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Außenhandelstheorien

Außenhandelstheorien sind Antworten auf die Frage, wieso international gehandelt wird. Als Land hat man die Möglichkeit nicht zu handeln und sich selbst zu versorgen, also autark zu agieren. Viele Länder entscheiden sich aber dafür, seine Produktion zu spezialisieren und Handel zu betreiben. Aber wieso handeln die Länder miteinander? Dafür haben die Wissenschaftler über die Zeit verschiedene Theorien entwickelt, die in diesem Artikel erläutert werden. 

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Außenhandelstheorien

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Außenhandelstheorien sind Antworten auf die Frage, wieso international gehandelt wird. Als Land hat man die Möglichkeit nicht zu handeln und sich selbst zu versorgen, also autark zu agieren. Viele Länder entscheiden sich aber dafür, seine Produktion zu spezialisieren und Handel zu betreiben. Aber wieso handeln die Länder miteinander? Dafür haben die Wissenschaftler über die Zeit verschiedene Theorien entwickelt, die in diesem Artikel erläutert werden.

Im Folgenden bekommst du einen Überblick über diese Theorien und wie sie zu verstehen sind.

Außenhandelstheorien – Übersicht

Die Außenhandelstheorien lassen sich in drei übergeordnete Gruppen einteilen:

  • klassische Außenhandelstheorien
  • neoklassische Außenhandelstheorien
  • neue Außenhandelstheorien

Die relevantesten Vertreter der klassischen Außenhandelstheorien sind Adam Smith mit der Theorie der absoluten Kostenvorteile und David Ricardo mit der Theorie der komparativen Kostenvorteile. Die klassischen Theorien haben gemeinsam, dass sie Arbeit als einzigen Produktionsfaktor sehen und annehmen, dass Arbeitskosten und Produkte weltweit gleich sind und zudem, dass es keine Transportkosten und Handelsbeschränkungen gibt.

Die Neoklassik wird vor allem durch das Hecker-Ohlin-Modell zur optimalen Ressourcenausstattung geprägt. In der Neoklassik wird ein weiterer Produktionsfaktor, das Kapital, in die Überlegungen mit aufgenommen.

Die neuen Handelstheorien beziehen sich auf die Existenz von inter- und intraindustriellem Handel. Das heißt, hier wird versucht zu erklären, wieso auch Produkte aus den gleichen Produktgruppen miteinander gehandelt werden. Die Erklärungsversuche sind vielfältig, aber die bekanntesten sind die Theorie der Skalenvorteile von Paul Krugman, die Produktlebenszyklustheorie, die Theorie der technologischen Lücke und die Theorie der Präferenzunterschiede.

Klassische Außenhandelstheorien – Einfach erklärt

Theorien treffen stets Annahmen, um die Realität vereinfacht darstellen zu können. Klassische Außenhandelstheorien zeichnen sich dadurch aus, dass diese Annahmen größtenteils gleich sind. Die wichtigsten Thesen der klassischen Außenhandelstheorien sind:

  • Arbeit ist der einzige Produktionsfaktor.
  • Produkte und Arbeitskosten sind weltweit homogen.
  • Es gibt keine Transportkosten oder Handelsbeschränkungen.
  • Es herrscht Vollbeschäftigung (niedriger Grad an Arbeitslosigkeit).
  • Arbeit ist immobil (es gibt keine signifikante Migration).
  • Es herrscht vollkommene Konkurrenz (Es gibt genügend Anbieter und Nachfrager auf dem Markt, sodass der Preis durch den Markt bestimmt wird).
  • Nachfrageschwankungen beeinflussen nicht die Produktivität.
  • Länder unterscheiden sich in ihrer Produktivität.

Die wichtigsten klassischen Außenhandelstheorien sind die Theorie der absoluten Kostenvorteile und die Theorie der komparativen Kostenvorteile. Beide werden dir im Folgenden erklärt.

Absoluter Kostenvorteil – Adam Smith

1776 erschien das Buch "The Wealth of Nations" und der Autor und Philosoph Adam Smith begründete darin den Beginn der Außenhandels theorien.

