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Quantenverschränkung

Wenn Du schonmal was mit Quantenmechanik zu tun hattest, dann würdest Du wahrscheinlich zustimmen, dass sie sich anders verhält, als klassische Physik. Dies liegt daran, dass die große, schwere Welt der Menschen nicht den Gesetzmäßigkeiten der Quantenmechanik unterliegt. Paradoxerweise ist sie jedoch grundlegender als die klassische Physik, da unsere Welt aus quantenmechanischen Teilchen aufgebaut ist.

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Quantenverschränkung

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Wenn Du schonmal was mit Quantenmechanik zu tun hattest, dann würdest Du wahrscheinlich zustimmen, dass sie sich anders verhält, als klassische Physik. Dies liegt daran, dass die große, schwere Welt der Menschen nicht den Gesetzmäßigkeiten der Quantenmechanik unterliegt. Paradoxerweise ist sie jedoch grundlegender als die klassische Physik, da unsere Welt aus quantenmechanischen Teilchen aufgebaut ist.

Menschen sind also nicht daran gewohnt, dass sich Objekte so verhalten, wie Quantenteilchen es tun. Deswegen erscheinen Quantenphänomene auch oft als äußerst kompliziert und eigenartig. Eines dieser Phänomene ist die Quantenverschränkung. Sie unterscheidet sich dermaßen von unserem klassischen Verständnis, dass die schlausten Köpfe der Wissenschaft sich schon fast ein Jahrhundert lang den Kopf darüber zerbrechen.

Doch was genau ist diese Quantenverschränkung, die die großen Physiker und Philosophen so verstört hat?

Quantenverschränkung: Klassische Korrelation

Es ist nun mal nicht zu ändern: Wir leben in der klassischen Welt und sind keine Quantenteilchen. Unser Denken ist demnach von der klassischen Sichtweise geprägt. Deswegen lohnt es sich auch, in der klassischen Welt zu starten und sich bis in die Quantenwelt durchzuarbeiten. Lass uns deswegen mit zwei imaginären, klassischen Freunden, Alice und Bob, beginnen.

Alice und Bob ziehen jeweils ein Los. Da die Beiden diese Lose zusammen erstellt haben, wissen sowohl Alice als auch Bob, was genau auf den Losen steht: nämlich Los 1 und Los 2. Nur wissen sie in dem Moment, indem sie das Los ziehen, nicht, was sie gezogen haben:

Auf Alices und Bobs los steht also zusammen: Los 1 und Los 2. Das kannst Du immer mit fester Überzeugung sagen, da es ja auch genau das ist, was die beiden auf die Lose geschrieben haben. Was Du allerdings nicht sicher sagen kannst ist, welches Los Alice gezogen hat und welches Bob.

Selbst Alice und Bob können das nicht wissen, bevor sie auf ihr eigenes Los geschaut haben. Das einzige, was ihnen hier bleibt, sind Wahrscheinlichkeiten. Da es nur zwei Lose gibt, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Alice Los 1 zieht, bei 50%. Dieselbe Wahrscheinlichkeit gilt für die Ziehung von Los 2 und für Bobs Ziehungen.

Wenn Du weiter über die Lose nachdenkst, dann wird Dir Deine klassische Intuition vermutlich folgendes sagen:

Alice zieht das Los, was Bob nicht zieht. Umgekehrt zieht Bob das Los, was Alice nicht zieht. Wenn Alice also Los 2 zieht, dann muss Bob Los 1 ziehen und umgekehrt.

Die Ergebnisse der Ziehung sind also voneinander abhängig. In der Fachsprache der Physik ausgedrückt bedeutet das, dass sie korrelieren.

Eine Korrelation liegt dann vor, wenn verschiedene Messergebnisse voneinander abhängen. Die Abhängigkeit kann zum Beispiel durch Wechselwirkungen verursacht werden.

Dass die Ergebnisse der Ziehung von Alice und Bob voneinander abhängen, ist so grundlegend und so tief in unserem Denken verankert, dass wir es schon für selbstverständlich halten. Warum es in der Quantenwelt auch anders sein kann, erfährst Du im Laufe des Artikels.

