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Montanunion

Hast Du schonmal von der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, abgekürzt EGKS, gehört? Die EGKS wird oft auch Montanunion genannt. Die Montanunion war ein wichtiger Meilenstein beim Prozess der Europäischen Integration. Doch was genau ist die Montanunion und welche Aufgaben hat sie?

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Hast Du schonmal von der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, abgekürzt EGKS, gehört? Die EGKS wird oft auch Montanunion genannt. Die Montanunion war ein wichtiger Meilenstein beim Prozess der Europäischen Integration. Doch was genau ist die Montanunion und welche Aufgaben hat sie?

Montanunion – Definition

Die am 23. Juli 1952 in Kraft getretene Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion genannt, war der erste Zusammenschluss aus europäischen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg, in welchem nicht nur ehemalige alliierte Staaten, sondern auch deren ehemalige Feinde Deutschland und Italien Mitglied waren. Außerdem war die Montanunion die erste supranationale Organisation weltweit.

Als Supranationalität bezeichnet man die Übertragung nationaler Souveränitäten, wie Gesetzgebungskompetenzen in bestimmten Bereichen, auf eine aus mehreren Staaten bestehende Organisation, beziehungsweise deren Institutionen.

Montanunion – Gründung

Nach dem Zweiten Weltkrieg verhandelten die USA, Frankreich, Großbritannien und die Benelux-Staaten Luxemburg, Belgien und die Niederlande auf der Londoner Sechsmächtekonferenz über die Zukunft Westdeutschlands. Ziel der Konferenz war die Gründung eines föderalistischen und demokratischen deutschen Staates in den drei westlichen Besatzungsgebieten. Ergebnis dieser Konferenz war die Londoner Empfehlung, welche in den Frankfurter Dokumenten übernommen wurden.

Montanunion Mitgliedstaaten der Montanunion, Sechsmächtekonferenz Gründung Mitglieder Bedeutung, StudySmarterAbb. 1 - Mitgliedstaaten der Londoner Sechsmächtekonferenz (v. o. l. n. u.: USA, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Belgien, Niederlande)

Montanunion Frankfurter Dokumente – Erklärung

Die Frankfurter Dokumente wurden den deutschen Ministerpräsidenten am 1. Juli 1948 übergeben und beauftragten diese mit der Gründung eines westdeutschen Staates – der späteren Bundesrepublik Deutschlands.

Neben dem ersten Dokument, welches Empfehlungen für die Verfassung des westdeutschen Staates beinhaltete, und dem zweiten Dokument, welches den Ministerpräsidenten Vorschläge über die territoriale Gliederung Westdeutschlands machte, bestanden die Frankfurter Dokumente auch noch aus dem dritten Dokument, welches das Besetzungsstatut Deutschlands regelte.

In diesem dritten Dokument wurde etwa eine Kontrolle des deutschen Außenhandels oder die Reparationszahlungen an die Alliierten geregelt. Am wichtigsten für die spätere Idee der EGKS war allerdings die Einrichtung der Internationalen Ruhrbehörde.

Montanunion Beratungen Montanunion, Gründung, Erklärung Frankfurter Dokumente, StudySmarterAbb. 2 - deutsche Ministerpräsidenten bei den Beratungen zu den Frankfurter Dokumenten

Der Name Ruhrbehörde leitet sich vom Begriff Ruhrgebiet ab. Als Ruhrgebiet wird ein heute aus vier Landkreisen bestehendes Gebiet in Nordrhein-Westfahlen bezeichnet, welches aufgrund seiner hohen Braun- und Steinkohlevorkommen schon immer Heimat für die Kohle-, Koks- und Stahlindustrie war.