Smiths Theorie der absoluten Kostenvorteile besagt, dass Länder die Güter produzieren sollten, die sie am produktivsten, also mit dem geringsten Input, herstellen können.

Produktivität bedeutet Output geteilt durch Input. Umso weiter der Input bei gleichem Output also gesenkt wird, desto größer ist die Produktivität. Die Länder sollen sich auf die produktivsten Güter spezialisieren, Arbeitsteilung betreiben und dann Handel mit anderen Ländern betreiben. So können alle Produkte kostengünstiger hergestellt werden.

In Land A können in 10 Stunden 30 Handys oder sechs Industriemaschinen hergestellt werden.

In Land B können in 10 Stunden 26 Handys oder acht Industriemaschinen hergestellt werden.

In der Ausgangssituation wird in jedem Land die Hälfte der Arbeitszeit (von 10 Stunden) in der Handyproduktion eingesetzt und die andere Hälfte in der Industriemaschinenproduktion.

→ Land A produziert 15 Handys und 3 Industriemaschinen

→ Land B produziert 13 Handys und 4 Industriemaschinen

↳ Insgesamt werden 28 Handys und 7 Industriemaschinen produziert.

Welches Land ist produktiver bei welchem Gut? Können durch Spezialisierung und Handel Vorteile für beide Länder entstehen?

Die Produktivität von Land A ist:

30 Handys10 Stunden=3 Handys pro Stunde

6 Industriemaschinen10 Stunden=0,6 Industriemaschinen pro Stunde

Die Produktivität von Land B ist:

26 Handys10 Stunden=2,6 Handys pro Stunde

8 Industriemaschinen10 Stunden= 0,8 Industriemaschinen pro Stunde

Land A hat einen absoluten Kostenvorteil in der Handyproduktion, da es dort eine höhere absolute Produktivität hat als Land B (3 > 2,6).

Land B hat einen absoluten Kostenvorteil in der Industriemaschinenproduktion, da es dort eine höhere absolute Produktivität hat als Land A (0,8 > 0,6).

Wenn sich Land A vollständig auf die Handyproduktion und Land B auf die Industriemaschinenproduktion spezialisiert, dann kann Land A 30 Handys in 10 Stunden herstellen und Land B 8 Industriemaschinen. Insgesamt ist dadurch die Weltproduktion von beiden Gütern gestiegen. Land A könnte mit Land B z. B. 13 Handys gegen drei Industriemaschinen tauschen. Am Ende sind beide Länder besser gestellt:

→ Land A hat nun 17 Handys und 3 Industriemaschinen statt 15 Handys und 3 Industriemaschinen.

→ Land B hat nun 13 Handys und 5 Industriemaschinen statt 13 Handys und 4 Industriemaschinen.

Kritik

Wenn man sich die natürlichen Unterschiede zwischen den Gebieten der Welt betrachtet, dann hat Adam Smith recht: Es ist sehr energieaufwändig in Deutschland Kaffee, Bananen und Avocados herzustellen. Dafür sind die tropischen Länder eher für die Produktion dieser Güter geeignet. Daher ist eine internationale Arbeitsteilung, wie Smith sie vorschlägt, ökonomisch und ökologisch für einzelne Produkte sinnvoll.

Bei der Theorie kommt aber die Frage auf, was ist, wenn ein Land in der Produktion beider Güter produktiver ist? Diese Frage beantwortet David Ricardo mit der Theorie der komparativen Kostenvorteile.

Komparativer Kostenvorteil – David Ricardo

Aufbauend auf Smiths Theorie formulierte der Wirtschaftswissenschaftler David Ricardo (1772–1823) mit der Theorie der komparativen Kostenvorteile eine der wichtigsten Theorien der Volkswirtschaftslehre. Diese Theorie zeigt auf, dass internationaler Handel auch dann sinnvoll und wohlfahrtsfördernd sein kann, wenn ein Land in allen Bereichen produktiver ist als das andere. Das kann dann der Fall sein, wenn es eine Differenz in den Opportunitätskosten der Länder gibt.

Opportunitätskosten entstehen, wenn ein Land ein Gut herstellt und dadurch auf die Produktion eines anderen produktiven Guts verzichten muss. Denn die Ressourcen können nur einmal verbraucht werden.