Du kannst die beiden Lose zusammen als ein Gesamtsystem (Los 1 und Los 2) betrachten. Dies soll das Ganze nicht komplizierter, sondern im Gegenteil einfacher machen, denn so benennst Du beides nur mit einem Wort. Um konsistent zu bleiben, kannst Du die beiden Einzellose auch in Einzelsysteme umbenennen. In unserem klassischen Beispiel bilden also die beiden Einzelsysteme zusammen ein Gesamtsystem. Lass uns nun dieses Konzept auf Quantenebene übertragen.

Quantenverschränkung Erklärung und Definition

Das System der Lose von Alice und Bob kann beliebig erweitert und abgeändert werden. Beispielsweise kannst Du die beiden Lose durch zwei Spins ersetzen.

Der Spin ist, genau wie die Masse oder Ladung, eine Eigenschaft von Teilchen. Da er nicht klassisch erklärbar ist, handelt es sich sogar um eine rein quantenmechanische Eigenschaft.

Spin macht sich erst im Magnetfeld bemerkbar, spielt aber eine wichtige Rolle für das makroskopische Leben. Aber was genau ist der Spin und wie kannst Du ihn Dir vorstellen?

Alle Elementarteilchen haben einen Spin. Je nach Art der Teilchen hat er einen anderen Betrag, so kann er nur das halbzahlige oder ganzzahlige Vielfache des Planckschen Wirkungsquantums einnehmen. Der Wert wird dabei durch die Spinquantenzahl bestimmt.

Wenn dich das Thema Spin näher interessiert, kannst du es im entsprechenden Artikel genauer nachlesen.

Teilchen mit halbzahligem Spin heißen Fermionen, dazu zählen beispielsweise auch Elektronen, Quarks oder Neutrinos. Bosonen, wie das Higgs-Boson oder ein Photon, sind Teilchen mit ganzzahligem Spin.

Der Spin wird oft nur durch seine Quantenzahl angegeben. Je nach Ausrichtung im Magnetfeld kann er entweder einen positiven oder einen negativen Wert haben. Da Du ihn Dir aber, genau wie die Ladung, nicht bildlich vorstellen kannst, hat diese Angabe wenig mit dem tatsächlichen "Aussehen" des Spins zu tun und beschränkt sich nur auf sein Verhalten.

So wie die anderen Teilcheneigenschaften kann auch der Spin nicht anschaulich dargestellt werden. Da es jedoch oftmals nötig ist, sich ihn irgendwie vorzustellen, wird er manchmal in Form von Vektorpfeilen veranschaulicht.

Ein wichtiges Beispiel ist der Elektronenspin, der auch oft nur durch s=12 angegeben wird. Je nach Orientierung kann er aber die Werte +12 und -12 einnehmen. Der Einfachheit halber wird ein Spin von +12 häufig als up (Englisch für "hoch") und -12 als down (Englisch für "runter") bezeichnet.

Diese Benennung ist besonders dann sinnvoll, wenn der Spin durch einen Pfeil im Raum veranschaulicht wird.

Der Elektronenspin spielt eine wichtige Rolle unter anderem beim Atomaufbau. Beispielsweise müssen nach dem Pauli-Prinzip zwei Elektronen in derselben Schale unterschiedlichen Spin haben. Dies kann auch auf die Protonen und Neutronen im Atomkern übertragen werden, da diese jeweils aus Quarks (ebenfalls Fermionen) aufgebaut sind und demnach denselben Prinzipien folgen.

Du möchtest mehr über den Atomaufbau erfahren? Dann schaue doch im entsprechenden Artikel vorbei!

Stell Dir nun vor, dass Alice und Bob keine Lose ziehen, sondern jeweils ein Teilchen. Jedes dieser Teilchen trägt einen Spin, der entweder up (abgekürzt durch u) oder down (abgekürzt durch d) sein kann:

Diese Ziehung kannst Du mit der Losung vergleichen, wenn Alice und Bob ihre Lose mit zurücklegen ziehen. Die Kombinationen, die sich daraus für das Gesamtsystem ergeben, kannst du der folgenden Tabelle entnehmen:

Bob zieht upBob zieht down
Alice zieht up
uuud
Alice zieht down
dudd

Diese Möglichkeiten ergeben die Zustände des Gesamtsystems aus den beiden Spins. Der Zustand uu bedeutet beispielsweise, dass sowohl Alice als auch Bob ein Teilchen mit dem Spin up ziehen. Bei ud hingegen zieht Alice das Teilchen mit Spin up, während Bob Spin down zieht.