Montanunion, Karte Ruhrgebiet, StudySmarterAbb. 3 - Ruhrgebiet (dunkelgrün) und NRW (hellgrün)

Montanunion, Steinkohlebergwerk Zeche Zollverein, StudySmarterAbb. 4 - Steinkohlebergwerk „Zeche Zollverein“ im Ruhrgebiet

Da Kohle und Stahl die wichtigsten Rohstoffe der Kriegsindustrie sind, wurde das Ruhrgebiet durch die Ausrichtung der deutschen Wirtschaft auf die Kriegsindustrie zur Zeit des Nationalsozialismus auch als „Waffenschmiede des Nationalsozialismus“ bezeichnet. Um einen erneuten Krieg zu verhindern, sahen die sechs westlichen Mächte die Kontrolle der Kohle- und Stahlindustrie daher als zentralen Bestandteil der Nachkriegspolitik an. Diese sollte durch die Einrichtung der Internationalen Ruhrbehörde erfolgen.

Montanunion – Kritik an der Internationalen Ruhrbehörde

Vor allem aus Westdeutschland, aber auch vereinzelt aus den Mitgliedstaaten der Sechsmächtekonferenz wurde Kritik an der Internationalen Ruhrbehörde geäußert. Hauptkritikpunkt war dabei meistens, dass die Siegermächte durch die Kontrolle der Kohle- und Stahlindustrie im Prinzip die gesamte deutsche Volkswirtschaft lenken konnten. Außerdem wurde vor allem den britischen und französischen Vertretern in der Internationalen Ruhrbehörde immer wieder Machtmissbrauch zur Bevorteilung der eigenen Montanindustrie vorgeworfen.

Als Montanindustrie bezeichnet man die Gesamtheit der auf dem Bergbau aufbauenden Kohle- und Stahlindustrie. Den Begriff Montanunion könnte man somit als Kohle- und Stahl-Union umschreiben.

Der damalige Bundeswirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard sagte über das Ruhrstatut, also das Abkommen über die Einrichtung der internationalen Ruhrbehörde, welches auf die Frankfurter Dokumente zurückging, 1949 Folgendes:

„Das Ruhrstatut ist der tragische Fehlschlag der Nachkriegszeit. […] Die letzte Konsequenz des Statuts ist, daß die soziale Lebensführung, der Lebensstandard des deutschen Volkes, jetzt nicht mehr abhängig ist von deutschen Bestrebungen, deutschem Fleiß und deutscher Sozialpolitik, sondern vom Votum der Interessenten und Konkurrenten der deutschen Wirtschaft.“ – Ludwig Erhard

Dieses Zitat spiegelte den Kern der deutschen Kritik an der internationalen Ruhrbehörde gut wider. Ein Teil der deutschen Bevölkerung fühlte sich durch diese Kontrolle und die hohen, an die Alliierten zu leistenden Reparationszahlungen, ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg durch den Versailler Vertrag bevormundetet.

Wenn Du mehr über Ludwig Erhard als Person und seine spätere Amtszeit als Bundeskanzler erfahren möchtest, empfehlen sich, die Erklärung zum Thema „Regierung Erhard“ zu lesen.

Schuman-Plan – Bedeutung

Wie Du in den vorherigen Absätzen bereits erfahren hast, diente die internationale Ruhrbehörde zwar als guter kurzfristiger Kontrollmechanismus der kriegsrelevanten Kohle- und Stahlindustrie, allerdings förderte sie nicht die kooperative (wirtschaftliche) Zusammenarbeit mit Deutschland. Als diese Kritik auch nach der Zulassung von drei stimmberechtigten deutschen Vertreten in der internationalen Ruhrbehörde nicht abebbte, gab es vor allem von französischer Seite aus immer wieder Bestrebungen, diesen Kontrollmechanismus weiterzuentwickeln.

Der damalige französische Außenminister Robert Schuman verlas dazu am 9. Mai 1950 die sogenannte Schuman-Erklärung. Diese hatte er zuvor mit seinen Mitarbeiter*innen, zu denen auch der spätere erste Präsident der Hohen Behörde der EGKS, Jean Monnet gehörte, ausgearbeitet. Wesentlicher Bestandteil seiner Erklärung war der Vorschlag einer gemeinsamen deutsch-französischen Organisation, die einer gemeinsamen Hohen Behörde untergestellt sein sollte:

„Die französische Regierung schlägt vor, die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu unterstellen, in einer Organisation, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offensteht.“ – Robert Schuman

Im weiteren Verlauf seiner Erklärung sprach Schuman außerdem davon, dass diese erste gemeinsame Organisation den Grundstein für eine gemeinsame europäische Föderation legen sollte, welche langfristig den Frieden in Europa sichern sollte. Schuman und die französische Regierung wichen mit diesem Vorschlag erstmals von dem Gedanken der Bestrafung Deutschlands zur Prävention eines erneuten Krieges ab und setzten anstatt dessen auf eine gleichberechtigte Zusammenarbeit.

