StudySmarter - Die all-in-one Lernapp.
4.8 • +11k Ratings
Mehr als 5 Millionen Downloads
Free
Der Begriff Autonomie ist aus dem Griechischen abgeleitet (autos = selbst, nomos = Regel) und bedeutet die Fähigkeit des Menschen, sein Leben selbst zu regeln.
Autonomieentwicklung beschreibt den Prozess des selbstständig Werdens eines Menschen. Das Individuum entwickelt in diesem Vorgang Fähigkeiten, die ihm dabei helfen, sein Leben unabhängig von anderen zu gestalten. Das Individuum setzt sich dafür selbständig eigene Ziele und ist für sein Verhalten und Erleben eigenverantwortlich, unter Berücksichtigung der sich ausbildenden eigenen Werte.
Die Autonomieentwicklung erfolgt sowohl auf der kognitiven als auch auf der affektiven Verhaltensebene. Die Autonomie kann in verschiedenen Bereichen (Selbstvertrauen, Handlungsregulation, Werthaltungen) unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Autonomie ist ein menschliches Grundbedürfnis und kann nur in Abhängigkeit von anderen verstanden werden. Sie gilt zudem als das zentrale entwicklungspsychologische Konstrukt im Lebenslauf und dient als Indikator für das Erreichen von psychischer Reife.
Die Entwicklungspsychologie beschreibt und erklärt die zeitlich überdauernden, aufeinander aufbauenden Veränderungen menschlichen Erlebens und Verhaltens über den Lebensverlauf hinweg.
Die Autonomieentwicklung ist ein Teilbereich der Entwicklungspsychologie. Während sich die Autonomie auf die Ausbildung von Selbstständigkeit fokussiert, betrachtet die Entwicklungspsychologie sowohl die kognitiven Fähigkeiten als auch soziale Beziehungen und andere wichtige Aspekte menschlicher Natur im Verlauf des Lebens. Dabei werden verschiedene Entwicklungsphasen unterschieden, die jeweils spezifische Entwicklungsmerkmale umfassen.
Eine wichtige Voraussetzung für eine gelungene Autonomieentwicklung sind Partizipationsmöglichkeiten (also Möglichkeiten des Teilnehmens und Mitmachens). Durch sie können Kinder und Jugendliche gestalterische, politische und soziale Handlungsmöglichkeiten erfahren und zwischenmenschliche Kompetenzen erwerben.
Im Kindheitsalter ist die Autonomieentwicklung insbesondere in Bezug auf die Selbstständigkeit in ihrem Verhalten von Bedeutung. Gerade kleine Kinder müssen erst unzählige grundlegende Erfahrungen machen, auf denen sie im Verlauf ihres Lebens aufbauen können. Um dies zu erreichen, ist die Sicherheit durch die Eltern, aber auch die Freiheit, sich ausprobieren zu dürfen, von großer Bedeutung.
In der kindlichen Autonomieerziehung gilt es, die Selbstständigkeit und mögliche Folgen, wie Überforderung, in Einklang zu bringen. Diese Herausforderung zu bewältigen obliegt neben den Eltern auch den Pädagog*innen und erfordert Fingerspitzengefühl.
Im Jugendalter (Adoleszenz) steht weniger die Verhaltensautonomie und mehr die emotionale Unabhängigkeit im Fokus. Es geht darum, dass sich der/die Teenager*in langsam von seinen/ihren Eltern löst und emotional abnabelt, um seinen/ihren eigenen Weg zu finden. Dabei kommt dem Verhältnis zu Gleichaltrigen und der Suche nach Akzeptanz und Anerkennung durch das Umfeld eine große Bedeutung zu.
Auch die Ausbildung eigener Werte und Überzeugungen werden zunehmend wichtiger. Die Individualität entsteht durch die Spannung zwischen Autonomiestreben und Bindung. Diese Spannung kann bei Jugendlichen zu heftigen Konflikten und Krisen führen. Beispielsweise kann sowohl zu frühe, als auch zu späte Ablösung und Autonomie von Jugendlichen zu Identifikations- und Selbstbewusstseinsproblemen führen.
Es ist essentiell, bei der Loslösung zwischen einer Isolierung und emotionalen Abwendung von den Eltern und einer Loslösung im Sinne einer Autonomieentwicklung auf Basis von Verbundenheit zu unterscheiden. So geht Autonomie, die auf der emotionalen Abwendung von den Eltern basiert, mit einem geringeren Selbstwertgefühl und größerer Anfälligkeit für Gruppendruck einher.
