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Zeitdilatation

 Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität. (Albert Einstein)

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Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität. (Albert Einstein)

Das Zitat wird Albert Einstein zugesprochen, dem Begründer der Relativitätstheorie. Vielleicht kennst Du es selbst aus dem Alltag, dass die Zeit manchmal einfach nicht vorbeigehen will und manchmal viel zu schnell vorbei ist.

"Zeit ist relativ" – das bedeutet, abhängig vom Kontext, Empfinden oder Bezugssystem (in der Physik). Doch ist dies nur ein Sprichwort oder vergeht die Zeit wirklich manchmal langsamer?

Relativitätstheorie Zeitdilatation

Einstein veröffentlichte 1905 seine spezielle Relativitätstheorie, die bis heute zu den wichtigsten Werken der Physik gehört. Ihr Name stammt von dem darin postulierten Prinzip, dass bestimmte Größen (wie Geschwindigkeit oder Zeit), nicht absolut sind. Sie können nur relativ zu einem Bezugssystem beschrieben werden. Sie baut auf zwei fundamentalen Prinzipien auf: Dem Prinzip des Inertialsystems und der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit c.

Bezugssystem und Inertialsystem

Stell Dir vor, Du befindest Dich in einem Zug, der sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Auf dem Tisch vor Dir befindet sich eine Tasse Kaffee und durch das Fenster kannst Du die vorbeiziehende Landschaft betrachten. Aus Deinem Blickwinkel steht die Tasse still, während sich die Landschaft bewegt.

Für einen außenstehenden Beobachter ist die Landschaft dagegen in Ruhe, während sich der Zug (inklusive Dir und Deiner Tasse) in Bewegung befinden. Ob sich die Tasse bewegt, hängt also davon ab, welches Bezugssystem Du wählst.

Unter einem Bezugssystem verstehst Du einen Raum (Koordinatensystem), anhand dessen Du bestimmte physikalische Größen wie Bewegung, Lage oder Zeit angibst. Zwei Bezugssysteme, die sich geradlinig und gleichmäßig zueinander bewegen, gelten in der Physik als gleichberechtigt.

Die Aussagen "die Tasse steht still" und "die Tasse ist in Bewegung" sind gleichberechtigt. Das bedeutet, keine Aussage ist richtiger als die andere, da beide von der Wahl des Bezugssystems abhängen.

Wie wichtig ein Bezugssystem sein kann, veranschaulicht Dir das folgende Beispiel in der Vertiefung.

Stell Dir vor, Du befindest Dich in einem Raumschiff, irgendwo in den Weiten des Alls. Das Raumschiff steht absolut still, während Du aus dem Fenster schaust und die in weiter Ferne glitzernden Sterne betrachtest. Plötzlich erscheint ein weiteres Raumschiff. Dieses bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit auf Dich zu. Am Fenster des anderen Raumschiffs steht ein Freund von Dir und winkt Dir im Vorbeiflug zu.

Wenn ihr euch später trefft, wird Dein Freund behaupten, dass er sich in Ruhe befand und die Sterne betrachtet hat. Er war erstaunt, als er Dein Raumschiff entdeckte, das sich mit konstanter Geschwindigkeit an ihm vorbeibewegt hat.

Wer von euch beiden hat Recht?

Bewegung ist in der Physik relativ und hängt von einem Bezugssystem ab. Das bedeutet, dass eure beiden Aussagen gleichberechtigt sind.

Eine besondere Art des Bezugssystems ist das Inertialsystem. Als solches bezeichnest Du ein Bezugssystem, in dem das Newtonsche Trägheitsgesetz gilt. Dieses besagt, dass ein Körper, auf den keine Kraft wirkt, in Ruhe oder gleichmäßig geradliniger Bewegung verbleibt.

Alles Wichtige zum Newtonschen Trägheitsgesetz erfährst Du in den entsprechenden Erklärungen.

Befinden sich alle Körper – auf die keine Kraft wirkt – relativ zu ihrem Bezugssystem in Ruhe oder in geradlinig gleichförmiger Bewegung, sprichst Du von einem Inertialsystem.

Bewegt sich ein Bezugssystem mit konstanter Geschwindigkeit zu einem Inertialsystem, ist es ebenfalls ein Inertialsystem. Meist wird die Erde als Inertialsystem angesehen.