Wenn ein Bauer 8 Stunden benötigt, um Kartoffeln zu ernten, so kann er in der Zeit nicht seine Kühe melken. In diesem Fall ist der Produktionsfaktor die Arbeit, es gilt aber für alle Produktionsfaktoren, wie auch Kapital, Boden, Rohstoffe usw. Werden diese Faktoren zur Erstellung eines Gutes verwendet, so stehen sie nicht mehr anderen Produkten zur Verfügung.

Ein Land hat ein komparativen Kostenvorteil, wenn es niedrigere Opportunitätskosten bei der Produktion eines Gutes hat als ein anderes Land. Das heißt, dieses Land muss einen kleineren Verzicht hinnehmen. Hat ein Land einen komparativen Vorteil, so sollte sich dieses auf die Produktion dieses Guts spezialisieren, um so insgesamt die Opportunitätskosten so gering wie möglich zu halten. Diese Spezialisierung führt zu Außenhandel, da es ein Überschuss des eigenen Produkts und Bedarf des anderen Produkts gibt.

Land R und S stellen jeweils Mehl und Tücher durch den Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit her. Für die Produktion eines Kilogramms Mehl bzw. eines Quadratmeters Tuch benötigen die Länder jeweils:

Land RLand S
Mehl1hkg{"x":[[4,20,20,20],[32,101,170],[85,85,86,85,92,108,114,113],[74,72],[88,86,73],[89,88,73],[126,118,99,97,104,120,125,125,125,125,120,104,98]],"y":[[69,48,49,154],[132,132,132],[8,116,116,61,50,50,58,116],[148,251],[188,206,218],[250,225,218],[195,184,191,230,250,250,238,186,187,294,302,302,290]],"t":[[0,0,0,0],[0,0,0],[0,0,0,0,0,0,0,0],[0,0],[0,0,0],[0,0,0],[0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0]],"version":"2.0.0"}3hkg
Tuch4hqm{"x":[[25,25,26,4,4,34],[46,129,211],[112,112,113,112,119,135,141,140],[114,116,109,96,88,86,95,114],[124,124,125,125,131,140,148,148,148,147,154,164,167,166]],"y":[[155,48,48,124,124,124],[132,132,132],[8,116,116,61,50,50,58,116],[268,157,150,155,167,195,213,213],[150,215,215,159,151,150,157,215,216,157,150,151,159,214]],"t":[[0,0,0,0,0,0],[0,0,0],[0,0,0,0,0,0,0,0],[0,0,0,0,0,0,0,0],[0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0]],"version":"2.0.0"}6hqm

Land R ist sowohl bei der Produktion von Mehl als auch bei der Produktion von Tüchern produktiver als Land S.

→ 3kg Mehl > 1 kg Mehl; 6 qm Tuch > 4 qm Tuch

Um herauszufinden, inwiefern eine Spezialisierung sinnvoll ist, müssen die Opportunitätskosten errechnet werden:

  • Produziert Land R 1 kg Mehl, so verzichtet es auf 0,25 qm Tuch in der Zeit.
  • Produziert Land R 1 qm Tuch, so verzichtet es auf 4 kg Mehl in der Zeit.
  • Produziert Land S 1 kg Mehl, so verzichtet es auf 2 qm Tuch in der Zeit.
  • Produziert Land S 1 qm Tuch, so verzichtet es auf 0,5 kg Mehl in der Zeit.

Der Verzicht ist für Land R bei der Produktion von Mehl kleiner als der Verzicht bei Land S (0,25 qm < 2 qm).

Der Verzicht ist für Land S bei der Produktion von Tuch kleiner als der Verzicht bei Land R (0,5 kg < 4 kg).

Um die Opportunitätskosten zu minimieren und komparative Kostenvorteile auszunutzen, muss sich Land R auf Mehl und Land S auf Tücher spezialisieren.

Wenn sich also beide Länder entscheiden, dass sich Land R auf die Mehlproduktion konzentriert, dann wird die internationale Tuchproduktion um 0,25 qm Stoff erhöht.

