Vollmachten

Vollmachten sind vorwiegend im Berufsleben von großer Bedeutung. Vielleicht hast Du schon einmal von einer Person gehört, die in Stellvertretung für eine andere Person Geschäfte abgeschlossen hat. Du wirst daher in diesem Artikel erfahren, wie die Vollmacht erteilt wird, welchen Umfang sie hat, welche Arten der Vollmacht es gibt, was geschieht, wenn jemand ohne Vollmacht handelt und wie eine Vollmacht erlischt.  

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    Begriff der Vollmacht

    Die Vollmacht wird im Kontext der Stellvertretung in den §§ 164 ff. BGB geregelt. Das Handelsgesetzbuch beinhaltet daneben Vorschriften über spezielle Vollmachten.

    Die Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsbefugnis, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB. Vollmachten werden erteilt, damit der*die Bevollmächtigte den*die Erteilenden der Vollmacht in rechtlichen Geschäften vertreten kann.

    Wenn jemand eine Vollmacht erteilt bekommt, handelt er*sie in Stellvertretung des*der Erteilenden. Der Unterschied zwischen der Stellvertretung und der Vollmacht ist, dass die Vollmacht ausschließlich durch ein Rechtsgeschäft erteilt werden kann, § 166 Abs. 2 S. 1 BGB. Dagegen kann die Stellvertretung auch in gesetzlich geregelten Fällen, wie der gesetzlichen Vertretung von Minderjährigen gem. § 1629 BGB, in Betracht kommen. Die Vollmacht ist im Ergebnis eine durch Rechtsgeschäft erteilte Stellvertretung.

    Durch die Vollmacht ist es für die*den Bevollmächtigte*n möglich, Rechtsgeschäfte abzuschließen, die für und gegen die*den Vertretene*n wirken, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB. Normalerweise ist es nicht möglich, Rechtsgeschäfte für eine andere Person zu schließen, die sich für diese negativ auswirken können. An einem Vertrag sind üblicherweise zwei Personen beteiligt, deren Willenserklärungen übereinstimmen. Bei der Stellvertretung ist allerdings auch eine dritte Person, der*die Stellvertreter*in, an dem Vertrag beteiligt. Der*die Stellvertreter*in gibt im Namen des*der Vertretenen eine eigene Willenserklärung ab, die für und gegen diese*n wirkt.

    Eine Person handelt als Stellvertreter*in, wenn er*sie eine eigene Willenserklärung im fremden Namen innerhalb der ihm*ihr zustehenden Vertretungsmacht abgibt, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB.

    Wenn Lars keine Vollmacht erteilt wurde, kann er nicht im Namen von Hanna ein Auto kaufen und den Kaufpreis anschließend von ihr herausverlangen. Ist er jedoch Hannas Stellvertreter und handelt im Rahmen seiner Vertretungsmacht, kann er dieses Rechtsgeschäft für sie vereinbaren. Lars kann als Stellvertreter eine eigene Willenserklärung im Namen von Hanna abgeben.

    Anwendungsbereich der Vollmacht

    Im zivilrechtlichen Bereich nimmt die Stellvertretung und die damit verbundene Vollmacht eine wichtige Rolle ein. Insbesondere im geschäftlichen Rechtsverkehr werden Vollmachten häufig erteilt. Ohne die Möglichkeit einer Stellvertretung wäre es für den*die Geschäftsführer*in kaum möglich, alle Rechtsgeschäfte selbst zu schließen.

    Damit nicht alle Aufgaben von einer einzigen Person erledigt werden müssen, kann durch die Stellvertretung eine andere Person bestimmte Aufgaben übernehmen. Der Sinn und Zweck der Stellvertretung ist die Vereinfachung des Rechtsverkehrs. Außerdem kann der Rechtsverkehr effektiver und flexibler gestaltet werden, wenn nicht alle Rechtsgeschäfte persönlich von einer Person abgeschlossen werden müssen.

    Damit Du Dir besser vorstellen kannst, in welchen Situationen die Vollmacht von Bedeutung sein kann, hier einige Beispiele:

    Einem*einer Verkäufer*in wird von der GmbH eine Vollmacht erteilt, dass er in ihrem Namen mit den Kund*innen Kaufverträge über die angebotene Ware abschließen kann.

    Klara erteilt ihrer Freundin die Vollmacht in ihrem Namen und für sie ein neues Fahrrad zu kaufen.

    Der Rechtsanwältin wird die Vollmacht erteilt, ihren Mandanten vor Gericht zu vertreten und den Prozess in seinem Sinne zu führen.

    Der Immobilienmaklerin kann die Vollmacht erteilt werden, das Haus für den Eigentümer zu verkaufen.

    Eine Angestellte kann von der Inhaberin des Handelsgeschäfts bevollmächtigt werden, die Geschäfte für das Handelsgeschäft abzuschließen.

    Erteilung der Vollmacht

    Inwiefern die Vollmacht erteilt werden kann, ist in § 167 BGB geregelt.

    Die Vollmacht wird durch eine formfreie, empfangsbedürftige, einseitige Erklärung gegenüber dem*der Bevollmächtigten oder dem*der Dritten, der*die Geschäftspartner*in werden soll, gemäß § 167 Abs. 1 BGB erteilt.

    Die Vollmachtserklärung kann also sowohl gegenüber dem*der Vertreter*in als auch dem*der Geschäftspartner*in erklärt werden. Je nachdem, wem gegenüber die Vollmacht erklärt wird, wird sie als Innen- oder Außenvollmacht bezeichnet.

    Die Erklärung gegenüber dem*der Bevollmächtigten ist die Innenvollmacht.

    Die Erklärung gegenüber dem*der Dritten, dem*der gegenüber die Vertretung stattfinden soll, wird Außenvollmacht genannt.

    Eine Vollmacht wird wirksam, wenn sie dem*der Empfänger*in, der*die Stellvertreter*in werden soll, zugegangen ist.

