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Politisierung der Literatur

Kalter Krieg, Mauerbau, Hippie-Bewegung – all das kannst Du mit den 60er-Jahren in Verbindung bringen. Alle Literaturepochen werden zu einem gewissen Teil von den politischen Ereignissen ihrer Zeit beeinflusst. Insbesondere aber die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts werden in Deutschland als Phase der Politisierung der Literatur bezeichnet.

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Kalter Krieg, Mauerbau, Hippie-Bewegung – all das kannst Du mit den 60er-Jahren in Verbindung bringen. Alle Literaturepochen werden zu einem gewissen Teil von den politischen Ereignissen ihrer Zeit beeinflusst. Insbesondere aber die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts werden in Deutschland als Phase der Politisierung der Literatur bezeichnet.

Politisierung der Literatur – Definition

Der Begriff Politisierung bedeutet, dass in Bereichen und Medien, die zuvor neutral oder unpolitisch waren, zunehmend politische Themen behandelt werden. In diesem Fall war es die Literatur, die den Künstlerinnen und Künstlern dazu diente, ihre Einstellung zur Politik auszudrücken. Das bedeutet außerdem, dass die Werke fest mit aktuellen Aspekten der Politik und Gesellschaft verbunden waren.

Die 60er-Jahre sind eine kurze Literaturströmung, die zwischen die Epochen der Nachkriegszeit (1945–1967) und der Postmoderne (1968–2000) fällt. Außerdem liegt sie in der Phase der sogenannten "zwei deutschen Literaturen". Diese wird so bezeichnet, da Deutschland in die BRD und DDR gespalten war und sich die Literatur in den beiden Teilen unterschied.

Du kannst mehr über die einzelnen Epochen und ihre Merkmale in den Erklärungen "Nachkriegsliteratur" und "Postmoderne Literatur" erfahren.

Um die Epochenmerkmale sowie die politischen Hintergründe der 60er-Jahre zu identifizieren, erhältst Du einen Überblick über den historischen Hintergrund.

Politisierung der Literatur – Historischer Hintergrund der 60er-Jahre

Die 60er-Jahre schließen die Epoche der Nachkriegszeit ab. Das bedeutet, dass sie immer noch stark durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen bestimmt waren. Nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Reiches wurde die Regierung Deutschlands zunächst von den Alliierten übernommen und Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt.

Der Begriff Alliierte kommt ursprünglich aus dem Lateinischen und steht für Personen oder Gruppen, die ein Bündnis eingegangen sind. Im Kontext des Zweiten Weltkriegs sind damit die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion gemeint. Diese Staaten kämpfen im Zweiten Weltkrieg gemeinsam gegen Deutschland und seine Verbündeten.

Die Teilung Deutschlands

Aus den sogenannten Besatzungszonen, also den Gebieten Deutschlands, die von Mitgliedern der Alliierten besetzt waren, bildeten sich die BRD (Bundesrepublik Deutschland) und die DDR (Deutsche Demokratische Republik). Das deutsche Volk musste dementsprechend nicht nur mit persönlichen Verlusten und den hohen Kriegsschäden umgehen, sondern auch mit strukturellen und politischen Veränderungen.

Gerne kannst Du Dich im Fach Geschichte über die Nachkriegszeit informieren, wenn Du Dich noch besser auskennen möchtest. Die Stimmung der Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg wird außerdem in der Erklärung "Trümmerliteratur" beschrieben.

Mit dem Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 war die Trennung der beiden deutschen Staaten besiegelt. Die DDR, die aus der Besatzungszone der Sowjetunion entstand, folgte dem politischen System des Sozialismus. Die BRD hingegen orientierte sich an westlichen Vorbildern wie den USA und entwickelte ein Staatenprinzip, das die Beteiligung des Volkes an der Regierung vorsah und den Menschen Freiheit und Rechtsschutz zusicherte. Die BRD umfasste die Besatzungszonen der anderen Alliierten und damit das restliche Deutschland.

Sozialismus bedeutet, vereinfacht gesagt, dass im Staat eine Gleichheit für alle Bürgerinnen und Bürger gilt. Dies hatte jedoch auch zur Folge, dass die Möglichkeiten der Menschen hinsichtlich Karriereaufstieg und Selbstentfaltung stark beschränkt wurden. Die Macht lag zudem nicht bei der Bevölkerung, sondern bei der SED, die die Bürgerinnen und Bürger kontrollierte. Dabei handelte es sich um die einzige Partei der DDR, die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands". Demnach konnten Menschen nicht frei wählen oder ihre eigene Meinung äußern. Auch wenn der Staat den Namen "Demokratie" trug, wurde er in der Realität als Diktatur geführt.