Der Inhalt dieser Erklärung wird oft als Schuman-Plan bezeichnet und legte den Grundstein für die spätere Montanunion.

Durch die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes in der Kohle- und Stahlindustrie unter gleichberechtigter Aufsicht sollten nach Schumans Vorstellungen nach dem Krieg alle Mitgliedstaaten wirtschaftlich profitieren. Außerdem sollte die Zusammenlegung der Produktion und der Ausfuhr von Kohle und Stahl dafür sorgen, „daß jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich ist.“

Montanunion, Gründung Bedeutung Erklärung Robert Schuman, StudySmarterAbb. 5 - Robert Schuman

Robert Schuman (1886–1963) wurde im ehemaligen Deutschen Kaiserreich im Grenzgebiet zu Frankreich geboren und besaß daher ursprünglich eine deutsche Staatsbürgerschaft. Nach dem Ersten Weltkrieg erlangte Robert Schuman durch die Annexion von Elsass-Lothringen die französische Staatsbürgerschaft. Von 1919 an war er bis zu seiner Verhaftung durch die Gestapo im Jahre 1941 Abgeordneter in der französischen Nationalversammlung.

Nach dem Krieg war er 1946 französischer Finanzminister, 1947 sogar französischer Ministerpräsident. 1948–1952 war er als französischer Außenminister zu einem entscheidenden Teil an der Gründung der EGKS beteiligt. 1958 wurde er zum 5. Präsidenten des Europäischen Parlamentes gewählt.

Verhandlungen über die Montanunion

Die Schuman-Erklärung stellte zwar den ersten wichtigen Schritt auf dem Weg hin zur Montanunion dar. Allerdings beinhaltete der Vorschlag natürlich noch kein fertiges Vertragswerk.

Dieses wurde im Jahr nach der Schuman-Erklärung von Delegierten der interessierten Staaten ausgehandelt. Zu diesen gehörten neben Deutschland und Frankreich, die späteren Mitgliedstaaten der EGKS: Italien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Zu Beginn nahm auch Großbritannien an den Verhandlungen teil. Das Vereinigte Königreich zog sich aus diesen Verhandlungen jedoch aufgrund eines befürchteten Souveränitätsverlustes schnell wieder zurück.

Montanunion – Damalige Kritik

Im Laufe der Verhandlungen über die Gründung der Montanunion (EGKS) wurden viele unterschiedliche Kritikpunkte vorgebracht. Die wichtigsten haben wir dir hier zusammengefasst.

Montanunion – Souveränitätsverlust

Der Souveränitätsverlust, den die Mitgliedsstaaten der EGKS durch die Übertragung ihrer Rechte und Pflichten auf die Hohe Behörde in Kauf nehmen mussten, war nicht nur in Großbritannien der Hauptkritikpunkt. Aus allen zukünftigen Mitgliedstaaten wurde diese Kritik zwischenzeitlich geäußert. Die Niederlande drohten daher sogar ebenfalls mit einem Ausstieg aus dem Vorhaben.

In Deutschland wurde diese Kritik vor allem von den Wirtschaftsvertreter*innen geäußert. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer teilte diese Kritik nicht. Da Deutschland durch die internationale Ruhrbehörde ohnehin keine nationale Souveränität in der Kohle- und Stahlindustrie besaß, bedeutete die Einführung einer supranationalen Organisation, in der alle Mitgliedstaaten gleich stark vertreten sein sollten, für Deutschland auch eher einen Schritt hin zu mehr Souveränität.