    Eine Erklärung ist zugegangen, wenn sie so in den Empfangsbereich des*der Empfängers*in gelangt ist, dass er*sie davon Kenntnis erlangen konnte und mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

    Die Vollmacht muss gem. § 167 Abs. 2 BGB nicht in einer besonderen Form erklärt werden. Neben einer ausdrücklichen, ist also auch eine konkludente Erteilung möglich.

    Für die Erteilung der Vollmacht im Fall der Prokura sieht § 48 Abs. 1 HGB besondere Formvorschriften vor. Die Prokura kann nur ausdrücklich, das heißt nicht konkludent, erteilt werden.

    Wenn Du mehr über die Erteilung der Prokura erfahren möchtest, kannst Du Dir die Erklärung zur Prokura ansehen.

    Die Kunsthändlerin Lina möchte sich für die Zeit, in der sie im Urlaub ist, vertreten lassen. Sie plant deswegen ihrem Bekannten Hannes eine Vollmacht zu erteilen. Lina fragt sich, wie sie die Vollmacht erteilen kann und worauf sie achten muss.

    Die Vollmacht kann durch eine Erklärung gegenüber Hannes oder dem*der Geschäftspartner*in erfolgen. Lina möchte, dass Hannes mehrere Geschäfte für sie abschließt, sodass eine Erklärung gegenüber Hannes in Betracht kommt. Die Vollmacht kann formfrei erteilt werden (§ 167 Abs. 2 BGB), sodass Lina sie nicht schriftlich erklären muss. Sie kann ihre Willenserklärung, dass Hannes sie vertreten soll, also ihm gegenüber mündlich erklären.

    Vollmachtsurkunde

    Vielleicht hast Du schon einmal von der Vollmachtsurkunde gehört. Geregelt ist die Vollmachtsurkunde in § 172 BGB. Die Erteilung einer Vollmachtsurkunde ist zwar nicht zwangsläufig erforderlich, aber sinnvoll.

    Die Vollmachtsurkunde ist der Nachweis der Vertretungsmacht. Sie kann von dem*der Vollmachtgeber*in an den*die Bevollmächtigten ausgehändigt werden.

    Die Vollmachtsurkunde muss unterschrieben werden und beinhaltet, dass dem*der Bevollmächtigten die Vertretungsmacht erteilt wurde. Sie muss dem*der Geschäftspartner*in im Original vorgelegt werden. Die Folge der Vollmachtsurkunde ist eine Rechtsscheinwirkung, weshalb sich der*die Geschäftspartner*in darauf verlassen kann, dass der*die Bevollmächtigte mit Vertretungsmacht handelt. Nach dem Erlöschen der Vollmacht muss die Vollmachtsurkunde an den*die Vollmachtgeber*in zurückgegeben werden, § 175 BGB.

    Jan hat die Vollmacht erteilt bekommen, für das Unternehmen von Daria Geschäfte schließen zu können. Zu diesem Zweck wird ihm eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt. Nach einigen Monaten wird die Vollmacht widerrufen, sodass Jan die Vollmachtsurkunde eigentlich gem. § 175 BGB zurückgeben müsste. Dies macht Jan jedoch nicht, sondern schließt einen Kaufvertrag mit Vivien. Durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde konnte sie sich darauf verlassen, dass Jan bevollmächtigt ist. Der Kaufvertrag ist somit wirksam.

    Vollmachten Muster

    Ein Muster für eine Vollmacht ist eine Vorlage, an der Du Dich bei der Erteilung einer Vollmacht orientieren kannst. Im Muster enthalten sind unter anderem:

    • Vor- und Nachname des Bevollmächtigten

    • Vor- und Nachname des Vollmachtgebenden

    • Anschrift beider Beteiligten

    • Zweck der Erteilung der Vollmacht

    • Unterschrift der Beteiligten

    Ein Beispiel eines Musters für die Erteilung einer Generalvollmacht findest Du hier:

    Generalvollmacht

    Ich, der*die Vollmachtgeber*in:

    Vorname und Name

    Geburtsdatum und Geburtsort

    Straße und Hausnummer

    Postleitzahl und Stadt

    Telefonnummer

    erteile hiermit:

    Vorname und Name

    Geburtsdatum und Geburtsort

    Straße und Hausnummer

    Postleitzahl und Stadt

    Telefonnummer

    eine Vollmacht folgenden Umfangs:

    der*die Bevollmächtigte ist hiermit berechtigt, mich in sämtlichen persönlichen Angelegenheiten zu vertreten und in Vermögens-, Steuer- und Rechtsangelegenheiten für mich tätig zu werden. Er*sie ist befugt, für mich ohne Einschränkung jede rechtlich relevante Handlung vorzunehmen, mit der Wirkung, als hätte ich selbst gehandelt.

    Unterschrift Vollmachtgeber*in Unterschrift Bevollmächtigte*r

    Vollmachten schreiben

    Wenn Du eine Vollmacht schreiben möchtest, kannst Du eine Vollmachtsurkunde schriftlich ausstellen. Es ist jedoch nicht notwendig, die Vollmacht schriftlich zu erklären, weil die Erteilung der Vollmacht nicht an eine bestimmte Form gebunden ist. Entscheidest Du Dich dazu, eine Vollmachtsurkunde zu schreiben, sollte sie folgende Bestandteile beinhalten:

    • Vor- und Nachname des Bevollmächtigten

    • Vor- und Nachname des Vollmachtgebenden

    • Anschrift der Beteiligten

    • Telefonnummer der Beteiligten

    • Geburtsdatum der Beteiligten

    • Unterschrift der Beteiligten

    • Zweck der Vollmacht

    • Umfang der Vollmacht

    • Datum

    Umfang der Vollmacht

    Der Umfang der Vollmacht bestimmt, welche Geschäfte der*die Bevollmächtigte abschließen kann und in welcher Form. Dieser ist abhängig davon, in welchem Umfang die Vertretungsmacht von dem*der Vertretenen erteilt wurde.

