die Possessivpronomen "sein/ihr".

Texte, die in der neutralen Erzählperspektive verfasst sich, zeichnen sich durch ihre Dialogform aus: Dialoge sind für die Leserschaft die einzige Möglichkeit, um etwas über das Innenleben der Figuren zu erfahren.

Innenperspektive vs. Außenperspektive

Stellt der Erzähler eine Figur in der dargestellten fiktiven Welt dar, so berichtet er in der Innenperspektive vom Geschehen. Er wird damit als homodiegetischer Erzähler bezeichnet. Sowohl beim Ich-Erzähler als auch beim personalen Erzähler handelt es sich um homodiegetische Erzähler.

Wenn es sich beim Erzähler hingegen nicht um eine Figur des Werkes handelt, dann lässt sich der Erzähler außerhalb der dargestellten fiktiven Welt verorten. In diesem Fall wird von der Außenperspektive und einem heterodiegetischen Erzähler gesprochen. Die beiden Erzählperspektiven des neutralen und auktorialen Erzählers sind heterodiegetische Erzählperspektiven.

Die Erzählperspektive des neutralen Erzählers kannst Du Dir wie einen Zeitungsbericht oder die Aufnahme einer Filmkamera vorstellen: Du erfährst nur von den Ereignissen, die passiert sind und erhältst keinen Einblick in Gefühle, Gedanken und Meinungen.

Neutraler Erzähler – Wirkung

Ein neutraler Erzähler erzeugt eine bestimmte Wirkung. Die folgenden Punkte kannst Du Dir merken, um einen neutralen Erzähler erkennen zu können:

  • Lesenden können durch seine Neutralität und Sachlichkeit eigene Bewertungen der Figuren und Handlungen vornehmen.
  • Bestimmte Zusammenhänge, die vom neutralen Erzähler nicht offenbart werden, müssen von den Lesenden selbst erschlossen werden.

Die Erzählform des neutralen Erzählers eignet sich daher besonders gut, um die Leserschaft selbstständig verschiedene Informationen kombinieren zu lassen, sodass sie anschließend zu einer eigenen Schlussfolgerung gelangt.

Texte, die über einen neutralen Erzähler verfügen, können jedoch auch schnell sehr eintönig wirken. Autorinnen und Autoren wechseln häufig bewusst zwischen verschiedenen Erzählperspektiven, um bei ihrer Leserschaft unterschiedliche Wirkungen zu erzielen oder um bestimmte Informationen entweder preiszugeben oder zurückzuhalten.

Neutraler Erzähler – Vorteile

Die Erzählperspektive des neutralen Erzählers hat vier zentrale Vorteile vorzuweisen:

  • Sie eignet sich besonders für eine sachliche, nüchterne und distanzierte Darstellung von Ereignissen.
  • Der neutrale Erzähler wirkt fast abwesend, da er die Handlung weder kommentiert noch bewertet.
  • Aufgrund der fehlenden Einordnung der Geschehnisse durch den Erzähler werden die Lesenden weniger in ihrer Meinung beeinflusst.
  • Lesende geraten in eine aktivere Rolle, da sie viele Informationen durch Dialoge erfahren und sich bestimmte Zusammenhänge selbst erschließen müssen.

Neutraler Erzähler – Beispiel

Ein Beispiel für ein Werk, in dem ein neutraler Erzähler vorliegt, ist der Roman "Irrungen, Wirrungen" aus dem Jahr 1888. In diesem beschreibt Theodor Fontane die Liebesbeziehung zwischen einer bürgerlichen Frau und einem adeligen Baron. Die beiden Verliebten, die im Berlin des 19. Jahrhunderts leben, können die Standesgrenzen, die sie trennen, nicht überwinden. Fontane wechselt im Roman mehrfach zwischen verschiedenen Erzählperspektiven – darunter auch in die Erzählperspektive des neutralen Erzählers. Diese nutzt er, um das Treiben in einem Berliner Klub neutral zu beschreiben, während die Hauptfiguren des Werkes abwesend sind. Dieser Ausschnitt eignet sich als Beispiel eines neutralen Erzählers:

Im Klub befanden sich um eben diese Zeit zwei junge Kavaliere, der eine, von den Gardes du Corps, schlank, groß und glatt, der andere, von den Pasewalkern abkommandiert, etwas kleiner, mit Vollbart und nur vorschriftsmäßig freiem Kinn. Der weiße Damast des Tisches, dran sie gefrühstückt hatten, war zurückgeschlagen, und an der freigewordenen Hälfte saßen beide beim Piquet."Sechs Blatt mit 'ner Quart.""Gut.""Und du?""Vierzehn As, drei Könige, drei Damen... Und du machst keinen Stich." Und er legte das Spiel auf den Tisch und schob im nächsten Augenblicke die Karten zusammen, während der andere mischte.1

Während in diesem Auszug aus dem achten Kapitel des Romans zwar zwei Figuren vorkommen, erfährst Du nichts über deren Gedanken und Gefühle.

  • Nur durch die Dialogform ist es möglich, Informationen zu erhalten, die über eine objektive Beschreibung des beobachtbaren Geschehens hinausgehen.
  • Der neutrale Erzähler verwendet zudem das Personalpronomen "er".

Wenn Du mehr über diesen Roman erfahren möchtest, dann schau Dir gerne die Erklärung "Irrungen Wirrungen" auf StudySmarter an!

Abgrenzung von anderen Erzählperspektiven

Neben dem neutralen Erzähler gibt es noch drei weitere Erzählperspektiven: die des Ich-Erzählers, die des auktorialen Erzählers und die des neutralen Erzählers. Innerhalb eines epischen Werkes kann es zum Wechseln in der Erzählperspektive kommen.

Neutraler Erzähler & Ich-Erzähler: Unterschied

Im Gegensatz zum neutralen Erzähler berichtet der Ich-Erzähler aus der Perspektive einer Figur.

  • Der Ich-Erzähler hat somit Einblick in die Gedanken und Gefühle sowie das Wissen der Figur.
  • Alle anderen Figuren beschreibt er durch Beobachtungen und subjektive Meinungsäußerungen.
  • Der Ich-Erzähler ist ein homodiegetischer Erzähler, d. h. er ist Teil der von ihm geschilderten fiktiven Welt.
  • Du erkennst ihn an der Verwendung des Personalpronomens "ich" sowie den Possessivpronomen "mein/meine".

Mehr Informationen zu dieser Erzählperspektive erhältst Du in der Erklärung "Ich-Erzähler" auf StudySmarter!

Auktorialer, personaler, neutraler Erzähler: Unterschied

Im Gegensatz zum neutralen Erzähler ist der auktoriale Erzähler allwissend.

  • Der auktoriale Erzähler kennt Vergangenheit und Zukunft sowie Gedanken und Gefühle der handelnden Figuren.
  • Er kann das Geschehen kommentieren, bewerten oder vorausdeuten.
  • Dennoch ist der auktoriale Erzähler ebenfalls eine Erzählinstanz, die nicht Teil der Handlung ist.
  • Dementsprechend ist der auktoriale Erzähler wie der neutrale Erzähler ein heterodiegetischer Erzähler.
  • Er berichtet ebenfalls in der dritten Person ("er/sie") über die Figuren.

Mehr Informationen zum auktorialen Erzähler erhältst Du in der Erklärung "Auktorialer Erzähler" auf StudySmarter!

Unterschied: personaler und neutraler Erzähler

Im Unterschied zum neutralen Erzähler ist der personale Erzähler Teil der fiktiven Erzählwelt und damit wie der Ich-Erzähler ein homodiegetischer Erzähler.

  • Der personale Erzähler erzählt aus der Perspektive einer Figur.
  • Er weiß somit lediglich über die Gedanken und Gefühle dieser Figur Bescheid.
  • Alle anderen Charaktere beobachtet er von außen.
  • Rückblenden finden nur dann statt, wenn die Figur sie selbst äußert oder sich an sie erinnert.
  • Der personale Erzähler berichtet nicht in der Ich-Form wie der Ich-Erzähler, sondern indem er die Personalpronomen "er" oder "sie" verwendet.
  • Lesende wissen nur so viel über die Handlung wie die Figur, aus deren personalen Perspektive berichtet wird.
  • Der personale Erzähler kann jedoch im Laufe des epischen Texts zwischen verschiedenen Figuren wechseln.
    • Berichtet er aus der Perspektive von mehreren im Werk vorkommenden Figuren, so wird das als "Multiperspektive" bezeichnet.