Montanunion – Wiederbewaffnung Deutschlands

Vor allem die USA forderte Anfang der 1950er-Jahre vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Fernen Osten und dem Koreakrieg eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschlands. In Washington erhoffte man sich mit der Bundesrepublik einen starken Partner an der Grenze zum Ostblock. Diese Pläne lehnten die meisten europäischen Staaten aufgrund ihrer Erfahrungen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg jedoch strikt ab.

Die Montanunion sollte zumindest nach dem Schuman-Plan durch eine Zusammenlegung der europäischen kriegswichtigen Kohle- und Stahlindustrie einen Krieg in Europa materiell unmöglich machen. Vor allem die Benelux-Staaten gaben sich aber zunächst skeptisch, ob eine Zusammenlegung der Produktion wirklich einen erneuten Krieg verhindern könnte.

Montanunion – Westintegration Deutschlands

Innerhalb Deutschlands wurden die Pläne zur Gründung der Montanunion von der sozialdemokratischen Opposition abgelehnt. Die SPD hoffte weiterhin auf eine baldige Wiedervereinigung Deutschlands und lehnte daher jegliche Blockbildungen in Europa ab. Sie befürchtete, dass diese von Ostdeutschland als Provokation aufgenommen werden könnte.

Montanunion – Inhaltliche Ausgestaltung

Natürlich wurde auch viel über die konkrete inhaltliche Ausgestaltung gestritten. Die Kritik über unterschiedliche Detailfragen kam vor allem von den nationalen Wirtschaftsverbänden der späteren Mitgliedstaaten. Auch die deutschen Verbände mischten bei dieser Kritik stark mit.

Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer wies seinen Hauptverhandler über die Verträge der Montanunion, Staatssekretär Walter Hallstein jedoch an, das Projekt auf keinen Fall durch inhaltliche Anmerkungen aus der deutschen Wirtschaft scheitern zu lassen. Ihm war die politische Bedeutung der EGKS, welche einen großen Schritt für eine schnelle Rückführung Deutschlands als gleichberechtigtes Mitglied in der internationalen Staatengemeinschaft bedeuten sollte, deutlich wichtiger.

Montanunion Vertragsabschluss

Trotz der vielen Streitpunkte in den Verhandlungen wurde am 14. März 1951 schließlich unter Leitung eines amerikanischen Vermittlers ein Kompromiss in der Frage der Montanunion erzielt. Am 18. April 1951 konnte der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in Paris unterschrieben werden. An dieser feierlichen Zeremonie nahm auch Konrad Adenauer teil. Es war sein erster offizieller Auslandsaufenthalt als Bundeskanzler. Der Vertrag trat am 23. Juli 1952 für die kommenden 50 Jahre in Kraft.

Montanunion – Institutionen der EGKS

Inhaltlich orientierte sich der Vertrag über die Gründung der EGKS größtenteils an der Schuman-Erklärung. Es wurde eine gemeinsame Organisation gegründet, innerhalb derer ein gemeinsamer Binnenmarkt für Güter der Montanindustrie geschaffen wurde. Innerhalb des Bereiches der EGKS war der Handel mit Kohle und Stahl daher zollfrei. Der Außenhandel und alle weiteren Anliegen wurden über die gemeinsamen Institutionen der EGKS geregelt. Die Institutionen der EGKS waren:

Montanunion – Hohe Behörde

Die Hohe Behörde übte, wie schon in der Schuman-Erklärung beschrieben, die exekutive Gewalt innerhalb der EGKS aus. Ähnlich wie die heutige Europäische Kommission konnte jedoch nur sie neue Richtlinien und Verordnungen für den Beschluss in der Gemeinsamen Versammlung vorlegen. Damit besaß die Hohe Behörde auch ein legislatives Element.

Sie bestand laut EGKS-Vertrag aus neun Personen, von welchen acht durch die nationalen Regierungen ernannt wurden und ein neuntes Mitglied kooptiert wurde. Kein Mitgliedstaat durfte mehr als zwei Mitglieder der Hohen Behörde stellen.