    Der Umfang der Vollmacht ist der Rahmen, in dem der*die Stellvertreter*in für die*den Vertretene*n Geschäfte schließen kann. Der Umfang dieser Vertretungsmacht bestimmt sich nach der Erklärung des*der Vollmachtgebers*in.

    Der*die Bevollmächtigte muss von der*dem Vertretenen die Berechtigung erteilt bekommen haben, Rechtsgeschäfte für ihn*sie abschließen zu können. Bei einer Stellvertretung muss sich der*die Bevollmächtigte an den Rahmen der Vollmacht halten. Er*sie darf den vorgegebenen Umfang der Vollmacht daher nicht überschreiten. Wenn er*sie den Umfang der Vollmacht überschreitet, bedeutet dies, dass er*sie ohne Vertretungsmacht handelt. Der Umfang der Vollmacht kann von dem*der Vertretenen frei bestimmt werden und wird gesetzlich nicht beschränkt.

    Es gibt in Bezug auf den Umfang verschiedene Arten der Vollmacht, die Du weiter unten nachlesen kannst.

    Anton erteilt Sina die Vollmacht für ihn ein Kunstwerk im Wert von 10.000 € zu kaufen. Der Umfang der Vollmacht ist daher, dass von der Stellvertreterin ein Kunstwerk gekauft wird, das maximal 10.000 € kostet. Wenn Sina ein Kunstwerk für 9.000 € kauft, handelt sie innerhalb der Grenzen der Vertretungsmacht. Wenn sie dagegen zwei Kunstwerke für jeweils 11.000 € kauft, hält sie sich nicht an den Umfang der Vollmacht.

    Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung

    Die Wirksamkeit der Stellvertretung durch eine*einen Bevollmächtigte*n ist von einigen Voraussetzungen abhängig:

    Zulässigkeit der Stellvertretung

    Damit die Stellvertretung zulässig ist, darf kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft vorliegen.

    Eigene Willenserklärung

    Der*die Vertreter*in muss eine eigene Willenserklärung abgeben oder empfangen.

    Offenkundigkeitsprinzip

    Der*die Vertreter*in muss deutlich machen, dass er*sie das Geschäft für die*den Vertretene*n abschließt, § 164 BGB.

    Vertretungsmacht

    Der*die Vertreter*in muss innerhalb der Grenzen der ihm*ihr zustehenden Vertretungsmacht handeln.

    Zulässigkeit der Stellvertretung

    Eine Erteilung einer Vollmacht für höchstpersönliche Rechtsgeschäfte ist nicht möglich.

    Unter höchstpersönlichen Geschäften sind Rechtsgeschäfte zu verstehen, bei denen eine Vertretung durch eine dritte Person gesetzlich ausgeschlossen ist.

    Diese Geschäfte können ausschließlich von der Person ausgeführt werden, die das Rechtsgeschäft betrifft. Höchstpersönliche Geschäfte sind unter anderem:

    • die Eheschließung, § 1311 BGB,
    • die Errichtung eines Testaments, § 2064 BGB,
    • die Arbeitspflicht des*der Arbeitnehmers*in, § 613 BGB

    Eigene Willenserklärung

    Die zweite Voraussetzung der Stellvertretung ist, dass der*die Vertreter*in eine eigene Willenserklärung gegenüber der dritten Person abgibt. Dadurch wird der*die Stellvertreter*in von dem*der Boten*Botin abgegrenzt.

    Der*die Stellvertreter*in hat innerhalb der ihm*ihr zustehenden Vertretungsmacht die Möglichkeit, die Willenserklärung selbst zu gestalten. Er*sie kann beispielsweise mit einem*einer Verkäufer*in handeln oder ein leicht abweichendes Angebot machen. Der*die Bote*Botin überbringt die Willenserklärung lediglich. Er*sie hat dabei keinerlei Gestaltungsspielräume.

    Timo beauftragt Alina seinem Geschäftspartner mitzuteilen, dass er den Kaufvertrag für den Lieferwagen VW Caddy zu einem Kaufpreis von 20.000 € abschließen möchte. Wenn Alina dem Geschäftspartner diese Erklärung übermittelt, handelt sie als Botin. Sie hat keinerlei Handlungsspielraum und soll lediglich die Willenserklärung von Timo weitergeben.

    Einige Tage später erteilt Timo Alina die Aufgabe, dass sie in seinem Namen Bürostühle für maximal 500 € kaufen soll. Weitere Einschränkungen erteilt er ihr nicht und sie kann selbst die Farbe, Form und das Modell auswählen. Da sie gegenüber dem*der Verkäufer*in eine eigene Willenserklärung abgibt und dabei einen Gestaltungsspielraum hat, ist sie Stellvertreterin.

    Offenkundigkeitsprinzip

    Das Offenkundigkeitsprinzip kommt in § 164 Abs. 1 und 2 BGB zum Ausdruck.

    Das Offenkundigkeitsprinzip bedeutet, dass der*die Vertreter*in der dritten Person gegenüber deutlich machen muss, dass er*sie das Rechtsgeschäft im fremden Namen schließt, also für die*den Vertretene*n handelt.

    Dass der*die Vertreter*in nicht im eigenen Namen handelt, kann er*sie sowohl ausdrücklich als auch konkludent zum Ausdruck bringen. Konkludent bedeutet, dass der*die Vertreter*in durch sein*ihr Verhalten deutlich macht, dass er*sie für eine dritte Person handelt. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn er*sie das Geschäft in Arbeitskleidung abschließt.

    Das Offenkundigkeitsprinzip ist deshalb von Bedeutung, weil die dritte Person wissen soll, mit wem er*sie den Vertrag schließt. Würde der*die Vertreter*in das Offenkundigkeitsprinzip nicht beachten, wüsste die dritte Person nicht, dass er*sie für die*den Vertretene*n handelt.