Strenggenommen ist die Erde allerdings aufgrund ihrer Rotation kein Inertialsystem. Für die meisten Rechnungen wird sie vereinfacht dennoch als Inertialsystem angesehen. Auch beschleunigte Körper dürfen sich nicht als Inertialsystem bezeichnen.

Entsprechend wäre der Zug (solange er sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt) auch ein Inertialsystem.

Genauso wären zum Beispiel zwei Raumschiffe, die sich relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegen, ebenfalls Inertialsysteme.

Viele physikalische Größen kannst Du nur relativ zu ihrem Bezugssystem beschreiben. Es gibt allerdings eine wichtige Größe in der Physik, die unabhängig vom Bezugssystem konstant bleibt: die Lichtgeschwindigkeit.

Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Das zweite wichtige Postulat aus Einsteins spezieller Relativitätstheorie ist die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.

Unabhängig vom Bezugssystem, bewegt sich Licht immer mit derselben Geschwindigkeit c.

Licht bewegt sich mit einer konstanten Geschwindigkeit durch den leeren Raum (Vakuum). Diese sogenannte Lichtgeschwindigkeit c ist eine fundamentale Naturkonstante und die maximale Geschwindigkeit, mit der sich etwas in unserem Universum bewegen kann. Ihr Wert beträgt:

c =299.792.458 ms

Wichtig hierbei ist anzumerken, dass nicht Licht selbst die Grenze festlegt. Das ist einfach die maximale Geschwindigkeit, die in unserem Universum erreicht werden kann. Außerdem können sich nur masselose Objekte wie das Photon (Lichtquant) mit dieser Geschwindigkeit bewegen. Ein Objekt mit einer Masse (und mag sie auch noch so klein sein) kann niemals Lichtgeschwindigkeit erreichen.

Dies ist eine weitere Erkenntnis aus der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Mehr dazu erfährst Du in der Erklärung "Ein neuer Energiebegriff: E=mc2".

Doch was genau bedeutet es konkret, wenn sich Licht immer mit derselben Geschwindigkeit ausbreitet? Dazu schauen wir uns ein Beispiel an.

Du gehst in Fahrtrichtung zum Bordbistro des Zugs, um Dir einen neuen Kaffee zu holen. Relativ zu den anderen Fahrgästen, die sitzen, bewegst Du Dich mit einer Schrittgeschwindigkeit von etwa v =5 kmh. Der Zug bewegt sich mit einer konstanten Geschwindigkeit von vZug =200 kmh, relativ zu einem außenstehenden Beobachter. Da sich Geschwindigkeiten addieren, bewegst Du Dich relativ zu diesem Beobachter mit einer Geschwindigkeit von vgesamt =205 kmh.

Doch was passiert mit dem Licht im Zug? Angenommen, Du strahlst einen Laser in Fahrtrichtung vom hinteren Ende des Abteils nach vorne. Relativ zu Dir bewegt sich das Licht mit der Lichtgeschwindigkeit c nach vorne. Doch was ist mit dem außenstehenden Beobachter? Müsste für ihn das Licht nicht mit der Lichtgeschwindigkeit c plus der Geschwindigkeit des Zugs bewegen?

Das kann allerdings nicht sein, denn die Lichtgeschwindigkeit c ist die maximal mögliche Geschwindigkeit in unserem Universum. Nichts kann schneller als die Lichtgeschwindigkeit c sein – nicht mal Licht selbst.

Wir sind auf ein scheinbares Paradoxon der Physik gestoßen. Doch genau dieses löst Einstein in seiner speziellen Relativitätstheorie auf.

Zeitdilatation Beispiel

Um diesen Widerspruch aufzulösen, sehen wir uns als Beispiel ein berühmtes Gedankenexperiment mit einer Lichtuhr an. Eine Lichtuhr ist eine einfache Messapparatur, die aus zwei gegenüberliegenden Spiegeln im Abstand d und Photonen (Lichtteilchen) besteht. Die genaue Anordnung siehst Du auf Abbildung 1 etwas weiter unten.