Entscheiden sich die Länder dafür, die Produktion von Tüchern auf Land S zu verlagern, so ist mit jedem Quadratmeter Tuch ein Zuwachs der internationalen Mehlproduktion von 2 kg möglich.

Produktion vor der Spezialisierung bei 10h Arbeit:

Land RLand SInsgesamt
Mehl5 kg1,67 kg6,67 kg
Tuch1,25 qm0,75 qm2 qm
Produktion mit der Spezialisierung bei 10h Arbeit:
Land R(8h Mehl, 2h Tuch)Land S(10h Tuch) Insgesamt
Mehl8 kg /10 kg
Tuch0,5 qm 1,5 qm 2 qm

Durch die jeweilige Spezialisierung lassen sich die internationalen Ausgabemengen erhöhen. Die Spezialisierung bedeutet aber auch, dass nun Handel betrieben werden muss, damit die handelnden Länder genügend Güter besitzen.

Kritik

Das Ricardo-Modell zeigt auf, dass es auch vorteilhaft ist mit Ländern, die eine relativ geringe Produktivität haben, zu handeln. So ist zum Beispiel Bangladesch allein durch relative Kostenvorteile in der Textilindustrie stark. Mit dieser Erkenntnis liefert Ricardo ein wichtiges Argument für eine globalisierte Weltwirtschaft ohne Handelshemmnisse.

Einige wichtige Einflussfaktoren werden in der Theorie jedoch ignoriert. Darunter zum Beispiel Handelshemmnisse wie Transportkosten, Unterschiede in Lohnkosten und Umverteilungseffekte, weil durch Spezialisierung Industrien aufgelöst werden. Außerdem ignoriert sie auch economies of scale, also "Massenproduktionsvorteile", die bei der Herstellung größerer Mengen entstehen.

Außenhandelstheorien – Neoklassisches Heckscher-Ohlin-Modell

Auch der neoklassische Ansatz von Eli Heckscher und Bertil Ohlin knüpft an die vorangegangenen Außenhandelstheorien an.

Bei dem Heckscher-Ohlin-Modell oder Faktorproportionentheorie werden weiterhin die Güter als weltweit gleich angenommen. Es gibt jedoch neben dem uns bekannten Produktionsfaktor Arbeit, einen zweiten Produktionsfaktor: das Kapital.

Die verschiedenen Stärken der Länder werden mit arbeitsintensiver Faktorausstattung oder kapitalintensiver Faktorausstattung begründet und stellen somit ihre jeweiligen Handelsvorteile dar.

Wenn es in einem Land viele Arbeitskräfte im Vergleich zum Kapital gibt, sind aufgrund von Nachfrage und Angebot die Lohnkosten niedrig. Es ist also ein Land mit arbeitsintensiver Faktorausstattung. Arbeitsintensiv bedeutet, dass pro Produkt mehr Arbeit als Kapital investiert wird. Das ist vor allem im Handwerk und bei Dienstleistungen der Fall.

Kapitalintensiv bedeutet, dass pro Produkt mehr Kapital als Arbeit investiert wird. Das ist vor allem bei innovativen Produkten, die in der Entwicklung sind und bei Industriegütern der Fall.

Der komparative Vorteil wird in diesem Fall einerseits durch die individuelle Ressourcenausstattung, also die Faktorausstattung der Volkswirtschaft, und andererseits durch die Ressourcenstärke, also die relative Faktorintensität der Produktion, beeinflusst.

Ressourcenausstattung: Indonesien hat einen relativen Vorteil in bei dem Faktor Arbeit, weil die Lohnkosten niedrig sind.

Ressourcenstärke: Indonesien produziert also Produkte, in denen diese Ressource intensiv genutzt wird, wie zum Beispiel in der Spielzeugproduktion.

Nach der Faktorproportionentheorie exportiert ein Land das Gut, in dessen Herstellung sein reichlich vorhandener Faktor intensiv genutzt wird, und importiert jenes Gut, in dessen Herstellung sein knapper Faktor intensiv genutzt wird.

Dadurch führt Außenhandel zu Umverteilungseffekten im Inland: Vorteile ergeben sich für die Produzenten von Gütern des reichlich vorhandenen Faktors, während die Produzenten von Gütern des knappen Faktors Verluste erleiden.

