Schwerbehindertenrecht

Das Schwerbehindertenrecht sieht für Menschen mit Schwerbehinderung besondere Schutzvorschriften vor. Dies ist unter anderem notwendig, um Benachteiligungen zu verhindern, die grundgesetzlich verboten sind. Durch das Schwerbehindertenrecht soll die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt gefördert werden.

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Inhaltsangabe

    Damit Du Dir einen Überblick über das Schwerbehindertenrecht verschaffen kannst, wird in dieser Erklärung der Anwendungsbereich, die Gleichstellung, die gesetzlichen Regelungen, die Beschäftigungspflicht, die Rente und der Antrag des Schwerbehindertenrechts thematisiert.

    Schwerbehindertenrecht – Anwendungsbereich

    Zunächst ist es von Bedeutung, welche Personen unter den Anwendungsbereich des Schwerbehindertenrechts fallen. Damit das Schwerbehindertenrecht angewendet wird, muss der Einzelne einen bestimmten Grad der Behinderung (GdB) aufweisen. Mithilfe des Grades der Behinderung wird ermittelt, ob eine Behinderung vorliegt und ob es sich dabei um eine Schwerbehinderung handelt.

    Der Grad der Behinderung (GdB) bezeichnet die Schwere der Behinderung. Er ist das Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens.

    Der Grad der Behinderung kann zwischen 20 und 100 liegen und wird in Zehnerschritten aufgeteilt. Ab einem Grad der Behinderung von 20 liegt eine Behinderung vor. Bei einem Grad der Behinderung von 50 gilt die Behinderung als Schwerbehinderung. Dies ist auch in § 2 Abs. 2 SGB IX geregelt, da es dort heißt:

    Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt [...].

    In dem Fall kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden und das Schwerbehindertenrecht findet Anwendung. Ermittelt wird der Grad der Behinderung durch ärztliche Gutachter*innen.

    Was unter einer Behinderung zu verstehen ist, ist in § 2 Abs. 1 S. 1, 2 SGB IX definiert:

    Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.

    Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.

    In Deutschland leben circa 10 Millionen Menschen mit einer Behinderung, wovon rund 7,5 Millionen Menschen einen Grad der Behinderung von 50 oder mehr aufweisen und damit als schwerbehindert gelten.

    Der Personenkreis, der von dem Schwerbehindertenrecht geschützt ist, sind also Menschen, die eine Schwerbehinderung haben. Dazu muss ein Grad der Behinderung von mindestens 50 festgestellt werden. Des Weiteren ist es erforderlich, dass der Betroffene seinen regelmäßigen Wohnsitz in Deutschland hat.

    Für Personen, bei denen ein Grad der Behinderung von 30 oder 40 festgestellt wird, besteht die Möglichkeit, sich als gleichgestellt mit schwerbehinderten Menschen anerkennen zu lassen. Dies wird in § 2 Abs. 3 SGB IX festgestellt. Die Voraussetzung ist, dass sie sich regelmäßig in Deutschland aufhalten, genauer gesagt ihren regelmäßigen Wohnsitz in Deutschland haben. Des Weiteren ist erforderlich, dass sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen können.

    Wenn die Voraussetzungen vorliegen, gilt der Betroffene als Schwerbehinderten gleichgestellt. Dadurch finden viele Schutzrechte des Schwerbehindertenrechts Anwendung, jedoch nicht alle. Unter anderem der Sonderkündigungsschutz ist anzuwenden, der gesetzliche Zusatzurlaub wird nicht gestattet.

    Schwerbehindertenrecht Grad der Behinderung Tabelle

    Damit Du Dir einen Überblick über den Grad der Behinderung im Zusammenhang mit der Eigenschaft der Schwerbehinderung machen kannst, wird dies hier in einer Tabelle dargestellt. Je höher der Grad der Behinderung festgestellt wird, desto mehr Nachteilsausgleiche kommen zur Anwendung, damit einer Ungleichbehandlung entgegengewirkt werden kann.