    In einigen Bereichen ist das Offenkundigkeitsprinzip von besonderer Bedeutung. Dies ist unter anderem bei Rechtsgeschäften wie Darlehensverträgen wichtig.

    Andreas ist der Stellvertreter von Marie, die Geschäftsräume für ihr Unternehmen anmieten möchte. Der Stellvertreter Andreas äußert gegenüber der Vermieterin nicht, dass er im Namen von Marie handelt und für sie den Mietvertrag schließen soll. Für eine Vermieterin ist es jedoch regelmäßig von großer Bedeutung, wer genau der*die Mieter*in ist.

    In anderen Fällen ist es weniger wichtig, welche konkrete Person der Vertragspartner ist. Diese Geschäfte werden als Geschäfte für den, den es angeht, bezeichnet. Darunter fallen Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, die sofort abgewickelt werden. Bei diesen Fällen ist es unerheblich, ob das Offenkundigkeitsprinzip gewahrt wird, weil der Dritte kein Interesse daran hat zu wissen, wer sein Vertragspartner ist.

    Hendrik kauft ein belegtes Brötchen bei einem Bäckereistand, bei dem nicht ersichtlich ist, zu welchem Unternehmen er gehört. Dadurch, dass Hendrik das Brötchen sofort bezahlt und mitnimmt, ist es für ihn uninteressant zu wissen, wer genau sein Vertragspartner ist. Bei dem Rechtsgeschäft wurde das Offenkundigkeitsprinzip zwar nicht gewahrt, es ist jedoch nicht von Bedeutung, weil es für die Beteiligten nicht wichtig ist, wer der konkrete Vertragspartner ist.

    Vertretungsmacht

    Der*die Vertreter*in muss innerhalb der Grenzen der erteilten Vertretungsmacht handeln, § 164 Abs. 1 BGB. Die Vertretungsmacht ist der Rahmen, in dem der*die Vertreter*in die Geschäfte abschließen kann. Er*sie muss sich also bei dem Abschluss von Rechtsgeschäften an die Vorgaben des*der Vertretenen halten, da der*die Vertreter*in sonst ohne Vertretungsmacht handelt.

    Vollmachten Arten

    Es gibt viele verschiedene Arten der Vollmacht. Teilweise wird durch die einzelnen Arten der Umfang der Vollmacht näher beschrieben oder sie beziehen sich auf die Erteilung oder Wirksamkeit der Vollmacht.

    Vollmachten Übersicht

    Art der Vollmacht

    Eigenschaften

    Innenvollmacht

    Erteilung durch den Vollmachtgeber an den Bevollmächtigten

    Außenvollmacht

    Erteilung durch den Vollmachtgeber gegenüber der dritten Person, die Vertragspartner werden soll

    Aktive Stellvertretung

    Abgabe der Willenserklärung im Namen des Vertretenen

    Passive Stellvertretung

    Empfang der Willenserklärung im Namen des Vertretenen

    Unmittelbare Stellvertretung

    Handlung des Vertreters im Namen und innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht

    Mittelbare Stellvertretung

    Handlung des Vertreters als Mittelsperson, die die Ware kauft, um sie an eine dritte Person weiterzuverkaufen

    Anscheinsvollmacht

    Vertretene hätte erkennen und verhindern können, dass eine andere Person in seinem Namen als Vertreterin auftritt.

    Duldungsvollmacht

    Vertretene hat geduldet, dass eine andere Person in seinem Namen auftritt, obwohl er keine Vertretungsmacht hatte.

    Spezialvollmacht

    Erteilung für ein bestimmtes Rechtsgeschäft.

    Gattungsvollmacht

    Erteilung für eine Gattung von Geschäften.

    Generalvollmacht

    Erteilung für alle Geschäfte, bei denen eine Vertretung zulässig ist.

    Einzelvollmacht

    Bevollmächtigung einer einzelnen Person.

    Gesamtvollmacht

    Bevollmächtigung mehrerer Personen zusammen.

    Hauptvollmacht

    Vollmacht, die der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten erteilt.

    Untervollmacht

    Vollmacht, die der Bevollmächtigten einer weiteren Person erteilt.

    Innen- und Außenvollmacht

    Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenvollmacht wird bezüglich des*derjenigen getroffen, der*demjenigen gegenüber die Vollmacht erteilt wird. Du kannst diese Fälle voneinander unterscheiden:

    • Die Innenvollmacht wird dem Bevollmächtigten von dem Vollmachtgeber erteilt.
    • Die Außenvollmacht wird von dem Vollmachtgeber gegenüber einer dritten Person, die der Vertragspartner werden soll, erteilt.

    Der Umfang der Vollmacht kann sich im Innen- und Außenverhältnis unterscheiden. Insbesondere ist das bei der Prokura der Fall. Im Außenverhältnis kann die Vollmacht nicht beschränkt werden, § 50 Abs. 1 HGB. Im Innenverhältnis ist dies dagegen möglich, sodass sich der*die Prokurist*in an die Beschränkung halten muss.

    Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenvollmacht hat dann Bedeutung, wenn die Vollmacht gegenüber der dritten Person erteilt wurde. Außerdem kann die Vollmacht im Innenverhältnis einen anderen Umfang haben als im Außenverhältnis.

    Finn erteilt Sarah die Befugnis, ein Auto für ihn bei der Autowerkstatt von Kai zu kaufen. In diesem Fall handelt es sich um eine Innenvollmacht, weil sie direkt gegenüber der Bevollmächtigten erteilt wurde.

    Finn teilt Kai mit, dass er Sarah die Befugnis erteilt hat, bei ihm ein Auto zu kaufen. Dadurch erklärt Finn die Außenvollmacht gegenüber Kai, der der Geschäftspartner für das Vertretungsgeschäft sein soll.