Indonesien exportiert arbeitsintensive Spielzeuge und importiert kapitalintensive Maschinen. Die inländischen Maschinenbauer erleiden dadurch Nachteile, da günstigere oder bessere Produkte auf den Heimatmarkt kommen. Die Spielzeugproduzenten haben dadurch einen Vorteil, weil ihre Produkte mehr verkauft werden.

Wenn dich das Heckscher-Ohlin-Modell interessiert, schau dir auch den Artikel zur Faktorproportionentheorie an!

Kritik

Der US-amerikanische Professor Wassily Leontief stieß bei der Prüfung der neoklassischen Außenhandelstheorie auf einen Widerspruch. Dieser Widerspruch wird heute Leontief-Paradoxon genannt.

Das Leontief-Paradoxon besagt, dass die Exporte der USA weniger kapitalintensiv sind als die Importe, obwohl die USA die kapitalreichste Nation der Welt ist. Außerdem hat die USA im Bereich von arbeitsintensiven Gütern einen Exportüberschuss.

Eine Erklärung fand Leontief mit dem Produktionsfaktor Humankapital. Denn die exportierten Güter benötigten viel Know-how, was in den USA stark zu finden sei. Seitdem wurde das Heckscher-Ohlin-Modell häufig kritisiert, da sich die Effekte in der Realität häufig nicht wie beschrieben abbilden. Wie bei den Theorien des internationalen Handels von David Ricardo und Adam Smith werden in der Faktorproportionentheorie auch Handelshemmnisse nicht beachtet.

Neue Außenhandelstheorien

Die traditionelle Handelstheorie ging davon aus, dass interindustrieller Handel besteht, doch die neue Handelstheorie erkannte, dass nicht nur interindustrieller Handel stattfindet, sondern auch intraindustrieller Handel. Was inter- und intraindustrieller Handel ist und welche Theorien die wichtigsten der neuen Außenhandelstheorien sind, wird im Folgenden erklärt.

Inter- und intraindustrieller Handel

Interindustrieller Handel bedeutet, dass sich Länder auf bestimmte Industrien spezialisieren und dass diese Güter international gehandelt werden. Es werden also Güter aus unterschiedlichen Produktgruppen gehandelt.

Die Niederlande liefert Blumen nach Deutschland und Deutschland liefert Maschinen in die Niederlande.

Der intraindustrielle Handel ist der internationale Handel von Produkten aus gleichen Industrien. Hier werden auch Produkte aus den gleichen Produktgruppen international gehandelt.

Die Niederlande exportieren bestimmte Maschinen nach Deutschland.

Die traditionellen Außenhandelstheorien zeigen, dass es sinnvoll für die Länder ist, sich zu spezialisieren und dann zu handeln. Die neuen Handelstheorien möchten dagegen die Gründe für den intraindustriellen Handel ergründen.

Wachsende Skalenerträge – Paul Krugman

In den 1970er Jahren stellte Paul Krugman fest, dass ein Großteil des Handels zwischen entwickelten Volkswirtschaften stattfindet, die eine ähnliche Ressourcen- und Faktorausstattung haben und eher weniger Handel zwischen Ländern, die eine stark unterschiedliche Faktorausstattungen haben, erfolgt.

Das bedeutet, die traditionellen Außenhandelstheorien gingen davon aus, dass beispielsweise Deutschland gut Mehl produzieren kann und deswegen viel mit Uganda handelt, die produktiver Kaffee herstellen können. In der Realität wird aber mehr zwischen ähnlich entwickelten Nationen gehandelt, wie zum Beispiel zwischen Frankreich und Deutschland.

Paul Krugman erklärte diesen Effekt mit den erreichbaren Skaleneffekten innerhalb der Industrien. Mit seiner Theorie gilt er als Begründer der neuen Außenhandelstheorien und erhielt 2008 den Wirtschaftsnobelpreis dafür.

In den klassischen und neoklassischen Theorien wird angenommen, dass die Kosten pro Produktionseinheit stabil sind. Das ist in der Realität nicht der Fall und es kommt zu sogenannten „zunehmenden Skaleneffekten“, wenn in größeren Mengen produziert wird. Das heißt, die Gesamtkosten steigen unterproportional in Bezug zur Steigerung der Ausbringungsmenge.