Ohne Messung kannst Du nicht genau vorhersagen, in welchem Zustand sich das Gesamtsystem befindet, denn jeder dieser Zustände liegt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vor. Sobald Du ihn aber gemessen hast, weißt Du zwar das aktuelle Ergebnis, aber Du kannst nicht sagen, wie es unmittelbar vor der Messung aussah.

In diesem Fall hat die Ziehung von Alice keine Auswirkungen auf die Ziehung von Bob. Die Zustände der Teilsysteme (Alices Teilchen und Bobs Teilchen) existieren also unabhängig voneinander. Somit korrelieren die Teilsysteme nicht und können auch einzeln betrachtet werden. Dies bedeutet aber auch, dass Alice aus ihrem Ergebnis nicht auf den Spin von Bob schließen kann und umgekehrt.

In der Natur ist es jedoch nicht immer so einfach, wie es bei Alice und Bob erscheint. Quantenobjekte werden nämlich oft durch Gesetzmäßigkeiten eingeschränkt, die keine Erklärung in unserem Alltagsleben finden. Deswegen lohnt es sich, diese Spin-Losung von Alice und Bob zu abstrahieren.

Quantenverschränkung Definition

Stell Dir nun vor, die Ergebnisse der Ziehung von Alice und Bob würden korrelieren. Beispielsweise würde Bob immer nur Spin down ziehen, wenn Alice Spin up zieht und umgekehrt. Eine Korrelation zwischen Messergebnissen lässt sich auf Verschränkung der Teilsysteme zurückführen. In diesem Fall werden also die Spins von Alice und Bob verschränkt.

Bei Verschränkung der Teilsysteme kann nur das Gesamtsystem vollständig beschrieben werden. Es ist aber nicht möglich, die Zustände der einzelnen Teilsysteme vollständig zu beschreiben.

Doch was genau bedeutet das für unsere beiden Freunde? Wenn nur der Gesamtspin gemessen werden kann, dann wissen die beiden vielleicht, dass das Ergebnis ud oder du ist. Du kannst aber an dieser Stelle nicht sagen was Alice gezogen hat, ohne auch eine Aussage zu Bobs Zug zu treffen.

Der genaue Zustand eines Systems wird in der Quantenmechanik erst durch die Messung bestimmt, vor der Messung besteht er als eine Überlagerung der möglichen Zustände. Der erhaltene Messwert kann zwar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden, ist aber nicht exakt vorherbestimmt. Dies steht im Gegensatz zur klassischen Mechanik, wo ein Messergebnis durch die Gesetze der klassischen Physik bestimmt ist.

Was hier also noch übrig bleibt ist, wieder mit Wahrscheinlichkeiten zu argumentieren: Solange weder Alice noch Bob ihren Spin messen, haben beide mit 50 prozentiger Wahrscheinlichkeit down und mit 50 prozentiger Wahrscheinlichkeit up Spin. Der Zustand des Gesamtsystems vor der Messung entspricht somit einer Überlagerung aus ud und du.

Schaue nochmal in das Kapitel über klassische Korrelation: Fallen Dir da Gemeinsamkeiten zwischen den Losen und verschränkten Spins auf?

Bisher haben Alice und Bob Dir geholfen, sich die Verschränkung anschaulich und mit Bezug auf die klassische Welt vorzustellen. Jetzt ist es jedoch an der Zeit, dass Du Dir einige reale Beispiele aus der Quantenwelt anschaust.

Quantenverschränkung Beispiel

Die Spin-Verschränkung von Alice und Bob ist keineswegs ein reines Gedankenexperiment, sondern lässt sich auch auf verschränkte Elektronen anwenden. Schau Dir dazu zwei Elektronen mit den Spins s1und s2 an, die zum Gesamtspin s=0verschränkt werden.