Kalter Krieg und innere Unruhen

Die Teilung Deutschlands war ein weiterer Aspekt im Ost-West-Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion.

Die Sowjetunion existierte zwischen 1922 und 1991. Sie erstreckte sich über Osteuropa und Nordasien und löste sich in 15 Einzelstaaten auf, darunter Russland, Kasachstan, Ukraine, Usbekistan und Belarus.

Dieser entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, da die Staaten unterschiedliche politische Systeme und Ideologien vertraten und zudem die stärksten und einflussreichsten Weltmächte bildeten. Der Konflikt gipfelte im Kalten Krieg, in dem USA und Sowjetunion Stellvertreterkriege in Korea und Vietnam führten. Das bedeutet, dass sie zwar nicht direkt gegeneinander kämpften, aber rivalisierende Volksgruppen in anderen Ländern mit Waffen und Soldaten unterstützten.

Zudem herrschte die andauernde Gefahr eines Angriffs mit Atomwaffen zwischen den beiden Staaten, der verheerende Folgen für die Bevölkerung der beteiligten Länder, wie auch Deutschland, gehabt hätte.

Da der Kalte Krieg und der Ost-West-Konflikt komplexe Themen sind, lohnt es sich für Dich, einen Blick in die Erklärungen dazu im Fach Geschichte zu werfen.

In der zweiten Hälfte der 60er-Jahre wurde die gesellschaftliche Lage unruhig, was zunächst daran lag, dass der wirtschaftliche Aufschwung der BRD endete. Gleichzeitig forderten insbesondere Arbeiterinnen und Arbeiter höhere Löhne. 1968 kam es zu gewaltigen Protesten und Demonstrationen. Der Auslöser dafür waren Gesetzesänderungen, die dem Staat ermöglichten, in Krisensituationen die Bürgerrechte einzuschränken und sogar außer Kraft zu setzen.

Studierende, Gewerkschaften sowie das Kuratorium (ein Zusammenschluss aus Vertretern der Studierenden, Kirchen und der Wissenschaft) hatten Angst, dass der Staat zu viel Macht durch diese "Notstandsgesetze" erhalten und einer Diktatur gleichen würde. Ein solcher Übergriff der Regierung hatte vor dreißig Jahren auch die Machtübernahme der Nationalsozialisten ermöglicht.

Genaueres über die Notstandsgesetze von 1968 kannst Du in der entsprechenden Erklärung aus dem Fach Geschichte erfahren.

Die Gesellschaft der 60er-Jahre

Zur sogenannten "68er-Bewegung", die aus den Protesten von 1968 erwuchs, zählten primär junge Menschen, die starke politische Ansichten vertraten.

Während man in den 1950er-Jahren die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit weitgehend vermied, traf dieses Verhalten bei Studierenden auf Kritik. Viele von ihnen setzten sich mit der Schuldfrage ihrer Elterngeneration auseinander und forderten, dass die Vergangenheit aufarbeitet werde. Außerdem demonstrierten sie gegen den Kalten Krieg und setzten sich für die gewaltfreie Lösung von Konflikten ein.

Die Schuldfrage in Bezug auf den NS ist die Frage, wie ein so zerstörerisches und menschenverachtendes Staatensystem entstehen konnte. Dabei wird nach der Verantwortung einzelner Staatsorgane und Regierungsvertreterinnen und -vertretern geforscht. Aber auch die Frage nach der Schuld jedes einzelnen Mitglieds des deutschen Volkes gehört dazu.

In der BRD wurde gegen Kapitalismus, Massenkonsum und die Beeinflussung durch die Medien demonstriert, während in der DDR Kritik am Sozialismus und den daraus entstandenen wirtschaftlichen Problemen laut wurde.

Die Rebellion der Jugend gegen politische Systeme und die Sitten ihrer Elterngeneration fand nicht nur in Deutschland statt. Vor allem in den USA richteten sich die Anhängerinnen und Anhänger der Hippie-Bewegung entschieden gegen die strengen Ansichten in Bezug auf Musik, Kleidung oder Sexualität. Dadurch gelang es dem Volk, zumindest in der BRD, einen Grundstein für eine Gesellschaft zu legen, die selbstbestimmt, tolerant und politisch aktiv war.