Außenhandelstheorien Zunehmende Skalenerträge StudySmarterAbbildung 2: Zunehmende Skalenerträge

Gründe für diesen Effekt sind zum Beispiel, dass sich die fixen Kosten auf eine größere Ausbringungsmenge verteilen, oder dass in größeren Mengen Materialien eingekauft werden können, was den Preis im Einkauf senkt. Weitere Gründe sind z. B. Vollauslastung der Maschinen und Ressourcen (also das Verringern der Stillstandzeiten) oder Lernkurveneffekte durch gewonnene Erfahrung über die Organisation und den Vertrieb der Produkte.

In einer wohlhabenden Gesellschaft ziehen es Konsumenten vor, eine Auswahl zwischen verschiedenen Produkten zu haben ("love of variety" (Dixit-Stiglitz Model)). Einzelne Unternehmen können irgendwann die steigenden Bedürfnisse der Konsumenten nicht mehr befriedigen und es entsteht ein Zielkonflikt zwischen Produktvielfalt und Massenproduktionsvorteilen.

Um diesen Zielkonflikt zu lösen, wird intraindustriell gehandelt. Es entstehen wechselseitige Vorteile für Unternehmen und Konsumenten: Die Unternehmen haben Vorteile durch Spezialisierung und den damit erlangten Skaleneffekten, größeren Marktzugang und größere Gewinne. Die Konsumenten erhalten eine stärkere Produktdifferenzierung und Auswahl.

Kritik

Das Modell liefert keine Begründung, wieso sich die Länder auf bestimmte Güter spezialisieren. Genauso wenig werden Größennachteile betrachtet, wie beispielsweise höhere Organisation und Kontrollkosten, sowie höheres Kapital, dass einem Risiko ausgesetzt wird. Außerdem werden Skaleneffekte und die damit verbundenen Kostensenkungen häufig überschätzt.

Produktlebenszyklustheorie – Raymond Vernon

Der US-Amerikaner Raymond Vernon entwickelte 1966 eine neue Außenhandelstheorie: die Produktzyklustheorie. Diese betrachtet die dynamische Veränderung der komparativen Vorteile von einzelnen Gütern im Produktlebenszyklus. Der Produktlebenszyklus ist der Zeitverlauf zwischen Einführung und Abnahme eines Produktes aus dem Markt. Mit dieser Theorie wird die Dynamik des Außenhandels aufgezeigt. Im Gegensatz zu den älteren Außenhandelstheorien, die Außenhandel mit statischen Theorien begründeten.

Der Produktlebenszyklus besteht aus vier Phasen. Die Phasen unterscheiden sich durch verschiedene Produktmerkmale, Produktionsbedingungen und Absatzbedingungen.

In der Innovations- und Einführungsphase ist technisches Know-how wichtig. Die Entwicklung ist qualifikations- und kapitalintensiv. Häufig entstehen diese neuen Produkte oder Verfahren in hoch entwickelten Ländern. Es muss mit den Produzenten und Konsumenten verhandelt, diskutiert und das Produkt angepasst werden. Erstmal wird das Produkt national vertrieben.

Dann kommt das Produkt in die Wachstumsphase. Wenn es sich auf dem nationalen Markt bewährt und sich Konsumentenpräferenzen abzeichnen, kann die Produktion immer weiter standardisiert und vereinfacht werden. Das Produkt wird dadurch immer arbeitsintensiver. Skalenvorteile können genutzt werden. Es gibt einen immer geringeren Bedarf an Fachkräften und eine steigende Nachfrage im Ausland.

Ist das Produkt in der Reifephase, dann wird es international vertrieben. Nun hat das Land ein Exportmonopol. Kostenvorteile und Optimierung haben immer größeren Einfluss auf die Wettbewerbsvorteile. Schnell folgen Schwellen- und Entwicklungsländer und imitieren das Produkt oder das Verfahren. Diese Länder haben einen Wettbewerbsvorteil durch niedrigere Lohnkosten, sodass sie die Produkte zu günstigeren Preisen anbieten können.