Mehr Informationen zum personalen Erzähler erhältst Du in der Erklärung "Personaler Erzähler" auf StudySmarter!

Neutraler Erzähler – Das Wichtigste

  • Neutraler Erzähler – Definition: Der neutrale Erzähler ist eine von vier Erzählperspektiven.
    • Er zeichnet sich durch eine objektive Beobachterposition aus, d. h. er beschreibt nur, was von außen beobachtet werden kann und kommentiert und bewertet das Geschehen nicht.
  • Neutraler Erzähler – Merkmale:
    • Als Beobachter kennt der neutrale Erzähler weder die Gedanken- noch die Gefühlswelt der Figuren.
    • Er ist selbst nicht in die Handlung involviert.
    • Verwendung der Personalpronomen "er/sie" bzw. der Possessivpronomen "sein/ihr"
    • Hoher Dialoganteil des Texts.
  • Neutraler Erzähler – Wirkung: Die Wirkung des neutralen Erzählers äußert sich in einer nüchternen und sachlichen Beschreibung von Ereignissen.
  • Neutraler Erzähler – Vorteile: Die Vorteile des neutralen Erzählers sind eng mit seiner Wirkung verknüpft:
    • Durch die sachliche, distanzierte Darstellung wird der Leserschaft eine aktivere Rolle zuteil.
    • Die Leserschaft muss sich bestimmte Zusammenhänge selbst erschließen.
    • Lesende werden in ihren Bewertungen nicht durch den Erzähler beeinflusst.
  • Neutraler Erzähler – Beispiel: Ein Beispiel für den neutralen Erzähler lässt sich im Roman "Irrungen, Wirrungen" (1888) von Theodor Fontane finden.
    • Fontane nutzt den neutralen Erzähler, um Handlungen zu beschreiben, die sich in der Abwesenheit der Hauptfiguren des Werkes ereignen.

Nachweise

  1. projekt-gutenberg.org: Theodor Fontane – Irrungen, Wirrungen. (17.10.2022)
  2. lektuerehilfe.de: Theodor Fontane – Irrungen, Wirrungen – Analyse – Erzählweise. (17.10.2022)
  3. lektuerehilfe.de: Textanalyse – Erzählerperspektive, Erzählverhalten und Erzählhaltung. (14.10.2022)

Häufig gestellte Fragen zum Thema Neutraler Erzähler

Es gibt vier Erzählperspektiven: die auktoriale Erzählperspektive, die Ich-Erzählperspektive, die personale Erzählperspektive und die neutrale Erzählperspektive. 

Der neutrale Erzähler ist eine von vier Erzählperspektiven in epischen Werken. Er ist kein Teil der Geschichte, sondern nimmt eine Beobachterposition ein. Dementsprechend kann er nur von außen beobachtbare Handlungen beschreiben. 

Der Unterschied zwischen auktorial, personal und neutral ist Folgendes: Während der auktoriale Erzähler allwissend ist, also alle Gedanken und Gefühle der handelnden Figuren sowie Vergangenheit und Zukunft kennt, kennt der personale Erzähler nur die Gedanken und Gefühle einer Figur. 

Der neutrale Erzähler nimmt die Position eines objektiven Beobachters ein, der lediglich beobachtbare Handlungen sachlich und kommentarlos beschreibt. 

Einen neutralen Erzähler erkennst Du an der Verwendung der Personalpronomen "er/sie" oder den Possessivpronomen "sein/ihr". Außerdem hat ein neutraler Erzähler keinen Einblick in die Gedanken und Gefühle der handelnden Figuren. Er nimmt lediglich eine Beobachterposition ein und beschreibt objektiv von außen Wahrnehmbares. 

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