Die psychische Entwicklung eines Menschen basiert, aus tiefenpsychologischer Sicht, auf fünf Entwicklungsphasen und der Bildung von Instanzen der Persönlichkeit. Die Psyche entwickelt sich schwerpunktmäßig in den frühen Jahren des Lebens: in der frühkindlichen Phase bis zur Pubertät. Psychische Störungen bzw. Erkrankungen treten auf, wenn diese Phasen nicht optimal durchlaufen werden.
Tiefenpsycholog*innen gehen davon aus, dass der größte und hauptsächliche Teil der psychischen und emotionalen Entwicklung in den frühen Jahren des Lebens stattfindet. Mit frühen Jahre ist der Zeitraum ab Geburt bis zum Abschluss der Pubertät gemeint. Die psychische Entwicklung eines Menschen gehört zur Entwicklungspsychologie, die ein eigenes Teilgebiet der Psychologie ist und sich wie folgt definieren lässt:
Die Entwicklungspsychologie thematisiert die Beschreibung und Erklärung des sich verändernden Verhaltens und Erlebens von Individuen im Laufe des Lebens.
Die Entwicklungspsychologie ist auch Teil der "Grundlagendisziplinen der Psychologie". Möchtest Du mehr darüber wissen? Dann klick Dich rein in die Erklärung!
Die Tiefenpsychologie ist eine Sammelbezeichnung für psychodynamische, also auf der Psychoanalyse beruhende, psychotherapeutische Verfahren. Bei tiefenpsychologischen Verfahren wird hauptsächlich das Augenmerk auf unbewusst ablaufende Prozesse gelegt. Tiefenpsycholog*innen nehmen an, dass diese unbewusst ablaufenden Prozesse einen hohen Einfluss auf das Wohlbefinden und die psychische Verfassung haben.
Die Tiefenpsychologie spaltete sich mit der Zeit in verschiedene Richtungen. Grundlage aller tiefenpsychologischen Richtungen ist jedoch die Annahme, dass dem bewussten Verhalten und Erleben Prozesse der Triebregulation und der Konfliktverarbeitung zugrunde liegen, die in der "Tiefe" des Unbewussten ablaufen. Das bedeutet, dass jeder Mensch über innere Triebe verfügt, wie beispielsweise dem Aggressionstrieb, dem Nahrungstrieb oder dem Sexualrieb, die er steuert und reguliert. Zudem setzt sich der Mensch fortlaufend unbewusst mit tiefer liegenden Konflikten auseinander, die sein tägliches Leben beeinflussen.
Dich interessiert die Tiefenpsychologie? Weitere spannende Facts zu diesem Thema findest Du in der Erklärung zur "Tiefenpsychologie"!
Das Eisberg-Modell ist eine bildliche Veranschaulichung des menschlichen Bewusstseins und Unbewusstseins. Tiefenpsycholog*innen nehmen an, dass das Verhältnis zwischen Bewusstem und Unbewusstem bei circa 20% zu 80% liegt. Das Bewusste und Vorbewusste stehen in einem ständigen Wechselspiel, während das Unbewusste unsere Entscheidungen aus dem Hintergrund beeinflusst.
Im Laufe des Lebens verschieben sich viele Erfahrungen und Erlebnisse ins Unbewusste. Das bedeutet, Du kannst Dich zwar nicht mehr aktiv an die Ereignisse erinnern, trotzdem beeinflussen sie Dein heutiges Handeln aus der Tiefe heraus. Nachfolgend findest Du eine Grafik, die das Eisbergmodell, auch Schichtenmodell genannt, darstellt.
Abbildung 1: Eisbergmodell der Psyche nach Freud.Quelle: quentn.com
Das Eisberg-Modell gliedert den Aufbau der menschlichen Psyche in drei Ebenen:
Im Bewusstsein befinden sich alle Inhalte, an die Du gerade aktiv denkst. Das Vorbewusstsein ist eine Zwischenstufe, in der Informationen sind, auf die Du zwar jederzeit zurückgreifen kannst, die in dem Moment nicht präsent sind. Denke beispielsweise an den Namen Deines Nachbarn/Deiner Nachbarin. Du kennst den Namen, denkst aber nicht permanent aktiv darüber nach. Auf Inhalte aus dem Unterbewusstsein kannst Du nicht zugreifen. Es ist der größte Teil des Eisbergs, der "tief unter Wasser" verschollen ist.
Nähere Informationen zum Schichtenmodell findest Du in der Erklärung "Eisbergmodell Freud"!