    Grad der Behinderung
    ab 20Eigenschaft der Behinderung
    ab 30Gleichstellung mit einer Schwerbehinderung möglich § 2 Abs. 3 SGB IX
    ab 40
    ab 50Eigenschaft der Schwerbehinderung
    ab 60
    ab 70
    ab 80
    ab 90
    ab 100

    Schwerbehindertenrecht Gleichstellung

    Durch das Schwerbehindertenrecht soll das Ziel erreicht werden, die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (§ 1 S. 1 SGB IX).

    Der Hintergrund dieser Schutzvorschriften ist das grundgesetzliche Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 S. 2 Grundgesetz (GG). Dort heißt es:

    Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

    Durch diesen Satz, der im Jahr 1994 hinzugefügt wurde, haben sich die Voraussetzung für die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung deutlich verbessert. Durch diese Vorschrift wird die Gleichbehandlung und die Förderung von Chancengleichheit aktiv gefördert. Zudem müssen sich Beteiligte sowohl privatrechtliche als auch in öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen daran orientieren und ihnen ist eine Benachteiligung verboten.

    Um eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung zu verhindern, müssen auch Arbeitgeber*innen gewährleisten, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Möglichkeiten zugutekommen.

    Schwerbehindertenrecht Gesetz

    Damit die vorgeschriebene Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG effektiv durchgesetzt werden kann, wird das Benachteiligungsverbot mit dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch umgesetzt. Das Schwerbehindertenrecht wird seit Juli 2001 im Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) geregelt. Das SGB IX beinhaltet insgesamt Vorschriften, die der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen dienen sollen.

    Um das Benachteiligungsverbot besser durchzusetzen, wurde im Jahr 2002 zusätzlich das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) geschaffen. Welches Ziel dieses Gesetz verfolgt, ist in § 1 Abs. 1 BGG festgelegt:

    Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

    Im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch wird in § 1 S. 1 SGB IX verdeutlicht, welches Ziel verfolgt wird.

    Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.

    Dabei werden in § 1 S. 2 SGB explizit die Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen sowie Menschen mit seelischen Behinderungen erwähnt, denen Rechnung getragen werden soll. Auch Menschen mit psychischen und seelischen Beeinträchtigungen haben daher die Möglichkeit, den Grad der Behinderung feststellen zu lassen und je nach Einschätzung Nachteilsausgleiche zu erhalten.

    Insbesondere im Zusammenhang mit Arbeitnehmerverhältnissen ist es notwendig, dass Menschen mit Behinderung nicht benachteiligt werden. Die Rechte von Arbeitnehmer*innen mit Schwerbehinderung sind in den §§ 151 bis 175 SGB IX geregelt. Auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird konkretisiert, dass niemand aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden darf.

    Pflichten für Arbeitgeber

    Aus dem SGB IX ergeben sich einige Pflichten für den*die Arbeitgeber*in. Der Arbeitgeber muss den Pflichten, die den besonderen Schutz der Schwerbehinderten gewährleisten, befolgen und darf nicht dagegen verstoßen. Kommt er den Pflichten, die sich aus dem SGB IX ergeben, nicht nach, verstößt er gegen die Straf- und Bußgeldvorschriften der §§ 237a bis 238 SGB IX.

    Welche Pflichten der Arbeitgeber hat und welche Rechte schwerbehinderten Menschen zukommen, ist in § 164 SGB IX grundsätzlich festgelegt.

    Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können (§ 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX).

    Dadurch soll ermöglicht werden, dass Menschen mit Schwerbehinderung einen Arbeitsplatz erhalten und einer Diskriminierung entgegengewirkt wird.

    Für den Arbeitgeber ergeben sich unter anderem folgende Pflichten:

    • Beschäftigungspflicht von Menschen mit Schwerbehinderung, § 154 SGB IX
    • Prüfung, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können, § 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX
    • Schaffung eines behindertengerechten Arbeitsumfeldes, § 164 Abs. 4 S. 1 SGB IX
    • Gewährung von zusätzlichen Urlaubstagen, § 208 SGB IX
    • Schaffung eines Nachteilsausgleichs, § 209 SGB IX
    • Barrierefreiheit am Arbeitsplatz
    • Integration von Menschen mit Schwerbehinderung
    • Unterstützung durch Bereitstellung einer Beratungsstelle

    In § 164 Abs. 2 SGB IX ist erneut geregelt, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen. Zudem wird auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verwiesen.

