Obwohl ihre Gleichung, die sie dabei formulierten, nur einer sehr vereinfachten Darstellung entspricht, kann man mit ihr bis heute die Reaktionsgeschwindigkeit der meisten Enzymreaktionen gut beschreiben.
Grundlagen der Michaelis Menten Gleichung
Was ist überhaupt ein Enzym?
Ein Enzym ist ein spezielles Protein, das biochemische Reaktionen beschleunigt bzeziehungsweise katalysiert, damit diese nicht so lange dauern. Ein Enzym ist also ein Biokatalysator.
Und was versteht man unter einer enzymatischen gesteuerten Reaktion?
Bei einer enzymatisch gesteuerten Reaktion katalysieren Enzyme eine biochemische Reaktion, bei der aus einem Substrat ein Produkt entsteht.
Dies machen sie, indem sie reversibel an das Substrat binden und mit ihm einen Enzym-Substrat-Komplex ausbilden. In dem katalytischen Zentrum des Enzyms wird das Substrat nun in ein Produkt umgewandelt. Dieses Produkt löst sich von dem Enzym ab, sodass am Ende der Reaktion das Produkt und das Enzym übrigbleibt.

Die Michaelis-Menten-Gleichung beschreibt die Abhängigkeit der Umsatzgeschwindigkeit des Enzyms von der Substratkonzentration und kann so die Geschwindigkeit einer ablaufenden Reaktion vorhersagen. Dabei geht man immer davon aus, dass die Enzymkonzentration konstant bleibt und die Reaktionsgeschwindigkeit deswegen nur von der Substratkonzentration abhängt.
Wenn Du also eine Enzymreaktion in Deinem Hauslabor durchführen und wissen möchtest, ob Du zwischendurch Zeit hast, mit Deinen Freunden ins Kino zu gehen, ist die Michaelis-Menten-Gleichung genau das Richtige für Dich.
Voraussetzungen für die Michaelis-Menten-Kinetik
Da die Michaelis-Menten-Gleichung nur eine Vereinfachung darstellt, braucht es gewisse Voraussetzungen, damit man sie richtig einsetzen kann:
- Ein Substrat und ein Enzym bilden immer jeweils einen Enzym-Substrat-Komplex aus. Ein Enzym kann nicht mehrere Substrate gleichzeitig binden oder umgekehrt.
- Die Reaktion befindet sich im Fließgleichgewicht. Das bedeutet vereinfacht, dass die Konzentration des Enzym-Substrat-Komplex über die Zeit hinweg konstant bleibt. Es binden also alle vorhandenen Substrate sofort, am Anfang der Reaktion, an alle vorhandenen Enzyme.
- Das Produkt und das Enzym bilden keinen eigenen Komplex aus. Die Affinität des Enzyms zu dem Produkt beträgt also null und das Produkt kann so dem Substrat keine Enzyme wegnehmen.
- Das Gleichgewicht liegt auf der Seite des Produktes. Es gibt mehr als genug Substrate (Substratüberschuss) und die Reaktion wird nicht verlangsamt durch ein fehlendes Substrat.
- Gleichzeitig ist die Bildung von dem Produkt der geschwindigkeitsbestimmende Schritt in der Reaktion, nicht etwa die Bildung des Enzym-Substrat-Komplexes. Das heißt, der Schritt zur Bildung des Produktes ist der langsamste Schritt.
Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, kannst Du ohne Probleme mit der Michaelis-Menten-Gleichung arbeiten.
Wie sieht die Michaelis-Menten-Gleichung aus?
Die Michaelis-Menten-Gleichung ist wie folgt aufgebaut:

Hier die Erklärung der einzelnen Bestandteile:
ist die Anfangsgeschwindigkeit der Reaktion. Also die Geschwindigkeit, bei der noch kein Produkt vorhanden ist, aber dafür noch die maximale Substratkonzentration.
ist die maximale Geschwindigkeit, die die Reaktion erreichen kann. Sie ist erreicht, wenn alle Enzyme mit jeweils einem Substrat besetzt sind. Ab hier beeinflusst die Menge des Substrat die Reaktionsgeschwindigkeit nicht mehr, weil alle Enzyme bereits okkupiert sind und der Sättigungszustand erreicht ist. Erst, wenn mehr Enzyme hinzugegeben werden, die dann wieder Substrat binden könnten, würde sich die Geschwindigkeit erhöhen.
ist die Menge an Substrat, die bei der Reaktion zur Verfügung steht.
ist die Michaelis-Menten-Konstante. Bei ihrem Wert ist genau die Hälfte aller, an der Reaktion beteiligten, Enzyme mit einem Substrat besetzt.
Es gibt aber ein paar Teilnehmer in dieser Gleichung, die nicht abhängig von der Substratkonzentration sind. Das sind und
. Die beiden sind Enzymeigenschaften beziehungsweise Enzymkonstanten.
ist eigentlich keine echte Enzymkonstante, da sie abhängig von der vorgegebenen Enzymkonzentration ist.
allerdings ist eine echte Enzymkonstante, die für jedes Enzym gilt, unabhängig von der Konzentration der Enzyme oder Substrate.
Michaelis-Menten-Konstante
Die Michaelis-Menten-Konstante, auch
genannt, ist ein Maß für die Affinität eines Enzyms zu seinem Substrat.
Es ist die Substratkonzentration, bei der genau die Hälfte der Enzyme mit einem Substrat besetzt sind und so die Reaktion auf halbmaximaler Geschwindigkeit abläuft.
Man könnte also auch sagen:
Sie ist auch der Punkt, an dem das Michaelis-Menten-Diagramm halb gesättigt ist.
- Hat
einen großen Wert, braucht man viel Substrat, um die halbmaximale Geschwindigkeit zu erreichen, da die Enzymaffinität für das Substrat sehr niedrig ist.
- Hat
einen kleinen Wert, braucht man hingegen sehr wenig Substrat, um die halbmaximale Geschwindigkeit zu erreichen, da das Enzym sehr affin ist. Das heißt, das Enzym bindet sehr fest an das Substrat.
Falls ein Enzym mit mehreren Substraten interagieren könnte, gibt es für jedes Substrat eine eigene
.
wird in Mol pro Liter angegeben (mol/l).

nicht nur eine rein theoretische Bedeutung, sondern in der Realität liegt die Substratkonzentration bei sehr vielen Enzymen bei circa

. Eine Ausnahme dieser Beobachtung bilden die Schlüsselenzyme.
Schlüsselenzyme sind Enzyme, die an sehr wichtigen Stellen in biochemischen Reaktionen sitzen. Oft sind sie zum Beispiel am Anfang wichtiger Reaktionsschritte oder an wichtigen Verzweigungspunkten anzutreffen.
Ein Beispiel für ein Schlüsselenzym wäre die Phosphofructokinase-1 bei der Glykolyse.
Mathematische Herleitung
Wenn man sich gerne mit mathematischen Hintergründen beschäftigt, könnte man sich die Michaelis-Menten-Konstante auch von dem einfachen Reaktionsschema einer Enzymreaktion herleiten.
Bei dieser einfachen Darstellung geht man davon aus, dass sich die Reaktion im Fließgleichgewicht befindet.
Das Fließgleichgewicht bezeichnet den Zustand einer chemischen Reaktion, in dem jederzeit genug Substrat zugeführt und genug Produkt abgeführt wird, sodass die Reaktion mit konstanter Geschwindigkeit ablaufen kann. Sie kommt nicht zum Stillstand und wird nicht langsamer.