In der Degenerationsphase geht die Wettbewerbsintensität hoch. Die durchschnittliche Qualität der Produkte steigt und der Durchschnittspreis fällt. So wird das Exportprodukt zum Importprodukt des Ursprungslands. Es gibt also einen Richtungswechsel der Außenhandelsbeziehungen, da die Preise der ausländischen Produkte niedriger sind.

Außenhandel ist dynamisch und Vernons Theorie erklärt also, wie es zu Veränderungen in den Außenhandelsstrukturen der Nationen kommt und wieso es zur Verlagerung von Produktionsstandorten kommt.

Italien ist bekannt für seine Mode, Autos und Möbel. Früher war Italien in diesen Bereichen der Status Quo, doch mit der Zeit wurden die Technologien in Niedriglohnländern immer besser, sodass Italien Probleme hat seine Exporte zu halten.

Vernon selbst relativierte 1979 seine eigene Theorie. Er sagte, dass durch die heutigen multinationalen Unternehmen, neue Produkte auch direkt in einem Niedriglohnland entstehen können

Theorie der technologischen Lücke – Michael Posner

In den klassischen Außenhandelstheorien wurde davon ausgegangen, dass Technologien gleichzeitig weltweit verfügbar seien. Der britische Wirtschaftswissenschaftler Michael Posner stellte 1961 fest, dass sobald in einem Land Wissen erlangt wird, es eine Weile dauert, bis dieses Wissen gemeinhin verbreitet ist.

Das bedeutet, dass Länder, in denen viel wissenschaftlich geforscht wird, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern haben. Forschende Länder können bestimmte Produkte oder Prozesse erfinden und verbessern.

Die zeitliche Lücke zwischen Markteintritt und ausländische Nachfrage nach dem Produkt nennt sich "Nachfragelücke" (Demand Lag). Und die zeitliche Lücke von Markteintritt zur Imitation nennt sich "Imitationslücke" (Imitation lag). Der Außenhandel wird in dieser Theorie also mit der technological gap – "Technologische Lücke" beschrieben. In der Zeit, in der die anderen Länder die Technologie noch nicht akzeptiert haben, es aber schon eine Nachfrage gibt, hat das Ursprungsland zum Exportmonopol. Es exportiert in die Länder, die das technologische Defizit haben.

Als die ersten Impfstoffe gegen Covid-19 zugelassen wurden, hatten die Pharmaunternehmen ein Exportmonopol. Mit der Zeit wird es immer mehr Impfstoffe geben, da die Technologie auch von anderen Forschern imitiert wird.

Kritik

Diese Theorie ist spezifisch auf Technologieprodukte begrenzt und erklärt nicht, wie sich die Außenhandelsbeziehungen durch Imitation verändern und wie lange diese Lücke bestehen bleibt.

Nachfragestruktur: Präferenzunterschiede und Produktdifferenzierung

Produkte haben etliche Eigenschaften. Prinzipiell lassen sich diese in physikalische, psychologische und funktionelle Eigenschaften einteilen.

Nehmen wir als Beispiel eine Packung Gouda. Der Geschmack, der Geruch, die Farbe des Käses, die Ästhetik, die Verpackung, die Handhabung der Packung, der ökologische Abbau der Verpackung, das Image der Marke, Assoziationen mit der Marke, die Zufriedenheit der Kühe, die Konsistenz und Fähigkeit des Käses zu schmelzen, …

Jede einzelne dieser Eigenschaften kann darüber entscheiden, ob der Kunde diese Packung Gouda wählt oder lieber die neben ihm im Regal.

Umso wohlhabender eine Gesellschaft, desto weniger relevant wird der Preis und desto relevanter die subjektiven Faktoren. Der Kunde wünscht sich mehr Produktauswahl. Deswegen fangen Unternehmen an Produkte zu produzieren, die leicht unterschiedlich sind und setzen dabei einen unterschiedlichen Fokus. Dieser Prozess nennt sich Produktdifferenzierung.

Es lässt sich zwischen horizontaler und vertikaler Produktdifferenzierung unterscheiden.

Horizontale Produktdifferenzierung bedeutet, dass es bei den neuen Gütern keine qualitativen Unterschiede gibt, sondern nur Äußerlichkeiten verändert werden.