Wie kannst Du Elektronen mit einem Spin von +12 oder -12 so kombinieren, dass sie einen Gesamtspin von s=0 ergeben? Um diese Frage zu beantworten, bildest Du alle Kombinationsmöglichkeiten der beiden Elektronen:

s2=+12s2=-12
s1=+12s=+12++12s=1s=-12++12s=0
s1=-12s=+12+-12s=0s=-12+-12s=-1

Wie Du der Tabelle entnehmen kannst, gibt es dabei genau zwei Kombinationen, bei denen der Gesamtspin verschwindet. Damit sich die Elektronenspins kompensieren, müssen sie ein unterschiedliches Vorzeichen haben.

Damit weißt Du zwar, dass das eine Elektron einen Spin von +12 haben muss und das andere -12, aber welches Elektron genau welchen Spin hat, ist vor der Messung nicht bekannt. Obwohl Du also den Zustand des Gesamtsystems vollständig beschreiben kannst (s=0), kannst Du daraus keine Aussagen über die einzelnen Teilsysteme (Spins der Elektronen) folgern. In diesem Fall sprichst Du von einem höchst verschränkten Quantenzustand.

Was kannst Du nun mit dieser Information anfangen? Schau Dir dazu eine hypothetische Messung an: Stell Dir vor, Du hättest eine Möglichkeit, den Spin der einzelnen Elektronen zu messen. Egal, wie oft Du diese Messung durchführst, Du würdest für jedes Elektron mit gleicher Häufigkeit einen Spin von +12 und von -12 messen. Damit würdest Du auch gleichzeitig den Spin des anderen Elektrons bestimmen: Dieses hätte bei jeder Messung den jeweils entgegengesetzten Wert.

Dass die Wahrscheinlichkeit für jedes Ergebnis bei 50% liegt, ist eine äußerst unbefriedigende Schlussfolgerung. Du erhältst somit aus der Messung des Elektronenspins keine neue Gesetzmäßigkeit, um den Elektronenspin eines einzelnen Elektrons genau vorhersagen zu können.

Dass Du alles über ein Gesamtsystem wissen kannst und gleichzeitig nichts über seine Teilsysteme, kommt nicht nur Dir befremdlich vor. Seinerzeit hat dies sogar Albert Einstein zutiefst verstört. Was ihn jedoch noch viel mehr an der Quantenmechanik zweifeln ließ, ist die Tatsache, dass verschränkte Teilchen auch über weite Distanzen hinweg einander beeinflussen können sollen. Dies bezeichnete er in seinem berühmten Zitat als "spukhafte Fernwirkung".

Bedeutung der Quantenverschränkung

... Ich kann aber deshalb nicht ernsthaft daran glauben, weil die Theorie mit dem Grundsatz unvereinbar ist, daß die Physik eine Wirklichkeit in Zeit und Raum darstellen soll, ohne spukhafte Fernwirkungen.

In einem Brief an Max Born äußert Albert Einstein seine Skepsis gegenüber der Quantenmechanik. Was ihn an dieser so stört ist, dass die Quantenmechanik mit ihrer Verschränkung scheinbar gegen eines der Grundprinzipien der klassischen Physik verstoßen soll – die sogenannte Lokalität.

Lokalität bedeutet im klassischen Sinne, dass physikalische Vorgänge nur in ihrer unmittelbaren räumlichen Umgebung wirken.

Aber was genau störte Einstein an der Verschränkung? Um das Konzept greifbarer zu machen, werden Alice und Bob erneut herbei geschworen.

Quantenverschränkung Experiment - EPR-Paradoxon

Alice und Bob haben noch immer ihre Teilchen, es ist aber nicht bekannt, wer von ihnen Spin up und wer Spin down gezogen hat. Die Teilchen sind bezüglich des Spins verschränkt: Hat Alice den Spin up, dann hat Bob Spin down und umgekehrt. Nun hat Alice zu Hause eine Messapparatur, die den Spin von einzelnen Teilchen messen kann. Deswegen geht sie heim, um den Spin ihres Teilchens zu messen.

Zu Hause angekommen, erhält Alice ihr Ergebnis: Ihr Teilchen hat den Spin up. Weil die beiden Teilchen jedoch verschränkt sind, weiß sie damit sofort den Spin von Bobs Teilchen. Wenn ihr Teilchen Spin up hat, dann muss sein Teilchen Spin down haben. Hätte sie Spin down, so hätte Bob Spin up.