Als „Kooptation“ (Verb: kooptieren) wird die Möglichkeit von Vereinen oder politischen Organisationen bezeichnet, weitere oder ausgeschiedene Mitglieder in einen Vorstand, beziehungsweise eine Regierung nachzuwählen. Meistens wird diese Nachwahl von dem bereits gewählten Vorstand selbst getätigt.

Aus ihrer Mitte heraus wählte die Hohe Behörde einen Präsidenten, beziehungsweise eine Präsidentin. Erster Präsident der Hohen Behörde der EGKS wurde, wie bereits oben erwähnt, Robert Schumans ehemaliger Mitarbeiter Jean Monnets. Die Hohe Behörde hatte ihren Sitz in Luxemburg. Aus der Hohen Behörde ging im Laufe der Geschichte die Europäische Kommission hervor, welche heutzutage immer noch in Luxemburg sitzt.

Montanunion – Gemeinsame Versammlung

Die Gemeinsame Versammlung der EGKS bestand zunächst aus 78 Mitgliedern, welche durch die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten ernannt wurden. Alle Mitglieder der Gemeinsamen Versammlung hatten ein Doppelmandat inne. Durch diesen Umstand ist es auch schwierig, die Gemeinsame Versammlung als Parlament zu bezeichnen, da ihre Mitglieder nicht direkt vom Volk gewählt wurden.

Die eigenhändige Umbenennung der Gemeinsamen Versammlung nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und von EURATOM in Europäisches Parlament ist daher irreführend. Treffend wurde diese Bezeichnung erst ab der Einführung der Direktwahl der Abgeordneten ab 1978.

Ähnlich wie im heutigen Europäischen Parlament bildete die Gemeinsame Versammlung Ausschüsse, welche über unterschiedliche Themen beraten sollten. Diese waren zur Zeit der EGKS der Ausschuss für:

  • Fragen des gemeinsamen Marktes
  • Fragen der Investitionen, der Finanzierung und der Entwicklung der Produktion
  • Fragen der Sozialpolitik und Ausschuss für Fragen der Grubensicherheit und des Grubenrettungswesens
  • politische Angelegenheiten und Aussenbeziehungen der Gemeinschaft und Unterausschuss für Fragen der Handelspolitik
  • Verkehrsfragen
  • die Geschäftsordnung und Organisation
  • das Haushaltswesen und Verwaltungsfragen der Gemeinschaft und der Gemeinsamen Versammlung

Montanunion – Fachministerrat

Die Grundstruktur der heutigen EU Institutionen war bereits in der EGKS erkennbar. Neben den Vorläufern der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlamentes wurde ein Fachministerrat eingerichtet, welcher als Vorläufer des Rates der Europäischen Union gilt. Ähnlich wie heute konnten in diesem Rat die zuständigen Fachminister (in diesem Fall meist die Wirtschaftsminister) der jeweiligen Mitgliedstaaten an den Entscheidungen der EGKS teilhaben.

Montanunion – Europäischer Gerichtshof

Neben den anderen, gerade eben beschriebenen Institutionen, die mit legislativen und exekutiven Kompetenzen ausgestattet waren, wurde der Europäische Gerichtshof mit seiner judikativen Kompetenz eingerichtet. In der EGKS bestand er zunächst aus sieben Mitgliedern.

In freiheitlich-demokratischen Organisationen und Staaten spielt die Gewaltenteilung eine wichtige Rolle. Als Gewaltenteilung wird die Aufteilung der Macht in die gesetzgebende Gewalt (Legislative) durch das Parlament, die ausführende Gewalt (Exekutive) durch die Regierung und die rechtsprechende Gewalt (Judikative) durch die Gerichte bezeichnet. Diese drei Gewalten sollen unabhängig voneinander arbeiten und üben eine gegenseitige Kontrollfunktion aus.

Montanunion – Weitere Institutionen

Neben den Institutionen der EGKS, die mit legislativen, exekutiven und judikativen Funktionen ausgestattet wurden, gab es auch noch zwei weitere ergänzende Institutionen.