    Aktive und passive Stellvertretung

    Du kannst zwischen der aktiven und der passiven Stellvertretung unterscheiden. Es wird unterschieden, ob eine Willenserklärung von dem*der Vertreter*in abgegeben oder empfangen wird.

    Bei der aktiven Stellvertretung wird die Willenserklärung im Namen des*der Vertretenen abgegeben. Bei der passiven Stellvertretung wird die Willenserklärung im Namen des*der Vertretenen empfangen.

    Jasper ist der Bevollmächtigte von Lina. Wenn er in ihrem Namen eine Willenserklärung abgibt, liegt eine aktive Stellvertretung vor. Wenn er eine Willenserklärung im Namen von Lina von einer dritten Person empfängt, handelt es sich um eine passive Stellvertretung.

    Unmittelbare und mittelbare Stellvertretung

    Die unmittelbare Stellvertretung muss von der mittelbaren Stellvertretung unterschieden werden.

    Die unmittelbare Stellvertretung liegt vor, wenn der*die Vertreter*in im Namen und innerhalb der ihm*ihr zustehenden Vertretungsmacht handelt, § 164 Abs. 1 BGB.

    Bei der mittelbaren Stellvertretung handelt der*die Vertreter*in als Mittelsperson, die die Ware kauft, um sie dann an eine dritte Person weiterzuverkaufen.

    Dadurch, dass der*die mittelbare Vertreter*in im eigenen Namen handelt, liegt keine Stellvertretung im Sinne von §§ 164 ff. BGB vor. Der*die mittelbare Vertreter*in verpflichtet sich selbst zur Leistung und schließt keinen Vertrag ab, der für und gegen eine*einen Dritte*n wirkt. Die unmittelbare Stellvertretung wird auch als „echte Stellvertretung“ bezeichnet. Die mittelbare Stellvertretung ist dagegen die „unechte Stellvertretung“.

    Fiona möchte sich einen neuen Schreibtisch kaufen. Der mit Fiona befreundete Max kennt einen Verkäufer, von dem er einen Schreibtisch in eigenem Namen kauft. Als Mittelsperson kauft er den Schreibtisch erst für sich selbst und im nächsten Schritt verkauft er ihn an Fiona.

    Dadurch, dass Max nicht im Namen von Fiona auftritt, sondern in eigenem Namen und den Schreibtisch zunächst für sich selbst kauft, liegt eine mittelbare Stellvertretung vor. Wenn Max dagegen den Kaufvertrag im Namen von Fiona durch eine eigene Willenserklärung abschließen würde, würde eine unmittelbare Stellvertretung gem. § 164 BGB vorliegen.

    Anscheins- und Duldungsvollmacht

    Die Anscheins- und Duldungsvollmacht sind Rechtsscheintatbestände, die nicht gesetzlich geregelt sind. Wenn eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht vorliegt, kann der*die Geschäftspartner*in von einem Handeln mit Vollmacht ausgehen, obwohl in Wahrheit keine Vollmacht erteilt worden ist. Es wird daher der gute Glaube der dritten Person geschützt, die sich bei einem Auftreten als Bevollmächtigte*r darauf verlassen kann, dass tatsächlich eine Vollmacht erteilt worden ist.

    Bei einer Anscheinsvollmacht hätte der*die Vertretene bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können, dass eine andere Person in seinem*ihrem Namen als Vertreter*in auftritt. Der*die Geschäftspartner*in kann durch den Anschein der Vollmacht annehmen, dass der*die als Vertreter*in Handelnde bevollmächtigt ist.

    Der Unterschied zu der Duldungsvollmacht ist, dass der*die Vertretene nicht wusste, dass eine dritte Person für ihn*sie als Vertreter*in auftritt. Hätte der*die Vertretene mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt, hätte sie es jedoch erkennen und verhindern können.

    Lars ist in der Bäckerei von Alina angestellt. Seine Aufgabe ist vorwiegend das Backen von Brötchen. Mit dem Verkauf hat er nur wenig zu tun, hält sich selbst jedoch für einen guten Geschäftsmann. Daher bestellt er einige zusätzliche Säcke Mehl und legt die Rechnung auf den Schreibtisch von Alina. Sie hätte erkennen können, dass mehr Mehl bestellt wurde. Allerdings kontrolliert sie die Rechnungen nicht sorgfältig genug, sodass Lars mehrere Monate zusätzliches Mehl bestellt.

    Eines Tages fallen Alina die Rechnungen auf und sie wendet sich an Kiara, die Verkäuferin des Mehls. Sie konnte jedoch aufgrund des Anscheins der Vollmacht davon ausgehen, dass Lars als Stellvertreter Geschäfte für Alina schließen kann. Hätte Alina die Rechnungen mit der erforderlichen Sorgfalt kontrolliert, wäre ihr die fehlende Bevollmächtigung von Lars aufgefallen. Somit bleibt der Kaufvertrag mit Kiara wirksam.

    Eine Duldungsvollmacht zeichnet sich dadurch aus, dass der*die Vertretene wusste, dass ein*e andere*r für ihn*sie wie ein*e Vertreter*in auftritt, obwohl er*sie keine Vertretungsmacht hatte. Der*die Geschäftspartner*in kann durch das Dulden des*der Vertretenen annehmen, dass der*die Vertreter*in bevollmächtigt ist.

    Durch eine Geschäftshandlung im Namen des*der Vertretenen ohne Vertretungsmacht, handelt der*die Vertreter*in trotzdem mit Vollmacht, weil der*die Vertretene das Handeln in ihrem*seinen Namen duldet.