    Grundsätzlich muss der Arbeitgeber eine Benachteiligung in allen Bereichen der Arbeitsstelle ausschließen, also bei:

    • der Einstellung
    • der Durchführung des Arbeitsverhältnisses
    • der Förderung (Beförderung des Beschäftigten)
    • der Beendigung der Beschäftigung

    Zudem muss der Arbeitgeber durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die beschäftigten Menschen mit Schwerbehinderung eine möglichst dauerhafte behindertengerechte Beschäftigung finden können, § 164 Abs. 3 S. 1 SGB IX.

    In § 164 Abs. 4 SGB IX sind die Rechte der schwerbehinderten Menschen enthalten. Ihre Ansprüche sind:

    • dass sie ihre Fähigkeiten und Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln können
    • dass sie bei innerbetrieblichen Maßnahmen der Weiterbildung bevorzugt berücksichtigt werden
    • dass sie außerbetriebliche Maßnahmen der Weiterbildung wahrnehmen können
    • dass der Arbeitsplatz in einer Art gestaltet und ausgestattet ist, dass der Betroffene angemessen arbeiten kann
    • dass Arbeitsumfeld und Rahmenbedingungen wie Arbeitszeit auf die Behinderung angepasst sind
    • dass ihr Arbeitsplatz mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen ausgestattet ist

    Melanie hatte einen schweren Unfall mit entsprechenden Beeinträchtigungen als Folge. Es wird ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt, sodass sie als schwerbehindert gilt. Sie arbeitet in einem Unternehmen, in dem sie unter anderem Drucker bedienen muss. Die Bedienung ist nicht behinderungsgerecht möglich, sodass sich Melanie fragt, ob ihr Arbeitgeber Anpassungen durchführen muss.

    Der schwerbehinderte Mensch hat gem. § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB IX gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass die Arbeitsstätte behinderungsgerecht eingerichtet und unterhalten wird. Darunter fallen die Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie die Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr.

    Daher muss der Arbeitgeber von Melanie Anpassungen vornehmen, damit es ihr möglich ist, die Druckermaschinen problemlos zu betätigen.

    Beschäftigungspflicht nach dem Schwerbehindertenrecht

    Aus den §§ 154 ff. SGB IX ergibt sich eine Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber. Dies wird insbesondere in § 154 Abs. 1 S. 1 SGB IX verdeutlicht:

    Private und öffentliche Arbeitgeber (Arbeitgeber) mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen im Sinne des § 156 haben auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.

    Ein Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen ist daher verpflichtet, mindestens 5 Prozent ihrer Arbeitsplätze an schwerbehinderte Menschen zu vergeben.

    In § 154 Abs. 1 S. 2 SGB IX heißt es, dass schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen sind. Der Grund für die scheinbare Bevorzugung von schwerbehinderten Frauen ist, dass sie von der Gesellschaft regelmäßig wegen zwei Eigenschaften diskriminiert werden: aufgrund der Behinderung und aufgrund des Geschlechts. Es sollen daher insbesondere für diese Betroffenen Regelungen getroffen werden, die Nachteile ausgleichen können.

    In § 156 Abs. 1 SGB IX wird definiert, was als Arbeitsplatz gilt:

    Arbeitsplätze im Sinne dieses Teils sind alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden.

    Sollte der Arbeitgeber der Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Arbeitnehmer*innen nicht nachkommen, muss er als Strafe für jeden unbesetzten Platz eine Ausgleichsabgabe zahlen. Dabei wird in § 160 Abs. 1 S. 2 SGB IX ausdrücklich verdeutlicht, dass die Zahlung der Ausgleichsabgabe die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht aufhebt. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber auch weiterhin verpflichtet, einen schwerbehinderten Arbeitnehmer zu beschäftigen.

    Daraus ergibt sich jedoch kein Anspruch eines einzelnen Menschen mit Schwerbehinderung auf eine Einstellung zu bestehen. Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, einen bestimmten schwerbehinderten Arbeitnehmer einzustellen.