Politisierung der Literatur – Merkmale

Die Politisierung der Literatur fiel in den beiden deutschen Staaten unterschiedlich aus. In der DDR wurde Literatur zu einem Instrument der Regierung, mit dem das Volk im Sinne des Sozialismus "erzogen" werden konnte. Das bedeutet, dass literarische Werke dazu benutzt wurden, sozialistische Ansichten zu verbreiten und die Menschen zu beeinflussen. Wie schon im Nationalsozialismus, fand hier eine Zensur statt: Die Regierung bestimmte, welche Werke veröffentlicht und welche Themen behandelt werden durften.

Dadurch, dass einige Werke in der DDR verboten waren und bestimmte Autorinnen und Autoren einem Publikationsverbot unterlagen, entwickelte sich ein "Literaturschmuggel". Bücher wurden aus dem Westen hergebracht und heimlich verbreitet und gelesen. All das stand in der DDR unter Strafe.

In der BRD hingegen konnten sich die Menschen frei äußern, was sie auch in Form von literarischen Werken taten. Zu dieser freien Politisierung in der Literatur werden auch Werke und Verfassende gezählt, die aus anderen deutschsprachigen Ländern wie der Schweiz und Österreich stammen.

Diese Erklärung konzentriert sich vornehmlich auf die Werke der 60er-Jahre, die in der BRD verfasst wurden. In der Erklärung "DDR Literatur" findest Du auch Beispiele aus der DDR.

Die Politisierung der Literatur zeigte sich vor allem durch inhaltliche Merkmale. Das war zunächst die direkte Thematisierung aktueller politischer Aspekte:

  • Verarbeitung des NS-Reiches und der Schuldfrage

  • Fremdbestimmung der Politik durch die Alliierten

  • Teilung Deutschlands

  • (verweigerte) Mitbestimmung des Volkes in der Politik

  • Ost-West-Konflikt und Kalter Krieg

Auch unabhängig von der konkreten Nennung aktueller Themen, spielte Politik eine große Rolle in der Literatur: Übergreifende Systeme wie Regierung und Staat wurden thematisiert, Figuren waren politisch eingestellt und Probleme, die sich aus der Politik ergaben, wurden aufgezeigt.

Das Drama "Andorra" (1961) von Max Frisch behandelt Antisemitismus, Invasion und eine Schuldfrage am Beispiel eines fiktiven Landes. Dennoch sind die Parallelen zum NS eindeutig.

Dass reale und aktuelle politische Themen mit fiktiven Elementen kombiniert wurden, war bei den meisten Werken der Fall. Kritische Aussagen mussten aus den Texten interpretiert werden, waren aber offensichtlich.

Ein weiteres Merkmal der Literatur der 60er-Jahre ist die Funktion, die die Verfasserinnen und Verfasser ihren Werken gaben: Sie wollten ihren politischen Standpunkt äußern und Kritik üben. Ähnlich wie in der DDR sahen sie auch eine erzieherische Funktion in der Politisierung der Literatur. Die Lesenden sollten aufmerksam werden auf Missstände und sich ihre eigene Meinung bilden.

Anders als in der DDR wurde in der BRD auch regierungskritische Literatur veröffentlicht. Zudem gab es ein breiteres Spektrum an politischen Einstellungen, die in der Literatur ausgedrückt werden konnten.

Ein stilistisches Merkmal der Epoche ist die Entstehung der sogenannten dokumentarischen Literatur. Dabei dienten reale Dokumente wie Zeitungsartikel, Protokolle und Zeugenaussagen als Quellen und wurden teilweise auch in die Werke eingebunden. Die Verfassenden stellten einen hohen Wahrheitsanspruch an ihr Werk und sahen den Dokumentarismus als Gegenbewegung zur rein fiktionalen Literatur.

Wenn in einem Werk verschiedene Textarten kombiniert werden, wird das "Montagetechnik" genannt. Diese liegt z. B. vor, wenn in einem Roman Zeitungsartikel, Liedtexte und Plakate eingefügt sind.

Der fiktionale Anteil in dokumentarischen Werken konnte jedoch unterschiedlich groß sein, weshalb es schwierig ist, dieses Genre einzugrenzen.

Der Stil der Literatur dieser Zeit kann außerdem als dokumentarisch bezeichnet werden, weil die Verfassenden die jeweiligen Themen wie in einer Dokumentation behandelten und den Lesenden vermittelten. Das bedeutet, dass selten eine Wertung beispielsweise durch einen Erzähler stattfand und die Handlung für sich sprach. Dazu passt auch die informierende und erziehende Funktion der Werke.