    Janno ist Inhaber einer Galerie, in der er wertvolle Kunstwerke verkauft. Finja ist nicht bei ihm angestellt, sondern eine Studentin, die sich für Kunst interessiert. Janno weiß, dass sie häufig mit den Kund*innen redet und ihnen Informationen zu den Kunstwerken gibt. Sie hat bereits zwei Kunstwerke im Namen von Janno zu angemessenen Preisen verkauft, ohne dass Janno ihr eine Vollmacht erteilt hat.

    Eines Tages hat sie ein Kunstwerk zu einem deutlich zu niedrigem Preis verkauft. Janno fragt sich, ob er sich wirklich an das Rechtsgeschäft binden lassen muss, das Finja in seinem Namen abgeschlossen hat. Dadurch, dass Janno mehrmals geduldet hat, dass Finja für ihn Geschäfte abschließt, muss er sich auch an dieses für ihn nachteilige Geschäft halten. Finja ist daher wirksam als Stellvertreterin für Janno aufgetreten und der Kaufvertrag bleibt wirksam.

    Sowohl die Anscheins-, als auch die Duldungsvollmacht kann nicht vorliegen, wenn der*die Geschäftspartner*in Kenntnis von der fehlenden Bevollmächtigung des*der Vertreters*in hatte.

    Spezial-, Gattungs- und Generalvollmacht

    Bei der Spezial-, Gattungs- und Generalvollmacht wird anhand des Umfangs der Vollmacht unterschieden.

    Die Spezialvollmacht wird für ein bestimmtes Geschäft erteilt. Der*die Bevollmächtigte hat die Vertretungsmacht nur für ein einzelnes Rechtsgeschäft.

    Die Gattungsvollmacht wird für eine Gattung von Geschäften erteilt. Dadurch kann der*die Bevollmächtigte mehrere Rechtsgeschäfte einer bestimmten Art von Geschäften ausführen.

    Die Generalvollmacht ist die Vollmacht für alle Geschäfte, bei denen eine Vertretung zulässig ist. Der*die Bevollmächtigte kann alle infrage kommenden Rechtsgeschäfte im Namen des*der Vertretenen abschließen.

    Die Generalvollmacht ist die umfangreichste Möglichkeit der Erteilung einer Vollmacht. Insgesamt kann der Umfang der Vollmacht durch die*den Vertretene*n bestimmt werden. Der*die Bevollmächtigte muss sich an diesen Umfang der Vollmacht halten. Teilweise wird der Umfang der Vollmacht durch das Gesetz begrenzt. Beispielsweise bei der Prokura (§ 49 Abs. 2 HGB) und der Handlungsvollmacht (§ 54 Abs. 2 HGB) ist dies der Fall.

    Der bevollmächtigte Nils soll ein bestimmtes Auto für den Vertretenen kaufen. Die Vollmacht wurde für ein bestimmtes Rechtsgeschäft erteilt, sodass eine Spezialvollmacht vorliegt.

    Der Bäckerin Olga wurde die Vollmacht erteilt, alle Geschäfte in Bezug auf den Verkauf von Backwaren abschließen zu können. Die Rechtsgeschäfte, die die Produktion der Backwaren betrifft, soll sie nicht schließen. Es wurde eine Gattungsvollmacht erteilt, weil Olga die Rechtsgeschäfte einer bestimmten Art ausführen kann.

    Die Mitarbeiterin Laura kann alle Geschäfte für ein Unternehmen ausführen, die in Betracht kommen. Es wurde eine Generalvollmacht erteilt, weil Laura alle Rechtsgeschäfte abschließen kann und die Vollmacht nicht beschränkt wird.

    Einzel- oder Gesamtvollmacht

    Ob eine Einzel- oder eine Gesamtvollmacht vorliegt, kannst Du daran erkennen, ob eine einzelne Person oder mehrere Personen bevollmächtigt sind.

    Wenn eine einzelne Person bevollmächtigt werden soll, erteilt der*die Vollmachtgeber*in eine Einzelvollmacht. Der*die einzelne Bevollmächtigte ist allein zur Vertretung befugt.

    Wenn mehrere Personen zusammen den*die Vollmachtgeber*in vertreten sollen, wird eine Gesamtvollmacht erteilt. Die Gesamtbevollmächtigten können die Vollmacht nur gemeinschaftlich ausüben.

    Nur Jonas wurde eine Vollmacht erteilt, sodass eine Einzelvollmacht vorliegt. Er kann den*die Bevollmächtigte alleine vertreten.

    Den Mitarbeiter*innen Kira, Louis und Maya wurde gemeinsam eine Vollmacht erteilt. Sie können durch diese Gesamtvollmacht die Rechtsgeschäfte für ihren*ihre Arbeitgeber*in nur gemeinschaftlich schließen und sind zusammen zur Vertretung berechtigt.

    Haupt- und Untervollmacht

    Des Weiteren kannst Du zwischen der Haupt- und Untervollmacht unterscheiden.

    Die Hauptvollmacht ist die Vollmacht, die der*die Vollmachtgeber*in dem*der Bevollmächtigten erteilt. Eine Untervollmacht liegt dann vor, wenn der*die Bevollmächtigte einer weiteren Person eine Vollmacht erteilt. Für die Erteilung der Untervollmacht muss der*die Bevollmächtigte berechtigt sein.

    Der Geschäftsführer Ben erteilt seiner Mitarbeiterin Ina eine Vollmacht. Dies ist die Hauptvollmacht. Ben erteilt die Vollmacht mit dem Inhalt, dass Ina weitere Mitarbeiter*innen bevollmächtigen kann. Sie bevollmächtigt den Mitarbeiter Daniel. Durch die Vollmachtserteilung von Ben ist Ina berechtigt, Daniel diese Untervollmacht zu erteilen.

    Handelsrechtliche Vollmachten

    Die Prokura und die Handlungsvollmacht sind Formen der Vollmacht im Handelsrecht und sind deshalb im Handelsgesetzbuch geregelt.