Zeitdilatation Beispiel: Ruhende Lichtuhr

Das Licht bewegt sich mit der Lichtgeschwindigkeit c zwischen den Spiegeln hin und her. Je kleiner der Abstand d zwischen den beiden Spiegeln ist, desto öfter wird das Licht von den Spiegeln reflektiert. Den Aufbau siehst Du in Abbildung 1:

Zeitdilatation Aufbau einer Lichtuhr StudySmarterAbb. 1: Aufbau einer Lichtuhr

Mit der folgenden Formel kannst Du berechnen, wie viel Zeit t das Licht braucht, um den Abstand d zwischen den Spiegeln zu überwinden:

t =dc

Die Formel erhältst Du durch Umstellen der allgemeinen Formel für Geschwindigkeit v =st nach der Zeit t. Für die Geschwindigkeit setzt Du die Lichtgeschwindigkeit c ein, da das Licht den Abstand d überquert, ist dies Deine Strecke s.

Aus der Zeit t, die das Licht braucht, um einmal den Abstand d zu überwinden, kannst Du errechnen, wie oft der Lichtstrahl in einer Sekunde, Minute oder Stunde hin und her fliegt (das kannst Du Dir wie einen "Tick" der Lichtuhr vorstellen). Durch Zählen, wie oft die Lichtuhr in einem bestimmten Zeitraum "tickt", weißt Du umgekehrt also, wie viel Zeit vergangen ist.

Noch ist die Lichtuhr in Ruhe. Doch was passiert, wenn sich die Lichtuhr in Bewegung befindet?

Zeitdilatation Beispiel Lichtuhr in Bewegung

Stell Dir vor, ein intergalaktischer Zug bewegt sich mit sehr hoher – jedoch konstanter – Geschwindigkeit an der Erde vorbei. Auf dem Dach dieses intergalaktischen Zugs befindet sich eine Lichtuhr. Betrachtest Du diese Lichtuhr, fällt Dir etwas auf: das Licht scheint einen längeren Weg zurückzulegen.

Während sich das Licht im Inneren der Lichtuhr nach oben bewegt, bewegt sich in der gleichen Zeit t die gesamte Lichtuhr um eine bestimmte Strecke x in Fahrtrichtung weiter. Das Licht bewegt sich mit der Uhr mit und muss deshalb von außen betrachtet zusätzlich zum Abstand d auch noch diese Strecke x zurücklegen.

Zeitdilatation Lichtuhr Bewegung StudySmarterAbb. 2: Lichuhr in Bewegung

Wie Du auf der Abbildung erkennst, scheint das Licht aus Erd-Perspektive nun nicht mehr einen zu den Spiegeln senkrechten Weg zurückzulegen. Diese längere Strecke nennst Du s und setzt sie in die obige Formel ein. Anschließend stellst Du die Formel nach der Lichtgeschwindigkeit um:

t = sc |·c |÷tc =st

Wenn die Strecke s größer wird, muss die Zeit t im Nenner ebenfalls größer werden, da das Ergebnis des Bruchs eine Konstante ist: die Lichtgeschwindigkeit c.

Je schneller sich der Zug bewegt, desto größer wird die Strecke und desto größer wird der Wert t. Die Zeit vergeht, geht also langsamer. Dieses Phänomen bezeichnest Du als Zeitdilatation.

Diese Berechnung gilt für Dich als außenstehenden Beobachter. Für einen Passagier des Zugs scheinen Strecke und Zeit normal zu sein.

Zeitdilatation Definition

Einfach erklärt bedeutet Zeitdilatation also, dass die Zeit eines bewegten Systems von außen langsamer zu vergehen scheint.

Die Zeit in einem System S, das sich relativ zu einem Beobachtersystem S mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, vergeht relativ zu S langsamer. Diesen Effekt bezeichnest Du als kinematische Zeitdilatation (auch Zeitdehnung). Je schneller die Bewegung, relativ zum Beobachter ist, desto langsamer vergeht die Zeit.

Zeit ist in der Physik also keine absolute Größe, sondern abhängig von dem Bezugssystem.

Das Ganze ist übrigens nicht nur ein mathematischer Trick, damit die Formel c = st weiterhin stimmt (Es ist nur einfacher, sich das über diesen Weg herzuleiten). Tatsächlich wurde Zeitdilatation bereits experimentell nachgewiesen.

In dem sogenannten Hafele-Keating-Experiment wurden Caesium-Atomuhren (die genauesten Uhren der Welt) an Bord eines Linienflugzeugs platziert. Anschließend umrundeten diese Flugzeuge zweimal die Erde.