Genau dieses Gedankenexperiment wurde bereits vor Dir von sämtlichen Wissenschaftlern durchgeführt. Während David Bohm, genau wie Du, sich über den Spin von Teilchen Gedanken machte, wurde das ursprüngliche Gedankenexperiment von Albert Einstein, Boris Podolsky und Nathan Rosen durchgeführt. Deswegen wird es auch nach ihnen als Einstein-Podolsky-Rosen (kurz EPR) Paradoxon (zuweilen auch EPR-Experiment) benannt.

Was genau soll an diesem Gedankenexperiment so paradox sein, dass es von der Allgemeinheit als EPR-Paradoxon genannt wird? Die Antwort darauf findest Du im entsprechenden Artikel!

Doch was genau meinte Einstein mit seiner berüchtigten spukhaften Fernwirkung? Schau Dir dazu das Ergebnis Deines Gedankenexperiments nochmal genauer an.

Quantenverschränkung Spukhafte Fernwirkung

Sobald Alice und Bob ihre verschränkten Teilchen in der Hand halten, sind die Teilchen bereits räumlich getrennt. Der Abstand der Teilchen zueinander wird noch größer, sobald sich Alice auf den Heimweg begibt. Bleiben die Teilchen dabei immer noch verschränkt? Natürlich, denn niemand hat die Verschränkung aufgehoben!

Indem Alice den Spin ihres Teilchens misst, wird auch der Spin von Bobs Teilchen bestimmt, denn die Spins sind ja miteinander verschränkt.

Der Quantenphysik zufolge ergibt das alles einen Sinn. Weniger logisch wird es jedoch, wenn Du es aus der Sicht der klassischen Physik betrachtest. In der klassischen Physik gilt nämlich das Prinzip der Lokalität. Demnach müssten die Teilchen sich in unmittelbarer Nähe zueinander befinden, damit die Messung an einem den Zustand des anderen bestimmen kann.

Wenn Du es so betrachtest, dann scheint es tatsächlich so, als würde die Quantenverschränkung das Prinzip der Lokalität verletzen. Zu dieser Erkenntnis kam auch Einstein, als er sich über das Ergebnis des EPR-Experiments Gedanken machte. Daraus folgerte er wiederum, dass die Quantenmechanik unvollständig sein muss – denn wäre sie vollständig, so würde sie die Lokalität nicht verletzen.

Die Tatsache, dass die Teilchen von Bob und Alice trotz räumlicher Distanz verschränkt bleiben, wäre nach Einstein also eine "spukhafte Fernwirkung". Doch nicht jeder Physiker würde dem zustimmen.

Warum nicht? Weil mit der Quantenphysik unterschiedliche gleichwertige Interpretationen von Lokalität und Realität entstanden sind. Dies ist allerdings ein Thema für die Philosophen.

Einsteins spukhafte Fernwirkung ist mittlerweile jedoch kein Spuk mehr. Vielmehr ist sie ziemlich real, denn die Wechselwirkung räumlich getrennter Teilchen konnte bereits in sämtlichen Versuchen nachgewiesen werden.

Wissenschaftler konnten Paare verschränkter Photonen erzeugen, die räumlich voneinander getrennt wurden. Eines der Photonen wurde mit einem herkömmlichen Aufbau detektiert. Das andere Photon wurde durch eine Glasfaser geschickt und mit einer speziellen Kamera aufgenommen. Die Aufnahme erfolgte dabei, sobald das erste Teilchen detektiert wird.

Die Aufnahme zeigte ein komplexes Muster. Dieses änderte sich aber, sobald die Messapparatur für das erste Photon anders eingestellt wurde. Obwohl für die beiden unterschiedlichen Teilchen (Photon 1 und Photon 2) zwei verschiedene Messgeräte (Detektor und Kamera) verwendet wurden und die beiden Teilchen räumlich voneinander getrennt waren, bestimmte die Einstellung der Messgeräte für Photon 1 das Ergebnis für Photon 2.

Photonen können in ihrer Polarisation und ihrer Flugrichtung verschränkt sein. Verschränkte Gammaquanten können beispielsweise bei der Annihilation von Teilchen und Antiteilchen erzeugt werden.

