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Moralisches Risiko

Hast du dich schon einmal gefragt, wieso Menschen nach Abschluss einer Versicherung unvorsichtiger werden, wieso Versicherungen Prämien gewähren und welche Folgen das für andere hat?

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Moralisches Risiko

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Hast du dich schon einmal gefragt, wieso Menschen nach Abschluss einer Versicherung unvorsichtiger werden, wieso Versicherungen Prämien gewähren und welche Folgen das für andere hat?

Der Begriff, der dies beschreibt, nennt sich moralisches Risiko. In diesem Artikel erfährst du, was das moralische Risiko genau ist, woher der Begriff stammt, in welchen Bereichen es auftritt und wie man es verhindern kann.

Moralisches Risiko – Definition

Moralisches Risiko (Moral Hazard) ist ein opportunistisches Verhalten eines Vertragspartners nach Vertragsabschluss. Das Verhalten ist moralisch bedenklich, nachlässig und/oder eigensinnig, jedoch nicht illegal. Damit unterscheidet sich das moralische Risiko etwa von einem bewussten Versicherungsbetrug.

Der Begriff moralisches Risiko beschreibt also ein scheinbar rationales Verhalten eines Individuums mit irrationalen Folgen für die restlichen betroffenen Personen. In anderen Worten: Das Individuum geht mit seinem Verhalten ein Risiko auf Kosten der Allgemeinheit ein.

Das Individuum nutzt das Kollektiv nach seinen Interessen aus, um ökonomische oder moralische Folgen seinerseits zu minimieren. Dabei ist es sich bewusst, dass die Konsequenzen seines Verhaltens von anderen getragen werden können.

Moralisches Risiko kann auch als moralische Gefährdung oder moralisches Wagnis bezeichnet werden.

Herkunft des Begriffs

Der Begriff "moralisches Risiko" besteht schon seit längerer Zeit. Nachdem im 17./18. Jahrhundert mehr und mehr Feuerversicherungen abgeschlossen wurden, konnte beobachtet werden, dass die versicherten Mieter bzw. Hausbesitzer weniger für die Sicherheit ihres Heims unternahmen als vorher.

Die Anzahl der Hausbrände nahm zu. Doch woran lag das?

Die Versicherten wurden verantwortungsloser gegenüber ihrem Zuhause. Sie waren sich nämlich bewusst, dass sie, falls es zu einem Brand kommen sollte, durch ihre abgeschlossene Versicherung aufgefangen werden. Diese von ihren Schultern genommene Sorgfaltspflicht führte dazu, dass deutlich mehr Hausbrände registriert wurden als davor.

Voraussetzung für moralisches Risiko

Die Voraussetzung von moralischem Risiko ist eine bestehende Informationsasymmetrie zwischen den Vertragspartnern.

Das bedeutet, dass die Vertragspartner nicht über die gleichen Informationen (über einander) verfügen (hidden information) und/oder die weniger gut informierte Person von bestimmten Handlungen der besser informierten Person nichts mitbekommt (hidden action).

Die Informationsasymmetrie zweier Vertragspartner tritt beim moralischen Risiko nach Vertragsabschluss auf und dadurch kommt es zu opportunistischem Verhalten. Tritt die Informationsasymmetrie bereits vor Vertragsschluss auf, spricht man von der adversen Selektion (englisch: Adverse Selection). Esso, dass die Informationsasymmetrie auch gegeben ist, doch hier vor Vertragsabschluss.

Moralisches Risiko – Arten

Beim moralischen Risiko lassen sich zum einen externes und internes Risiko unterscheiden und zum anderen ex ante und ex post Moral Hazard.

Internes und externes moralisches Risiko

Die Unterteilung in ein internes und externes moralisches Risiko hängt dabei davon ab, zwischen welchen Parteien es zur Zahlungsabwicklung kommt.

Externes moralisches Risiko tritt bei bestimmten Verhaltensweisen von Personen auf, die nicht am Versicherungsvertrag, wohl aber am Schadenseintritt mittelbar beteiligt sind.

Das interne moralische Risiko findet lediglich zwischen den Parteien des (Versicherungs-)Vertrages statt.