Beim Vergleich mit identischen Caesium-Atomuhren auf dem Boden wichen diese um Bruchteile einer Sekunde voneinander ab. An Bord des Flugzeugs ging die Zeit also tatsächlich langsamer, relativ zur Erde.

Auch beim Joggen vergeht die Zeit langsamer, relativ zum Serien schauen auf dem Sofa. Haben wir es nicht schon immer gewusst? Allerdings sind die Effekte so unmessbar klein, dass unsere Wahrnehmung hierbei die größere Rolle spielt.

Die Zeitdifferenz bei einem gewöhnlichen Linienflugzeug beträgt nur einige Nanosekunden. Je schneller Du allerdings wirst, desto stärker ist die Zeitdilatation. Übrigens ist diese Formulierung auch relativ. Ein Beobachter in einem sehr schnellen Raumschiff kann genauso behaupten, dass die Zeit außerhalb des Raumschiffs langsamer ginge. Beide Standpunkte sind korrekt (gleichberechtigt), da sie von unterschiedlichen Bezugssystemen abhängen.

Zeitdilatation Formel

Bewegte Uhren gehen also relativ zu einem ruhenden Beobachter langsamer. Doch um wie viel langsamer? Dies kannst Du mit dem sogenannten Lorentzfaktor berechnen.

Mit dem Lorentzfaktor γ kannst Du die Effekte der speziellen Relativitätstheorie von zwei Inertialsystemen ineinander umrechnen:

γ =11 - vc2

Dabei ist c die Lichtgeschwindigkeit und v die Geschwindigkeit in dem System, für welches Du die relativistischen Effekte berechnen möchtest.

Für zwei Systeme, die sich relativ zueinander in Ruhe befinden, ist der Lorentzfaktor gleich 1:

γ =1

Auch bei Alltagsgeschwindigkeiten ist der Lorentzfaktor annähernd 1 und wird deshalb in den meisten Rechnungen vernachlässigt. Erst für sehr hohe Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit wird der Lorentzfaktor relevant. Diese Geschwindigkeiten heißen relativistische Geschwindigkeiten.

Mit Hilfe dieses Lorentzfaktors kannst Du nun die Zeitdilatation berechnen.

Bewegt sich ein System S' relativ zu einem Bezugssystem S mit höherer Geschwindigkeit, kannst Du mit dem Lorentzfaktor γ die Zeitdilatation zwischen den Systemen berechnen:

t =γ · t'

Dabei ist t' die Zeit ,die ein Beobachter in S' misst. Dagegen bezeichnest Du mit t die Zeit, die ein Beobachter in System S für System S' misst.

Angenommen, einer Deiner Freunde befindet sich auf dem Zug, somit vergeht für ihn die Zeit t'.

Von der Erde aus scheint die Zeit im Zug allerdings langsamer zu vergehen. Du würdest also sagen, es vergeht die Zeit t. Die Zeit, die Du von der Erde aus für den Zug misst, ist größer als die Zeit, die Dein Freund im Zug misst.

Da der Lorentzfaktor immer größer oder gleich 1 ist, gilt für die Zeit:

t t'

Ein berühmtes Gedankenexperiment zur Zeitdilatation ist das sogenannte Zwillingsparadoxon. Dieses zeigt einen scheinbaren Widerspruch der speziellen Relativitätstheorie auf. Mehr dazu in der Vertiefung.

Sky und Robin sind eineiige Zwillinge.

Sky meldet sich freiwillig für eine Reise zu einem weit entfernten Stern und wird an Bord eines Raumschiffs fliegen, welches nahezu Lichtgeschwindigkeit erreicht. Robin bleibt hingegen auf der Erde. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit auf dem Raumschiff vergeht dort die Zeit langsamer als auf der Erde.

Robin berechnet, dass bei der Rückkehr Sky jünger sein wird. Gleichzeitig argumentiert Sky, dass das Raumschiff genauso als unbewegtes System gelten kann. Es ist das Universum, welches mit nahezu Lichtgeschwindigkeit vorbeizieht. Entsprechend vergeht die Zeit außerhalb des Raumschiffs langsamer und Robin ist bei der Rückkehr jünger.