Die psychische und emotionale Entwicklung ist eng verknüpft mit der Entwicklung des Sexualtriebes, auch Libido genannt. Man spricht hier also von der psychosexuellen Entwicklung. Der Sexualtrieb eines Menschen ist von Geburt an vorhanden. Der Mensch hat im Laufe des Lebens verschiedene Quellen, welche Gegenstand seiner Triebbefriedigung sind. Jede Phase ist mit besonderen Herausforderungen an die Entwicklung verbunden. Laut Freud führen Störungen in einer Phase zu lebenslangen Konflikten.
In der oralen Phase fokussiert sich der Lustgewinn auf die Nahrungsaufnahme, auf Zonen wie Mund, Lippen und Zunge. Der Zeitraum erstreckt sich von der Geburt bis circa 1 - 1 1/2 Jahre. Das Baby lutscht an seinen Fingern oder experimentiert mit Nahrungsmitteln. In dieser Phase wird das soziale Vertrauen aufgebaut.
Die anale Phase erstreckt sich vom 1. bis circa 3. Lebensjahr und der Lustgewinn erfolgt zunehmend durch die Nahrungsausscheidung. Die Auseinandersetzung mit dem Ausscheidungsorgan und den Ausscheidungen werden zur Hauptlustquelle für das Kind. Zusätzlich lernt das Kind, im Zuge der Sauberkeitserziehung, Macht über andere Menschen auszuüben (v.a. Mutter).
Die phallische Phase dauert etwa vom 3. bis zum 5. oder 6. Lebensjahr. In dieser Phase entdeckt das Kind seine Sexualorgane als Hauptlustquelle. Das Kind entdeckt die unterschiedlichen Geschlechter und entwickelt einen Ödipus-/Elektrakomplex, dies führt zur Identifikation mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil und zur Übernahme von dessen Normen und Werten. In dieser Zeit prägen sich das Ich und Über-Ich voll aus. Es herrscht eine Anziehung zum gegensätzlichen Geschlecht.
Der Ödipus-/Elektrakomplex beschreibt, laut Freud, die Summe aller Gefühle eines Kindes, während es ein Elternteil umwirbt und gegen das andere rivalisiert. Zudem unterscheidet er unter dem positiven Ödipuskomplex (Kind umwirbt gegengeschlechtliches Elternteil), dem negativen Ödipuskomplex (Kind umwirbt gleichgeschlechtliches Elternteil) und dem vollständigen Ödipuskomplex (negativer und positiver Komplex werden durchlaufen).
Vom ungefähr 6. Lebensjahr bis zur Pubertät befindet sich das Kind in der Latenzphase. In diesem Zeitraum befindet sich der Sexualtrieb in relativer Ruhe und die Interessen des Kindes richten sich auf andere Themen wie z. B. kulturelle Entwicklung und Auseinandersetzung mit der Realität.
Mit der Pubertät richtet sich das sexuelle Interesse auf realistische Sexualobjekte. Es beginnt die Hinwendung zur reifen Erwachsenensexualität. Die kindlich fokussierten Triebe spielen jetzt eine untergeordnete Rolle.
Sigmund Freud nannte sein Konzept der Entwicklung auch "infantile Sexualität". Er sprach jeder Phase eine spezifische Entwicklungsaufgabe zu und verband diese auch mit möglichen Störungen, falls die Phasen nicht normal durchlaufen werden. Jede Phase hat seine eigenen erogenen Zonen. Einen Überblick über die Phasen nach Freud bietet die nachfolgende Tabelle:
Phase | Alter | Erogene Zonen | Entwicklungsaufgabe | Mögliche Merkmale bei Störungen |
Oral | 0 bis 1 | Mund, Lippen, Zunge | Entwöhnung | Rauchen, übermäßiges Essen, Passivität und Leichtgläubigkeit |
Anal | 2 bis 3 | Anus | Sauberkeitserziehung | Ordentlichkeit, Gründlichkeit, Sturheit oder das Gegenteil |
Phallisch | 4 bis 5 | Genitalien | Ödipus-/ Elektrakomplex | Eitelkeit, Rücksichtslosigkeit oder das Gegenteil |
Latenz | 6 bis 12 | keine spezifische Zone | Entwicklung der Abwehrmechanismen | keine spezifischen Charakteristika |
Genital | 13 bis 18 | Genitalien | Reife sexuelle Intimität | Kindisches Verhalten, Verantwortungslosigkeit |
Bei unzureichender oder übermäßiger Befriedigung der Bedürfnisse treten Entwicklungsprobleme auf. Sie äußern sich zum späteren Zeitpunkt in Fixationen der spezifischen Phasen, was bedeutet, dass auch später übermäßig Befriedigung aus den betroffenen Quellen bezogen werden muss.