Trotz der sachlichen Quellen waren die Werke auch emotional. Das lag daran, dass die politischen Themen an fiktiven Geschichten verdeutlicht wurden, mit denen sich die Lesenden identifizieren konnten. Viele von ihnen konnten mit diesen Themen persönliche Erfahrungen verbinden.

In "Andorra" erleben die Lesenden am Beispiel der Hauptfigur Andri Antisemitismus, Ungerechtigkeit und Willkür der Obrigkeit mit. Am Ende wird er sogar grundlos ermordet.

Neben der nüchternen und emotionalen Behandlung der damaligen politischen Probleme wirst Du in der Literatur der 60er auch immer wieder das Stilmittel Ironie finden. Dabei werden negative Aspekte beschönigt und Gegebenheiten ins Gegenteil verkehrt, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Mit diesem Zynismus drückten die Verfassenden häufig die Machtlosigkeit aus, die sie verspürten.

Unter dem Begriff Zynismus kannst Du eine Haltung verstehen, bei der ein Mensch sich negativ verhält oder äußert. Dabei ist er sich der destruktiven oder verletzenden Folgen seines Verhaltens bewusst, setzt sich aber darüber hinweg.

Werke der Literatur der 60er-Jahre

Damit Du Dir die Merkmale der Epoche und den politischen Hintergrund noch besser vorstellen kannst, findest Du im Folgenden Beispiele aus den drei Literaturgattungen.

Politische Epik der 60er-Jahre

Auch in den 60er-Jahren war der Roman die beliebteste Form der Epik. Der Roman, der typischerweise eine längere Handlung und verschiedene Figuren hat, lieferte den Verfassenden die Möglichkeit, mehrere Themen ausführlich zu behandeln.

Ein berühmter deutscher Roman dieser Zeit ist "Deutschstunde" (1968) von Siegfried Lenz. Darin wird erzählt, wie sich ein junger Mann an seine Kindheit im NS zurückerinnert. Insbesondere die Beziehung zu seinem nationalsozialistisch eingestellten Vater steht dabei im Vordergrund.

Einige politische Aspekte in "Deutschstunde" sind: Kontrolle des NS z. B. durch die Polizei, Zensur von Kunst, Krieg und Besatzung sowie die Schuldfrage.

Während der Vater die brutalen und extremistischen Anhänger des NS verkörpert, zeigt Lenz an den anderen Figuren, was die Menschen zu tun gezwungen waren, um seiner Kontrolle und seinem Zwang zu entgehen:

Der Bruder der Hauptfigur verletzt sich selbst schwer, um nicht in den Krieg ziehen zu müssen. Sein Vater bezeichnet ihn danach als Schande und feige.

Wenn Du mehr über das Werk "Deutschstunde" erfahren möchtest, findest Du bei StudySmarter eine ausführliche Erklärung, in die Du Dich einlesen kannst.

In "Deutschstunde" werden verschiedene Aspekte der Schuldfrage dargestellt. Zum einen die direkte Verantwortung der ausführenden Mitglieder des NS-Systems am Beispiel des Vaters. Zum anderen auch weniger eindeutige Formen der Verantwortung, die häufig mit Pflicht und der Angst vor Strafe zusammenhängen.

Weitere berühmte epische Werke der 60er-Jahre:

Politische Lyrik der 60er-Jahre

Auch die Lyrik war von der Politisierung betroffen. In kurzen Gedichten wurden Krieg und Ungerechtigkeit kritisiert. Dabei spiegelte sich der verstörende Inhalt in der Form wider: Viele Gedichte waren durch Zeilensprünge und abgehackte Sätze bestimmt und häufig weder rhythmisch noch gereimt.

Beispiel "Gezieltes Spielzeug"

Ein Beispiel aus der Gattung Lyrik ist das politische Gedicht "Gezieltes Spielzeug" von Erich Fried aus dem Jahr 1966. Darin thematisiert er eine angebliche Aktion des US-Militärs in Vietnam. Dabei sollen Flugzeuge am vietnamesischen Festtag der Kinder Spielzeug auf Dörfer abgeworfen haben. Darunter sollen auch Gebiete gewesen sein, die zuvor von US-amerikanischen Bomben getroffen wurden.