Hier scheint ein Paradoxon entstanden zu sein. Schließlich können nicht beide der ältere Zwilling sein, oder? Endet die spezielle Relativitätstheorie in einem Widerspruch? An dieser Stelle kannst Du überlegen, wie das Paradox aufgelöst werden kann.

Die vollständige Erklärung und warum Einstein doch recht hat, erfährst Du in der entsprechenden Erklärung zum Zwillingsparadoxon.

Zeitdilatation Herleitung

Du kannst die Formel für die Zeitdilatation an Bord des Zugs auch mit Hilfe der Lichtuhr herleiten. Dazu schauen wir uns nochmal die folgende Abbildung der bewegten Lichtuhr auf dem Dach des intergalaktischen Zugs an:

Zeitdilatation Formel Herleitung Lichtuhr StudySmarterAbb. 3: Herleitung der Formel mit einer Lichtuhr

Auf der Abbildung siehst Du, dass die Größen d, x und s ein rechtwinkliges Dreieck bilden. Deshalb kannst Du den Satz des Pythagoras anwenden:

s2 =d2 + x2

Die Zeit, die im Zug vergeht, kann von zwei unterschiedlichen Bezugssystemen gemessen werden:

t' ist die Zeit aus der Sicht eines Fahrgasts.

t ist die Zeit aus der Sicht eines außenstehenden Beobachters.

Von der Erde aus scheint die Lichtuhr in der Zeit t mit einer Geschwindigkeit v um die Strecke x weiter gehen:

x = v · t

Gleichzeitig bewegt sich das Licht von der Erde aus in der gleichen Zeit t mit der Lichtgeschwindigkeit c um die Strecke s:

s =c · t

Die Lichtuhr und ein Fahrgast befinden sich im selben Bezugssystem und bewegen sich relativ zueinander nicht. Für den Fahrgast scheint das Licht also immer noch den Weg d zurückzulegen, und zwar in der an Bord gemessenen Zeit t':

d =c · t'

d, x und s setzt Du nun in die Gleichung für den Satz des Pythagoras ein:

c · t2 =c · t'2 + v · t2

Nun löst Du diese Gleichung nach der Zeit t' auf. Dazu beginnst Du damit, die Klammern aufzulösen und anschließend den Term v2 · t2 auf die andere Seite der Gleichung zu bringen:

c2 · t2 = c2 · t'2 + v2 · t2 | - v2 · t2 c2 · t2 - v2 · t2 = c2 · t'2 | c2 · t'2 = c2 · t2 - v2 · t2

Somit kannst Du nun durch die Lichtgeschwindigkeit c im Quadrat teilen:

c2 · t'2 = c2 · t2 - v2 · t2 |÷ c2t'2 =c2 · t2 c2- v2 · t2c2t'2 =t2 - v2 c2 · t2

Dadurch kürzt sich die Lichtgeschwindigkeit c im Quadrat aus dem vorderen Bruch und Du kannst t2 ausklammern:

t'2 =t2 · 1- v2 c2

Nun ziehst Du noch die Wurzel aus beiden Seiten der Gleichung:

t' = t · 1- v2 c2

Anschließend stellst Du die Formel noch nach der Zeit t um:

t' = t · 1- v c2 | ÷ 1- v c2 t' · 11- v c2 = t

Der Bruch entspricht dem Lorentzfaktor. Zuletzt kannst Du also γ für den Lorentzfaktor einsetzen und die Seiten tauschen:

t' · γ = t |t = t' · γ

Somit erhältst Du die Formel für die Zeitdilatation.

Zeitdilatation bei Lichtgeschwindigkeit

Je näher Du der Lichtgeschwindigkeit kommst, desto größer wird die Zeitdilatation. Dies hängt direkt mit dem Lorentzfaktor zusammen.

Das folgende Diagramm zeigt Dir, wie der Lorentzfaktor mit zunehmender Geschwindigkeit steigt. Auf der x-Achse siehst Du die Geschwindigkeit v des sich bewegenden Systems als Prozentsatz der Lichtgeschwindigkeit c. Die y-Achse zeigt Dir, wie groß der Lorentzfaktor für die jeweilige Geschwindigkeit wird.

