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In diesem Kapitel geht es um die Sansculotten. Die Sansculotten waren eine politische Gruppierung während der Französischen Revolution. Sie formten sich aus Handwerkern, und Kleinhändler und Arbeitern.
Der vermeintliche Abschluss der Revolution mit der Verabschiedung der Verfassung am 3. September 1791 konnte die Probleme, vor die sich die konstitutionelle Monarchie von Beginn an gestellt sah, nur mühsam verdecken. Bereits Ende Juni 1791 hatte Ludwig XVI. einen Fluchtversuch unternommen. In Nordfrankreich entdeckt, wurden er und seine Familie im Triumph nach Paris zurückgeführt. Für die Konstitutionalisten drohte damit eine Säule ihrer Verfassung wegzubrechen: Der als Exekutive fungierende, in die Verfassung eingebundene Monarch hatte seine Untreue und offenkundige Gegnerschaft gegen die verfassungsmäßige Ordnung erwiesen.
Zwar gelang es der Mehrheit der Nationalversammlung, das Geschehen als Entführungsversuch auszugeben, an dem der König schuldlos sei. Dennoch war das Vertrauen in die Monarchie von nun an stark erschüttert. Daran konnte auch der Eid des Königs auf die Verfassung am 14. September desselben Jahres nichts mehr ändern. Der mehrfache Gebrauch des Vetorechts durch Ludwig tat ein Übriges. Spätestens von nun an beobachtete besonders die Pariser Stadtbevölkerung das Treiben in den Tuilerien argwöhnisch, ebenso wie sie mit den bisherigen, das Besitzbürgertum privilegierenden Ergebnissen der Revolution nicht zufrieden sein konnte.
Alsbald entstand in dieser Gruppe ein Kollektivbewusstsein, das sich in der Bezeichnung als Sansculotten zeigte. Ihre äußerliche Gemeinsamkeit waren die gestreiften Langhosen, mit denen sie sich deutlich sichtbar von den Trägern der Culottes, der Kniebundhosen der Eliten des Ancien Régime, wie sie auch die Abgeordneten in der Nationalversammlung nach wie vor trugen, abhoben.
Sansculotten waren Pariser Kleinbürger: Handwerker, kleine Kaufleute, Gesellen, Arbeiter, also diejenigen, die durchaus imstande waren, politische Interessen zu formulieren, durch das Zensuswahlrecht aber von der politischen Partizipation ausgeschlossen waren. Keineswegs darf man sich unter den Sansculottes nur eine verelendete Unterschicht sozialen Prekariats vorstellen. Auch wenig vermögende Gebildete, Juristen oder Journalisten etwa, waren darunter zu finden und sie gaben der Bewegung eine beredte Stimme. Diese Stimme war revolutionär: Man stand auf der Seite der Ereignisse von 1789 und wollte sie dadurch vollendet sehen, dass man die Freiheit, vor allem aber die Gleichheit, auch persönlich erfahren konnte.
Die Forderungen der Sansculotten nahmen ihren Ausgang beim Hunger infolge der nach wie vor bestehenden Versorgungsprobleme. Zugleich sahen die Sansculotten, dass die kleine Gruppe des Besitzbürgertums von dem bisherigen Revolutionsverlauf mehr profitiert hatte als sie. Deshalb wandten sie sich gegen einen unbeschränkten Wirtschaftsliberalismus und forderten stattdessen die ökonomische und soziale Gleichheit, wohingegen das Besitzbürgertum es bei der rechtlichen Gleichheit belassen wollte.
Insofern vertraten die Sansculotten tatsächlich einen Klassenstandpunkt, der sie in scharfe Opposition zum Bürgertum in der Nationalversammlung bis 1792 rückte. Zum Katalog der Forderungen gehörte eine Beschränkung des Eigentums. Sie wandten sich gegen den einsetzenden Kapitalismus und die beginnende Industrialisierung. Hier waren die Sansculotten konservativ und sprachen sich für eine Gesellschaft kleiner Eigentümer aus, die sich aktiv um einen Ausgleich sozialer Unterschiede bemühen sollte. Die Versorgungskrise gedachten sie durch Preisfestsetzungen in den Griff zu bekommen. Regelmäßig kam es zu Preis und Brotunruhen in Paris.
Auch in ihrem Moralismus waren die Sansculotten entschieden und eher rückwärtsgewandt, wenn sie etwa Prostitution oder Spielbanken ablehnten. Die Unruhe der Straße wurde in Paris damit zu einem wichtigen Faktor in der Politik. Zu einem ersten Zusammenstoß zwischen Besitzbürgern und Sansculotten kam es am 17. 7. 1791. Als auf dem Marsfeld mehrere Tausend Handwerker und Arbeiter für eine Bestrafung Ludwigs XVI. nach seinem Fluchtversuch demonstrierten, eröffnete die Nationalgarde – sie war ausschließlich für Aktivbürger geöffnet – das Feuer und tötete ca. 50 Teilnehmer.