Anhand des folgenden Beispiels soll der Unterschied illustriert werden:

Ein Patient kommt mit starken Schmerzen ins Krankenhaus, wo er auch seine Krankenversichertenkarte vorlegt. Der diensthabende Arzt untersucht ihn und stellt die erste Diagnose, die ihm bei den Symptomen einfällt. Entsprechend legt er auch die Therapie fest und widmet sich in der typischen Hektik des Krankenhausbetriebs der nächsten Patientin.

Die Therapie schlägt jedoch nicht an, da eine andere, minimal unwahrscheinlichere Diagnose richtig gewesen wäre. Dies ist für den Patienten nicht lebensbedrohlich. Wegen chronischer Unterbesetzung und Zeitmangel stellen Ärzte jedoch gerne schnelle Diagnosen, auch in der Gewissheit, dass die Krankenkassen in jedem Fall die Behandlung bezahlen.

Die Personenkonstellation ist hier wie folgt:

Die Vertragspartner sind die Krankenkasse und der Patient. Die Zahlungsabwicklung findet zwischen Krankenkasse und Krankenhaus statt. Das risikobehaftete Verhalten des Arztes liegt auf Seiten des Krankenhauses, also bei einer externen, nicht unmittelbar am Vertrag beteiligten Person. Daher spricht man hier von externem moralischem Risiko.

Ex ante und ex post Moral Hazard

Ex post und ex ante bezieht sich darauf, wann das moralische Risiko eintritt. Diese beiden Arten sind Untergruppen des internen moralischen Risikos.

ex ante Moral Hazardex post Moral Hazard
Das moralische Risiko tritt nach Vertragsschluss, aber vor Schadenseintritt auf.Das moralische Risiko tritt nach Vertragsschluss und nach Schadenseintritt auf.

Anhand des Gesundheitssystems lässt sich das moralische Prinzip ex ante verdeutlichen:

Die versicherten Mitglieder einer Krankenkasse werden durch ihre monatlichen Beiträge von ihrer Krankenkasse abgesichert. Die Mitglieder sind sich also dieser ökonomischen Absicherung bewusst und haben deshalb nicht den Anreiz, sich eine gesunde und kostengünstige Lebensweise anzueignen (z. B. risikoreiche Freizeitaktivitäten wie Skydiving). Hier tritt der Leichtsinn also durch Vertragsschluss ein, bereits bevor ein Schaden eingetreten ist (= ex ante).

Für das moralische Risiko ex post bietet sich ein Beispiel aus dem Bereich private Haftpflichtversicherung an:

Eine Haftpflichtversicherung deckt unter anderem auch den Verlust von beispielsweise Wohnungs- und Hausschlüsseln ab. Gerade bei großen Mietshäusern ist es mit immensen Summen verbunden, Schlösser austauschen zu lassen, da dort ein Schlüssel oftmals für viele Schlösser (Keller, Haustür, Dachboden, Fahrradkeller etc.) passt. Eine Versicherung übernimmt im Schadensfall diese Kosten.

Hat man diese Art des Schadens in seiner Haftpflichtversicherung abgedeckt und verliert man daraufhin seinen Schlüssel (Schadenseintritt), macht man sich nicht mehr die Mühe, diesen Schlüssel sorgfältig zu suchen (fahrlässiges Unterlassen ex post), sondern meldet es gleich der Versicherung.

Beispiele für Moralisches Risiko

Moralisches Risiko kann in vielen verschiedenen Situationen beobachtet werden. Hierfür ein paar Beispiele.

Das klassische Beispiel ist moralisches Risiko in der Versicherungsbranche:

Stell dir vor, du kaufst dir ein neues Auto. Aufgrund des monetären und/oder emotionalen Wertes besitzt es ebenso Bedeutung für dich. Also beschließt du, dein neues Auto zu hegen und zu pflegen. Doch da du auch gegen Risiken abgesichert sein willst, schließt du eine Versicherung für dein Auto ab.

Mit dieser Versicherung fällt dir schon einmal ein großer Stein vom Herzen, weil du weißt, dass dein Auto bei Schäden oder Diebstahl versichert ist.