    Die Ausgleichsabgabe beträgt je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz pro Monat:

    • 125 € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 %
    • 220 € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 %
    • 320 € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von weniger als 2 %

    Schwerbehindertenrecht Kündigungsschutz

    Menschen mit Schwerbehinderung kommt gem. §§ 168 ff. SGB IX ein Sonderkündigungsschutz zugute. Der Sonderkündigungsschutz von schwerbehinderten Menschen macht die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses jedoch nicht unmöglich. Der Unterschied ist allerdings, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes benötigt, um einen schwerbehinderten Menschen zu entlassen. Dies ergibt sich aus § 168 SGB IX:

    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

    Das Integrationsamt prüft, ob die Kündigung gerechtfertigt ist und ob sie im Zusammenhang mit der Behinderung steht oder nicht. Wird einem Menschen mit Schwerbehinderung ausschließlich aufgrund der Behinderung gekündigt, würde dies eine Diskriminierung darstellen.

    Weiterhin muss der Arbeitgeber für eine wirksame Kündigung den Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung über die Kündigung informieren und die Gremien dazu anhören, § 170 SGB IX.

    Die Kündigungsfrist beträgt gem. § 169 SGB IX mindestens vier Wochen.

    Der Kündigungsschutz ist nur anwendbar, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung länger als sechs Monate besteht, § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB IX.

    Wenn Du mehr über den Kündigungsschutz außerhalb des Schwerbehindertenrechts erfahren möchtest, kannst Du Dir die Erklärung Kündigungsschutz ansehen.

    Einspruch Schwerbehindertenrecht

    Der betroffene Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber kann gegen die Entscheidung des Integrationsamts Widerspruch einlegen, §§ 201 ff. SGB IX.

    Nach Beendigung des Vorverfahrens kann im Zweifelsfall Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden.

    Jana hat eine Schwerbehinderung und ist seit sieben Monaten im Handwerksbetrieb von Leonie beschäftigt. Aufgrund von unausweichlichen Stellenkürzungen soll Jana gekündigt werden. Dazu wendet sich Leonie zunächst an das Integrationsamt.

    Das Integrationsamt holt eine Stellungnahme des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung ein und hört Jana an. Es ermittelt, ob die Kündigung aufgrund der Tatsache, dass Jana schwerbehindert ist, erfolgen soll. Da das Integrationsamt feststellen kann, dass die Kündigung aufgrund der Stellenkürzungen erfolgen soll, stimmt es der Kündigung zu. Mit Einhaltung der Kündigungsfrist von vier Wochen erklärt Leonie Jana die Kündigung.

    Sollte sich Jana gegen die Entscheidung des Integrationsamts wenden wollen, kann sie Widerspruch einlegen, §§ 201 ff. SGB IX. Falls der Widerspruch erfolglos ist, könnte sie im nächsten Schritt Klage beim Verwaltungsgericht erheben.

    Schwerbehindertenrecht Rente

    Wird das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Kündigung beendet, endet es regelmäßig mit dem Eintritt der Rente. Aufgrund des Nachteilsausgleichs können Menschen mit Schwerbehinderung zwei Jahre vor dem eigentlichen Renteneintrittsalter in Rente gehen. Dies ergibt sich aus dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die Regelungen zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen findest Du in § 236a SGB VI.

    Schwerbehindertenrecht Antrag

    Es kann beantragt werden, dass die Behinderung offiziell festgestellt wird. Dieser Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht richtet sich nach § 152 Abs. 1 SGB IX. Dort heißt es:

    Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 S. 1 SGB IX).

    Der Antrag muss bei dem zuständigen Amt gestellt werden. Es muss ein Fragebogen ausgefüllt werden, bei dem Angaben zu Krankheiten, gesundheitlichen Problemen und behandelnden Ärzten gemacht werden müssen.

    Wird der Antrag wirksam gestellt, erhält die Person gem. § 152 Abs. 5 S. 1 SGB IX einen Schwerbehindertenausweis und kann damit nachweisen, dass er als schwerbehindert gilt.

    Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen, die schwerbehinderten Menschen nach diesem Teil oder nach anderen Vorschriften zustehen (§ 152 Abs. 5 S. 1 SGB IX).

    Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht ausfüllen

    Der Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht muss bei der zuständigen Behörde ausgefüllt werden, § 152 Abs. 1 S. 1 SGB IX. Für die Durchführung der Feststellung der Behinderung ist das Versorgungsamt zuständig.

    Die besonderen Schutzvorschriften des Schwerbehindertenrechts finden nur dann Anwendung, wenn ein Antrag auf Feststellung der Behinderung gestellt und eine Schwerbehinderung festgestellt wurde.

    Schwerbehindertenrecht Das Wichtigste

    • Das Schwerbehindertenrecht sieht für Menschen mit Schwerbehinderung besondere Schutzvorschriften vor.
    • Dadurch sollen Benachteiligungen verhindert und die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt soll gefördert werden.
    • Die Schutzvorschriften des Schwerbehindertenrechts finden auf Menschen mit Schwerbehinderung Anwendung.
    • Ob eine Schwerbehinderung vorliegt, wird mittels des Grads der Behinderung (GdB) ermittelt.
    • Der Grad der Behinderung (GdB) bezeichnet die Schwere der Behinderung. Er ist das Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens.
    • Der Grad der Behinderung kann zwischen 20 und 100 liegen und ab einem Grad der Behinderung von 50 gilt die Behinderung als Schwerbehinderung (§ 2 Abs. 2 SGB IX).
    • Durch das Schwerbehindertenrecht soll das Ziel erreicht werden, die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (§ 1 S. 1 SGB IX).
    • Um das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG besser durchzusetzen, wurde es im Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einfachgesetzlich umgesetzt.
    • Der Arbeitgeber muss prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können (§ 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX).
    • Es muss ein behindertengerechtes Arbeitsumfeld und ein Nachteilsausgleich geschaffen werden.
    • Die Benachteiligung im Arbeitsumfeld muss bei der Einstellung, der Durchführung des Arbeitsverhältnisses, der Beförderung und der Beendigung der Beschäftigung ausgeschlossen werden.
    • Ein Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen ist verpflichtet, mindestens 5 % ihrer Arbeitsplätze an schwerbehinderte Menschen zu vergeben (§ 154 Abs. 1 S. 1 SGB IX).
    • Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes (§ 168 SGB IX).

    Nachweise

    1. Knoche, Thomas (2022). Grundlagen – SGB IX: Teilhabe und Rehabilitation für Menschen mit Behinderungen. Textausgabe mit praxisorientierter Einführung. Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG.
    2. Link, Jochen (2011). Schwerbehinderung. Verlag Haufe-Lexware GmbH & Co. KG.
    3. Kossens, Michael/Heide, Dirk von der/Maaß, Michael (2013). SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen mit Behindertengleichstellungsgesetz. Kommentar. Verlag C.H. Beck oHG. 4. Auflage.
    4. Wien, Andreas/Franzke, Normen/Kovalev, Constanze (2017). Schwerbehindertenrecht in der Praxis. Übersichtliches Grundlagenwissen für Studierende sowie Arbeitgeber, HR-Verantwortliche und Menschen mit Behinderung. Verlag Springer Gabler.
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    Häufig gestellte Fragen zum Thema Schwerbehindertenrecht

    Welche Krankheiten gelten als Schwerbehinderung?

    Als Schwerbehinderung eingestuft werden können körperliche oder seelische Krankheiten. Die Voraussetzung ist, dass ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr festgestellt wird. 

    Wer unterliegt der Beschäftigungspflicht nach dem Schwerbehindertenrecht?

    Private und öffentliche Arbeitgeber unterliegen der Beschäftigungspflicht nach dem Schwerbehindertenrecht. 

    Was bedeutet Schwerbehindertenrecht?

    Das Schwerbehindertenrecht bedeutet, dass Menschen mit Schwerbehinderung mit weniger Diskriminierungen am Leben in der Gesellschaft teilhaben können, wozu Nachteilsausgleiche vorgesehen sind. 

    Welche Arbeiten sind für schwerbehinderte verboten?

    Keine Arbeiten sind grundsätzlich für schwerbehinderte Menschen verboten. Auf ihr Verlangen können sich Menschen mit Schwerbehinderung von Mehrarbeit freistellen lassen. 

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