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While I nodded, nearly napping, suddenly there came a tapping,
As of some one gently rapping, rapping at my chamber door.
(Edgar Allan Poe 1845: The Raven)
Wer spricht denn da?
Ich bin das lyrische Ich, ich glaube, wir kennen uns noch nich'.
Komm mit und lern mich kennen,
denn ich trau mich kaum es zu benennen:
Doch, ich glaube, es ist wahr, dem Schreiblehrling wird auch langsam klar –
schnell muss es gehen, jetzt,
da die Reimwortsuche auf Dauer doch ätzt.
In diesem Gedichtausschnitt spricht das lyrische Ich.
Das lyrische Ich (Englisch: lyrical I) ist der/die fiktive Sprecher*in eines lyrischen Textes. Durch das lyrische Ich erfahren die Lesenden den Inhalt eines Gedichtes.
Das lyrische Ich ist dabei nicht mit dem/der Verfasser*in des Textes gleichzusetzen. Das heißt, dass Meinungen des lyrischen Ichs nicht unbedingt die des/der Autor*in sein müssen. Du kannst das mit folgender Situation vergleichen: Wenn Du ein Gedicht vorträgst, übernimmst Du nicht alle Meinungen und Beobachtungen des lyrischen Ichs. Du bist lediglich das Sprachrohr für das Gedicht und das lyrische Ich bleibt eine fiktive Stimme.
Viele Lieder sind wie gesungene Gedichte und beinhalten ebenfalls ein lyrisches Ich. Dieses erlaubt den Sänger*innen in Rollen und Situationen zu schlüpfen, in denen sie sich persönlich gar nicht befinden. So kann z. B. jemand ein Liebeslied singen, obwohl die Person im Moment nicht verliebt ist.
Das lyrical I ist also der/die Sprecher*in eines lyrischen Textes. Aus seiner Perspektive wird der Inhalt des Gedichts vorgetragen. Du kannst das lyrische Ich meist an Personalpronomen (darunter auch Possessivpronomen und Reflexivpronomen) und weiteren Signalwörtern wie z. B. Anreden erkennen:
Art des Wortes | Deutsch | Englisch |
Personalpronomen |
|
|
Possessivpronomen |
|
|
Anrede/Reflexivpronomen |
|
|
Personalpronomen, Possessivpronomen und Reflexivpronomen – so viele Pronomen, da verliert man schnell den Überblick. Für weitere Erklärungen klick Dich durch unsere jeweiligen Artikel zu "Personalpronomen Englisch", "Possessivpronomen Englisch" und "Reflexive Pronouns"!
Es kann auch vorkommen, dass keins dieser Signalworte in einem Gedicht vorkommt, es aber trotzdem ein lyrisches Ich gibt – das implizite lyrische Ich. Dazu später mehr.
Das Erkennen des lyrischen Ichs ist besonders bei der Analyse eines Gedichts wichtig. Schau für Genaueres dazu gerne in der Erklärung "Gedichtanalyse" vorbei. Und wenn Du schon dabei bist, klick Dich auch in unseren Artikel "Gedichte".
Wenn Du eins der gerade genannten Signalwörter im Text findest, dann handelt es sich um ein explizites lyrisches Ich. Anhand der folgenden Beispiele kannst Du Dir ein Bild von der Benutzung des lyrischen Ichs machen. Zum Beispiel bei dem Anfang dieses Gedichts von Elizabeth Barrett Browning:
How do I love thee? Let me count the ways.
I love thee to the depth and breadth and height
My soul can reach, when out of sight
For the ends of being and ideal grace.
[...]
– aus Elizabeth Barrett Brownings "Sonnett 43"
Die Worte I, me und my machen in dem obigen Beispiel deutlich, dass das lyrische Ich spricht und nicht die Verfasserin des Gedichts. Das lyrische Ich ist derjenige/diejenige, der/die loves und counts.
Das lyrische Ich zeigt sich auch deutlich in diesem Gedicht von Rupi Kaur:
I tremble at the thought of
falling in love with a
tiny part of someone
and mistaking it
for the whole
– aus Rupi Kaurs "milk and honey" (2014, Andrews McMeel Publishing)
Das lyrische Ich trembles (zittert) und falls in love (sich verlieben). Ausdrücke von Emotionen wie in diesem Beispiel helfen Dir dabei, das lyrische Ich zu erkennen.
Rupi Kaurs Gedichte sind, wie sie selbst schreibt, autobiographisch. Hier entspricht das lyrische Ich also einer Repräsentation ihrer selbst. Die Gefühle, die eine*n Verfasser*in dazu bewegen, ein Gedicht zu schreiben, sind oft aus dem Leben der Person entnommen.
Das lyrische Ich muss nicht immer eine Person sein. Mit dem lyrischen Ich kann der/die Autor*in auch Tieren eine Stimme geben. Ein Beispiel dafür ist dieses Gedicht von Francesco Marciuliano:
Late one night
I step out in the yard
And bark
Then the neighbor's dog barks
Then his neighbor's dog barks
And so it goes
[...]
– aus Francesco Marciulianos "I Could Chew on This" (2013, Chronicle Books)
Hier ist das lyrische Ich ein Hund. Das ist z. B. an dem Verb bark (bellen) zu erkennen.
In all diesen Beispielen hat das lyrische Ich den Rezipient*innen, also den Leser*innen, seine Gefühle und Beobachtungen mitgeteilt. Der/die Verfasser*in vermittelt den Inhalt des Gedichts nur durch das lyrische Ich.
Bei den gerade genannten Beispielen war in jedem Fall ein explizites lyrisches Ich vorhanden. Das implizite lyrische Ich kommt ohne deutliche Signalworte aus, berichtet aber auch von Gefühlen und Ereignissen aus einer subjektiven Sicht.