Zu diesen gehörte einerseits der Beratende Ausschuss der EGKS, welcher aus 51 Vertretenden von Arbeitgebenden-, Arbeitnehmenden- und Verbrauchendenorganisationen bestand. Dieser Ausschuss beriet die anderen Institutionen vor allem in fachlichen Fragen. Die Idee des Beratenden Ausschusses existiert heutzutage durch den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss fort.

Des Weiteren wurde ein aus zwölf Mitgliedern bestehender Rechnungshof eingerichtet, welcher für die Finanzkontrolle innerhalb der EGKS zuständig war.

Montanunion – Flagge(n)

Ursprünglich besaß die EGKS kein eigenes Symbol und auch keine eigene Flagge. Jedoch wurde 1958 auf der Expo in Brüssel eine Flagge für die EGKS vorgestellt. Diese bestand aus den Farben schwarz und dunkelblau mit sechs goldenen Sternen für die sechs ursprünglichen Mitgliedstaaten.

Mit den Beitritten von Dänemark, Irland und Großbritannien 1973, von Griechenland 1981 und Portugal und Spanien 1986 zur EGKS wurde die Anzahl der Sterne auf der Flagge immer wieder erneuert. Nach den Beitritten von Spanien und Portugal trat zwar noch eine Reihe anderer Staaten der EGKS bei, allerdings wurde die Anzahl der Sterne auf der Flagge bei Zwölf belassen.

Montanunion Flaggen der EGKS StudySmarterAbb. 7 - Flaggen der Montanunion

Heutige Bedeutung der Montanunion (EGKS)

Wie Du in den vorherigen Absätzen lesen konntest, ebnete die EGKS als erste supranationale Organisation weltweit den Weg für die EU, wie wir sie heute kennen. Viele Regelungen und Ansätze des EGKS-Vertrages und somit der Schuman-Erklärung existieren in den heutigen EU-Verträgen fort. Institutionen, wie die Gemeinsame Versammlung, die Hohe Behörde oder der Fachministerrat funktionieren heute mit anderem Namen, aber nach den gleichen Prinzipien wie die EGKS.

Die Idee hinter der EGKS, Kriegsvermeidung und wirtschaftlicher Aufschwung durch gemeinsame wirtschaftliche Zusammenarbeit zu erreichen, statt durch Kontrollen, Bestrafungen, Protektionismus und Nationalismus bewährt sich mittlerweile seit knapp 70 Jahren als erfolgreiches Konzept. Lange Zeit war die Europäische Union der stärkste Wirtschaftsraum weltweit und sorgte dafür, dass Europa zu einem der friedlichsten Kontinente weltweit wurde.

Das Konzept der Supranationalität, welches Schuman in seiner Erklärung vorschlug und in der EGKS zum ersten Mal weltweit umgesetzt wurde, wurde zum Vorbild für viele weitere Organisationen, wie die Afrikanische Union (AU), der Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN) oder der Gemeinsame Markt Südamerikas (MERCOSUR).

Formale Auflösung der Montanunion

Mit der Zeit nahm die Bedeutung der Kohle- und Stahlindustrie ab. In den 70er- und 80er-Jahren stieg vor allem der Anteil von anderen fossilen Brennstoffen für die Energiegewinnung an, wie Öl und Gas, vorwiegend in den 2000ern verlagerte sich der Fokus von fossilen Brennstoffen aufgrund von den neuen Bestrebungen für mehr Klimaschutz weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien.

Auch Stahl bekam immer mehr Konkurrenz von anderen Bau- und Rohstoffen und vor allem aus dem außereuropäischen Ausland. Außerdem verlagerten sich die Volkswirtschaften der europäischen Mitgliedsstaaten mit wachsendem Wohlstand immer mehr vom sekundären Wirtschaftssektor der Industrie hin zum tertiären Sektor der Dienstleistungen.

Aufgrund dieser Bedeutungsabnahme der Montanindustrie ließ man die Verträge am 23. Juli 2002 nach 50 Jahren ohne Verlängerung auslaufen. Zu diesem Zeitpunkt fiel die Regulierung der noch verbliebenden europäischen Montanindustrie und des europäischen Binnenmarktes in diesem Wirtschaftssektor ohnehin schon in den Aufgabenbereich der Europäischen Union.