Gezieltes Spielzeug

Abwurf

von Spielzeug

statt Bomben

zum Fest der Kinder

sagten die Marktforscher

das

macht zweifellos

großen Eindruck

Es hat sehr großen

Eindruck

gemacht

auf die ganze Welt

Hätte das Flugzeug

lieber vor vierzehn Tagen

Spielzeug heruntergeworfen

und jetzt erst die Bomben

hätten meine zwei Kinder

noch vierzehn Tage

durch eure Güte

etwas zum Spielen gehabt2

Die Kritik, die Fried mit seinem Werk an dieser absurden Aktion übt, wird besonders in der letzten Strophe deutlich. Dort spricht das lyrische Ich ironisch von der "Güte" des US-Militärs. Außerdem kann interpretiert werden, dass seine Kinder durch die Bombenangriffe gestorben sind und nicht mehr mit dem Spielzeug spielen können. Damit äußert Fried auch Kritik am Krieg allgemein.

Als lyrisches Ich wird die Erzählinstanz eines Gedichts bezeichnet. Es ist nicht mit der Verfasserin oder dem Verfasser identisch.

Weitere lyrische Werke der 60er-Jahre:

  • "In Ohnmacht gefallen" von Günter Grass (1967)
  • "Landaufenthalt" von Sarah Kirsch (1967)
  • "Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt" von Peter Handke (1969)

Politische Dramatik der 60er

In der Dramatik etablierte sich der Dokumentar-Stil in Form des dokumentarischen Theaters. Auch hier wurde mit der Montagetechnik gearbeitet, indem reale Dokumente vorgelesen und auch Tonaufnahmen abgespielt wurden.

In der Nachkriegszeit entfremdete sich das Drama zunehmend von den Merkmalen des klassischen geschlossenen Dramas. Neue experimentellere Formen entstanden, die sich in ihrer Form den Inhalten anpassten, also dem Thema Krieg und seinen Folgen. Das bedeutet, dass die Dramenautorinnen und - autoren durch das Auflösen der klassischen Form, verwirrende Ortswechsel und Figurentypen sowie dem Fehlen einer Moral die Destruktivität des Krieges auch formal darstellten.

Das geschlossene Drama geht auf die Dramentheorie von Aristoteles zurück und zeichnet sich durch feste Merkmale aus. Dazu gehört ein Spannungsaufbau mit steigender Handlung, Höhepunkt und fallender Handlung sowie eine kleine Zahl von Figuren und Orten. Du findest mehr Informationen zur aristotelischen Dramenform in der Erklärung "Dramen".

Ein Beispiel für das politische Theater aus den 60er-Jahren ist die Komödie "Die Physiker" (1962) von Friedrich Dürrenmatt. Darin wird die Geschichte eines Wissenschaftlers erzählt, der eine große Entdeckung gemacht hat und sich aus Angst davor, welche Folgen diese Entdeckung für die Welt haben könnte, in eine Anstalt einweisen lässt. Es gelingt ihm jedoch nicht, sich zu verstecken: Unter den anderen Patienten und Patientinnen sind zwei Agenten, die versuchen, seine Entdeckung, die sogenannte Weltformel, von ihm zu erfahren.

In der Erklärung "Die Physiker" kannst Du Genaueres über Dürrenmatts Werk erfahren.

Mit seinem Werk zeigt Dürrenmatt auf humorvolle und ironische Weise, dass auch die Wissenschaft von der Politisierung betroffen ist. Er spielt damit auf die Erfindung der Atombombe an. Dabei waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Beispiel von der US-amerikanischen Regierung beauftragt worden, im Bereich der nuklearen Physik zu forschen, mit dem Ziel, Waffen herzustellen. Auch hier eröffnet sich die Frage nach der Verantwortung, in diesem Fall für wissenschaftliche Erfindungen.

Weitere berühmte Dramen der 60er-Jahre:

  • "Der schwarze Schwan" von Martin Walser (1964)
  • "Die Ermittlung" von Peter Weiss (1965)
  • "Die Kannibalen" von George Tabori (1968)

Politische Autorinnen und Autoren der 60er-Jahre

Die Politisierung der Literatur war eine Bewegung, die vor allem von jungen Menschen angetrieben wurde. Unter anderem durch die Studentenbewegungen von 1968 trugen sie dazu bei, dass Literatur vermehrt von Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, Altersklassen und Interessengebieten verfasst wurde.

Besonders die Emanzipation der Frauen, die schon in der Nachkriegszeit Fahrt aufnahm, machte große Fortschritte in den 60er- und 70er-Jahren. Das führte auch dazu, dass es mehr Autorinnen gab und mehr Literatur zu Interessengebieten speziell von Frauen entstand.