Dieses Schema ist bereits bekannt. Hinzugekommen sind nun die Geschwindigkeitskonstanten.
Enzym (E) und Substrat (S) bilden den Enzym-Substrat-Komplex mit der konstanten Geschwindigkeit
aus.
Gleichzeitig kann dieser Komplex auch wieder in seine Einzelteile mit der Geschwindigkeit
zerfallen.
muss kleiner sein als
, sonst würde die Reaktion in die falsche (nämlich nicht Richtung Produkt) ablaufen.
Danach wird das Substrat mit der Geschwindigkeit
in das Produkt umgesetzt.
Die Michaelis-Menten-Konstante setzt sich nun aus den drei Geschwindigkeitskonstanten
und
zusammen.
Also:
Michaelis-Menten-Diagramm
Möchte man nun die Michaelis-Menten-Gleichung aufzeichnen, so erhält man das Michaelis-Menten-Diagramm. Dabei wird die Geschwindigkeit (v) auf der y-Achse und die Substratkonzentration (S) auf der x-Achse eingetragen.
Das Diagramm zeigt die Geschwindigkeit der chemischen Reaktion bei einer bestimmten Substratkonzentration.
Da die Enzymmenge immer konstant bleibt, kann irgendwann die Reaktionsgeschwindigkeit nicht mehr erhöht werden, ganz gleich wie viel Substrat man noch hinzufügt, da ja alle Enzyme irgendwann gesättigt sind.
So stellt das Diagramm eine Sättigungskurve dar, die gegen
geht. Mathematisch gesehen kann man es auch eine Hyperbel nennen.
Abbildung 1: Michaelis-Menten-Diagramm
- Bei einem flachen Kurvenverlauf läuft die Reaktion langsamer ab. Der
Wert ist also relativ hoch und es wird mehr Substrat benötigt, um die Reaktion schneller ablaufen zu lassen. - Bei einem steilen Kurvenverlauf läuft die Reaktion verhältnismäßig schnell ab. Der
Wert ist relativ niedrig und es wird daher eine geringe Substratkonzentration benötigt, um die Reaktion schnell ablaufen zu lassen.
Das Michaelis-Menten-Diagramm kann man zusätzlich in drei Phasen unterteilen:
1. Phase: Reaktion erster Ordnung
Am Anfang gibt es noch eine sehr niedrige Substratkonzentration, sodass jedes vorhandene Substrat leicht ein Enzym in der großen Menge findet. Also kann man vereinfacht sagen, dass die Reaktionsgeschwindigkeit nur von der Substratkonzentration abhängt.
2. Phase: Übergangsphase
Bei einer mittleren Substratkonzentration fangen die ersten Substrate an, um die Enzyme zu konkurrieren. Es wird immer schwieriger, ein Enzym in der Menge zu finden, weil immer mehr Enzyme bereits besetzt sind.
3. Phase: Reaktion nullter Ordnung
Je näher man
kommt, desto weniger Einfluss hat die Substratkonzentration auf die Reaktionsgeschwindigkeit, da die Enzyme so langsam alle gesättigt sind. Bei einer vollständigen Substratsättigung läuft die Reaktion in Höchstgeschwindigkeit ab (
). Die Reaktionsgeschwindigkeit ist also von keiner Konzentration abhängig, sondern verläuft auf Höchstgeschwindigkeit.
Nun kennst Du die Michaelis-Menten-Gleichung und weißt, wie und wo man sie anwendet. Wenn Dich das Thema Enzyme noch weiter interessiert, schau Dir gerne auch unsere anderen Artikel, zum Beispiel zum Schlüssel-Schloss-Prinzip, an.
Michaelis Menten Gleichung - Das Wichtigste
- Mit der Michaelis-Menten-Gleichung kann man die Geschwindigkeit enzymatisch gesteuerter Reaktionen berechnen.
- Die Geschwindigkeit der Enzymreaktion hängt (wenn wir von einer konstanten Enzymkonzentration ausgehen) von der Substratkonzentration ab.
- Wir können uns die Michaelis-Menten-Gleichung mathematisch von dem Fließgleichgewicht herleiten.
- Die Michaelis-Menten-Konstante beschreibt die Affinität eines Enzyms zu seinem Substrat.
- Das Michaelis-Menten-Diagramm ist die graphische Darstellung unserer Gleichung und ist eine Sättigungskurve.
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Gabriel Freitas ist AI Engineer mit solider Erfahrung in Softwareentwicklung, maschinellen Lernalgorithmen und generativer KI, einschließlich Anwendungen großer Sprachmodelle (LLMs). Er hat Elektrotechnik an der Universität von São Paulo studiert und macht aktuell seinen MSc in Computertechnik an der Universität von Campinas mit Schwerpunkt auf maschinellem Lernen. Gabriel hat einen starken Hintergrund in Software-Engineering und hat an Projekten zu Computer Vision, Embedded AI und LLM-Anwendungen gearbeitet.
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