Indem die spukhafte Fernwirkung nun auch experimentell beobachtet werden konnte, wurde nachgewiesen, dass die Quantenphysik sehr wohl Beobachtungen vollständig beschreiben kann. Dass die Menschheit es aber noch immer nicht richtig akzeptieren können, ist eine andere Sache. Geht Einsteins Spuk damit allmählich seinem Ende zu? Wohl kaum!

Quantenverschränkung Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit

Nichts ist schneller als das Licht.

Das hast Du bestimmt schonmal gehört. Vielmehr gibt es nichts, was Du auch nur annähernd auf die Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kannst.

Dies gilt für die Vakuumlichtgeschwindigkeit. In Materie bewegt sich Licht, wegen der Wechselwirkungen mit Molekülen, langsamer.

Auch dies lässt sich auf Einstein zurückführen und liegt daran, dass jedes Objekt eine Masse hat – bis auf Photonen – und Du bräuchtest nahezu unendlich viel Energie, um eine Masse auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Licht hingegen besteht aus Photonen und ist somit masselos, deswegen kann es auch die Lichtgeschwindigkeit erreichen. Mehr dazu erfährst du im Artikel Ein neuer Energiebegriff: E=mc² .

Tatsächlich kann aus der spukhaften Fernwirkung eine weitere, interessante Überlegung gefolgert werden:

Ist Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit möglich?

Mit Deinem Wissen über die Lichtgeschwindigkeit sträuben sich Dir bei diesem Gedanken vermutlich die Nackenhaare. Aber wie kommt man als Physiker auf so etwas? Um das nachzuvollziehen, wirf wieder einen Blick auf Alice, Bob und ihre Teilchen: In dem Moment, indem Alice den Spin ihres Teilchens misst, weiß sie sofort, welchen Spin Bobs Teilchen hat.

Wechsle jetzt die Perspektive: Im Moment der Messung wird der Zustand von Alices Teilchen bestimmt. Diese Information muss dann über die Verschränkung auf Bobs Teilchen übertragen werden, denn dadurch wird sein Zustand bestimmt. Da das ganze gleichzeitig passiert, muss die Information über Alices Teilchen also mit Überlichtgeschwindigkeit unterwegs sein.

In einem Experiment aus dem Jahr 2008 konnte sogar ein Wert für die Geschwindigkeit erhalten werden, mit der zwei verschränkte Photonen kommunizieren müssten. Dieser lag bei mindestens 10.000-fachem Wert der Lichtgeschwindigkeit!

Zum Glück kommunizieren die Teilchen von Alice und Bob aber nicht wirklich miteinander, denn eine Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit würde die Welt der Wissenschaft enorm erschüttern! Tatsächlich kann Information nicht einmal über Verschränkung übertragen werden Zudem wird zur Informationsübertragung immer ein klassischer Kanal benötigt und nichts, was auf klassischem Weg passiert, kann schneller sein als das Licht.

Demnach ist auch das eher ein philosophisches Konzept, das interessante Interpretationsmöglichkeiten in Abhängigkeit der Betrachtungsweise bietet. Wie die Quantenverschränkung aber tatsächlich in der Kommunikationstechnik genutzt werden kann, ist die Verschlüsselung.

Quantenkryptographie

Weil der Schutz persönlicher Informationen einen hohen Stellenwert in der Kommunikationstechnik hat, wird auf diesem Gebiet Forschung auf Hochtouren betrieben. Eine sehr vielversprechende Methode bietet aktuell die Quantenkryptographie.

Kryprographie beschäftigt sich mit der Verschlüsselung von Daten.

Aber: Auch verschlüsselte Daten können gehackt werden! Bei Quantenverschlüsselung jedoch ist dies (nach dem heutigen Wissensstand) nicht möglich. Doch wie genau funktioniert die Quantenverschlüsselung? Die Antwort darauf sind verschränkte Photonen. Am besten lässt du hier Alice und Bob wieder den Vortritt!

Alice und Bob suchen nach einem Weg, um geheime Botschaften austauschen können. Deswegen verschlüsseln sie ihre Nachrichten. Nun kann sie nur derjenige lesen, der auch den richtigen Schlüssel dazu besitzt. Damit aber niemand außer den beiden die Nachricht entschlüsseln kann, muss es möglichst schwer sein, diesen Schlüssel zu "erraten".