Montanunion - Das Wichtigste auf einen Blick

  • Der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (auch EGKS oder Montanunion) wurde am 18. April 1951 in Paris unterschrieben und trat am 23. Juli 1952 in Kraft.
  • Der Vertrag über die EGKS begründete einen gemeinsamen Binnenmarkt ohne Zölle und einen gemeinsamen Außenhandel in der Montanindustrie (Kohle-, Koks- und Stahlindustrie).
  • Er bedeutet die Abkehr von der vorherigen internationalen Kontrolle der kriegswichtigen deutschen Kohle- und Stahlindustrie hin zu einer gemeinsamen wirtschaftlichen Zusammenarbeit in diesem Bereich.
  • Der supranationale Charakter der EGKS bewies sich als Erfolgskonzept und sicherte den Wohlstand und den Frieden in Europa.
  • Viele der damaligen Institutionen der EGKS wie die Hohe Behörde, die Gemeinsame Behörde oder der Fachministerrat lieferten die Grundlage für die Arbeitsweise der heutigen EU Institutionen.

Nachweise

  1. Abb. 2: Bundesarchiv Bild 175-05845, Koblenz, "Rittersturz-Konferenz" (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/67/Bundesarchiv_Bild_175-05845%2C_Koblenz%2C_%22Rittersturz-Konferenz%22.jpg) by Deutsches Bundesarchiv (https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Finden/Bilder/bilder.html) licensed by CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de).
  2. Abb. 4: Zeche Zollverein, Essen (01980) (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/12/20180114_Zeche_Zollverein%2C_Essen_%2801980%29.jpg) by Günter Seggebäing (https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Watzmann) licensed under CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de).
  3. Abb. 5: Bundesarchiv Bild 183-19000-2453, Robert Schuman (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/ca/Bundesarchiv_Bild_183-19000-2453%2C_Robert_Schuman.jpg) by Deutsches Bundesarchiv (https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Finden/Bilder/bilder.html) licensed under CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en).

Häufig gestellte Fragen zum Thema Montanunion

Die Abkürzung EGKS steht für die Bezeichnung "Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl". Die EGKS wird oft auch als Montanunion bezeichnet. Sie nahm ihre Arbeit am 23. Juli 1952 auf und war somit die erste supranationale Organisation, also ein Zusammenschluss aus unterschiedlichen Staaten, welcher gemeinsame Institutionen besaß, an die die Mitgliedstaaten Souveränitätsrechte abtraten. Die EGKS schuf einen Binnenmarkt, innerhalb dessen keine Zölle auf Kohle und Stahl gezahlt werden mussten. 

Sie war der erste Integrationsschritt hin zur Europäischen Union (EU), wie sie heute existiert. 

Zur Montanunion gehörten zunächst Frankreich, Deutschland, Italien und die Benelux-Staaten Luxemburg, Belgien und die Niederlande. Ab 1973 traten auch noch weitere Staaten der EGKS bzw. der EG und später EU bei.

Kohle und Stahl sind die beiden wichtigsten Rohstoffe der Kriegsindustrie. Zur Verhinderung eines erneuten Krieges war also eine Kontrolle dieser Wirtschaftszweige notwendig.

Kohle und Stahl waren aber auch für den Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg z. B. als Baustoffe oder zur Energiegewinnung von zentraler Bedeutung. Ihnen wurde nachgesagt, dass man mit ihnen eine ganze Volkswirtschaft steuern konnte. 

Die Montanunion, auch EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) genannt, war ein Zusammenschluss aus zunächst 6 Staaten, bei welchem ein gemeinsamer Markt errichtet wurde, innerhalb dessen Kohle und Stahl ohne Zölle, also Abgaben gehandelt werden konnten. Dieser Markt stand unter Kontrolle von unterschiedlichen Institutionen, welche Gesetze und Richtlinien im Bereich der Kohle- und Stahlindustrie beschließen konnten. Die Mitgliedstaaten, wie z. B. Frankreich mussten dafür ihr Recht abgeben, Gesetze in diesem Bereich beschließen zu dürfen. 

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