Bei einer Fixation bleibt der Mensch einfach ausgedrückt "auf etwas hängen". Die betroffene Person verspürt also das Bedürfnis, aus einer fixierten Quelle übermäßig viel Befriedigung herauszuziehen.
In der oralen Phase der Entwicklung ist das Baby stark fokussiert auf die Mutter als versorgende Bezugsperson. Freud schreibt dieser Phase die Entwicklung des Urvertrauens zu. Ist nun das Verhältnis zwischen Mutter und Kind gestört, fällt die Bezugsperson weg oder wird das Baby nicht richtig versorgt, baut das Kind kein Urvertrauen auf. Nach Freud entwickeln diese Babys im Erwachsenenleben ein schlechtes Selbstwertgefühl und sind sehr misstrauisch ihren Mitmenschen gegenüber. Auch spätere Suchterkrankungen werden auf Störungen in der oralen Phase zurückgeführt, demnach kann Sucht eine Ersatzbefriedigung darstellen, um Defizite dieser Phase auszugleichen.
Die anale Phase dient der Reinlichkeitserziehung eines Kindes. Bei Problemen in dieser Phase kommt es Freud zu Folge zu dem analen Zwangscharakter. Es bilden sich entweder Geiz (übertriebene Sparsamkeit) oder Verschwendungssucht (unverhältnismäßig hoher Verbrauch an Gütern), chaotischen Gebaren (Messie-Syndrom) oder übertriebene Ordnungsliebe (tägliches Putzen), Eigensinn (konsequentes Beharren auf der eigenen Meinung) und zwanghaftes Verhalten (Perfektionismus und übertriebenes Verlangen nach Kontrolle) heraus.
Probleme in der phallischen Phase eines Kindes, welche die Genitalien als erogene Zone, oder auch Objekt des Lustgewinns bezeichnet, können im Erwachsenenalter zu einer verklemmten Sexualität führen. Das Individuum hat Probleme sich selbst anzunehmen. Defizite dieser Phase äußern sich außerdem darin, dass sich der Mensch nicht von seinem geliebten Elternteil lösen kann (Ödipus-/ Elektrakomplex).
In der Latenzphase befindet sich die psychosexuelle Entwicklung eines Kindes in einer relativen Ruhephase. In dieser Zeit liegt der Fokus darauf, die bereits kennen gelernten Triebe zu kontrollieren. Das Kind festigt soziale Bindungen und verinnerlicht Normen und Werte seiner Umgebung. In dieser Zeit entwickelt das Individuum ein natürliches Schamgefühl. Wenn Probleme in dieser Phase auftreten, äußern diese sich durch ein erhöhtes oder vermindertes Schamgefühl.
Mit dem Eintritt in die Pubertät beginnt die letzte Phase, die genitale Phase. Heranwachsende entdecken ihre Sexualität und möchten diese ausleben. Nach Freud können Störungen in dieser Phase dazu führen, dass der Mensch nie richtig erwachsen wird und in kindlichen Denkmustern hängen bleibt. Der Mensch kann im späteren Leben Probleme damit haben, sein eigenes Leben zu gestalten und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
Mehr über die einzelnen Phasen der psychosexuellen Entwicklung nach Freud erfährst Du in der Erklärung "Psychosexuelle Entwicklung". Klick Dich rein und vertiefe Dein Wissen!
Aus tiefenpsychologischer Sicht ist die frühkindliche Entwicklung ein Prozess, welcher auf der Entwicklung der Instanzen (Instanzenmodell) und dem Durchleben der psychosexuellen Entwicklungsphasen basiert. Aus tiefenpsychologischer Sicht basiert die frühkindliche Entwicklung auf dem Bilden der Instanzen (Instanzenmodell) und den Durchleben der psychosexuellen Entwicklungsphasen.
Die psychosexuelle Entwicklung wird beeinflusst durch die Intensität der Auslebung der psychosexuellen Entwicklungsphasen, sowie Reizen aus der Umwelt und Bildung/Ausprägung der jeweiligen Instanzen einer Persönlichkeit.
Die geistige Entwicklung eines Menschen ist zu keinem festgelegtem Zeitpunkt abgeschlossen. Aus tiefenpsychologischer Sicht entwickelt sich die Persönlichkeit eines Menschen überwiegend in der frühkindlichen/pubertären Zeit.
Die Entwicklung eines Kindes kann aus tiefenpsychologischer Sicht gefördert werden, wenn die Erziehenden auf eine angemessene Auslebung der 5 psychosexuellen Entwicklungsphasen achten. Übermäßige oder unzureichende Auslebung führen zu späteren Zeitpunkten zu Fixationen in den jeweiligen Phasen. (Beispiel: Raucher erlebten unzureichende oder übermäßige Befriedigung in der oralen Phase).
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