Alice kommt auf eine Idee und sendet Bob eine Reihe polarisierter Photonen. Diese erzeugt sie mit unterschiedlichen Polarisationsfiltern. Du möchtest mehr über Polarisation erfahren? Dann schau doch mal im Artikel Brewster-Winkel vorbei!

Alice sendet ihre Photonen über ein Glasfaserkabel. Dieses muss jedoch nicht zusätzlich verschlüsselt werden, da die Photonen bestimmte, zufällige Zustände einnehmen. Natürlich können sie unterwegs trotzdem abgefangen werden. Was dabei allerdings passiert, siehst Du gleich.

Sobald Bob diese Photonen erhält, muss er ihre Polarisation zunächst bestimmen, bevor er Alices Botschaft entschlüsseln kann. Dafür hat er zwei Strahlenteiler zur Verfügung, die er für jedes Photon nutzt. Er rät also und leitet die empfangenen Photonen einzeln durch einen dieser Strahlenteiler. Welchen er verwendet, ist Zufall.

Nun hat Bob alle Photonen empfangen und teilt Alice mit, welchen Strahlenteiler er in welcher Reihenfolge benutzt hat. Alice vergleicht das mit der Reihenfolge der verwendeten Polarisationsfilter und sagt Bob, welcher Strahlenteiler jeweils der richtige war, um ihre Nachricht zu entschlüsseln. Aber wie kommt Bob denn jetzt aus der Polarisationsrichtung der empfangenen Photonen auf eine Schlüsselsequenz?

Jeder Polarisationsrichtung wird bei der Polarisation ein Bit (0 oder 1) zugeordnet. Eine mögliche Zuordnung siehst Du in folgender Tabelle:

Polarisationsrichtung
vertikalhorizontalrechtspolarisiertlinkspolarisiert
Bit
1
0
1

0

Alice und Bob analysieren für jedes Photon, welcher Strahlenteiler die anfängliche Polarisationsrichtung des Photons richtig bestimmt hat. Die Photonen, bei denen Bob mit seiner Messung falsch lag, werden verworfen. Aus den richtig gemessenen Photonen wird dann die Sequenz vom Schlüssel erhalten. Ein Beispiel dazu könnte wie folgt aussehen:

Alice sendet100110110
Bob misst110010100
Liegt Bob richtig oder falsch?
Schlüssel1-0-101-0

Was passiert jetzt aber, wenn jemand, nennen wir ihn Charlie, den Schlüssel abfangen und die geheimen Botschaften entschlüsseln möchte? An sich kommt Charlie ohne weitere Probleme an den Schlüssel. Dazu muss er eigentlich nur genau dieselbe Messung durchführen wie Bob. Der einzige Unterschied besteht hier aber darin, dass Charlie die Photonen anschließend an Bob weiterleiten müsste.

Genau an diesem Punkt würde Charlie allerdings scheitern: Indem er nämlich die Photonen misst, bestimmt er ihren Zustand. Natürlich wird er Alice auch nicht sagen, welchen Strahlenteiler er benutzt hat. Damit kann er auch nicht die fehlerhaft gemessenen Photonen herausfiltern und erhält einen fehlerhaften Schlüssel. Allerdings erhält er nicht nur den falschen Schlüssel, sondern fliegt vollständig auf.

Sobald Charlie seine Messung durchführt und den Zustand der Photonen bestimmt, ohne sich mit den anderen beiden abzusprechen, bekommt auch Bob Probleme mit seinen Ergebnissen. Die Informationen von Alice und Bob können nicht mehr richtig abgeglichen werden, sodass auch Bob einen falschen Schlüssel erhält. Dadurch wissen beide dann aber, dass in ihre Kommunikation dazwischengefunkt hat!

