Stell Dir vor, Du gehst an einem warmen Sommertag durch die Stadt spazieren. Nach einiger Zeit bekommst Du Durst. Als Du Dir im nächsten Supermarkt etwas zu trinken kaufen möchtest, fällt Dir auf, dass Du kein Geld dabei hast. Du siehst im Kühlschrank des Supermarkts kalte Getränke stehen und überlegst Dir vor lauter Durst, ob Du nicht einfach eine Getränkedose heimlich einstecken solltest. Als Du jedoch länger darüber nachdenkst, kommst Du zu dem Schluss doch lieber nach Hause zu laufen und dort etwas zu trinken, denn Du weißt, dass es falsch ist, sich etwas zunehmen, was einem nicht gehört. Dieses Verhalten, bei dem der Trieb und das moralische Denken sich gegenüberstehen, ist ein Beispiel für Sigmunds Freuds Instanzenmodell. Dieses Modell (bestehend aus Es, Ich und Über-Ich) gehört gemeinsam mit dem Schichtenmodell zu seinen bekanntesten Theorien.
Das Instanzenmodell der menschlichen Psyche wurde von dem österreichischen Arzt Sigmund Freudim Jahr 1923 erarbeitet. Es ist ein Persönlichkeitsmodell und versucht somit, die komplette Persönlichkeit des Menschen darzustellen.
Sigmund Freud – Instanzenmodell
Nach dem Instanzenmodell besteht die Persönlichkeit aus drei verschiedenen Persönlichkeitsanteilen (den Instanzen). Diese sind:
das Über-Ich
das Ich
das Es
Über-Ich nach Freud
Das Über-Ich repräsentiert die moralischen Prinzipien der Persönlichkeit. Das Über-Ich stellt somit
Die Regeln aus der Außenwelt sind somit auch die Regeln des Über-Ichs. Zudem hat das Über-Ich die Funktion, das Innere (Gedanken und Triebe) mit festen Regeln (Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen) zu überwachen.
Ich nach Freud
Das Ich erfüllt nach Freud besonders die folgenden Kriterien:
Das Ich besitzt klare Überzeugungen und Einstellungen zur Umwelt.
Diese Instanz ist sehr realitätsnah.
Das Ich vermitteltzwischen dem Über-Ich und dem Es.
Das Ich versucht das Es zu befriedigen, indem es nach Kompromisse strebt, ohne soziale Normen und moralische Werte zu verletzen. Gelingt das, trifft das Ich rationale Entscheidungen und sucht nach Erfolgserlebnissen. Kann das Ich das Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen des Es und den Ansprüchen des Über-Ichs nicht erfolgreich halten und findet keine Lösung, so entsteht Angst.
Es nach Freud
Sigmund Freud fand die Hauptantriebskraft menschlichen Verhaltens im Es. Er ging davon aus, dass das sexuelle Verlangen (Eros) die wichtigste Triebkraft des Menschen ist. Ihr gegenüber steht der Todestrieb (Thanatos), sie zeigt sich zum Beispiel, wenn Du so wütend wirst, dass Du jemandem am liebsten wehtun möchtest.
Das Es ist der impulsgesteuerte und weitgehend unbewusste Teil der Persönlichkeit und strebt danach, bestehende
Bedürfnisse und
Triebe
sofort zu befriedigen.
Schichtenmodell nach Freud
Freud nahm an, dass die Persönlichkeit des Menschen aus den genannten Instanzen besteht. Daneben hat er aucheine weitere Theorieentwickelt, das Schichtenmodell (auch bekannt als das Eisbergmodell). Das Modell besteht aus den folgenden drei Schichten:
unbewusst
vorbewusst
bewusst
Die folgende Tabelle gibt einen genaueren Einblick in die drei Schichten von Freuds Modell:
Schicht
Beschreibung
Beispiele
unbewusst
verdrängte/unangenehme Erinnerungen und unerlaubte Triebwünsche, die das Erleben/Verhalten beeinflussen
Triebe
Instinkte
Erbanlagen
traumatische Erlebnisse
vorbewusst
für den Moment unbewusste Erinnerungen, die demBewusstseinwieder vollständig zugänglich gemacht werden können
Gedanken/Vorstellungen/Wahrnehmungen, die demBewusstseinzugänglich sind
Worten
Taten
Mimik
Gestik
Fakten
Wenn Du mehr über das Eisbergmodell erfahren möchtest, dann lies Dich in die Erklärung rein "Schichtenmodell"!