Neben weißen Socken werden auch blaue und rote Socken verkauft.

Vertikale Produktdifferenzierung bedeutet, dass es bei den neuen Gütern Qualitätsunterschiede gibt.

Neben weißen Socken aus einfacher Baumwolle werden auch weiße Socken aus Merinowolle verkauft.

Mithilfe vertikaler Differenzierung können verschiedene Marktbereiche abgedeckt werden und daher unterschiedliche Preissegmente. Hebt sich ein Produkt besonders ab, kann es kurzfristig zu einer Exportmonopolstellung kommen. Damit sich die Unternehmen im Moment des ersten Exports sicher sein können, dass das Produkt nachgefragt wird, geht man in ein Land mit ähnlicher Nachfragestruktur wie das Ursprungsland.

Es kommen demnach die Länder in Betracht, die eine ähnliche Nachfragestruktur aufweisen. Da diese wiederum ein ähnliches Durchschnittseinkommens haben, sind die Präferenzunterschiede eine Erklärung für intraindustriellen Handel. Dieser Effekt wird mit der Zeit immer stärker, da die internationalen Präferenzen immer ähnlicher durch Globalisierung, soziale Medien und starken Handel werden.

Du bist ein deutscher Käsefabrikant und möchtest deinen auf Buchenholz geräucherten Käse exportieren, um deinen Absatzmarkt zu vergrößern und höhere Umsätze zu erreichen. Dafür gehst du nicht in ein Land, in dem man froh ist überhaupt Käse zu haben, sondern in ein Land, dass ähnlich wie in Deutschland, eine unterschiedliche Käseauswahl schätzt. Nach weiteren Marktanalysen exportierst du also beispielsweise nach Österreich.

Kritik

Ob diese Theorie der Realität entspricht, ist schwierig zu überprüfen, da Länder mit ähnlichem Pro-Kopf-Einkommen, häufig geografisch nah sind und starker Handel somit auch aufgrund niedriger Transportkosten oder kultureller Ähnlichkeit bestehen kann.

Außenhandelstheorien - Das Wichtigste

  • Außenhandelstheorien erklären, wieso Außenhandel betrieben wird.
  • Die Theorie der absoluten Kostenvorteile besagt, dass Länder miteinander handeln, weil sie unterschiedlich produktiv Güter herstellen können.
  • Die Theorie der komparativen Kostenvorteile besagt, dass Länder miteinander handeln, weil sie unterschiedlich hohe Kosten bei der Produktion von Gütern haben.
  • Die neoklassische Theorie des Heckscher-Ohlin-Modells besagt, dass Länder aufgrund unterschiedlicher Ressourcenausstattung miteinander handeln.
  • Die neuen Außenhandels theorien versuchen intra- und interindustriellen Handel zu erklären. Dabei gibt es verschiedene Erklärungsansätze, wie zum Beispiel Skalenvorteile oder die Theorie der Technologischen Lücke.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Außenhandelstheorien

Außenhandelstheorien geben eine Erklärung auf die Frage, wieso die Länder Außenhandel betreiben. Dafür stellen die Theorien die Realität vereinfacht dar. Diese Annahmen verzerren jedoch auch die Realität, sodass keine Theorie die ganze Wahrheit umfasst.

Die Unternehmen eines Landes exportieren ihre Güter grenzüberschreitend und vertreiben sie im Ausland. 

Die wichtigsten Außenhandelstheorien sind die Theorie der absoluten Kostenvorteile durch Adam Smith, die Theorie der komparativen Kostenvorteile durch David Ricardo, das Heckscher-Ohlin-Modell und einige neue Handelstheorien, darunter die Theorie der wachsenden Skalenerträge von Paul Krugman oder die Theorie der technologischen Lücke durch Michael Posner.

Außenhandelstheorien erklären, wieso die Länder miteinander Außenhandel betreiben. Nur wenn die Gründe erforscht sind, kann man wissen ob Außenhandel gut oder schlecht ist, wie er gefördert werden soll oder ob er mit Maßnahmen (bsp. Zöllen) beschränkt werden sollte.

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