Zwar haben die Autonomieentwicklung in der Kindheit und in der Jungend das gemeinsame Ziel, den Menschen zu einem unabhängigen und selbstständigen Wesen reifen zu lassen, jedoch haben die beiden Phasen unterschiedliche Ansätze und Strategien, um dies zu erreichen.
Autonomieentwicklung in der Kindheit | Autonomieentwicklung in der Jugend |
|
|
Mit den folgenden zwei Beispielen kannst du das ganze noch einmal anschaulich nachvollziehen:
Ein wesentlicher Baustein der kindlichen Autonomieentwicklung ist die "Trotzphase". Das Kind beginnt, sich seinen Eltern zu widersetzen und einen eigenen Willen zu entwickeln. Sätze wie "Ich will aber!" oder "Ich mache das selbst!" sind ein typischer Bestandteil dieser Lebensphase.
Aber auch noch die Pubertät ist eine wichtige Phase der Autonomieentwicklung:
Die Pubertät ist hingegen ein entscheidender Faktor in der jugendlichen Autonomieentwicklung. In dieser Lebensphase verspürt der Teenager den Drang, von zuhause rauszukommen und Eltern und kleine Geschwister sind plötzlich "uncool". Sätze wie "Lass mich in Ruhe!" oder "Mann, seid ihr peinlich." stehen in dieser Zeit auf der Tagesordnung.
Das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung wurde 1950 von Erik Erikson entwickelt und umfasst acht Stufen, die aufeinander aufbauen. Es dient dazu, einen tabellarischen Überblick über die einzelnen Meilensteine der psychosozialen Entwicklung in den verschiedenen Altersstufen des Menschen zu geben. Dabei soll aufgezeigt werden, mit welchen Konflikten sich der Mensch zu einer bestimmten Lebensphase auseinandersetzen muss und wie er neue Orientierung zu sich selbst und seiner Umwelt findet.
Während sich die ersten fünf Phasen auf die Kindheit und Jugend beziehen, beziehen sich die letzten drei auf das Erwachsenenalter:
Es werden für jede der acht Phasen der Ich-Entwicklung Aufgaben formuliert, die positiv, aber auch negativ bewältigt werden können. Die Thematik der einzelnen Aufgaben steigert sich im Laufe der Phase zu einer Krise und erst wenn diese erfolgreich überwunden wurde, folgt die nächste Stufe. Für eine gesunde Entwicklung ist es wichtig, dass die positiven Erfahrungen überwiegen. In der folgenden Abbildung siehst du die acht Phasen noch einmal verbildlicht dargestellt.
Das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung von Erikson geht davon aus, dass alle Thematiken bereits von Geburt an angelegt sind, aber er erst in einer bestimmten Stufe dominant werden.
Abbildung 1: Die psychosoziale Entwicklung erstreckt sich über den gesamten Lebenslauf.
"Ich bin, was man mir gibt."
In der erste Stufe bildet sich die Grundhaltung des Individuums aus. Das ist die Haltung, die sich dann durch das gesamte Leben zieht. Ein Baby erfährt Vertrauen durch seine Eltern, die sich um es kümmern und versorgt. Es ist auf sie angewiesen, um zu überleben.
Dem gegenüber steht das Misstrauen, das von dem Baby z.B. durch kurzzeitige Abwesenheit der Eltern erlebt wird. Wird es allmählich älter, wendet sich die Mutter wieder vermehrt anderen Tätigkeiten zu, wie dem Haushalt und lässt das Baby in diesen Zeiten allein.
Wichtig in dieser Phase ist, dass sich das Vertrauen stärker ausbildet als das Misstrauen.
"Ich bin das, was ich will."
Die zweite Stufe des Modells beschreibt Erikson mit dem ersten Abnabelungsprozess durch das Kind. Es emanzipiert sich von seiner Mutter, indem es neue Fähigkeiten, wie das Gehen, Sprechen oder eigenständige Essen, erlernt.
Das Kind will in dieser Phase die Welt um sich herum erkunden, lernen und Grenzen finden. Es erkennt jedoch auch, dass nicht all seine Wünsche angemessen und realistisch sind und fängt an, an ihnen zu zweifeln und sich bei Weilen dafür zu schämen.