Instanzenmodell Freud – Beispiel
Das Instanzenmodell lässt sich oft im Alltag erkennen. Die Außenwelt, also das Gesehene, spielt hier eine wichtige Rolle, denn alles, was um Dich herum passiert, hat einen Einfluss auf die Entwicklung derPersönlichkeit. Ein Beispiel dafür sind die Gedankengänge bezüglich des Schulschwänzens:
Jonas schreibt am Montag eine wichtige Klausur, die für die Endnote im Abiturzeugnis relevant ist. Allerdings feiert sein Freund am Sonntag eine Party. Jonas weiß, dass er genug gelernt hat und geht zur Feier. Doch er ist länger als geplant bei seinem Freund und kann deshalb vor der Klausur nur wenig schlafen. An dem Montag steht er früh auf und merkt, dass er sehr müde und unkonzentriert ist. Am liebsten möchte er nicht zur Schule gehen und die Klausur nicht mitschreiben.
Die Instanzen nach Freud bringen folgende Impulse zum Ausdruck:
Über-Ich: Das Über-Ich sagt und weiß, wozu Jonas in die Schule gehen und die Klausur schreiben sollte (um eine gute Note, einen guten Abschluss, einen Ausbildungsplatz, einen Job etc. zu bekommen).
Es: Das Es möchte Zuhause sein, liegen blieben und weiter schlafen.
Ich: Das Ich wägt zwischen dem Über-Ich und dem Es ab und trifft realitätsnah die Abwägung zwischen "Ich bin müde und will nicht" (Bedürfnis/Trieb) und "Es gehört sich aber und ich halte es für richtig" (gesellschaftliche Norm/Wert). Das Ich weiß, dass genug gelernt werden muss, um eine gute Klausur zu schreiben. Das Ich versucht dem Es zu vermitteln, dass Jonas zur Schule gehen sollte und in der Klausur gut abschneiden wird.
Ein anderes Beispiel ist ein Konflikt zwischen Freund*innen:
Lina und Anita sind beste Freundinnen. Jedoch hat Anita Linas Geburtstag vergessen und ist deshalb nicht zur Feier gekommen. Anita entschuldigt sich mehrmals und besorgt deswegen auch ein besonderes Geschenk. Monate später hat Anita Geburtstag und lädt Lina ein. Anita erwähnt, dass es ihr sehr viel bedeuten würde, wenn Lina zum Geburtstag kommt. Lina denkt darüber nach, dass Anita auch nicht zu ihrem Geburtstag gekommen ist. Am liebsten möchte Lina nicht hingehen, damit Anita Linas Situation nachempfinden kann.
Die Instanzen nach Freud bringen folgende Impulse zum Ausdruck:
Über-Ich: Das Über-Ich weiß, dass gute Freundinnen so etwas nicht tun. Es ist unmoralisch und deshalb möchte das Über-Ich gern zum Geburtstag gehen.
Es: Das Es möchte aus Prinzip nicht hingehen, damit Anita sich genauso fühlt, wie Lina sich an ihrem Geburtstag gefühlt hat (Rache).
Ich: Das Ich weiß, dass Anita nicht mit Absicht Linas Geburtstag vergessen hat. Deshalb möchte das Ich doch gern zum Geburtstag gehen und das Ganze vergessen, denn gute Freundinnen sind immer füreinander da. Außerdem hat Anita sich entschuldigt und sogar ein tolles Geburtstagsgeschenk besorgt.
Kritik am Drei-Instanzen-Modell von Freud
Zu jeder Theorie gibt es auch Kritik. So auch zum Drei-Instanzen-Modell von Freud. Die drei wichtigsten Punkte findest Du im Folgenden zusammengefasst. Im Laufe der Zeit sind auch andere Kritikpunkte entstanden, dennoch werden die genannten Punkte immer wieder aufgegriffen.
Menschenbild wirkt negativ:Psychologen/Psychologinnen kritisieren, dass das Drei-Instanzen-Modell von Freud so beschrieben wird, dass jeder Mensch Schlechtes in sich hat (z. B. angeborene Triebe, die immer befriedigt werden müssen).
Nicht wissenschaftlichgenug:Freud interpretiert statt analysiert.
Nicht empirisch:Seine Theorie basiert nicht auf Erfahrung und Beobachtung.
Instanzenmodell Freud - Das Wichtigste
Das Instanzenmodell ist ein Persönlichkeitsmodell der Tiefenpsychologieund wurde von Sigmund Freud erarbeitet.
Das Persönlichkeitsmodell besteht aus dem Über-Ich (ist moralisch, hält sich an die Regeln und möchte Fehler meiden), dem Ich (Realitätsprinzip und Vermittler zwischen Es und Über-Ich) und dem Es (Triebe und Bedürfnisse stehen hier im Fokus).
Die Außenwelt hat einen großen Einflussauf die Entwicklung der Instanz Über-Ich. Die Triebe des Es sind angeboren (Sexualtrieb, Hunger, Schlafbedürfnis) und das Ich wiederum entwickelt sich in der Autonomiephase durch die Vermittlung zwischen Über-ich und Es.
An dem Instanzenmodell wird unter anderem kritisiert, dass das Menschenbild negativ erscheint und es nicht empirisch untersucht wurde (eher Interpretation als Analyse).
Nachweise
Grundwissen Psychologie - Sekundarstufe II (2022). Cornelsen Verlag GmbH
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