Jetzt kommt dein moralisches Risiko ins Spiel: Da du nun weißt, dass dein neues Auto vor Schäden und Diebstahl versichert ist, fängst du an, nicht mehr so vorsichtig zu fahren und nicht mehr so sehr auf dein Auto aufzupassen. Zum Beispiel lässt du dein Auto auf der Straße stehen, obwohl du es in der Garage hättest parken können. Oder bei herrschendem Unwetter (starker Schnee, Hagel...) lässt du es immer noch draußen stehen, obwohl dir bewusst ist, dass dein Auto dabei beschädigt werden könnte. Angenommen, du bist unterwegs und parkst dein Auto in einer weniger sicheren Gegend. Dir es relativ egal, denn du bist ja auch gegen Diebstahl versichert und nicht du, sondern die Versicherung entschädigt dich.

Du erkennst also, dass deine Risikobereitschaft steigt und du moralisch opportunistisch handelst.

Moralisches Risiko sieht man auch bei Sozialversicherungen:

In Deutschland ist jeder gesetzlich dazu verpflichtet, sozialversichert zu sein. Dazu zählt natürlich auch die Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen. Die dabei entstehenden Kosten sind dem Patienten so lange egal, solange die Versicherung und das Gesundheitssystem dafür aufkommen. Er kann also beliebig viele auch noch so kleine und unwichtige Leistungen beanspruchen.

Moralisches Risiko kann nicht nur bei Patienten, sondern durchaus auch bei Ärzten vorkommen. Die Behandlungen der Patienten werden von der Versicherung gedeckt, deshalb stellen Ärzte kleine und unnötige Behandlungen oder Leistungen in Rechnung, die sich am Ende zu einer hohen Summe addieren oder sie nehmen extra teure Behandlungen vor.

Dies wäre ein weiteres Beispiel für ein externes moralisches Risiko.

Moralisches Risiko ist außerdem bei Sozialleistungen erkennbar:

Ein anderes Beispiel von moralischem Risiko bei Sozialleistungen kann bei Arbeitslosengeld bzw. Hartz IV vorkommen.

Viele Menschen, die Hartz IV bekommen, möchten an ihrer Situation (vorerst) nichts ändern, da sie in ihren Augen genug Leistungen vom Staat und seinen Steuergeldern bekommen, um relativ gut um die Runden zu kommen und dafür nicht arbeiten zu müssen. Diese Menschen nutzen den Staat dann mit ihrem opportunistischen Verhalten aus.

Zu den oben genannten Beispielen soll gesagt sein, dass diese nur Beispiele für moralisches Risiko sind und keine zwingend vorkommenden Situationen. Es ist zum Beispiel klar, dass nicht jeder Hartz IV Empfänger auch dauerhaft arbeitslos bleiben möchte.

Moralisches Risiko – Problem und Lösungsmöglichkeiten

Es ist nicht nur wichtig, moralisches Risiko zu verstehen und zu wissen, wann es auftreten könnte, sondern es ist ebenso notwendig, passende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Damit sinkt das Risiko von negativen Folgen für die Allgemeinheit. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten:

Bonding

Hier versucht der schlechter informierte Vertragspartner den Handlungsspielraum des besser informierten Vertragspartner vor und/oder nach Vertragsabschluss einzudämmen. Das bedeutet, dass der Anstoß der besser informierten Partei zu eigensinnigen opportunistischen Verhalten minimiert werden soll.

Hierfür können beispielsweise die genauen Aufgaben, Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien klargestellt werden. Bei Verletzung des Vertrags folgen bestimmte Sanktionierungen und Strafen. Somit sind beide an den Vertrag gebunden (bonding = Verbindung).

Monitoring

Um das moralische Risiko weiter einzudämmen, kann die weniger gut informierte Person bestimmte Maßnahmen zur Kontrolle der besser informierten Person einführen.

Die Arbeitsstunden des Arbeitnehmers könnten beispielsweise nicht der Wahrheit entsprechen, da der Arbeitnehmer sich zu viele Stunden hat eintragen lassen, um mehr Geld zu verdienen. Das wiederum kostet seinen Arbeitgeber mehr Geld. Also führt der Arbeitgeber ein neues Zeiterfassungssystem ein (z. B. Abstempeln mit einer Karte).