Die Verachtung der Sansculotten für ihren Monarchen, die eskalierende Furcht vor der Gegenrevolution und die durch den Krieg noch verschärfte angespannte Versorgungslage bildeten den Treibsatz für die sogenannte zweite Revolution im August / September 1792 in Paris. An die Stelle ebenso gepflegter wie theorielastiger Debatten um den Staatsaufbau trat nun die Gewalt der Straße. Das Fass zum Überlaufen brachte am 1. August 1792 ein Manifest des Herzogs von Braunschweig, das dieser als Oberbefehlshaber der Koalitionstruppen wenige Tage zuvor (25.7.) an die Pariser adressiert hatte. Darin forderte er die Wiedereinsetzung Ludwigs XVI. als absolutistischen Herrscher bei gleichzeitiger Androhung eines massiven Vergeltungsschlages gegen Paris, wenn dies nicht geschähe. Der Monarchie, so schien es, war nun endgültig die Maske vom Gesicht gerissen.
Am 10. August stürmten die Sansculotten, unterstützt von in Paris stationierten, sogenannten föderierten Truppen aus der Provinz, die Tuilerien. Ludwig floh in die Nationalversammlung, wurde dort aber verhaftet und inhaftiert. Seine Leibwache, rund 600 Mann Schweizergarde, setzte sich zur Wehr, erschoss etliche der Angreifer, wurde dann aber von der aufgebrachten Menge überwältigt. Diese plünderte und zertrümmerte zudem das Mobiliar des Schlosses. Die Sansculotten ergriffen auch die Macht in der Pariser Stadtverwaltung. Das 1789 etablierte, besitzbürgerlich dominierte Gremium wurde abgelöst.
Die neue Selbstverwaltung, die Commune, setzte sich aus gewählten Abgeordneten der Pariser Sektionen (Wahlbezirke) zusammen, in denen die Sansculotten politische Fragen nach den Vorstellungen einer direkten Demokratie debattierten. Auch die bislang eher exklusive Nationalgarde wurde kurzerhand übernommen, ihr Oberbefehlshaber ermordet und durch einen Sansculotten ersetzt. Mit Piken bewaffnete Sansculotten zwangen die Nationalversammlung, die vorläufige Amtsenthebung Ludwigs zu beschließen. An seine Stelle trat ein provisorischer Exekutivrat. Am 10. August 1792 endete damit faktisch die Monarchie.
Am Tag darauf beschloss die Nationalversammlung unter dem Eindruck der Ereignisse das allgemeine Männerwahlrecht und schaffte das von den Sansculotten verhasste Zensuswahlrecht ab. Die Gewalt in Paris dauerte jedoch an. Im August häuften sich die bedrohlichen Nachrichten über Niederlagen der französischen Armee. Der Feind stand nun tief in Frankreich, fast schon in Reichweite von Paris. Es herrschte wieder einmal eine Stimmung von Furcht und Angst, die ein Ventil suchte. Sie fand es in den Pariser Gefängnissen, wo neben Kriminellen auch politische Gefangene, namentlich eidverweigernde Priester, einsaßen. Die durch die revolutionäre Presse aufgestachelte Bevölkerung erblickte in den „Verdächtigen“ eine gegenrevolutionäre Gefahr – und beseitigte diese.
Vor improvisierte Pariser Volksgerichte gestellt, fielen den Septembermorden (2. – 6. September 1792) mehr als 1 000 Häftlinge der Pariser Gefängnisse zum Opfer. Eine Beruhigung der Lage trat erst wieder ein, als mit der Kanonade von Valmy (20. 9. 1792) der Wendepunkt des Koalitionskrieges erreicht war. Fortan eroberte die französische Armee nicht nur das französische Staatsgebiet zurück, sondern griff bald danach auch darüber hinaus. Die innenpolitische Wirkung einer drohenden Niederlage war vorerst gebannt.
Insider Tipp
Wir hoffen dieser Artikel zu den Sansculotten hilft dir weiter. Hier bei StudySmarter haben wir viele Artikel, die sich thematisch mit der Französisch Revolution auseinandersetzen. Wir haben neben diesem Artikel noch welche zum Sturm auf die Bastille, zu den Jakobinern, dem Code Civil und der Guillotine. Schau doch mal rein, da ist sicherlich auch was für dich dabei!
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