Ein Beispiel für das implizite lyrische Ich findest Du in dem Ausschnitt aus William Blakes Gedicht "The Tyger":
Tyger Tyger, burning bright,
In the forests of the night;
What immortal hand or eye,
Could frame thy fearful symmetry?
– "The Tyger" aus William Blakes "Songs of Experience" (1794)
Hier findet sich keins der oben genannten Signalworte, trotzdem wird aus der subjektiven Perspektive eines lyrischen Ichs geschrieben. Der Tiger wird als burning bright (hell leuchtend) beschrieben, die symmetry (Symmetrie) seiner Gestalt als fearful (ängstlich) empfunden. Es sind also subjektive Einschätzungen, die in dem Gedicht thematisiert werden. Das lyrische Ich tritt also vermutlich als ein Beobachter auf, der den Tiger betrachtet. Es liegt daher ein implizites lyrisches Ich vor.
Auch Romane und Geschichten sind häufig aus einer subjektiven "Ich-Perspektive" geschrieben. Der Ich-Erzäher (first person narrator) gibt aus seiner persönlichen Sicht seine Gefühle, Erlebnisse und Gedanken wider. Da der Blick des Ich-Erzählers nur auf sein eigenes Wahrnehmen beschränkt ist, erfährst Du als Leser*in nur die Gefühle und Gedanken des Erzählenden selbst. Dafür verwendet der Ich-Erzähler das Personalpronomen "ich". Zum Beispiel hier:
You gave me a forever within the numbered days, and I'm grateful.
– Zitat aus "The Fault in Our Stars" von John Green (2012, Dutton Books)
Einen Ich-Erzähler findest Du z. B. in "The Perks of Being a Wallflower" und "The Fault in Our Stars", zwei Romane, zu denen wir jeweils auch Erklärungen haben.
In diesem Beipspiel wird aus einer subjektiven Perspektive erzählt – hört sich doch an wie ein lyrisches Ich, oder? Fast!
Das lyrische Ich kommt nur in lyrischen Texten vor. Andere Erzähl-Perspektiven (z. B. auktorialer, personaler oder neutraler Erzähler) können dem lyrischen Ich ähneln, kommen aber nur in anderen Textformen vor. Trotzdem ist es hilfreich, wenn Du weißt, was die anderen Erzähler und insbesondere den Ich-Erzähler ausmacht.
Lyrische Texte werden der Gattung der Lyrik zugeordnet (neben der Lyrik gibt es noch die Gattungen der Dramatik und Epik). Unter lyrischen Texten versteht man umgangssprachlich Gedichte.
Das lyrische Ich wird in Gedichten und auch in Liedern verwendet, um Gedanken, Meinungen, Beobachtungen, Erlebnisse und Gefühle in einem Gedicht zu kommunizieren. Darin liegt nämlich seine wichtigste Aufgabe: aus einer subjektiven Perspektive die Geschehnisse eines lyrischen Texts einzuordnen und mit dem Lesenden zu kommunizieren.
Der Begriff des lyrischen Ichs wurde im 20. Jahrhundert entwickelt, um deutlich zu machen, dass der/die Autor*in eines Werkes nicht mit der Stimme, die in einem lyrischen Text spricht, gleichzusetzen ist. So werden durch das lyrische Ich verschiedene Perspektiven des Schreibens möglich.
Die fiktive Stimme des lyrischen Ichs ermöglicht eine Kommunikation zwischen dem Gedicht und dem/der Leser*in. Zum Beispiel hier:
Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry, I could not travel both
And be one traveler, I long stood
And looked down one as long as I could
To where it bent in the undergrowth;
[...]
Dieses Zitat stammt aus Robert Frosts Gedicht "The Road not Taken" (1915, Mountain Interval).
Du erkennst das explizite lyrische Ich in diesem Beispiel an dem I, das in dem Gedicht handelt. Durch die Stimme des lyrischen Ichs erfährst Du in diesem Ausschnitt, dass das lyrische Ich an einer Wegspaltung steht. Es weiß nicht, für welchen Weg es sich entscheiden soll, weil es nicht das Ziel beider Wege sehen, aber auch nicht beide Wege wählen kann. Die subjektiven Beschreibungen ermöglichen, dass Du als Leser*in mitfühlen kannst.
Schau Dir auch dieses Beispiel genauer an:
"Hope" is the thing with feathers –
That perches in the soul –
And sings the tune without the words –
And never stops – at all –
[...]
Dieses Zitat stammt aus Emily Dickinsons Gedicht "'Hope' is the thing with feathers" (1891).
Hier werden die Emotionen eines impliziten lyrischen Ichs beschrieben: Es geht um Hoffnung und darum, diese immer zu bewahren. Die Aufgabe des lyrischen Ichs ist, den Inhalt des Gedichts für Dich greifbar zu machen.
Das lyrische Ich (Englisch: lyrical I) ist der/die fiktive Sprecher*in eines lyrischen Textes. Durch das lyrische Ich erfahren die Lesenden den Inhalt eines Gedichtes.
Das lyrische Ich hat die Wirkung, das Beschriebene aus einer subjektiven Perspektive wiederzugeben. Es wird verwendet, um Gedanken, Meinungen, Beobachtungen, Erlebnisse und Gefühle in einem Gedicht zu kommunizieren.
Man benutzt das lyrische Ich, um deutlich zu machen, dass der/die Autor*in eines Werkes nicht mit der Stimme, die in einem lyrischen Text spricht, gleichzusetzen ist.
Du erkennst das lyrische Ich an folgenden Signalworten:
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