"Ich bin, was ich mir vorstellen kann zu werden."
In dieser Stufe entscheidet das Kind selbst, was es möchte und hört nicht mehr starr auf seine Eltern. Es beginnt die Realität zu erkunden und stellt unzählige Fragen. Es ergreift Initiative.
Zur selben Zeit beginnt das Kind sich mit sich und seinem Geschlecht auseinanderzusetzen und bildet ein Moralgefühl aus. Während des Durchlebens dieser Krise bildet es Schuldgefühle aus.
"Ich bin, was ich lerne."
In dieser Phase ist das Kind wissbegierig. Es erkennt, dass erfolgreich sein wichtig ist und ihm kognitive Fähigkeiten und die Herstellung kreativer Dinge Anerkennung bringen. Das Kind entwickelt in dieser Zeit einen Werksinn, d.h. den Drang etwas Nützliches zu leisten.
Bleiben jedoch Erfolgserlebnisse aus, entstehen Minderwertigkeitsgefühle bei dem Kind. Nehmen diese Überhand, kann sich das auf das ausbildende Selbstbewusstsein des Kindes auswirken.
"Ich bin, was ich bin."
Während der Pubertät verändert sich der Körper. Jugendliche begeben sich auf die Suche nach ihrer Identität. Sie beginnen sich mit sich und ihrem Umfeld auseinanderzusetzen und es infrage zu stellen. Sie setzen sich mit dem anderen Geschlecht und ihrer Rolle in der Welt sowie dem Beruf auseinander.
In dieser Phase zeigt sich, wie erfolgreich die vorangegangenen Phasen durchschritten wurden. Denn auf ihnen aufbauend basiert die Identitätsbildung und sie gelingt umso besser, je mehr positive Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht wurden. Ist dies nicht der Fall, kommt es zu einer Identitätsdiffusion und die Ausbildung einer klaren Ich-Identität gestaltet sich als schwierig.
"Ich bin, was ich liebe."
Im jungen Erwachsenenalter steht die Umwelt wieder mehr im Fokus. Nachdem der Mensch sich in den vorangegangenen Phasen vornehmend mit sich selbst auseinandergesetzt hatte, sucht er nun nach Freundschaften und Partnerschaft. Seine Ich-Identität ist nun so weit gefestigt, dass er bereit ist für ein Sich-verlieren und Sich-finden in einem Anderen, für das Erleben von Intimität. Doch diese Nähe zu Anderen und die Interaktion kann beizeiten anstrengend sein, weshalb es zu Isolation kommt.
"Ich bin, was ich bereit bin zu geben."
Aufbauend auf der Intimität kommt es zur Familiengründung und dem Drang, für andere und kommende Generationen zu sorgen. Das Bedürfnis, Werte zu schaffen, weiterzugeben und damit abzusichern ist jetzt von großer Bedeutung.
Hat ein Mensch niemanden, um den er sich kümmern kann, außer um sich selbst, stagniert sein Leben und er vereinsamt.
"Ich bin, was ich mir angeeignet habe."
Im Alter beginnt der Mensch, auf sein Leben zurückzublicken. Hier hat er zwei Möglichkeiten zu reagieren. Zum einen kann er Dinge bereuen, die er getan oder möglicherweise nicht getan hat und sich vor dem Tod fürchten. Innere Konflikte sorgen im hohen Alter für Todesangst und Verzweiflung. Kann der Mensch sich seine Handlungen und Taten, die er über den Verlauf seines Lebens getätigt hat, nicht verzeihen, kann das die Ablehnung der eigenen Person und der anderer zur Folge haben. Der Mensch hat Angst vor dem Tod.
Zum anderen kann der Mensch die Dinge akzeptieren und seinen Frieden mit all den Lebensjahren schließen. Dann kann er auch Frieden mit anderen Personen schließen und akzeptieren, dass das Leben endlich ist.
Jede der acht Stadien stellt eine eigene Herausforderung für den Menschen dar und nur wenn jede Phase erfolgreich bewältigt wurde, ist er im Stande, sich charakterlich weiterzuentwickeln und eine stabile und gefestigte Persönlichkeit zu entwickeln. Ein Scheitern in einer Phase bringt nämlich Probleme mit sich, die die folgenden Phasen beeinflussen können.