Zeitdilatation bei Lichtgeschwindigkeit Lorentzfaktor StudySmarterAbbildung 4: Der Lorentzfaktor als Graph

Der Lorentzfaktor steigt also exponentiell, je näher Du der Lichtgeschwindigkeit kommst. Nach der speziellen Relativitätstheorie kann nichts mit einer Masse auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Dies siehst Du auch in der Abbildung 4. Auf der x-Achse siehst Du den Quotienten aus Geschwindigkeit v und Lichtgeschwindigkeit c. Dadurch entspricht zum Beispiel der Wert 0,6 auf der x-Achse 60 % der Lichtgeschwindigkeit.

Die Funktion f zeigt Dir, wie der Lorentzfaktor γ mit steigender Geschwindigkeit exponentiell steigt. Jedoch erreicht er nie den x-Wert 1, was 100 % Lichtgeschwindigkeit c entspricht.

Für die Lichtgeschwindigkeit ist die Formel mathematisch nicht definiert. Setzt Du in die Formel für v die Lichtgeschwindigkeit c ein, erhältst Du einen Bruch mit null im Nenner. Mathematisch darfst Du allerdings niemals eine Zahl durch null teilen.

Anhand der folgenden Tabelle siehst Du, wie stark die Zeitdilatation abhängig von der Geschwindigkeit wäre. Dabei nehmen wir an, dass im intergalaktischen Zug 5 Jahre vergangen sind.

Geschwindigkeit als Prozentsatz der LichtgeschwindigkeitLorentzfaktorvergangene Zeit auf der Erde(in Jahren)
10 % γ 1,005 t 5,025
50 %γ 1,155t 5,774
90 % γ 2,294t 11,47
99 % γ 7,089t 35,44
99,9 % γ 22,37t 111,8
99,99 % γ 70,71t 353,6

Wie Du siehst, hat eine Erhöhung der Geschwindigkeit von 99 % auf 99,99 % der Lichtgeschwindigkeit einen größeren Einfluss auf die Zeitdilatation als eine Erhöhung von 10 % auf 50 %.

Gleichzeitig scheint eine Reise mit hohen Geschwindigkeiten also auch eine Reise in die Zukunft zu sein.

Allerdings gibt es einige Teilchen wie das Photon, die sich bereits mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Angenommen, Photonen besäßen ein Bewusstsein: Wie würde ein Photon die Zeit wahrnehmen?

Für Photonen existiert keine Zeit (übrigens dank der Längenkontraktion auch kein Raum). Hätte ein Photon eine Uhr auf seiner Reise durch das Universum dabei, würde sie für einen ruhenden Beobachter stillstehen. Für ein Photon dauert die Reise zwischen zwei Galaxien genauso lang wie zwischen zwei Atomen.

Gravitative Zeitdilatation einfach erklärt

Bisher haben wir uns mit der Zeitdilatation beschäftigt, die durch hohe Geschwindigkeiten auftritt. Diese Art der Zeitdilatation nennst Du kinematische Zeitdilatation. Allerdings kann Zeitdilatation auch durch Gravitation verursacht werden.

Gravitative Zeitdilatation beschreibt die Zeitdehnung an einem Ort unter dem Einfluss der Gravitation. An Orten starker Gravitation vergeht die Zeit t langsamer, relativ zu Orten mit geringer Gravitation (Zeit t'). Die Formel für die gravitative Zeitdilatation lautet:

t =t' · 11- 2 · G · Mr · c2

Dabei ist c auch hier die Lichtgeschwindigkeit, G die Gravitationskonstante, M die Masse des Gravitation erzeugenden Körpers und r der Abstand zum Mittelpunkt des Gravitationsfelds.

Allgemein ist die Gravitationskraft stärker, je näher Du dem gravitativen Zentrum eines Körpers kommst. Entsprechend vergeht die Zeit dort langsamer, relativ zu einem weiter entfernten Punkt im Gravitationsfeld. Die Zeit vergeht für Deine Füße also schneller relativ zu Deinem Kopf (allerdings nur um einen extrem kleinen Wert).

Da Satelliten im Orbit der Erde stationiert sind, sind sie weiter vom gravitativen Zentrum der Erde entfernt als die Erdoberfläche. Entsprechend vergeht dort die Zeit schneller, relativ zur Erdoberfläche. Damit es zum Beispiel bei GPS-Satelliten nicht zu Navigations-Fehlern kommt, muss die Zeitdilatation bei der Programmierung berücksichtigt werden.