Um auf das Beispiel mit den Ärzten von oben zurückzukommen: Ärzte werden, um das moralische Risiko ihrerseits zu verkleinern, mit Pauschalbeträgen vergütet und nicht mit der Inanspruchnahme jeder einzelnen Behandlung.

Anreize schaffen

Die weniger gut informierte Person ist sich des moralischen Risikos seitens der besser informierten Person bewusst. Um dies dennoch zu minimieren, werden Anreize geschaffen.

Der Arbeitgeber könnte zum Beispiel Erfolgsbeteiligungen, Bonuszahlungen, Meilensteine, Geschenke oder sonstige attraktive Anreize aussprechen, um den Arbeitnehmer zu motivieren.

Bei Versicherungen werden zum Beispiel Preisnachlässe, Prämien oder Belohnungen gewährt. Im Gesundheitswesen könnten die von der Krankenkasse Versicherten bei gesundheits- und kostenbewussten Verhalten ebenso Boni oder auch Kosten/-Beitragsrückerstattungen bekommen.

Mit solchen Anreizen wird die besser informierte Vertragsperson motiviert, das moralische Risiko sinkt und der Gesamterfolg für beide Vertragspartner steigt.

Dabei ist natürlich wichtig, zu erkennen, welche Gegenmaßnahme in welcher Situation auf effektivste Weise eingesetzt werden sollten, um keine höheren Kosten zu verursachen. Welche Möglichkeit wäre am besten? Wie sehr wird diese eingesetzt? Wann wird sie eingesetzt?

Diese Fragen muss sich die weniger gut informierte Person stellen, um das moralische Risiko der besser informierten Vertragspartei zu minimieren.

Moralisches Risiko - Das Wichtigste

  • Moralisches Risiko (Moral Hazard) ist ein opportunistisches Verhalten eines Vertragspartners nach Vertragsabschluss. Das Verhalten ist moralisch bedenklich, nachlässig und/oder eigensinnig.
  • Die Voraussetzung für moralisches Risiko ist eine bestehende Informationsasymmetrie zwischen zwei Vertragsparteien.
  • Es gibt die Unterscheidung ex ante (nach Vertragsschluss und vor Schadenseintritt) und ex post (nach Vertragsschluss und nach Schadenseintritt).
  • Es ist wichtig moralisches Risiko frühzeitig zu erkennen, weshalb es mehrere Möglichkeiten gibt dies, einzudämmen:
    • Bonding.
    • Monitoring.
    • Anreize schaffen.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Moralisches Risiko

Moralisches Risiko (Moral Hazard) ist ein opportunistisches Verhalten eines Vertragspartners nach Vertragsabschluss. Das Verhalten ist moralisch bedenklich, nachlässig und/oder eigensinnig, jedoch nicht illegal. Grundlage für moralisches Risiko ist eine Informationsasymmetrie zwischen den zwei Vertragspartnern.


Moralisches Risiko (Moral Hazard) ist ein opportunistisches Verhalten eines Vertragspartners nach Vertragsabschluss. Das Verhalten ist moralisch bedenklich, nachlässig und/oder eigensinnig. Grundlage für moralisches Risiko ist eine Informationsasymmetrie zwischen den zwei Vertragspartnern.

Probleme bei moralischem Risiko sind, dass ein scheinbar rationales Verhalten eines Individuums irrationale Folgen für die Allgemeinheit hat. Das Verhalten des Individuums ist eigensinnig und moralisch bedenklich.

In der Versicherungsbranche könnten zum Beispiel die Beiträge erhöht werden, wenn sich die Versicherten einen risikohaften und kostspieligen Lebensstil aneignen würden.

Die Menschen würden nach Abschluss einer Auto- oder Feuerversicherung nachlässiger mit ihren Habseligkeiten umgehen, da ihnen bewusst ist, dass bei Schäden die Versicherung damit aufkommen wird.


Das externe moralische Risiko ist ein Verhalten von Personen, die nicht am Vertragsabschluss, wohl aber mittelbar am Schadenseintritt beteiligt sind. Das bedeutet, dass sich diejenige Person moralisch riskant verhält, die Zahlungen von einem der Vertragsparteien erhält. Ein klassisches Beispiel ist der Arzt/die Ärztin, der/die Geld von der Krankenkasse für die Behandlung eines/r Versicherten bekommt.

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