Eine zu starke Selbstabsorption im Alter kann beispielsweise zu einer Selbstaufgabe führen. Zu starkes Urmisstrauen in der frühen Kindheit kann hingegen zu Depressionen oder Leeregefühlen im späteren Leben führen. Deshalb ist eine innige Bindung zu den Eltern gerade in den ersten Lebensjahren von großer Bedeutung.
Autonomie und Verbundenheit (Bindung zu den Eltern bzw. Bezugspersonen) stehen in einem ständigen Konflikt, besonders während der Autonomieentwicklung. Kinder und Jugendliche sind stets auf der Suche nach Unabhängigkeit, doch sind sie auf die Verbundenheit zu ihrem Elternhaus angewiesen, um sich frei und sorglos entfalten zu können.In dieser Tabelle kannst du erkennen, wie sich die einzelnen Aspekte der Autonomie und der Verbundenheit gegenüberstehen:
Autonomie | Verbundenheit |
|
|
Kinder, die ein starkes Autonomieerleben während ihrer Entwicklung erfahren, zeigen im späteren Leben viele bedeutende Vorteile. Sie sind widerstandsfähiger gegen Belastungen, haben mehr Bewältigungsmöglichkeiten, verhalten sich in Konflikten sozialer, weniger aggressiv und finden Lösungen, die ihnen weiter helfen. Sie sind kreativer, flexibler, ausdauernder und ihre Lern- und Merkfähigkeiten, also ihr Gedächtnis ebenso wie ihre Sprachentwicklung, sind besser als die von Kindern, die kein ausreichendes Autonomieerleben durch die Bezugspersonen erfahren haben.
Im Kindergarten treffen Kinder oft das erste Mal in ihrem Leben für eine längere Zeit auf neue Bezugspersonen, die nicht zu ihrer Verwandtschaft gehören. Dementsprechend wichtig ist eine emotionale Bindung zu den Erzieher*innen. Nur eine Bindung zu den Bezugspersonen erlaubt es den Kindern, unbekanntes zu entdecken, ihre Komfortzone zu verlassen und sich zu öffnen. Sie gibt den Kindern Sicherheit, hilft ihnen aber auch gleichzeitig, sich etwas von den Eltern loszulösen - sei es nur für ein paar Stunden.
Autonomieentwicklung ist der Prozess des selbstständig Werdens eines Individuums. Das Individuum entwickelt in diesem Vorgang Fähigkeiten, die ihm dabei helfen, sein Leben unabhängig von Anderen zu gestalten. Das Individuum setzt sich dafür selbständig eigene Ziele und ist für sein Verhalten und Erleben eigenverantwortlich, unter Berücksichtigung der sich ausbildenden eigenen Werte.
Autonomie ist ein menschliches Grundbedürfnis und entwickelt sich über die gesamte Lebensspanne hinweg. Sie entwickelt sich durch die Bewältigung von Krisen.
Kinder lösen sich von der Mutter bereits mit dem Eintritt ins Kleinkindalter. Das Kind beginnt nach Autonomie zu streben und versucht, sich zu emanzipieren. Es möchte nicht mehr vollkommen abhängig von der Mutter sein. Jedoch handelt es sich um einen Prozess, der sich bis in die Pubertät zieht.
Gerade in der Lebensphase, in der Kinder in den Kindergarten gehen, ist Bindung wichtig, da dort die Ausbildung der Grundzüge der Ich-Identität im Vordergrund steht. Erfahren Kinder Bindung durch ihre Freunde und Betreuer*innen, fühlen sie sich sicher und traut sich Dinge auszuprobieren und zu entdecken.
Sei rechtzeitig vorbereitet für deine Prüfungen.
Teste dein Wissen mit spielerischen Quizzes.
Erstelle und finde Karteikarten in Rekordzeit.
Erstelle die schönsten Notizen schneller als je zuvor.
Hab all deine Lermaterialien an einem Ort.
Lade unzählige Dokumente hoch und habe sie immer dabei.
Kenne deine Schwächen und Stärken.
Ziele Setze dir individuelle Ziele und sammle Punkte.
Nie wieder prokrastinieren mit unseren Lernerinnerungen.
Sammle Punkte und erreiche neue Levels beim Lernen.
Lass dir Karteikarten automatisch erstellen.
Erstelle die schönsten Lernmaterialien mit unseren Vorlagen.
Melde dich an für Notizen & Bearbeitung. 100% for free.