Zeitreisen und schwarze Löcher

Schwarze Löcher sind die Überreste von supermassereichen Sternen, die am Ende ihres Lebens unter ihrer eigenen Gravitation kollabiert sind. Die Gravitation eines schwarzen Lochs ist so groß, dass sie die Raumzeit krümmt. Die Effekte der Zeitdilatation in der Nähe eines schwarzen Lochs sind so gewaltig, dass Du sie theoretisch als Zeitmaschine in die Zukunft nutzen könntest.

Angenommen, Du fliegst mit nahezu Lichtgeschwindigkeit zu einem schwarzen Loch und verbringst eine Stunde nahe des sogenannten Ereignishorizonts.

Der Ereignishorizont ist der "point-of-no-return" eines schwarzen Lochs. Alles, was den Ereignishorizont überquert, wird durch die Gravitation unaufhaltsam in das schwarze Loch gezogen. Sogar Licht wird von dem schwarzen Loch "verschluckt", deshalb erscheinen sie auch schwarz.

Anschließend fliegst Du zurück zur Erde. Je nach Größe und Entfernung des schwarzen Lochs sind die kombinierten Effekte der kinematischen Zeitdilatation (durch die Reise) und der gravitativen Zeitdilatation (durch das schwarze Loch) so groß, dass bei Deiner Rückkehr auf die Erde mehrere Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende vergangen sein können.

Zeit ist also tatsächlich relativ, zumindest relativ zum Bezugssystem. Zwar scheint uns die Zeit in manchen Situationen ewig vorzukommen, doch hierbei handelt es sich um einen Trick unseres Gehirns. Die richtige Zeitdilatation hängt von der Geschwindigkeit und Wahl des Bezugssystems ab.

Zeitdilatation - Das Wichtigste

  • Unter einem Bezugssystem verstehst Du einen Raum (System), anhand dessen Du bestimmte physikalische Größen wie Bewegung, Lage oder Zeit angibst. Zwei Bezugssysteme, die sich geradlinig und gleichmäßig zueinander bewegen, gelten in der Physik als gleichberechtigt.
  • Befinden sich alle Körper – auf die keine Kraft wirkt – relativ zu ihrem Bezugssystem in Ruhe oder in geradlinig gleichförmiger Bewegung, sprichst Du von einem Inertialsystem.
  • Die Lichtgeschwindigkeit c ist eine vom Bezugssystem unabhängige Konstante und die maximal mögliche Geschwindigkeit. Ihr Wert beträgt:

c =299.792.458 ms

  • Zeitdilatation ist der Effekt, dass die Zeit in einem System relativ zu einem Beobachter langsamer verläuft, wenn sich es relativ zum Beobachter bewegt. Du berechnest sie mit der Formel:

t =γ · t'

  • Mit dem Lorentzfaktor γ kannst Du die Effekte der speziellen Relativitätstheorie von zwei Inertialsystemen ineinander umrechnen:

γ =11 - vc2

  • Der Lorentzfaktor steigt mit zunehmender Geschwindigkeit exponentiell an. Für die Lichtgeschwindigkeit ist er jedoch nicht definiert.
  • Gravitative Zeitdilatation beschreibt die Zeitdehnung durch den Einfluss der Gravitation. An Orten starker Gravitation vergeht die Zeit langsamer im Vergleich zu Orten mit geringer Gravitation. Du berechnest sie mit der Formel:

t =t' · 11- 2 · G · Mr · c2

Häufig gestellte Fragen zum Thema Zeitdilatation

Nach Einsteins spezieller Relativitätstheorie setzt der Effekt der Zeitdilatation ein, wenn sich zwei Bezugssysteme relativ zueinander mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen. Dies hat mit der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zu tun.

Nur masselose Objekte können sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Je näher du an die Lichtgeschwindigkeit kommst, desto langsamer vergeht die Zeit relativ zu einem ruhenden Beobachter.

Zeitdilatation ist der Effekt, dass die Zeit in einem System relativ zu einem Beobachter langsamer verläuft, wenn sich es relativ zum Beobachter bewegt.

Relativ zu einem Beobachter auf der Erde geht die Zeit im All schneller, aufgrund der gravitativen Zeitdilatation der Erde. Allerdings nur, wenn man einen Punkt im All betrachtet, an den die Gravitationskraft geringer ist als auf der Erde.

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