Vor dem Wendepunkt von 1968 war die Literatur jedoch auch von Verfassenden geprägt, die schon seit der unmittelbaren Nachkriegszeit und in den 50er-Jahren bekannt waren. Dazu zählen vorwiegend die Mitglieder der Gruppe 47.

Gruppe 47

Bei der sogenannten Gruppe 47 handelte es sich um einen Autorenzusammenschluss, der Schriftstellerinnen und Schriftstellerin ermöglichte, ihre Werke anderen Gleichgesinnten vorzustellen und darüber zu diskutieren. Vor allem der ab 1950 verliehene "Preis der Gruppe 47" war in der BRD sehr angesehen.

Den jungen Vertreterinnen und Vertretern der politischen Literatur der 60er war die Gruppe zu unpolitisch und sie wurde 1967 aufgelöst. Darin wird häufig das Ende der Epoche der Nachkriegsliteratur gesehen. Namhafte Vertreter und Vertreterinnen der Gruppe 47 waren zum Beispiel Günter Grass, Heinrich Böll oder Ingeborg Bachmann.

Der Name der Gruppe 47 leitet sich von ihrem Gründungsjahr 1947 ab. In der Erklärung "Nachkriegsliteratur" kannst Du noch mehr darüber erfahren.

Zuletzt erhältst Du einen Überblick über die wichtigen Verfassenden der 60er-Jahre.

Diese Verfasser hast Du hier bereits kennengelernt:

Weitere wichtige Verfasserinnen und Verfasser sind:

  • Heinrich Böll (1917– 1985), BRD

  • Günter Grass (1927–2015), BRD

  • Martin Walser (geb. 1927), BRD

  • Ingeborg Bachmann (1926–1973), BRD

  • Christa Wolf (1929–2011), DDR

  • Jurek Becker (1937-1997), DDR

  • Peter Handke (geb. 1942), Österreich

Politisierung der Literatur - Das Wichtigste

  • Die Politisierung der Literatur bedeutet, dass zunehmend politische Themen in der Literatur behandelt wurden und die Lesenden dazu angeregt waren, sich ebenfalls mit Politik auseinanderzusetzen.
  • Die Politisierung der Literatur fand in den 1960er-Jahren statt und war eine Reaktion auf den Kalten Krieg sowie die Verdrängung der Schuldfrage in der Nachkriegszeit.
  • Die 60er-Jahre fallen in die Zeit der "zwei deutschen Literaturen" da Deutschland in die DDR und BRD gespalten war und die Literatur sich unterschiedlich entwickelte.
  • Neben der Thematisierung von Politik war ein dokumentarischer, emotionaler oder ironischer Stil Merkmal der Literatur dieser Epoche.
  • Zu den repräsentativen Werken dieser Zeit gehören "Deutschstunde" von Siegfried Lenz, "Gezieltes Spielzeug" von Erich Fried und "Andorra" von Max Frisch.

Nachweise

  1. Lektürehilfe.de: Literatur der BRD, Postmoderne. (31.08.2022)
  2. Schurf; Wagener, ed. (2009). Texte, Themen und Strukturen. Cornelsen Verlag.
  3. Drügh et. al., ed. (2012). Germanistik. Verlag J. B. Metzler.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Politisierung der Literatur

Als Politisierung bezeichnet man zum einen, dass man mit einer politischen Betrachtungsweise auf ein bestimmtes Thema blickt. Zum anderen wird damit ausgedrückt, dass man sich politisch betätigt oder eine bestimmte Gruppe zu einem politischen Bewusstsein gebracht wird. Im Fall der Politisierung der Literatur steht im Mittelpunkt die politische Funktion der Literatur.

Da viele Autorinnen und Autoren sich in Parteien engagierten, fanden politische Themen auch in ihren Werken Einfluss. Zentrale Themen waren die nationalsozialistischen Verbrechen und die Schulfrage sowie der Kalte Krieg. Die Dokumentarliteratur wurde in dieser Zeit sehr populär. 

Wichtige Autorinnen und Autoren der 1960er:

  • Heinrich Böll (1917-1985)
  • Friedrich Dürrenmatt (1921-1990)
  • Günter Grass (1927-2015)
  • Max Frisch (1911-1991)
  • Siegfried Lenz (1926-2014)
  • Ingeborg Bachmann (1926-1973)

Als politische Lyrik werden Gedichte bezeichnet, die politische Themen behandeln und die Funktion haben, ein politisches Bewusstsein in den Lesenden zu wecken. Sie entstand besonders in den 1960er-Jahren.

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