Quantenverschränkung - Das Wichtigste

  • Zwei (oder mehr) Teilsysteme können zu einem Gesamtsystem zusammengeführt werden.
  • Sind Messergebnisse voneinander abhängig, dann liegt eine Korrelation vor. Eine Korrelation lässt sich auf Verschränkung der Teilsysteme zurückführen.
  • Bei Verschränkung der Teilsysteme kann nur das Gesamtsystem vollständig beschrieben werden. Es ist nicht möglich, Aussagen über die einzelnen Teilsysteme zu machen.
  • Der Spin ist eine quantenmechanische Eigenschaft von Elementarteilchen. Er kann ganzzahlig oder halbzahlig sein und wird durch die Spinquantenzahl bestimmt.
  • Teilchen mit ganzzahligem Spin heißen Bosonen und Teilchen mit halbzahligem Spin sind Fermionen.
  • Lokalität bedeutet im klassischen Sinne, dass physikalische Vorgänge nur in ihrer unmittelbaren räumlichen Umgebung wirken. Dieses Prinzip scheint durch die Quantenverschränkung verletzt zu werden.
  • Dass Teilchen trotz räumlicher Trennung scheinbar miteinander wechselwirken können, bezeichnet Einstein als "spukhafte Fernwirkung".
  • Information wird nicht über Verschränkung übertragen, denn zur Informationsübertragung wird ein klassischer Kanal benötigt.
  • Nichts, was auf klassischem Weg übertragen wird, kann schneller sein als das Licht.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Quantenverschränkung

Quantenverschränkung heißt, dass die Zustände mehrerer Teilchen einander beeinflussen. Da es also ein Phänomen und keine Information ist, bewegt sich die Quantenverschränkung nicht. Davon abgesehen werden alle Informationen auf klassischen Wegen übertragen und deswegen gibt es nichts, was sich schneller bewegt als das Licht.

Verschränkte Gammaquanten werden beispielsweise erzeugt, wenn ein Teilchen und sein Antiteilchen sich annihilieren. Die bei der Annihilation freigesetzten Gammaquanten sind sowohl in ihrer Polarisation als auch in ihrer Flugrichtung verschränkt.

Die "Verbindung" von Quanten wird als Verschränkung bezeichnet. Diese wirkt auch über große Distanzen hinweg. Wird an einem verschhränkten Quantenobjekt eine Messung durchgeführt, so wird auch unmittelbar der Zustand eines anderen Quantenobjekts bestimmt, das mit dem ersten verschränkt ist. Dies trifft zu, auch wenn die beiden Objekte weit voneinander entfernt sind.

Nein. Teilchen sind nur dann verschränkt, wenn du nur den Zustand des Gesamtsystems der Teilchen exakt beschreiben, jedoch keine Aussagen über die einzelnen Teilsysteme machen kannst.

Beschreibe den Begriff Korrelation.

Eine Korrelation liegt dann vor, wenn verschiedene Messergebnisse voneinander abhängen.

Alice und Bob ziehen jeweils ein Teilchen. Jedes Teilchen kann entweder Spin up oder Spin down sein. Dabei gibt es allerdings eine Bedingung: Die Teilchen können nicht denselben Spin haben - die Teilchen sind also spinverschränkt. Wähle aus, was zutrifft.

Wenn Alice Spin down zieht, dann hat Bob Spin up.

Begründe, weshalb Du den Spin nicht anschaulich darstellen kannst.

Der Spin ist eine quantenmechanische Eigenschaft und kann deshalb, genau wie die Ladung oder Masse, nicht anschaulich dargestellt werden.

Gib die beiden Eigenschaften der Verschränkung an.

  •  Nur das Gesamtsystem kann vollständig beschrieben werden.
  •  Zustände der einzelnen Teilsysteme können nicht vollständig beschrieben werden.

Erkläre den Unterschied der Bedeutung von Messungen in klassischer Mechanik und Quantenmechanik.

Der genaue Zustand eines Systems wird in der Quantenmechanik erst durch die Messung bestimmt. Vor der Messung besteht er als eine Überlagerung der möglichen Zustände. Der erhaltene Messwert kann zwar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden, ist aber nicht exakt vorherbestimmt.


In der klassischen Mechanik hingegen kann ein Messergebnis durch die Gesetze der klassischen Physik vorausgesagt werden.

Was meinte Einstein mit "spukhafte Fernwirkung"?

Die Tatsache, dass verschränkte Teilchen auch über weite Distanzen hinweg verschränkt bleiben.

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