    Durch die Erteilung der Prokura wird dem*der Prokurist*in eine allumfassende Vollmacht eingeräumt. Umfasst werden alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, die bei einem Betrieb eines Handelsgewerbes geschlossen werden, § 48 HGB.

    Die Handlungsvollmacht gem. § 54 HGB ist eine im Rahmen eines Handelsgewerbes erteilte Vollmacht, die nicht Prokura ist. Durch die Handlungsvollmacht wird der*die Bevollmächtigte zu einer begrenzten geschäftlichen Vertretungsmacht ermächtigt. Auf Grundlage der Handlungsvollmacht hat der*die Bevollmächtigte das Recht, im Namen des*der Vollmachtgebers*in rechtsgeschäftlich zu handeln.

    Wenn Du mehr über die Prokura oder die Handlungsvollmacht erfahren möchtest, kannst Du die dazugehörigen Erklärungen anschauen.

    Vollmachten im Unternehmen

    Insbesondere im Unternehmen werden Vollmachten genutzt, damit der Inhaber des Betriebes nicht alle einzelnen Rechtsgeschäfte selbst durchführen muss. Um den Rechtsverkehr innerhalb eines Unternehmens zu erleichtern, werden diese Arten der Vollmacht erteilt:

    • Prokura

    • Handlungsvollmacht

    Betriebliche Vollmachten

    Die Möglichkeiten der Prokura und der Handlungsvollmacht werden den betrieblichen Vollmachten zugeordnet. Sie werden im rechtsgeschäftlichen Verkehr von Unternehmen genutzt, um den Rechtsverkehr effektiver und einfacher zu gestalten.

    Lukas ist Inhaber eines großen Unternehmens mit vielen Arbeitnehmer*innen. Lina wird als Prokuristin für das Unternehmen eingesetzt, wozu ihr eine Vollmacht erteilt wird. Sie kann dadurch die Rechtsgeschäfte für das Unternehmen abschließen und vertritt es im Rechtsverkehr.

    Handeln ohne Vollmacht

    Es kann dazu kommen, dass der*die Bevollmächtigte die Grenzen der Vollmacht überschreitet. Ein weiterer Fall des Handelns ohne Vollmacht liegt vor, wenn überhaupt keine Vollmacht erteilt worden ist, die Person aber trotzdem gegenüber Dritten als Bevollmächtigte auftritt.

    Jemand handelt ohne Vertretungsmacht, wenn ihm*ihr entweder gar keine Vertretungsmacht erteilt worden ist oder er*sie die Grenzen der Vertretungsmacht überschritten hat.

    Der Vertragsschluss durch den*die Vertreter*in ohne Vertretungsmacht ist in § 177 BGB geregelt:

    Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

    Dies bedeutet, dass der*die Vertretene den Vertrag, der ohne Vertretungsmacht geschlossen wurde, genehmigen muss (§ 184 Abs. 1 BGB), damit er wirksam ist. Wenn der*die Vertretene das Rechtsgeschäft nicht genehmigt, ist die Vertretung unwirksam. In dem Fall ist der*die Vertreter*in dem*der Vertragspartner*in gem. § 179 Abs. 1 BGB zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet.

    Noel ist als Vertreter von Mia dazu bevollmächtigt, Holz für ihre Tischlerei für maximal 2.000 € zu kaufen. Weil Noel es für ein gutes Angebot hält, kauft er Holz für insgesamt 5.000 €. Dadurch hat er die Grenzen der Vertretungsmacht überschritten.

    Die Wirksamkeit der Vertretung hängt jetzt davon ab, ob Mia das Rechtsgeschäft genehmigt oder nicht, § 184 Abs. 1 BGB. Mia ist nicht mit dem Rechtsgeschäft einverstanden und genehmigt es nicht. Deshalb kann der*die Verkäufer*in des Holzes entweder Erfüllung oder Schadensersatz verlangten, § 179 Abs. 1 BGB.

    Widerruf und Erlöschen von Vollmachten

    Es bleibt noch die Frage, wie die Vollmacht wieder beendet werden kann. Einige Gründe für das Erlöschen der Vollmacht sind im BGB gesetzlich geregelt, andere ergeben sich aus der Erklärung der Vollmacht.

    Gründe für das Erlöschen der Vollmacht sind:

    • die Beendigung des Grundverhältnisses, § 168 S. 1 und 2 BGB
    • der Widerruf der Vollmacht, § 168 S. 2 und 3 BGB
    • der Fristablauf der Vollmacht
    • der Eintritt der Bedingung der Vollmacht
    • die Abwicklung oder die Unmöglichkeit der Durchführung, wenn die Vollmacht auf ein bestimmtes Geschäft bezogen wurde
    • der Tod des*der Bevollmächtigten, da dadurch das Grundverhältnis beendet ist, § 673 S. 1 BGB

    Wenn das Grundverhältnis beendet wird, erlischt auch die Vollmacht, § 168 S. 1 und 2 BGB. Das Grundverhältnis endet beispielsweise durch die Kündigung des Arbeitsvertrags. Durch den Tod des*der Bevollmächtigten erlischt auch der Vertrag des Grundverhältnisses (§ 673 S. 1 BGB), sodass auch die Vollmacht beendet ist.

    Die Vollmacht kann durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung widerrufen werden, § 168 S. 2 BGB. Der Widerruf der Vollmacht wirkt unabhängig von dem Bestehen des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Dies bedeutet, dass die Vollmacht auch widerrufen werden kann, wenn beispielsweise der Arbeitsvertrag weiterhin besteht.

    Gem. § 168 S. 3 BGB finden auf die Erklärung des Widerrufs die Vorschrift des § 167 Abs. 1 BGB entsprechende Anwendung. Das bedeutet, dass der Widerruf, wie die Vollmachtserteilung auch, sowohl gegenüber dem*der Bevollmächtigten im Innenverhältnis erklärt werden kann als auch gegenüber dem*der Geschäftspartner*in im Außenverhältnis. Der*die Vollmachtgeber*in kann daher frei entscheiden, ob er die Vollmacht gegenüber dem*der Bevollmächtigten selbst oder gegenüber dem*der Geschäftspartner*in widerruft.

    Xenia hat Paul eine Vollmacht erteilt. Nach einiger Zeit möchte sie ihn in einem anderen Bereich einsetzen und daher die Vollmacht widerrufen. Sie fragt sich, wie sie dies machen kann. Die Vollmacht ist grundsätzlich gem. § 168 S. 2 und 3 BGB jederzeit widerruflich. Xenia und Paul haben auch nichts Abweichendes vereinbart. Xenia kann die Vollmacht gem. §§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 BGB entweder gegenüber dem*der Geschäftspartner*in oder gegenüber Paul widerrufen.

    Eine Spezialvollmacht erlischt dadurch, dass das bestimmte Rechtsgeschäft geschlossen worden ist. Der Grund dafür ist, dass die Spezialvollmacht lediglich für ein bestimmtes Rechtsgeschäft erteilt wird und nicht für mehrere. Die Vollmacht kann auch auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden, § 163 BGB. In dem Fall erlischt die Vollmacht mit Fristablauf. Ist die Vollmacht unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) erteilt worden, erlischt sie mit Eintritt der Bedingung.

    Vollmachten - Das Wichtigste

    • Die Vollmacht wird im Kontext der Stellvertretung in den §§ 164 ff. BGB geregelt.
    • Die Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsbefugnis, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB.
    • Vollmachten werden insbesondere zur Vereinfachung und Verbesserung des geschäftlichen Rechtsverkehrs erteilt.
    • Eine Person handelt als Stellvertreter*in, wenn er*sie eine eigene Willenserklärung im fremden Namen innerhalb der ihm*ihr zustehenden Vertretungsmacht abgibt, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB.
    • Die Vollmacht wird durch eine formfreie, empfangsbedürftige, einseitige Erklärung gegenüber dem*der Bevollmächtigten oder dem*der Dritten, der*die Geschäftspartner*in werden soll, § 167 Abs. 1 BGB.
    • Die Vollmachtsurkunde ist der Nachweis der Vertretungsmacht. Sie kann von dem*der Vollmachtgeber*in an den*die Bevollmächtigten ausgehändigt werden.
    • Der Umfang der Vollmacht ist der Rahmen, in dem der*die Stellvertreter*in für die*den Vertretene*n Geschäfte schließen kann. Der Umfang dieser Vertretungsmacht bestimmt sich nach der Erklärung des*der Vollmachtgebers*in.
    • Die Stellvertretung ist wirksam, wenn es sich nicht um ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft handelt und der*die Bevollmächtigte eine eigene Willenserklärung im Namen des*der Vertretenen innerhalb der Grenzen seiner*ihrer Vertretungsmacht abgibt.
    • Eine Spezialvollmacht wird für ein einzelnes Rechtsgeschäft erteilt, eine Gattungsvollmacht für mehrere Geschäfte einer Art und die Generalvollmacht für alle infrage kommenden Geschäfte.
    • Bei einer Einzelvollmacht wird eine einzelne Person bevollmächtigt. Eine Gesamtvollmacht bezieht sich auf mehrere Personen, die die Vollmacht gemeinschaftlich ausüben.
    • Wenn der*die Bevollmächtigte nicht innerhalb der Grenzen der Vertretungsmacht handelt oder ihm*ihr keine Vertretungsmacht erteilt worden ist, handelt er*sie ohne Vollmacht.
    • Wird ein Vertrag von dem*der Bevollmächtigten ohne Vollmacht geschlossen, hängt die Wirksamkeit von der Genehmigung des*der Vertretenen ab, § 177 Abs. 1 BGB.
    • Die Vollmacht erlischt, wenn das Grundverhältnis beendet wird, die Vollmacht widerrufen wird, die Frist der Vollmacht abläuft, die Bedingung der Vollmacht eintritt oder der*die Bevollmächtigte stirbt.

    Nachweise

    1. Kindler, Peter (2020). Grundkurs Handels- und Gesellschaftsrecht. Verlag C.H. Beck.
    2. Prütting, Jens/ Weller, Marc-Philippe (2020). Handels- und Gesellschaftsrecht. Verlag Franz Vahlen München.
    3. Boecken, Winfried (2019). BGB - Allgemeiner Teil. Verlag W. Kohlhammer.
    4. Bönninghaus, Achim (2019). BGB Allgemeiner Teil II: Stellvertretung, Nichtigkeitsgründe für Rechtsgeschäfte. Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm.
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    Vollmachten
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Vollmachten

    Wie schreibe ich eine Vollmacht: Muster? 

    Was eine Vollmacht beinhaltet, kann von dem*der Vollmachtgeber*in frei bestimmt werden. Sinnvoll ist es, wenn die Vollmacht beinhaltet,

    • wer der*die Bevollmächtigte ist

    • in welchem Umfang die Vollmacht gilt

    • ob es sich um eine Spezial-, Gattungs- oder Generalvollmacht handelt

    • ob die Vollmacht befristet ist

    • unter welchen Bedingungen die Vollmacht erlischt

    Welche Vollmachten sollte man haben?

    Im geschäftlichen Rechtsverkehr kann es sinnvoll sein, Vollmachten zu erteilen, um den Rechtsverkehr zu erleichtern. Der*die Geschäftsführer*in kann nicht alle Geschäfte selbstständig ausführen, sodass der*die Bevollmächtigte Aufgaben übernehmen kann.

    Welche Arten von Vollmachten gibt es?

    Es gibt die

    • Spezialvollmacht

    • Gattungsvollmacht

    • Generalvollmacht

    • Einzelvollmacht

    • Gesamtvollmacht

    • Untervollmacht

    • Prokura

    • Handlungsvollmacht

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